TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/13 2005/18/0216

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Veröffentlicht am 13.11.2007
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z2;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des PK, geboren 1968, vertreten durch Dr. Wolfgang Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 27. April 2005, Zl. III 4033-29/05, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 27. April 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 Z. 2, iVm §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von drei Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Schwaz wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 5 Abs. 1 StVO rechtskräftig jeweils mit einer Geldstrafe belegt worden, weil er am 29. Februar 2004 um 9.06 Uhr in Ramsau im Zillertal auf der B 169 und am 25. Dezember 2004 um 7.40 Uhr in Rohrberg auf der B 169 jeweils einen Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Sein Gesamtfehlverhalten zeige deutlich seine negative Einstellung zur Rechtsordnung, wodurch der Eindruck entstehe, dass er nicht gewillt sei, die Rechtsordnung in erforderlicher Weise zu achten. Daraus ergebe sich die Folgerung, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle (§ 36 Abs. 1 Z. 1 FrG). Seine rechtskräftigen Bestrafungen gemäß § 5 Abs. 1 StVO erfüllten den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 erster Fall FrG.

Ein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG liege vor. Dieser Eingriff mache das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer im Grund des § 37 Abs. 1 FrG aber nicht unzulässig. Die sich im Gesamtfehlverhalten manifestierende Neigung des Beschwerdeführers, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, mache die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele der Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen, des Schutzes der Rechte anderer (auf Leben und Gesundheit) dringend geboten.

Seine privaten und familiären Interessen am Aufenthalt im Bundesgebiet wögen schwer, jedoch höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, weshalb die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei.

Die Familie des Beschwerdeführers lebe gut integriert im Bundesgebiet. Erstmals habe sich der Beschwerdeführer 1994 als Saisonarbeiter im Gastgewerbe, rechtmäßig in Österreich aufgehalten. Sein privater und beruflicher Lebensmittelpunkt befinde sich in Kroatien. Er besuche seine Familie in Österreich oft, zuletzt am 24. Dezember 2004. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers stehe das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Teilnahme alkoholisierter Pkw-Lenker am öffentlichen Straßenverkehr gegenüber. Ein Aufenthaltsverbot-Verbotsgrund gemäß §§ 38, 35 FrG komme im Fall des Beschwerdeführers nicht zum Tragen. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche § 39 Abs. 1 FrG und den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen. Bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbots, nämlich der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit, sei das Verstreichen von drei Jahren vonnöten. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass keine, nicht bereits im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigten Umstände vorlägen, könne von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des von der Behörde zu übenden Ermessens gemäß § 36 Abs. 1 FrG Abstand genommen werden. Wer bei Besuchen in Österreich binnen eines Jahres zweimal wegen Lenkens eines Pkw im öffentlichen Straßenverkehr in alkoholisiertem Zustand betreten und von der Behörde rechtskräftig bestraft werde, dem komme "jenes Gefährdungspotenzial für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu, dem nur mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ausreichend begegnet werden" könne. Dass tatsächlich ein anderer Verkehrsteilnehmer durch den alkoholisierten Pkw-Lenker in seiner Gesundheit geschädigt worden sei, sei nicht Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Hinsichtlich des Vorbringens, dass der Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Schwaz ohnedies bereits mit einem rechtskräftigen Fahrverbot für Österreich in der Dauer von 15 Monaten belegt worden wäre, werde darauf hingewiesen, dass ein Pkw im öffentlichen Straßenverkehr auch von einem Menschen gelenkt werden könne, ohne dass dieser im Besitz einer gültigen behördlichen Lenkerberechtigung sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2).

Gemäß Abs. 2 des § 36 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 u.a. zu gelten, wenn (Z.2) ein Fremder mehr als einmal wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 2 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, rechtskräftig bestraft worden ist.

2.1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer sowohl am 29. Februar 2004 als auch am 25. Dezember 2004 wegen Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand nach § 5 Abs. 1 StVO iVm § 99 Abs. 1 lit. a StVO jeweils (rechtskräftig) bestraft wurde. Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG ist erfüllt.

2.2. Auch die Beurteilung der belangten Behörde, dass angesichts des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet keinem Einwand. Bei den ihm zur Last liegenden Übertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 handelt es sich im Hinblick auf die von alkoholisierten KFZ-Lenkern ausgehende große Gefahr für die Allgemeinheit um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit von großem Gewicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2002, 99/18/0036 mwN).

3.1. Die Beschwerde bekämpft die von der belangten Behörde im Grund des § 37 FrG vorgenommene Interessenabwägung.

3.2. Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 37 Abs. 1 und 2 FrG war zu berücksichtigen, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers und seine beiden minderjährigen Kinder gut integriert im Bundesgebiet leben und der Beschwerdeführer diese oft in Österreich besucht, allerdings mit diesen nicht im gemeinsamen Haushalt lebt. Die belangte Behörde ist daher zu Recht von einem Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ausgegangen. Ebenso zutreffend ist sie aber zu dem Ergebnis gelangt, dass das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot im Licht des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, liegt dem Beschwerdeführer doch zur Last, zweimal innerhalb eines Jahres in alkoholisiertem Zustand ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr gelenkt zu haben (Blutalkoholgehalt von 0,68 Promille und von 0,88 Promille). Dieses Fehlverhalten lässt das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten erscheinen.

Unter Zugrundelegung des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers erweist sich aber auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Den familiären Interessen des Beschwerdeführers an seinem Verbleib im Bundesgebiet kommt (schon) deswegen kein großes Gewicht zu, weil der Beschwerdeführer in Österreich nicht rechtmäßig niedergelassen ist und mit seiner Familie nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Den Verwaltungsakten zufolge erhielt er erstmals von 14. Jänner 1994 bis 14. Juli 1994 eine Aufenthaltsbewilligung, welche jedoch in der Folge nicht verlängert wurde. Ein (weiterer) Antrag auf Beschäftigungsbewilligung im Jahr 2001 wurde abgewiesen. Der Beschwerdeführer hielt sich somit - abgesehen von einer einmalig erteilten Aufenthaltsbewilligung - niemals längere Zeit rechtmäßig im Bundesgebiet auf und pflegte den Kontakt zu seinen minderjährigen Kindern und seiner Ehefrau bereits bisher nur besuchsweise. Bei Abwägung dieser nicht besonders schwer wiegenden persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit dem durch ihn gefährdeten großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung der Teilnahme alkoholisierter Lenker am Straßenverkehr hat die belangte Behörde zu Recht letzterem das größere Gewicht beigemessen, zumal trotz der Schulpflicht eines der beiden Kinder nicht ersichtlich ist, weshalb der Kontakt des Beschwerdeführers zu seiner Familie durch Besuche seiner Ehefrau mit seinen Kindern im Ausland nicht aufrecht erhalten werden könnte.

4. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. November 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005180216.X00

Im RIS seit

13.12.2007

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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