TE OGH 2008/2/7 7Ob6/08w

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Veröffentlicht am 07.02.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sabine L*****, vertreten durch Goldsteiner Strebinger Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei U***** Sachversicherung AG, *****, vertreten durch Thum Weinreich Schwarz Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, wegen 18.808,70 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. September 2007, GZ 4 R 119/07k-11, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 20. April 2007, GZ 11 Cg 49/07d-7, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin hat für ihren Gastronomiebetrieb und das Betriebsgebäude bei der Beklagten einen Bündelversicherungsvertrag abgeschlossen, dem unter anderem die „Allgemeinen Bedingungen für die Euro - BusinessSchutz Sachversicherung All Inclusive" (AEBS 1999) und die Besonderen Bedingungen BL 17 und BL 23 zugrunde lagen.

Die hier maßgebenden Klauseln lauten wie folgt:

„Artikel 1

Versicherte Gefahren und Schäden, nicht versicherte Schäden

...

4. Leitungswassergefahren (Leitungswasserversicherung):

Leitungswasser ist Wasser, das aus wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen austritt. Zu den angeschlossenen Einrichtungen zählen auch Fußbodenheizungen, Schwimmbecken, Solar- und Klimaanlagen, nicht jedoch Sprinkleranlagen.

Nur bei besonderer Vereinbarung versichert sind:

4.1. Bruchschäden an wasserführenden Rohrleitungen durch Korrosion, Verschleiß oder Abnützung;

4.2. Bruchschäden an Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen, die im Zuge der Behebung eines Rohrgebrechens entstehen;

..."

„BESONDERE BEDINGUNG BL 17

ERWEITERUNG DER LEITUNGSWASSERGEFAHREN FÜR BETRIEBSGEBÄUDE

ZU DEN LEITUNGSWASSERGEFAHREN (ARTIKEL 1, PUNKT 4 AEBS) IST FOLGENDE ERWEITERUNG DES VERSICHERUNGSSCHUTZES VEREINBART:

- BRUCHSCHÄDEN AN WASSERFÜHRENDEN ROHRLEITUNGEN DURCH KORROSION; VERSCHLEISS ODER ABNÜTZUNG

- BRUCHSCHÄDEN AN ARMATUREN ODER ANGESCHLOSSENEN EINRICHTUNGEN, DIE IM ZUGE DER BEHEBUNG EINES ROHRGEBRECHENS ENTSTEHEN

- ....."

Im Keller des Gastronomiebetriebs befindet sich eine Sodawasseraufbereitungsanlage, die das eingespeiste Leitungswasser mit Kohlensäure anreichert. Von dieser Anlage führt eine „Sodawasserleitung" zum Zapfhahn der Schankanlage im Gastronomiebetrieb. Aufgrund eines Defekts dieses Zapfhahns trat (Soda-)Wasser aus, das einen Schaden verursachte.

