TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/13 2005/18/0507

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Veröffentlicht am 13.11.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §12 Abs3;
AuslBG §12 Abs5;
AuslBG §12 Abs7;
AuslBG §12;
AuslBG §2 Abs5;
FrG 1997 §18 Abs1 Z1;
FrG 1997 §89 Abs1a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des MA in W, geboren 1967, vertreten durch Dr. Bernhard Steiner, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Hintzerstraße 11/4, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 11. April 2005, Zl. 313.886/5- III/4/04, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 11. April 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, dem Beschwerdevorbringen zufolge ein Staatangehöriger von "Serbien und Montenegro", vom 12. Juli 2001 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "unselbständige Erwerbstätigkeit" (nunmehr "jeglicher Aufenthaltszweck gemäß § 13 Abs. 2 FrG 1997") gemäß § 13 Abs. 3, § 12 Abs. 3 und § 18 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, iVm § 2 Abs. 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe vom 15. Dezember 1994 bis zum 30. Juli 1996 über zwei Sichtvermerke gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 Fremdengesetz 1992 verfügt und sei als Musiker tätig gewesen. Sodann habe er vom 21. September 1998 bis zum 17. Juli 2001 als Ausfluss des Grundrechtes auf Kunstfreiheit fünf Niederlassungsbewilligungen für den Aufenthaltszweck "Künstler" erhalten. Seit dem 9. Juli 2001, somit während der letztgültigen Niederlassungsbewilligung, sei er als Maschinenarbeiter für die G. GmbH tätig gewesen und habe über eine bis zum 9. August 2004 gültige Arbeitserlaubnis verfügt. Am 12. Juli 2001 habe er beim Landeshauptmann von Wien einen Antrag auf Erteilung einer (weiteren) Niederlassungsbewilligung gestellt und als Aufenthaltszweck "unselbständige Erwerbstätigkeit" (nunmehr "jeglicher Aufenthaltszweck gemäß § 13 Abs. 2 FrG 1997") angegeben. Gemäß § 13 Abs. 3 FrG könnten Fremde während der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels den Zweck ihres Aufenthaltes ändern, wenn der ihnen erteilte Aufenthaltstitel auch für den nunmehrigen Aufenthaltszweck hätte erteilt werden können. Eine solche Änderung sei der Behörde ohne unnötigen Aufschub bekannt zu geben. Hiebei sei die Zulässigkeit der Änderung darzulegen. Beantrage der Fremde einen weiteren Aufenthaltstitel mit einem anderen Aufenthaltszweck, sei gemäß § 12 Abs. 3 FrG eine Versagung dieses Aufenthaltstitels zulässig.

Mit der Novelle des Fremden- und Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 sei seit dem 1. Jänner 2003 die Neuzuwanderung im Bereich der unselbständigen Erwerbstätigkeit nur mehr im Rahmen der Erfüllung eines Spezialtatbestandes (§ 2 Abs. 5 iVm § 12 AuslBG; sogenannte "unselbständige Schlüsselkräfte") möglich. Ein Wechsel von einer quotenfreien auf eine grundsätzlich quotenpflichtige Form der Niederlassungsbewilligung sei nur dann erlaubt, wenn der Beschwerdeführer die Anforderungen an eine Schlüsselkraft erfüllen würde.

Gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG würden Fremde grundsätzlich dann als Schlüsselkräfte gelten, wenn sie unter anderem über eine besondere am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügten und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhielten, die durchwegs mindestens 60 % (im Jahr 2003: ca. EUR 2.100,--) der Höchstbemessungsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen zu betragen habe. Die derzeitige Entlohnung des Beschwerdeführers in Höhe von EUR 1.183,-- monatlich liege unter der gesetzlich geforderten Summe.

