TE OGH 2008/2/14 7Bl17/08f

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Veröffentlicht am 14.02.2008
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Spruch

Das Landesgericht Klagenfurt hat in der Strafsache gegen ***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 26.9.2007, 19 U 82/07s-21, in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDas Landesgericht Klagenfurt hat in der Strafsache gegen ***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach Paragraph 88, Absatz eins, StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 26.9.2007, 19 U 82/07s-21, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Text

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (Paragraph 89, Absatz 6, StPO).

Begründung:

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 21.6.2007 wurde ***** von der Anklage, am 29. Dezember 2006 in Klagenfurt es unterlassen zu haben, *****, dessen Verletzung am Körper er, wenn auch nicht widerrechtlich, dadurch, dass er ihn mit seinem Fahrzeug niedergestoßen hatte, verursacht hat, die erforderliche Hilfe zu leisten, mangels Schuldnachweises gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Nach dem verbleibenden Bestrafungsantrag der Staatsanwaltschaft liegt ihm zur Last, am selben Tag als Lenker eines Kraftfahrzeugs durch das Außerachtlassen der gebotenen Sorgfalt und Aufmerksamkeit, insbesondere dadurch, dass er verspätet auf das Überqueren der Fahrbahn des den Schutzweg benützenden Fußgehers ***** mit einem Bremsmanöver reagierte, weshalb es zur Kollision kam, und er zu Boden gestoßen wurde, diesen, der Prellungen und Hautabschürfungen erlitt, am Körper (leicht) verletzt zu haben. Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Erstgericht, nachdem dem Angeklagten ohne die notwendige Befassung der Staatsanwaltschaft (§ 209 Abs 2 StPO) eine diversionelle Erledigung in Form der Bezahlung einer Geldbuße angeboten worden war und dieser sie und die vorgeschriebenen Verfahrenskosten bis zum 16.7.2007 bezahlt hatte, das Verfahren gemäß § 90c Abs 5 StPO iVm § 90b StPO im Wesentlichen mit der Begründung ein, dass die Schuld des Angeklagten als nicht schwer zu bewerten sei und im Hinblick auf die geleistete Geldbuße auch Präventionserwägungen nicht gegen eine Diversion sprechen würden.Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 21.6.2007 wurde ***** von der Anklage, am 29. Dezember 2006 in Klagenfurt es unterlassen zu haben, *****, dessen Verletzung am Körper er, wenn auch nicht widerrechtlich, dadurch, dass er ihn mit seinem Fahrzeug niedergestoßen hatte, verursacht hat, die erforderliche Hilfe zu leisten, mangels Schuldnachweises gemäß Paragraph 259, Ziffer 3, StPO freigesprochen. Nach dem verbleibenden Bestrafungsantrag der Staatsanwaltschaft liegt ihm zur Last, am selben Tag als Lenker eines Kraftfahrzeugs durch das Außerachtlassen der gebotenen Sorgfalt und Aufmerksamkeit, insbesondere dadurch, dass er verspätet auf das Überqueren der Fahrbahn des den Schutzweg benützenden Fußgehers ***** mit einem Bremsmanöver reagierte, weshalb es zur Kollision kam, und er zu Boden gestoßen wurde, diesen, der Prellungen und Hautabschürfungen erlitt, am Körper (leicht) verletzt zu haben. Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Erstgericht, nachdem dem Angeklagten ohne die notwendige Befassung der Staatsanwaltschaft (Paragraph 209, Absatz 2, StPO) eine diversionelle Erledigung in Form der Bezahlung einer Geldbuße angeboten worden war und dieser sie und die vorgeschriebenen Verfahrenskosten bis zum 16.7.2007 bezahlt hatte, das Verfahren gemäß Paragraph 90 c, Absatz 5, StPO in Verbindung mit Paragraph 90 b, StPO im Wesentlichen mit der Begründung ein, dass die Schuld des Angeklagten als nicht schwer zu bewerten sei und im Hinblick auf die geleistete Geldbuße auch Präventionserwägungen nicht gegen eine Diversion sprechen würden.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft mit der Argumentation, wegen der dem Angeklagten anzulastenden gravierenden Vorrangverletzung sei von einem schweren Verschulden auszugehen, darüber hinaus sei dessen Bestrafung aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen geboten.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Diversionelles Vorgehen setzt gemäß den nach der Übergangsregelung der §§ 514, 516 Abs 1 StPO anzuwendenden (weitgehend inhaltsgleichen neuen) Bestimmungen der §§ 198, 199 StPO voraus, dass auf Grund hinreichend geklärten Sachverhalts fest steht, dass eine Einstellung des Verfahrens aus anderen Gründen (insbesondere wegen Geringfügigkeit: § 191 StPO) nicht in Betracht kommt, eine Bestrafung jedoch im Hinblick auf die Zahlung eines Geldbetrages, die Erbringung gemeinnütziger Leistungen, die Bestimmung einer Probezeit (in Verbindung mit Bewährungshilfe und der Erfüllung von Pflichten) oder einen Tatausgleich nicht geboten erscheint, um den Beschuldigten von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Ein derartiges Vorgehen ist jedoch nur zulässig, wenn die Straftaten nicht in die Zuständigkeit des Landesgerichtes als Schöffen- oder Geschworenengerichtes fallen, die Schuld des Beschuldigten nicht als schwer anzusehen ist und diese nicht den Tod eines Menschen zur Folge gehabt haben.Diversionelles Vorgehen setzt gemäß den nach der Übergangsregelung der Paragraphen 514,, 516 Absatz eins, StPO anzuwendenden (weitgehend inhaltsgleichen neuen) Bestimmungen der Paragraphen 198,, 199 StPO voraus, dass auf Grund hinreichend geklärten Sachverhalts fest steht, dass eine Einstellung des Verfahrens aus anderen Gründen (insbesondere wegen Geringfügigkeit: Paragraph 191, StPO) nicht in Betracht kommt, eine Bestrafung jedoch im Hinblick auf die Zahlung eines Geldbetrages, die Erbringung gemeinnütziger Leistungen, die Bestimmung einer Probezeit (in Verbindung mit Bewährungshilfe und der Erfüllung von Pflichten) oder einen Tatausgleich nicht geboten erscheint, um den Beschuldigten von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Ein derartiges Vorgehen ist jedoch nur zulässig, wenn die Straftaten nicht in die Zuständigkeit des Landesgerichtes als Schöffen- oder Geschworenengerichtes fallen, die Schuld des Beschuldigten nicht als schwer anzusehen ist und diese nicht den Tod eines Menschen zur Folge gehabt haben.