Mit der vorliegenden Deckungsklage begehrt die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung von 18.808,70 EUR sA aus diesem Wasserschaden zu verpflichten.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Nur Schäden durch Austreten von Leitungswasser, nicht aber solche durch Kohlensäure angereichertes und daher wesentlich aggressiveres Sodawasser seien vom Versicherungsschutz umfasst. Die Beklagte sei aber auch deshalb leistungsfrei, weil die Klägerin gegen Meldungs- und Schadensminderungspflichten verstoßen habe. Die Schadenshöhe werde ebenfalls bestritten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Durchführung eines (weiteren) Beweisverfahrens ab, weil es (ausgehend vom eingangs dargestellten Sachverhalt und von dem nach seiner Ansicht ebenfalls unstrittigen Umstand, dass beim defekten Zapfhahn „Sodawasser" ausgetreten sei) den Versicherungsschutz für den am Sodawasserzapfhahn eingetretenen Schaden schon nach den ausdrücklichen Vereinbarungen im Versicherungsvertrag verneinte: Eine Zapfanlage, mit der Sodawasser gezapft werde, werde nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht unter einer Wasserleitung verstanden. Zwar sei in Art 1 Punkt 4. AEBS eine Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf angeschlossene Anlagen enthalten, wobei auch solche beispielsweise aufgezählt würden, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ebenfalls nicht unter den Begriff „Wasserleitung" fielen. Diese einseitige Ausdehnung des Versicherungsschutzes müsse jedoch restriktiv interpretiert werden, zumal angeschlossene Einrichtungen, die gastronomischen Zwecken dienten, ausdrücklich nicht genannt seien. Das Risiko eines Schadens an einer Sodawasserzapfanlage sei mit einem Schaden an einer Bier- oder Weinzapfanlage, die zweifellos nicht versichert sei, vergleichbar. Allein die Tatsache, dass Sodawasser über die Zapfanlage gezapft werde, könne nicht zur Beurteilung führen, dass dieses als „Leitungswasser" verstanden werden könne. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch seien in „gastronomischer Hinsicht" Leitungswasser und Sodawasser sogar Gegensatzpaare.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Durchführung eines (weiteren) Beweisverfahrens ab, weil es (ausgehend vom eingangs dargestellten Sachverhalt und von dem nach seiner Ansicht ebenfalls unstrittigen Umstand, dass beim defekten Zapfhahn „Sodawasser" ausgetreten sei) den Versicherungsschutz für den am Sodawasserzapfhahn eingetretenen Schaden schon nach den ausdrücklichen Vereinbarungen im Versicherungsvertrag verneinte: Eine Zapfanlage, mit der Sodawasser gezapft werde, werde nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht unter einer Wasserleitung verstanden. Zwar sei in Artikel eins, Punkt 4. AEBS eine Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf angeschlossene Anlagen enthalten, wobei auch solche beispielsweise aufgezählt würden, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ebenfalls nicht unter den Begriff „Wasserleitung" fielen. Diese einseitige Ausdehnung des Versicherungsschutzes müsse jedoch restriktiv interpretiert werden, zumal angeschlossene Einrichtungen, die gastronomischen Zwecken dienten, ausdrücklich nicht genannt seien. Das Risiko eines Schadens an einer Sodawasserzapfanlage sei mit einem Schaden an einer Bier- oder Weinzapfanlage, die zweifellos nicht versichert sei, vergleichbar. Allein die Tatsache, dass Sodawasser über die Zapfanlage gezapft werde, könne nicht zur Beurteilung führen, dass dieses als „Leitungswasser" verstanden werden könne. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch seien in „gastronomischer Hinsicht" Leitungswasser und Sodawasser sogar Gegensatzpaare.

Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Bei der nach Vertragsauslegungsgrundsätzen vorzunehmenden Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen finde auch die Unklarheitenregelung des § 915 ABGB Anwendung. Unklarheiten gingen daher zu Lasten des Versicherers. Hier definierten die Bedingungen selbst den Begriff Leitungswasser als „Wasser", das aus ... (näher bezeichneten Quellen) ... „austrete". Es sei daher verfehlt, einander die Begriffe „Leitungswasser" und „Sodawasser" gegenüber zu stellen. Vielmehr komme es zum einen darauf an, ob die ausgetretene Flüssigkeit dem Begriff „Wasser" zugeordnet werden könne; zum anderen müsse es aus einer der genannten Quellen (Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossene Einrichtungen) ausgetreten sein, weil es sich (auch) hiebei um einen Teil der Definition von Leitungswasser als versicherter Gefahr handle (so zur vergleichbaren Bedingungslage in Deutschland: Martin, SVR3 E I Rz 7 und 24).Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Bei der nach Vertragsauslegungsgrundsätzen vorzunehmenden Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen finde auch die Unklarheitenregelung des Paragraph 915, ABGB Anwendung. Unklarheiten gingen daher zu Lasten des Versicherers. Hier definierten die Bedingungen selbst den Begriff Leitungswasser als „Wasser", das aus ... (näher bezeichneten Quellen) ... „austrete". Es sei daher verfehlt, einander die Begriffe „Leitungswasser" und „Sodawasser" gegenüber zu stellen. Vielmehr komme es zum einen darauf an, ob die ausgetretene Flüssigkeit dem Begriff „Wasser" zugeordnet werden könne; zum anderen müsse es aus einer der genannten Quellen (Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossene Einrichtungen) ausgetreten sein, weil es sich (auch) hiebei um einen Teil der Definition von Leitungswasser als versicherter Gefahr handle (so zur vergleichbaren Bedingungslage in Deutschland: Martin, SVR3 E römisch eins Rz 7 und 24).

