TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/13 2006/18/0166

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Veröffentlicht am 13.11.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf idF 1995/507;
PaßG 1992 §15 Abs1 idF 1995/507;
SMG 1997 §28 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des WP in W, geboren 1957, vertreten durch Mag. Josef Phillip Bischof, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. April 2006, Zl. SD 152/06, betreffend Entziehung des Reisepasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 19. April 2006 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes 1992 - PassG, BGBl. Nr. 839, der ihm von der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf am 19. April 2000 ausgestellte Reisepass mit der Nr. G 0365726 entzogen.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 7. April 2005 sei der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 SMG mit einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten belegt worden, weil er von 2001 bis zum 6. Dezember 2004 Suchtgift in Form von Cannabis (ca. 6 kg Cannabiskraut) mit einem 20 g TCM übersteigenden, nicht genauer feststellbaren Reinheitsgrad in einer großen Menge durch Aufzucht und Abernten von Cannabispflanzen erzeugt habe.

Der Suchtgiftkriminalität hafte eine hohe Sozialschädlichkeit und eine überaus hohe Wiederholungsgefahr an. Das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers lasse auch den seit der Begehung seiner Straftat verstrichenen Zeitraum als zu kurz erscheinen, um Gewähr dafür zu bieten, dass der Beschwerdeführer seiner Drogensucht entsage und seinen Reisepass künftig nicht zu den im § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG verpönten Handlungen missbrauche. Die Versagung bzw. Entziehung eines Reisepasses stelle eine vorbeugende Sicherheitsmaßnahme zur Abwendung künftiger Straftaten (die Einfuhr bzw. das In-Verkehr-Setzen großer Mengen von Suchtgift) dar. Eine gerichtliche Verurteilung sei ebenso wenig Tatbestandvoraussetzung der im Spruch zitierten Bestimmung wie der Umstand, dass der von der Entziehung des Reisepasses Betroffene das Dokument bereits für den verpönten Zweck benutzt habe. Es liege unbestritten eine Verurteilung des Beschwerdeführers wegen eines Verbrechens nach dem Suchtmittelgesetz vor. Insofern gehe sein Argument, er habe den Reisepass niemals für Straftaten verwendet, ins Leere. Die Behörde sei nicht an die gerichtliche Entscheidung hinsichtlich der bedingten Nachsicht der Freiheitsstrafe gebunden. Der Beschwerdeführer habe durch seine strafbare Handlung nach dem Suchtmittelgesetz die von ihm ausgehende Gefahr nachhaltig dokumentiert. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG seien gegeben. Selbst wenn der Beschwerdeführer - wie von ihm geltend gemacht - nicht mehr suchtgiftabhängig sein sollte, böte dies keine Gewähr dafür, dass er künftig nicht gegen Strafbestimmungen verstoßen werde. Der Behörde komme bei ihrer Entscheidung kein Ermessen zu.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn gemäß § 42 Abs. 2 VwGG aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 14 Abs. 1 PassG, in der hier maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 507/1995, ist (u.a.) die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn (Z. 3) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um (lit. f) entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen. Nach § 15 Abs. 1 leg. cit. ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtsfertigen.

2. Nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde liegt dem Beschwerdeführer zur Last, Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) erzeugt zu haben. Ferner steht unstreitig fest, dass der Beschwerdeführer den in Rede stehenden Reisepass bei seinem Fehlverhalten nicht benützt hat. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die vom Beschwerdeführer gesetzten Suchtgiftdelikte in irgendeinem Zusammenhang mit der Verwendung seines Reisepasses stehen könnten, oder dass er die Absicht gehabt habe, den Reisepass zur Begehung von Suchtgiftdelikten zu gebrauchen. Insbesondere gibt es keinen Hinweis darauf, dass er seinen Reisepass dazu benutzt hätte, sich im Ausland mit entsprechenden Pflanzen, Sämlingen bzw. Samen einzudecken, um dann im Inland Suchtgift zu erzeugen, oder dass er seinen Reisepass zum Erwerb entsprechender Produktionskenntnisse verwendet hätte.

Damit sind aber keine Tatsachen im Sinn des § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG gegeben, die die Annahme rechtfertigen, dass er seinen Reisepass benützen wolle, um entgegen der bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2006, Zl. 2005/18/0486). Dies hat die belangte Behörde verkannt (worauf die Beschwerde zutreffend hingewiesen hat).

3. Der angefochtenen Bescheid war wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

4. Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. November 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006180166.X00

Im RIS seit

13.12.2007

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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