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19/05 Menschenrechte;Norm
FrPolG 2005 §60 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des Z D, geboren 1969, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. September 2007, Zl. E1/358128/2007, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 6. September 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei auf Grund eines Haftbefehls am 26. Jänner 2007 in Slowenien festgenommen und noch am selben Tag nach Österreich überstellt worden, wo er am 4. Juli 2007 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 1, § 130 zweiter Satz zweiter Fall und § 15 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Diesem Urteil sei zu Grunde gelegen, dass er in Wien und einem anderen österreichischen Ort am 6. Februar 2005 und am 4. Mai 2005 je einen Einbruchsdiebstahl in Gebäuden zweier näher genannten Unternehmen in der Absicht begangen habe, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Der Beschwerdeführer sei verheiratet und für ein Kind sorgepflichtig, wobei er, seine Frau und das Kind ständig in Deutschland lebten. Er selbst verfüge über eine gültige Aufenthaltserlaubnis "in unserem Nachbarland". In Österreich bestünden weder berufliche noch familiäre Bindungen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen weiter aus, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei. Das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten lasse die Annahme als gerechtfertigt erscheinen, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit gefährde und überdies anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen, nämlich dem Schutz des Eigentums anderer, der Verteidigung der Ordnung und der Verhinderung von strafbaren Handlungen, zuwiderlaufe.
Da der Beschwerdeführer an sich nicht im Bundesgebiet lebe und lediglich als "Kriminaltourist", also um auf Eigentumszuwachs gerichtete gerichtlich strafbare Handlungen zu begehen, eingereist sein dürfte und hier weder berufliche noch familiäre Bindungen aufweise, könne von keinem oder höchstens einem geringen Eingriff in sein Privatleben ausgegangen werden, sodass die Zulässigkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Grund des § 66 FPG jedenfalls zu bejahen sei. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der schweren Eigentumskriminalität sei nämlich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz des Eigentums anderer) als dringend geboten zu erachten. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers verdeutliche augenfällig seine Gefährlichkeit für das Eigentum im Bundesgebiet aufhältiger Menschen bzw. ansässiger Unternehmen und das Unvermögen oder den Unwillen, die Rechtsvorschriften des Gastlandes einzuhalten.
Eine positive Verhaltensprognose sei für den Beschwerdeführer im Hinblick auf die Schwere der Tathandlungen und den damit verbundenen überaus erheblichen Unrechtsgehalt sowie die Tatwiederholung innerhalb von rund drei Monaten unter keinen Umständen - auch nicht bezogen auf den wahrscheinlichen Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes - möglich.
Hinsichtlich der nach § 66 Abs. 2 FPG erforderlichen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass einer allfälligen, aus dem bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die für jegliche Integration erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Von daher gesehen hätten seine privaten Interessen gegenüber den genannten hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen in den Hintergrund zu treten.
Eine Ermessensentscheidung sei unter Rücksichtnahme auf § 55 Abs. 3 und § 56 Abs. 2 FPG - der Beschwerdeführer habe immerhin ein Verbrechen begangen - nicht in Betracht gekommen.