Was Wasser sei, entscheide der Sprachgebrauch des täglichen Lebens. Verschmutzung ändere nichts daran, dass es sich begrifflich noch um Wasser handle. Bewusste oder unbewusste Beimengung von Fremdstoffen aller Art sei daher unbeachtlich, solange der Sprachgebrauch des täglichen Lebens noch von Wasser spreche (Martin aaO Rz 8 und 9). Nach deutscher Judikatur würden etwa im Fall der Beimengung von Frostschutzmitteln derartige Flüssigkeiten als Wasser angesehen, wenn der Wasseranteil noch deutlich überwiege (wie etwa bei einem Verhältnis 2 : 1). Dass die Fachsprache spezielle Begriffe gebrauche (zB „Sole"), ändere daran nichts (Martin aaO Rz 11).

Ausgehend von diesen Grundsätzen sei durch Kohlensäure angereichertes, in der Gastronomie als „Sodawasser" bezeichnetes Wasser nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nach wie vor dem Begriff „Wasser" zu unterstellen und der erste Teil der bedingungsgemäßen Definition erfüllt. Es könne daher dahingestellt bleiben, dass die Klägerin - entgegen der erstgerichtlichen Annahme - keineswegs den Umstand außer Streit gestellt habe, dass Sodawasser ausgetreten sei; habe sie doch vorgebracht, dass der Wasseraustritt in der Nacht, also zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, zu dem die Sodawasseraufbereitungsanlage ausgeschaltet, also nicht in Betrieb gewesen sei (ON 5 Seite 3), was den Schluss auf ihren Standpunkt nahelege, dass es sich bei der konkret ausgetretenen Flüssigkeit gerade nicht um mit Kohlensäure angereichertes, sondern um „normales" Wasser gehandelt habe. Dem - nicht näher verifizierten und auch nicht gerichtsnotorischen - Einwand der Beklagten, Sodawasser sei im Hinblick auf die beigemengte Kohlensäure besonders aggressiv und gefährlich, komme für dieses Auslegungsergebnis keine entscheidende Bedeutung zu. Im Übrigen anerkenne der Versicherer nach der Vorzugsbedingung BV 1, dass ihm bei Abschluss des Vertrags (ausgenommen arglistig Verschwiegenes) alle für die Beurteilung des Risikos erheblichen Umstände - also auch das Vorhandensein einer Sodawasseraufbereitungsanlage - bekannt gewesen seien.

Zweites Erfordernis für das Vorliegen von Leitungswasser im Sinn der Bedingungen sei, dass der Wasseraustritt aus wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen erfolge. Sämtliche genannten Quellen stünden gleichrangig nebeneinander, sodass bei der Auslegung des Begriffs „angeschlossene Einrichtung" kein Raum für die Annahme bestehe, es handle sich um eine restriktiv zu interpretierende Ausdehnung des Versicherungsschutzes. Auch die beispielhafte Aufzählung von Fußbodenheizungen, Schwimmbecken sowie von Solar- und Klimaanlagen biete keinen ausreichenden Anhaltspunkt, die erfassten Quellen an diesen Begriffen zu messen. Es sei vielmehr im Gegenteil davon auszugehen, dass es sich hiebei - nach Auffassung des Erstellers der Versicherungsbedingungen - um Grenzfälle handle („... zählen auch ..."), hinsichtlich welcher eine Klarstellung zweckmäßig sei.

