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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des AA in L, geboren 1970, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 21. September 2006, Zl. St 59/05, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 21. September 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Kamerun, gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z. 9, sowie §§ 63, 66, 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer halte sich bereits seit dem Jahr 2000 in Österreich auf. Er habe am 2. Jänner 2004 einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" gestellt und sich dabei auf die am 28. November 2003 mit Alexandra W. geschlossene Ehe berufen.
Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe am 3. Dezember 2004 vor der Bundespolizeidirektion Linz (der Erstbehörde) ausgeführt, dass die Ehe von einer gewissen Sabine G. vermittelt worden wäre.
(Aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Vernehmungsprotokoll vom 3. Dezember 2004 ergibt sich folgende Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers:
"Frau Sabine G. hat meine Ehe vermittelt. Ich habe Fr. G. im Jahr 1997/1998 im Kindergarten kennen gelernt.
Fr. G. selber ist mit einem schwarz Afrikaner befreundet. Sie hat gewusst, dass ich in Geldschwierigkeiten bin und hat mich daher mind. 3 mal gefragt ob ich nicht für Geld heiraten möchte. Für die Ehe wurden mir EUR 5.000,-- versprochen und habe ich auch erhalten. EUR 1.000,-- habe ich sofort erhalten, weitere EUR 1.000,-- nach der Eheschließung. Den Restbetrag in kleinen Beträgen monatlich.
(Den Beschwerdeführer) habe ich das erste Mal etwa 2 - 3 Wochen vor der Eheschließung mit Fr. G. in einem Gasthaus, in der Neuen Heimat, Cafe-Pub, getroffen. Fr. G. hat dieses Treffen vereinbart. Bei diesem Treffen wurde die Bezahlung, und die Dauer der Ehe von 1 - 2 Jahren vereinbart. Nach spätestens 2 Jahren würde einer Scheidung zugestimmt werden. Es war allen Beteiligten klar, dass diese Ehe nur dazu dienen soll, um (dem Beschwerdeführer) eine Aufenthaltsberechtigung für Österreich zu beschaffen. Es wurde auch vereinbart, dass ich ihn in meiner Wohnung anmelden soll. Er hat zwar einen Monat nach der Eheschließung in meiner Wohnung gewohnt, später ist er dann nur ab und zu gekommen um nach Post zu sehen. Seither weiß ich nicht wo er sich aufhält.
Mein Gatte und die Vermittlerin setzen mich bereits unter Druck, da ich vorhabe mich scheiden zu lassen.
Sabine G. und ihr Freund Rigo oder Ricko (Rikobert) den Namen weiß ich nicht waren die Trauzeugen. Das Aufgebot wurde von uns beiden bestellt.
Im Oktober 2004 wollte ich (den Beschwerdeführer) am Meldeamt abmelden. (Der Beschwerdeführer) bedrohte mich dann und ich habe die Abmeldung nicht gemacht.
An einem Nachmittag hatten wir zusammen Alkohol konsumiert und zur späteren Stunde hatte ich dann mit ihm sexuellen Verkehr. Dies war das einzige Mal. Hätte ich keinen Alkohol getrunken, wäre es sicher nicht so weit gekommen.
Am 30.11.2004 um 9.30 Uhr hatte ich einen Scheidungstermin. Diesen Termin habe ich um eine halbe Stunde versäumt. Den neuen Termin bekomme ich erst per Post zugeschickt. Dies wird frühestens im Februar 2005 sein.
(Der Beschwerdeführer) weiß von meinen Scheidungsabsichten.
Fr. G. wollte mit mir deswegen reden und ist daher am 28.11.2004 zu mir gekommen. Sie kam mit etwa 10 Personen und machten einen Aufstand (laut). Eine Freundin von mir hat sie jedoch abgefangen. Meine Freundin sagte mir dann, dass Fr. G. sehr ungehalten war und sie mit Müh und Not sie zurückhalten hat können. In dieser Nacht hatte ich Telefonterror.
Fr. G. will von mir jetzt die EUR 5.000,-- zurück.
... .")
Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass er nach der Hochzeit tatsächlich mit seiner Frau zusammen gelebt hätte und eine Ehe mit den üblichen Höhen und Tiefen geführt hätte. Im Lauf des Jahres 2004 wäre es jedoch vermehrt zu Streitigkeiten vor allem wegen Geld gekommen. Letztendlich hätten massive Geldprobleme zum Zerwürfnis geführt.