Da der Beschwerdeführer lediglich einen Antrag auf Niederlassungsbewilligung und nicht auf Erteilung eines Niederlassungsnachweises gestellt habe, sei auch die Erteilung eines Niederlassungsnachweises gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FrG ausgeschlossen. Von Amts wegen sei eine Überprüfung des Vorliegens humanitärer Gründe im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG vorgenommen worden. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer einer ständigen Beschäftigung nachgehe, rechtfertige nicht die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen. Am 12. März 2004 habe der Bundesminister für Inneres von einer Zustimmung zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 19 Abs. 2 Z. 6 FrG Abstand genommen. Auch der Umstand, dass eine uneheliche Tochter des Beschwerdeführers - welche bei ihrer Mutter lebe und zu welcher der Beschwerdeführer telefonischen Kontakt halte - österreichische Staatsbürgerin sei, stelle keinen besonders berücksichtigungswürdigen Aspekt im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG dar. Der Beschwerdeführer sei verheiratet. Seine Ehefrau sowie seine beiden (weiteren) Kinder seien in Serbien und Montenegro aufhältig. Der überwiegende Teil seiner Familie sei nicht in Österreich niedergelassen, weshalb nicht davon gesprochen werden könne, dass der Ort der Familieneinheit einzig und allein in Österreich liege. Der Beschwerdeführer sei auch keiner Gefahr gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG ausgesetzt. Eine Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen sei nicht möglich.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 12 AuslBG gilt nicht nur für Fremde, die über keine Niederlassungsbewilligung verfügen, sondern auch für Fremde mit einer nicht der Quotenpflicht unterliegenden Niederlassungsbewilligung, die, wie der Beschwerdeführer, (erstmals) eine Niederlassungsbewilligung im Rahmen der Quote für unselbständige Schlüsselkräfte anstreben. Dies ergibt sich daraus, dass ansonsten zwar bei Fremden ohne Niederlassungsbewilligung für die Neuzulassung als Schlüsselkraft die Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften des § 12 AuslBG einzuhalten wären, während bei Fremden mit Niederlassungsbewilligung, die ebenso neu als Schlüsselkräfte zugelassen werden sollen - ohne ersichtlichen Grund -  keine entsprechenden Vorschriften bestünden. Auch die Überschrift des lediglich aus § 12 bestehenden Abschnittes IIa des AuslBG "Sonderbestimmungen für die Neuzulassung von Schlüsselkräften" spricht für diese Auslegung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. September 2006, Zl. 2005/18/0479).

2.1. Die belangte Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung abgewiesen, dass er das in § 2 Abs. 5 iVm § 12 AuslBG normierte Mindesteinkommen für die Stellung als unselbständige Schlüsselkraft (EUR 2.100,-- brutto monatlich im Jahr 2003) nicht erreiche.

Der Beschwerdeführer bekämpft diese Ansicht unter anderem mit dem Vorbringen, ihm liege keinerlei Verstoß gegen die österreichischen Einreisebestimmungen zur Last, er habe den Antrag auf "Aufenthaltsbewilligung" dem Gesetz entsprechend gestellt, die die belangte Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte erteilen müssen, zumal er in seinem verfassungsmäßig gewährleisteten "Grundrecht der Freiheit vor dem Gesetz" sowie nach den "Bestimmungen der EMRK" verletzt sei.

2.2. Zur Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG sind Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für unselbständige Schlüsselkräfte vom Landeshauptmann als Niederlassungsbehörde gemäß § 12 Abs. 3 AuslBG an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Liegen die genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Geschäftsstelle gemäß § 12 Abs. 5 AuslBG die Zulassung mit - gemäß § 12 Abs. 7 leg. cit. bei der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice anfechtbarem - Bescheid zu versagen. Das Verfahren bei der Niederlassungsbehörde ist diesfalls gemäß § 89 Abs. 1a dritter Satz FrG formlos einzustellen.

Daraus ergibt sich, dass die Frage, ob die im § 2 Abs. 5 AuslBG geregelten Voraussetzungen für die Stellung einer unselbständigen Schlüsselkraft vorliegen, ausschließlich vom Arbeitsmarktservice zu beurteilen ist. In Verkennung dieser Rechtslage hat die belangte Behörde jedoch das Vorliegen dieser Voraussetzungen selbst beurteilt und den Antrag auf Grund des Ergebnisses dieser Beurteilung abgewiesen (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2005/18/0479).

3. Der angefochtenen Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

4. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

5. Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. November 2007

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteAuslegung Diverses VwRallg3/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005180507.X00

Im RIS seit

07.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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