Eine „mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtung" im Sinn der deutschen Bedingungslage sei jedes Behältnis, das bestimmungsgemäß Wasser durchlasse oder aufnehme und dauernd durch eine Zuleitung oder durch eine Ableitung oder durch beides mit dem Rohrsystem verbunden sei. Der technische Zweck der Einrichtung (welchem Zweck also das Wasser diene) sei belanglos (Martin aaO Rz 35). Die davon etwas abweichende Formulierung der AEBS, nämlich „an wasserführende Rohrleitungen angeschlossene Einrichtungen" beinhalte für den vorliegenden Fall einer dauerhaften Zuleitung keinen substantiellen Unterschied. Die Sodawasseraufbereitungsanlage sei daher - ebenso wie nach deutscher Bedingungslage - als angeschlossene Einrichtung im Sinn der Bedingungen zu beurteilen. Ob der am Ende der angeschlossenen Einrichtung befindliche Zapfhahn auch unter den Begriff „Armaturen" falle, bedürfe keiner abschließenden Auslegung, weil es jedenfalls zum Flüssigkeitsaustritt aus einer der drei in den Bedingungen genannten Quellen gekommen sei (vgl Martin aaO Rz 26 [Wasseraustritt aus dem Ventil einer dauernd unter Leitungsdruck stehenden Kaffeemaschine, bei welchem die Frage, ob der Austritt aus einem Schlauch oder einem Rohr erfolgte, dahingestellt bleiben könne, weil im Hinblick auf die Verbindung des Schlauches mit dem dahinter anschließenden Rohr jedenfalls auch ein Wasseraustritt aus einem Rohr vorliege]).Eine „mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtung" im Sinn der deutschen Bedingungslage sei jedes Behältnis, das bestimmungsgemäß Wasser durchlasse oder aufnehme und dauernd durch eine Zuleitung oder durch eine Ableitung oder durch beides mit dem Rohrsystem verbunden sei. Der technische Zweck der Einrichtung (welchem Zweck also das Wasser diene) sei belanglos (Martin aaO Rz 35). Die davon etwas abweichende Formulierung der AEBS, nämlich „an wasserführende Rohrleitungen angeschlossene Einrichtungen" beinhalte für den vorliegenden Fall einer dauerhaften Zuleitung keinen substantiellen Unterschied. Die Sodawasseraufbereitungsanlage sei daher - ebenso wie nach deutscher Bedingungslage - als angeschlossene Einrichtung im Sinn der Bedingungen zu beurteilen. Ob der am Ende der angeschlossenen Einrichtung befindliche Zapfhahn auch unter den Begriff „Armaturen" falle, bedürfe keiner abschließenden Auslegung, weil es jedenfalls zum Flüssigkeitsaustritt aus einer der drei in den Bedingungen genannten Quellen gekommen sei vergleiche Martin aaO Rz 26 [Wasseraustritt aus dem Ventil einer dauernd unter Leitungsdruck stehenden Kaffeemaschine, bei welchem die Frage, ob der Austritt aus einem Schlauch oder einem Rohr erfolgte, dahingestellt bleiben könne, weil im Hinblick auf die Verbindung des Schlauches mit dem dahinter anschließenden Rohr jedenfalls auch ein Wasseraustritt aus einem Rohr vorliege]).

Der Vergleich mit Zapfanlagen für andere Getränke gehe fehl, weil daraus austretende Flüssigkeiten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch (wie etwa im Fall von Bier oder Wein) gerade nicht mehr unter den Begriff Wasser fielen und es mangels Verbindung mit einer wasserführenden Rohrleitung am Flüssigkeitsaustritt aus einer für die Definition Leitungswasser essentiellen Quelle fehle. Hier seien jedoch beide in den Bedingungen enthaltenen Definitionsmerkmale des Begriffs Leitungswasser erfüllt, weil die ausgetretene Substanz - auch wenn sie mit Kohlensäure angereichert gewesen sein sollte - nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unverändert als Wasser zu bezeichnen und dieses aus einer entsprechenden Quelle ausgetreten sei. Da das Erstgericht aufgrund seiner vom Berufungsgericht nicht geteilten Rechtsauffassung von einem Beweisverfahren zu den weiteren strittigen Aspekten (Obliegenheitsverletzung, Schadenshöhe) Abstand genommen habe, müsse mit Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache vorgegangen werden.

Der Rekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Definition des Begriffs „Leitungswasser" in der Leitungswasserversicherung fehle und dieser Frage im Hinblick auf die Vielzahl potentiell betroffener Versicherungsverhältnisse über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluss des Berufungsgerichts „abzuändern und die Klage abzuweisen", hilfsweise wird beantragt, den Beschluss des Berufungsgerichts „aufzuheben und zur Verfahrensergänzung an das Berufungsgericht bzw Erstgericht zurückzuverweisen".

