Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. Hanns H*****, 2. Dr. Hannelies H*****, 3. Dr. Hermann G*****, alle vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. E*****-GmbH, *****, 2. K*****gesellschaft mbH, *****, beide vertreten durch Dr. Rudolf Krilyszyn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe von Erklärungen (Streitwert 20.992,20 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien und ihren Antrag auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 15. Oktober 2007, GZ 5 R 82/07a-22, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 2. Februar 2007, GZ 37 Cg 63/06b-18, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Die Zweitbeklagte war persönlich haftende Gesellschafterin zweier Kommanditgesellschaften. Gesellschafter bei beiden Kommanditgesellschaften waren neben der Zweitbeklagten noch eine weitere juristische Person als Komplementärin und eine juristische Person als Kommanditistin. Beide Gesellschaftsverträge der Kommanditgesellschaften enthalten Bestimmungen über die Übertragung und Teilung von Gesellschaftsanteilen und über Aufgriffsrechte der Gesellschafter für den Fall einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen oder Teilen davon.
Die drei Kläger unterfertigten jeweils ein Angebot zum Abschluss einer Treuhandvereinbarung „Beteiligung 49 KKW-Fonds 1988". Ihrem Angebot lag jeweils ein Prospekt zugrunde, der den Wortlaut der mit der Zweitbeklagten abzuschließenden Treuhandvereinbarung und die Gesellschaftsverträge der beiden Kommanditgesellschaften enthielt. Die Kläger stellten jeweils das Angebot auf Abschluss einer Treuhandvereinbarung in Höhe eines jeweils genannten Zeichnungsbetrags zu den ihnen bekannten und übergebenen Treuhandbedingungen für diese Beteiligung. Ihre Angebote wurden angenommen. Nach den Treuhandbedingungen war die Zweitbeklagte Treuhänderin der Kläger, die als Treugeber Anteile an den Gesellschaftsanteilen der Zweitbeklagten als Komplementärin der beiden Kommanditgesellschaften erwarben. Die Anteilsverwaltung wurde treuhändig für die Zweitbeklagte von der I***** GmbH (später AG) vorgenommen. 1995 wurde das Vermögen der beiden Kommanditgesellschaften durch Aktiengesellschaften, die davor als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt waren, nach § 142 HGB übernommen; die beiden Kommanditgesellschaften wurden dementsprechend gelöscht. Die jeweils scheidende Komplementärin (die Zweitbeklagte) erhielt Aktien an diesen Gesellschaften.Die drei Kläger unterfertigten jeweils ein Angebot zum Abschluss einer Treuhandvereinbarung „Beteiligung 49 KKW-Fonds 1988". Ihrem Angebot lag jeweils ein Prospekt zugrunde, der den Wortlaut der mit der Zweitbeklagten abzuschließenden Treuhandvereinbarung und die Gesellschaftsverträge der beiden Kommanditgesellschaften enthielt. Die Kläger stellten jeweils das Angebot auf Abschluss einer Treuhandvereinbarung in Höhe eines jeweils genannten Zeichnungsbetrags zu den ihnen bekannten und übergebenen Treuhandbedingungen für diese Beteiligung. Ihre Angebote wurden angenommen. Nach den Treuhandbedingungen war die Zweitbeklagte Treuhänderin der Kläger, die als Treugeber Anteile an den Gesellschaftsanteilen der Zweitbeklagten als Komplementärin der beiden Kommanditgesellschaften erwarben. Die Anteilsverwaltung wurde treuhändig für die Zweitbeklagte von der I***** GmbH (später AG) vorgenommen. 1995 wurde das Vermögen der beiden Kommanditgesellschaften durch Aktiengesellschaften, die davor als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt waren, nach Paragraph 142, HGB übernommen; die beiden Kommanditgesellschaften wurden dementsprechend gelöscht. Die jeweils scheidende Komplementärin (die Zweitbeklagte) erhielt Aktien an diesen Gesellschaften.
2005 bot die Anteilsverwaltung den Klägern „einen Ausstieg aus dem Engagement" auf Basis des Verkehrswerts ihrer Beteiligung an. Der Erstkläger erklärte daraufhin, auch namens der beiden anderen Kläger, die mit den übrigen Miteigentümern der Komplementäranteile vereinbarten und im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaften festgelegten Anbotsrechte in Anspruch zu nehmen.
Mit der vorliegenden Klage begehren alle drei Kläger (kurz gefasst), die Erstbeklagte zu verpflichten, jene Anteile an den Aktiengesellschaften, die sie von drei namentlich genannten seinerzeitigen Treugebern erworben hat, an die drei Kläger anteilig (und zwar 20 % an den Erstkläger und je 40 % an Zweit- und Drittklägerin) zu übertragen und die Zweitbeklagte zu verpflichten, ihre Rechte und Pflichten aus der Beteiligung an den beiden Aktiengesellschaften hinsichtlich der Aktien der angeführten früheren Treugeber nach den im Spruch angeführten Anteilen für die Kläger auszuüben. Die Zweitbeklagte habe ihre Verpflichtung aus dem Treuhandvertrag, die Interessen der Treugeber zu wahren, im Zusammenwirken mit den Konzerngesellschaften verletzt und sei zum Schadenersatz verpflichtet. Die Erstbeklagte habe die Anteile der namentlich angeführten seinerzeitigen Treugeber unter Missachtung der Aufgriffsrechte der drei Kläger erworben. Sie habe diese Anteile in Kenntnis und unter Verletzung der vertraglichen Rechte der Kläger erworben, sie hafte aus der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte.