Das Aufenthaltsverbot sei mit zehn Jahren zu befristen gewesen, weil nur eine strafgerichtliche Verurteilung in Österreich erfolgt sei und ungeachtet der aus ihr hervorgehenden beachtlichen kriminellen Energie des Beschwerdeführers erwartet werden könne, dass der für die Erlassung maßgebliche Grund, nämlich die überaus erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nach Ablauf dieser Gültigkeitsdauer weggefallen sein werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde vertritt die Auffassung, dass die belangte Behörde das ihr gemäß § 60 Abs. 1 FPG zustehende Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes ausgeübt habe. Der Beschwerdeführer habe die beiden genannten Straftaten deshalb verübt, weil er sich damals in einer finanziellen Notlage befunden habe. So habe er mit seiner Ehegattin zwecks Vornahme einer künstlichen Befruchtung verschiedene Ärzte in Deutschland und Serbien aufgesucht und hiefür hohe Rechnungen bezahlen müssen. Obwohl zuerst seiner Familie mitgeteilt worden sei, dass die Arztrechnungen von der Krankenkasse übernommen werden würden, seien danach Rechnungen an ihn geschickt worden. Er habe sich seit dem Jahr 2005 wohlverhalten, sei in Deutschland integriert und habe durch das Erlernen der deutschen Sprache bewiesen, dass er kein Kriminaltourist sei und keine Gefahr für das Eigentum im Bundesgebiet aufhältiger Menschen darstelle. Er lebe mit seiner Ehegattin, die über eine unbefristete Niederlassungsbewilligung für Deutschland verfüge, und ihrem gemeinsamen Kind, das deutscher Staatsangehöriger sei, in Deutschland. Durch die Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes für den gesamten Schengener Raum sei das Ende des gemeinsamen Familienlebens absehbar, sei es doch seiner Ehefrau und vor allem ihrem Kind nicht zuzumuten, das gesicherte Leben in Deutschland aufzugeben und fortan mit dem Beschwerdeführer im unsicheren Serbien zu leben. Die belangte Behörde hätte sich mit seiner Verurteilung näher auseinandersetzen müssen, das Erwähnen lediglich der Strafe sei unzulänglich.
2.1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken.
2.2. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde beging der Beschwerdeführer am 6. Februar 2005 und rund drei Monate danach, am 4. Mai 2005, jeweils das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch, wobei er in der Absicht, sich durch die Begehung der Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, somit gewerbsmäßig (§ 70 StGB), handelte.
In Anbetracht des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2007, Zl. 2007/18/0324) ist diese Beurteilung nicht zu beanstanden. Entgegen der Beschwerdeansicht ist der seit der Begehung der letzten Straftat verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um von einem Wohlverhalten oder einer entscheidungswesentlichen Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehen zu können, zumal die Zeiten einer Haft bei der Beurteilung eines Wohlverhaltens nicht zu berücksichtigen sind (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2007, Zl. 2006/18/0081, mwN). Inwieweit der Beschwerdeführer - wie die Beschwerde vorbringt - durch seine Integration in Deutschland und das Erlernen der deutschen Sprache keine Gefahr für das Eigentum im Bundesgebiet aufhältiger Menschen darstelle, kann im Übrigen nicht nachvollzogen werden.
2.3. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer nicht in Österreich lebt und hier weder berufliche noch familiäre Bindungen aufweist, sodass durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht in ein von ihm in Österreich geführtes Privat- und Familienleben eingegriffen wird.
Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes für den gesamten Schengener Raum (gemeint: das Gebiet der Vertragsparteien des Übereinkommens von Schengen) Folgen habe, so führt dies bereits deshalb nicht zu einer anderen Beurteilung, weil der Beschwerdeführer laut den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid über eine gültige Aufenthaltserlaubnis "in unserem Nachbarland" (offensichtlich gemeint: Deutschland) verfügt und die Ausschreibung zur Einreiseverweigerung durch Österreich noch nicht dazu führt, dass dieser deutsche Aufenthaltstitel ungültig wird (vgl. dazu Art. 25 Abs. 2 des Schengener Durchführungsübereinkommens). Persönliche Interessen des Beschwerdeführers in Deutschland, die vom Schutzbereich des Art. 8 EMRK umfasst sind, wären vom Beschwerdeführer in einem allfälligen Verfahren zur Entziehung eines solchen Aufenthaltstitels vor den deutschen Behörden geltend zu machen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2003, Zl. 2002/18/0231).
2.4. Im Hinblick darauf kann - entgegen der Beschwerdeansicht - der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass der belangten Behörde ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen sei, ergeben sich doch weder aus der Beschwerde noch dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände, die eine Ermessensübung im Grund des § 60 Abs. 1 FPG zugunsten des Beschwerdeführers geboten hätten.
3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 13. November 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007180804.X00Im RIS seit
13.12.2007Zuletzt aktualisiert am
22.02.2011