Die Klägerin beantragt, dem Rekurs der Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Auslegung von Versicherungsbedingungen, die - wie hier - bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht zu beurteilen waren (die Entscheidung 7 Ob 14/07w zum ähnlich formulierten Art 1 Z 1 AWB 1995 ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar), stellt im Hinblick darauf, dass sie in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, grundsätzlich eine erhebliche Rechtsfrage dar (stRsp; RIS-Justiz RS0121516). Nach ständiger Rechtsprechung würde dies nur dann nicht gelten, wenn die betreffende Bestimmung so eindeutig wäre, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung in Betracht käme (RIS-Justiz RS0121516).Die Auslegung von Versicherungsbedingungen, die - wie hier - bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht zu beurteilen waren (die Entscheidung 7 Ob 14/07w zum ähnlich formulierten Artikel eins, Ziffer eins, AWB 1995 ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar), stellt im Hinblick darauf, dass sie in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, grundsätzlich eine erhebliche Rechtsfrage dar (stRsp; RIS-Justiz RS0121516). Nach ständiger Rechtsprechung würde dies nur dann nicht gelten, wenn die betreffende Bestimmung so eindeutig wäre, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung in Betracht käme (RIS-Justiz RS0121516).

Die Rekurswerberin hält daran fest, hier sei schon die Voraussetzung des „Vorliegens von Wasser", das (anders als Sodawasser) per Definition eine chemische Verbindung von zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom sei, nicht erfüllt. Die Versicherungsbedingungen stellten auf die besonderen Eigenschaften des Wassers ab. Nur seine typischen, dort bezeichneten Gefahren seien vom Versicherungsschutz umfasst. Nach dem Inhalt der zitierten Klausel sollte Leitungswasser, das aus Rohren „oder ähnlichem" austrete, versichert sein; eine erhöhte Gefahr „durch versetztes Wasser" solle jedoch vermieden werden: Auch die Beschaffenheit des Wassers sei nämlich relevant für seine Gefährlichkeit. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sei nicht zu erkennen, worin der Unterschied liege, ob beim Zapfhahn Wein, Bier oder Sodawasser „herunterfließt". Dies alles sei doch letztendlich „Wasser mit gewissen Zusätzen". Aber auch die Voraussetzung des Wasseraustritts aus „wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen" sei nicht erfüllt. Alle diese Einrichtungen hätten nämlich gemeinsam, dass sie „direkt an die Wasserleitung münden". Hier liege die schadhafte Stelle aber nicht dort, wo die „Sodaanlage" an die Wasserleitung angeschlossen sei (also im Keller), sondern oben im Schankraum, wo - nach der vom Keller hinaufgehenden (Soda-)Wasserleitung - am Zapfhahn das Sodawasser ausgetreten sei. Außerdem sei dem Erstgericht darin zu folgen, die „einseitige Ausdehnung" des Versicherungsschutzes müsse restriktiv dahin interpretiert werden, dass gastronomische Einrichtungen davon nicht umfasst seien. Dies sei „evident", also für den redlichen Erklärungsempfänger ersichtlich.

Dem hält die Rekursbeantwortung - zutreffend - entgegen, dass sich schon aus dem zweiten Satz der Klausel, wonach zu den angeschlossenen Einrichtungen „auch" Fußbodenheizungen, Schwimmbecken, Solar- und Klimaanlagen zählen, eindeutig ergebe, dass mit dem Begriff „Leitungswasser" keineswegs nur Trinkwasser in seiner reinen „chemischen Formel" gemeint sei. Die Zweifelsregelung des § 915 ABGB sei hier gar nicht entscheidend; gehe es doch um die typische Gefahr von Leitungswasser, die darin liege, dass es „ständig nachlaufe" und zu Überschwemmungsschäden führe. Diese Gefahr habe sich hier verwirklicht: Die Sodawasseraufbereitungsanlage sei nämlich unstrittig „in den geschlossenen Wasserkreislauf eingebunden" (also an die Wasserleitung angeschlossen) gewesen, und derselbe Schaden hätte sich daher auch ohne Vorschaltung der Anlage ereignet, weil das Wasser nicht aus dieser selbst, sondern aus dem schadhaften Absperrhahn ausgetreten sei. Eine Gefahrenerhöhung liege somit nicht vor. Der wesentliche, von der Beklagten und vom Erstgericht zu Unrecht verneinte Unterschied zum (von der Versicherung nicht gedeckten) Auslaufen von Bier oder Wein liege darin, dass die Klägerin diese Getränke unverändert ausschenke, also ohne eine - an die Wasserleitung angeschlossene (nicht existierende) - „Bieranreicherungsanlage".Dem hält die Rekursbeantwortung - zutreffend - entgegen, dass sich schon aus dem zweiten Satz der Klausel, wonach zu den angeschlossenen Einrichtungen „auch" Fußbodenheizungen, Schwimmbecken, Solar- und Klimaanlagen zählen, eindeutig ergebe, dass mit dem Begriff „Leitungswasser" keineswegs nur Trinkwasser in seiner reinen „chemischen Formel" gemeint sei. Die Zweifelsregelung des Paragraph 915, ABGB sei hier gar nicht entscheidend; gehe es doch um die typische Gefahr von Leitungswasser, die darin liege, dass es „ständig nachlaufe" und zu Überschwemmungsschäden führe. Diese Gefahr habe sich hier verwirklicht: Die Sodawasseraufbereitungsanlage sei nämlich unstrittig „in den geschlossenen Wasserkreislauf eingebunden" (also an die Wasserleitung angeschlossen) gewesen, und derselbe Schaden hätte sich daher auch ohne Vorschaltung der Anlage ereignet, weil das Wasser nicht aus dieser selbst, sondern aus dem schadhaften Absperrhahn ausgetreten sei. Eine Gefahrenerhöhung liege somit nicht vor. Der wesentliche, von der Beklagten und vom Erstgericht zu Unrecht verneinte Unterschied zum (von der Versicherung nicht gedeckten) Auslaufen von Bier oder Wein liege darin, dass die Klägerin diese Getränke unverändert ausschenke, also ohne eine - an die Wasserleitung angeschlossene (nicht existierende) - „Bieranreicherungsanlage".