Keiner näheren Erörterung bedarf zunächst die Diversionsvoraussetzung, dass die unter Anklage gestellte Straftat weder in die Zuständigkeit des Schöffen- oder Geschworenengerichtes fällt, noch den Tod eines Menschen zur Folge hatte. Die ausreichende Klärung des Sachverhalts ergibt sich aus der im Rahmen der Hauptverhandlung vom 21.6.2007 angestellten Analyse des Unfallgeschehens, auf Grund der anzunehmen ist, dass der PKW des Angeklagten den den südlichen Teil des über die ***** führenden Schutzweges benutzenden Fußgeher mit einer Fahrgeschwindigkeit von 8 km/h niederstieß und es dem Angeklagten trotz der durch eine Peitschenleuchte und eine Vorrangtafel auf dem Fahrbahnteiler eingeschränkten Sicht es möglich gewesen wäre, bei prompter Reaktion auf das Betreten der Fahrbahn die Kollision zu vermeiden. Auf Grund der Expertise des medizinischen Sachverständigen besteht der Verdacht, dass ***** als Folge dieses Verkehrsunfalles Prellungen des rechten Gesäßes und der rechten Hand, verbunden mit oberflächlichen Hautabschürfungen, erlitt, die ein leichtgradiges Schmerzgeschehen für die Dauer von ein bis zwei Tagen nach sich zogen und keine Berufsunfähigkeit begründeten. Die Bereitschaft zur Verantwortung lässt sich dem Antrag des Angeklagten auf Anwendung der Diversionsbestimmungen entnehmen.