In Anbetracht des Erhebungsergebnisses - so die belangte Behörde weiter - könne davon ausgegangen werden, dass eine Scheinehe vorliege. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe in schlüssiger, nachvollziehbarer und glaubwürdiger Weise entsprechende Angaben gemacht. Diesen Angaben sei nicht nur deshalb mehr Gewicht (als jenen des Beschwerdeführers) beizumessen, weil seine Ehefrau zur Wahrheitspflicht ermahnt worden sei. Es entspreche auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass derartige Angaben gegenüber Behörden nicht leichtfertig gegeben würden. Wenngleich die Ehefrau des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Eheschließung durch das Eingehen der Scheinehe keinen strafbaren Tatbestand erfüllt habe, so habe sie doch davon ausgehen müssen, sich unangenehme Fragen seitens der Behörden stellen zu lassen. Vor diesem Hintergrund würden die Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers wohlüberlegt sein.
Der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG sei erfüllt. Dies könne als Orientierungsmaßstab für § 86 Abs. 1 FPG herangezogen werden. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG dringend erforderlich, weil sich "das Eingehen von Scheinehen zu einer beliebten Spielart entwickelt hat, um so leichter Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt bzw. zu einer Aufenthaltsberechtigung zu kommen". Hinsichtlich der persönlichen und familiären Situation des Beschwerdeführers sei zu beachten, dass ihm eine der Dauer seines Aufenthalts seit dem Jahr 2000 entsprechende Integration zuzubilligen sei. Eine stärkere berufliche Integration habe er nicht behauptet. Unter Abwägung aller angeführten Tatsachen wögen im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation. Das Aufenthaltsverbot sei daher auch im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG zulässig.
Aus den angeführten Gründen sei auch von der Ermessensbestimmung des § 60 Abs. 1 FPG Gebrauch zu machen gewesen, weil eine Abstandnahme diesbezüglich die öffentliche Ordnung zu schwer beeinträchtigt hätte. Vor Ablauf der für das Aufenthaltsverbot vorgesehenen Gültigkeitsdauer könne nicht erwartet werden, dass sich der Beschwerdeführer an die im Bundesgebiet geltenden Normen halte.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde wendet sich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde und bringt vor, nach den allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrens
"ist allen Beweisen gleiches Gewicht beizumessen und ist daher die Aussage meiner Ex-Gattin ebenso wie meine Aussage einer eigenen Bewertung nach dem objektiven Wahrheitsgehalt zu unterziehen. Allein die Tatsache, dass eine Aussage unter Wahrheitserinnerung abgelegt wurde, kann noch nicht deren verstärkte Glaubwürdigkeit bewirken. Eine derartige Regelung findet sich im österreichischen AVG jedenfalls nicht. Ich habe schon im bisherigen Verfahren dargelegt, dass es sich um keine Scheinehe handelte, wir wirklich zusammengelebt haben, es zu echten Streitigkeiten gekommen ist und die Ehe auch vollzogen wurde".
2. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, Bedenken gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde zu erwecken. (Zu der dem Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich zukommenden Kontrollbefugnis vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053.) Zum Vorbringen, dass die Ehe "nach der Hochzeit vollzogen wurde, d.h. es hat auch Geschlechtsverkehr gegeben", ist auf die Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers vom 3. Dezember 2004 zu verweisen, wonach es ein einziges Mal zu sexuellem Verkehr gekommen ist, dass es aber auch dazu nicht gekommen wäre, wenn sie keinen Alkohol getrunken hätte. Auch aus diesem Umstand ergibt sich sohin nicht, dass zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt worden ist. Auch aus dem Umstand, dass die Ehe des Beschwerdeführers mit Beschluss des Bezirksgerichts Linz am 12. Oktober 2005 einvernehmlich geschieden worden sei, ergibt sich nicht die vorhergehende Führung eines gemeinsamen Familienlebens. Im Übrigen handelt es sich bei dem Hinweis auf das Protokoll der Verhandlung über die einvernehmliche Scheidung um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Vor diesem Hintergrund muss nicht auf die von der Beschwerde aufgeworfene Frage eingegangen werden, ob die Ablegung einer Aussage unter Wahrheitserinnerung eine höhere Glaubwürdigkeit bewirkt.
3. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 13. November 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006180404.X00Im RIS seit
07.02.2008Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009