Der Senat erachtet die Argumente der Rechtsrüge der Beklagten für nicht stichhältig. Gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz und § 528a ZPO kann daher auf die Begründung des Aufhebungsbeschlusses verwiesen werden. Unter Bezugnahme auf die bereits wiedergegebenen Ausführungen des Rekurses und der Rekursbeantwortung ist die Beurteilung des Berufungsgerichts somit nur kurz zu ergänzen:Der Senat erachtet die Argumente der Rechtsrüge der Beklagten für nicht stichhältig. Gemäß Paragraph 510, Absatz 3, zweiter Satz und Paragraph 528 a, ZPO kann daher auf die Begründung des Aufhebungsbeschlusses verwiesen werden. Unter Bezugnahme auf die bereits wiedergegebenen Ausführungen des Rekurses und der Rekursbeantwortung ist die Beurteilung des Berufungsgerichts somit nur kurz zu ergänzen:

Die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen hat sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren. Die einzelnen Klauseln sind objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RIS-Justiz RS0008901), wobei stets der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen ist (RIS-Justiz RS0050063; jüngst etwa 7 Ob 74/07v). Das Berufungsgericht ist diesen in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen gefolgt. Wenn es sich der Auffassung des Erstgerichts nicht anschließen konnte, weil hier beide Definitionsmerkmale des Art 1 Punkt 4. AEBS erfüllt seien, ist diese Beurteilung zu billigen.Die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen hat sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren. Die einzelnen Klauseln sind objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RIS-Justiz RS0008901), wobei stets der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen ist (RIS-Justiz RS0050063; jüngst etwa 7 Ob 74/07v). Das Berufungsgericht ist diesen in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen gefolgt. Wenn es sich der Auffassung des Erstgerichts nicht anschließen konnte, weil hier beide Definitionsmerkmale des Artikel eins, Punkt 4. AEBS erfüllt seien, ist diese Beurteilung zu billigen.

Die Rekurswerberin hält selbst fest, dass die „Sodaanlage" an die Wasserleitung angeschlossen war. Davon ausgehend liegt es nach dem objektiv erkennbaren Zweck der unter dem Titel „Leitungswassergefahren" stehenden Klausel aber auf der Hand, dass es sich auch bei der am schadhaften Zapfhahn ausgetretenen Flüssigkeit um „Leitungswasser" handelte; und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es nach Passieren der genannten Anlage mit Kohlensäure angereichert war: Wird doch „Leitungswasser", auch wenn es aus den (in Art 1 Punkt 4. zweiter Satz AEBS) beispielhaft angeführten Einrichtungen („Fußbodenheizungen, Schwimmbecken, Solar- oder Klimaanlagen") austritt, in der Regel bereits chemische Zusätze enthalten.Die Rekurswerberin hält selbst fest, dass die „Sodaanlage" an die Wasserleitung angeschlossen war. Davon ausgehend liegt es nach dem objektiv erkennbaren Zweck der unter dem Titel „Leitungswassergefahren" stehenden Klausel aber auf der Hand, dass es sich auch bei der am schadhaften Zapfhahn ausgetretenen Flüssigkeit um „Leitungswasser" handelte; und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es nach Passieren der genannten Anlage mit Kohlensäure angereichert war: Wird doch „Leitungswasser", auch wenn es aus den (in Artikel eins, Punkt 4. zweiter Satz AEBS) beispielhaft angeführten Einrichtungen („Fußbodenheizungen, Schwimmbecken, Solar- oder Klimaanlagen") austritt, in der Regel bereits chemische Zusätze enthalten.