Für den Begriff der schweren Schuld ist jener Schuldbegriff maßgeblich, der im § 32 StGB als Grundlage für die Bemessung der Strafe genannt wird. Für die Bewertung der Schuld ist somit eine ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände geboten. Schwere Schuld liegt vor, wenn der Handlungs-, Gesinnungs- und Erfolgsunwert als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist. Dabei ist die gesetzliche Strafdrohung des Delikts insofern in Relation zu den auf Grund ihrer Strafdrohung noch im Einzugsbereich der Diversion liegenden Delikten zu setzen, als ein „normales" Schuldniveau bei letzteren niedriger als beim ersten anzusetzen ist (vgl Schroll WK-StPO § 90a Rz 16 ff; Mayerhofer StPO5 § 90a E 2 und 3; 15 Os 164/01; 13 Os 7/03 ua). Bei Fahrlässigkeitsdelikten ist ein diversionsausschließendes schweres Verschulden nur in besonderen Ausnahmefällen, etwa dann anzunehmen, wenn die Übertretung von Sorgfaltsnormen den Schadenseintritt geradezu als wahrscheinlich und nicht als entfernt möglich erscheinen lässt und der Erfolgsunwert erheblich und nicht ausgeglichen oder nicht zu beseitigen ist (7 Bl 41/05f, 7 Bl 136/05a, 7 Bl 14/08i des Landesgerichtes Klagenfurt ua). Die Missachtung des Vorranges auf Schutzwegen (§ 9 Abs 2 StPO) begründet für sich allein noch kein schweres Verschulden, sofern nicht ein außergewöhnlich gravierender Sorgfaltsverstoß oder ein krasser Aufmerksamkeitsfehler vorliegt und deswegen von einem erheblichen sozialen Störwert der Tat auszugehen wäre (11 Os 130/05k; 15 Os 128/07y).Für den Begriff der schweren Schuld ist jener Schuldbegriff maßgeblich, der im Paragraph 32, StGB als Grundlage für die Bemessung der Strafe genannt wird. Für die Bewertung der Schuld ist somit eine ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände geboten. Schwere Schuld liegt vor, wenn der Handlungs-, Gesinnungs- und Erfolgsunwert als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist. Dabei ist die gesetzliche Strafdrohung des Delikts insofern in Relation zu den auf Grund ihrer Strafdrohung noch im Einzugsbereich der Diversion liegenden Delikten zu setzen, als ein „normales" Schuldniveau bei letzteren niedriger als beim ersten anzusetzen ist vergleiche Schroll WK-StPO Paragraph 90 a, Rz 16 ff; Mayerhofer StPO5 Paragraph 90 a, E 2 und 3; 15 Os 164/01; 13 Os 7/03 ua). Bei Fahrlässigkeitsdelikten ist ein diversionsausschließendes schweres Verschulden nur in besonderen Ausnahmefällen, etwa dann anzunehmen, wenn die Übertretung von Sorgfaltsnormen den Schadenseintritt geradezu als wahrscheinlich und nicht als entfernt möglich erscheinen lässt und der Erfolgsunwert erheblich und nicht ausgeglichen oder nicht zu beseitigen ist (7 Bl 41/05f, 7 Bl 136/05a, 7 Bl 14/08i des Landesgerichtes Klagenfurt ua). Die Missachtung des Vorranges auf Schutzwegen (Paragraph 9, Absatz 2, StPO) begründet für sich allein noch kein schweres Verschulden, sofern nicht ein außergewöhnlich gravierender Sorgfaltsverstoß oder ein krasser Aufmerksamkeitsfehler vorliegt und deswegen von einem erheblichen sozialen Störwert der Tat auszugehen wäre (11 Os 130/05k; 15 Os 128/07y).

Dass dem Angeklagten ein derartiger Sorgfaltsverstoß zur Last fällt, ist nach dem oben dargelegten mutmaßlichen Verlauf der Kollision nicht anzunehmen. Dazu kommt noch, dass sich der Unfall in den Nachtstunden ereignete und der Verletzte dunkel bekleidet war, sodass dem Angeklagten nur ein Aufmerksamkeitsfehler anzulasten wäre, der seinem Grad nach als durchschnittlich, jedenfalls aber nicht als besonders gravierend einzuschätzen wäre.