Entgegen dem Standpunkt der Beklagten ist dem Art 1 Punkt 4. AEBS 1999 aber auch nicht zu entnehmen, dass der Versicherungsschutz nach dieser Bestimmung beim Anschluss der Sodawasseranreicherungsanlage im Keller ende, sodass die in den Schankraum führende Leitung und der schadhafte Zapfhahn davon nicht mehr umfasst wären. Da „Leitungswasser" im Rahmen der „Leitungswassergefahren" in der „Leitungswasserversicherung" ausdrücklich als solches definiert ist, „das aus wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen austritt", entspricht der geltend gemachte Wasserschaden vielmehr auch dieser Voraussetzung:Entgegen dem Standpunkt der Beklagten ist dem Artikel eins, Punkt 4. AEBS 1999 aber auch nicht zu entnehmen, dass der Versicherungsschutz nach dieser Bestimmung beim Anschluss der Sodawasseranreicherungsanlage im Keller ende, sodass die in den Schankraum führende Leitung und der schadhafte Zapfhahn davon nicht mehr umfasst wären. Da „Leitungswasser" im Rahmen der „Leitungswassergefahren" in der „Leitungswasserversicherung" ausdrücklich als solches definiert ist, „das aus wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen austritt", entspricht der geltend gemachte Wasserschaden vielmehr auch dieser Voraussetzung:

Ist der Flüssigkeitsaustritt doch am Ende einer „wasserführenden Rohrleitung", nämlich bei der „Armatur" einer an die Wasserleitung „angeschlossenen Einrichtung" (konkret: beim Zapfhahn der Sodawasseraufbereitungsanlage im Schankraum) erfolgt; also an einer Stelle, wo die Leitungswassergefahr im „Betriebsgebäude" der Klägerin, aufgrund der (den Deckungsumfang durch „besondere Vereinbarung" im Sinn des Art 1 Punkt 4.1. und 4.2. AEBS 1999 erweiternden) Besonderen Bedingung BL 17, ausdrücklich auch bei „Bruchschäden im Zuge der Behebung eines Rohrgebrechens" oder solchen durch „Korrosion, Verschleiß oder Abnützung" versichert war.Ist der Flüssigkeitsaustritt doch am Ende einer „wasserführenden Rohrleitung", nämlich bei der „Armatur" einer an die Wasserleitung „angeschlossenen Einrichtung" (konkret: beim Zapfhahn der Sodawasseraufbereitungsanlage im Schankraum) erfolgt; also an einer Stelle, wo die Leitungswassergefahr im „Betriebsgebäude" der Klägerin, aufgrund der (den Deckungsumfang durch „besondere Vereinbarung" im Sinn des Artikel eins, Punkt 4.1. und 4.2. AEBS 1999 erweiternden) Besonderen Bedingung BL 17, ausdrücklich auch bei „Bruchschäden im Zuge der Behebung eines Rohrgebrechens" oder solchen durch „Korrosion, Verschleiß oder Abnützung" versichert war.

Abschließend ist nur noch festzuhalten, dass der (im Rekurs weiterhin negierte) gravierende Unterschied zu Rohrgebrechen beim Zapfen von Bier oder beim Ausschenken von Wein darin besteht, dass sich dabei - mangels eines Anschlusses an die Wasserleitung und aufgrund der Qualität dieser Flüssigkeiten - „Leitungswassergefahren" gar nicht verwirklichen können.

Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.

Textnummer

E86778

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00006.08W.0207.000

Im RIS seit

08.03.2008

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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