Nur der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass dem Verletzten die Missachtung der Schutznorm des § 76 Abs 4 lit a StVO - und damit eigene Sorglosigkeit - unter den dargelegten Prämissen nicht anzulasten wäre, weil von einem unmittelbaren Betreten des Schutzweges vor einem herannahenden Fahrzeug nur dann gesprochen werden kann, wenn sich dieses bereits innerhalb des Anhaltewegs befindet und als „überraschend" ein Verhalten nur zu qualifizieren ist, wenn es im Widerspruch zu einem vorangegangenen steht (Pürstl StVO12 § 76 Anm 2 und 9).Nur der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass dem Verletzten die Missachtung der Schutznorm des Paragraph 76, Absatz 4, Litera a, StVO - und damit eigene Sorglosigkeit - unter den dargelegten Prämissen nicht anzulasten wäre, weil von einem unmittelbaren Betreten des Schutzweges vor einem herannahenden Fahrzeug nur dann gesprochen werden kann, wenn sich dieses bereits innerhalb des Anhaltewegs befindet und als „überraschend" ein Verhalten nur zu qualifizieren ist, wenn es im Widerspruch zu einem vorangegangenen steht (Pürstl StVO12 Paragraph 76, Anmerkung 2 und 9).

Einem diversionellen Vorgehen stehen schließlich weder general- noch spezialpräventive Hindernisse entgegen. Gerade die für den Angeklagten spürbare Reaktion - im vorliegenden Fall die Zahlung einer nicht unerheblichen Geldbuße - vermittelt der Öffentlichkeit auch in Fällen wie diesem ein ausreichendes Signal der Rechtsbewährung. Unter dem spezialpräventiven Aspekt ist aber relevant, dass der bis zu diesem Unfall auch verwaltungsstrafrechtlich nicht vorbelastete Fahrzeuglenker seinem Versicherer eine rechtzeitige und entsprechende Unfallmeldung erstattete, die bereits zu einer zivilrechtlichen Schadensgutmachung führte (Beilage ./2 zu ON 25). Die Interessen des Opfers stehen damit der Verfahrenserledigung auf diese Art ebenso wenig entgegen (§ 206 StPO).Einem diversionellen Vorgehen stehen schließlich weder general- noch spezialpräventive Hindernisse entgegen. Gerade die für den Angeklagten spürbare Reaktion - im vorliegenden Fall die Zahlung einer nicht unerheblichen Geldbuße - vermittelt der Öffentlichkeit auch in Fällen wie diesem ein ausreichendes Signal der Rechtsbewährung. Unter dem spezialpräventiven Aspekt ist aber relevant, dass der bis zu diesem Unfall auch verwaltungsstrafrechtlich nicht vorbelastete Fahrzeuglenker seinem Versicherer eine rechtzeitige und entsprechende Unfallmeldung erstattete, die bereits zu einer zivilrechtlichen Schadensgutmachung führte (Beilage ./2 zu ON 25). Die Interessen des Opfers stehen damit der Verfahrenserledigung auf diese Art ebenso wenig entgegen (Paragraph 206, StPO).

Schließlich wurde der Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Beschwerde - nachträglich - Gelegenheit geboten, zur Diversionsfrage Stellung zu beziehen, sodass der dem Erstgericht unterlaufene Verfahrensfehler (§ 209 Abs 2 StPO) die Aufhebung der Entscheidung nicht erfordert.Schließlich wurde der Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Beschwerde - nachträglich - Gelegenheit geboten, zur Diversionsfrage Stellung zu beziehen, sodass der dem Erstgericht unterlaufene Verfahrensfehler (Paragraph 209, Absatz 2, StPO) die Aufhebung der Entscheidung nicht erfordert.

Anmerkung

EKL00066 7Bl17.08f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LGKL729:2008:0070BL00017.08F.0214.000

Dokumentnummer

JJT_20080214_LGKL729_0070BL00017_08F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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