Die Beklagte wendete ein, die Kläger seien nicht Gesellschafter der Kommanditgesellschaften geworden. Ein Aufgriffsrecht an Gesellschaftsanteilen stehe ihnen schon deshalb nicht zu. Im Übrigen sei ein allfälliges Aufgriffsrecht durch die Umwandlung der Kommanditgesellschaften in Aktiengesellschaften erloschen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaften vorgesehene Aufgriffsrecht stehe nur den Gesellschaftern der Kommanditgesellschaften zu, nicht aber den Klägern als Treugebern. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands hinsichtlich jedes Klägers 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteigt und der Wert des Entscheidungsgegenstands in Summe 20.000 EUR übersteigt, sowie dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich das als „I. außerordentliche Revision" und als „II. Antrag auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision gemäß § 508 ZPO verbunden mit ordentlicher Revision" bezeichnete Rechtsmittel der Kläger. Sie stellen den Antrag, zunächst über die außerordentliche Revision zu entscheiden.Dagegen richtet sich das als „I. außerordentliche Revision" und als „II. Antrag auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision gemäß Paragraph 508, ZPO verbunden mit ordentlicher Revision" bezeichnete Rechtsmittel der Kläger. Sie stellen den Antrag, zunächst über die außerordentliche Revision zu entscheiden.
Die Rechtsmittelwerber vertreten die Auffassung, ihre Ansprüche seien zusammenzurechnen, weil sie auf demselben rechtlichen und tatsächlichen Grund, nämlich derselben Treuhandvereinbarung, beruhten. Die einzelnen Treugeber seien demnach Miteigentümer der zusammengefassten Beteiligungen. Eine materielle Streitgenossenschaft liege vor, weil die Ansprüche kein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben könnten.
Das Erstgericht legte den Akt unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.
Der Oberste Gerichtshof ist derzeit zur Entscheidung über das Rechtsmittel nicht zuständig. Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert 4.000 EUR nicht übersteigt. Hatte das Berufungsgericht - wie hier - über Klagebegehren verschiedener Kläger zu entscheiden, so ist die Zulassung der Revision nach der Höhe des Entscheidungsgegenstands jedes einzelnen Klageanspruchs zu beurteilen, es sei denn, die Voraussetzungen des § 55 Abs 2 Z 2 JN iVm § 11 Z 1 ZPO liegen vor. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Kläger materielle Streitgenossen sind. Eine materielle Streitgenossenschaft setzt voraus, dass die Streitgenossen in Ansehung des Streitgegenstands in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind. Eine Berechtigung oder Verpflichtung aus demselben tatsächlichen oder rechtlichen Grund im Sinn des § 11 Z 1 ZPO setzt einen einheitlich rechtserzeugenden Tatbestand voraus, ohne dass für einen Streitgenossen noch weitere rechtserzeugende Tatsachen hinzutreten (RIS-Justiz RS0035528, RS0035450).Der Oberste Gerichtshof ist derzeit zur Entscheidung über das Rechtsmittel nicht zuständig. Gemäß Paragraph 502, Absatz 2, ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert 4.000 EUR nicht übersteigt. Hatte das Berufungsgericht - wie hier - über Klagebegehren verschiedener Kläger zu entscheiden, so ist die Zulassung der Revision nach der Höhe des Entscheidungsgegenstands jedes einzelnen Klageanspruchs zu beurteilen, es sei denn, die Voraussetzungen des Paragraph 55, Absatz 2, Ziffer 2, JN in Verbindung mit Paragraph 11, Ziffer eins, ZPO liegen vor. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Kläger materielle Streitgenossen sind. Eine materielle Streitgenossenschaft setzt voraus, dass die Streitgenossen in Ansehung des Streitgegenstands in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind. Eine Berechtigung oder Verpflichtung aus demselben tatsächlichen oder rechtlichen Grund im Sinn des Paragraph 11, Ziffer eins, ZPO setzt einen einheitlich rechtserzeugenden Tatbestand voraus, ohne dass für einen Streitgenossen noch weitere rechtserzeugende Tatsachen hinzutreten (RIS-Justiz RS0035528, RS0035450).
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die klagenden Parteien leiten ihre Forderungen aus zwar gleichartigen, aber doch jeweils getrennten Vertragsverhältnissen ab, sodass der ihrem Klagebegehren jeweils zu Grunde liegende rechtserzeugende Sachverhalt nicht derselbe ist. Wenngleich ihre Treuhandverhältnisse jeweils auf denselben Treuhandbedingungen beruhten und eine Mitbeteiligung eines jeden der Treugeber am Gesellschaftsanteil der Komplementärin gleichartige Treuepflichten der Treuhänderin mit sich brachte, so kann doch jedes dieser Rechtsverhältnisse ein eigenes Schicksal haben, zumal Treugeber und Treuhänder wechselseitig obligatorisch berechtigt und verpflichtet sind. In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof etwa die Eigentümer von Ferienhäusern, die Ansprüche gegen den Verwalter aus gleichartigen Verwaltungsaufträgen geltend machten, (nur) als formelle Streitgenossen behandelt (6 Ob 530/88 = RIS-Justiz RS0035615 [T19]). Auch Wohnungseigentumsbewerber werden trotz gleichartiger Vertragsgestaltung grundsätzlich nicht als materielle Streitgenossen angesehen (5 Ob 8/95 = RIS-Justiz RS0037911).
Die Ansprüche der klagenden Parteien sind für die Frage der Rechtsmittelzulässigkeit somit nicht zusammenzurechnen (§ 55 Abs 1 Z 2 und Abs 5 JN).Die Ansprüche der klagenden Parteien sind für die Frage der Rechtsmittelzulässigkeit somit nicht zusammenzurechnen (Paragraph 55, Absatz eins, Ziffer 2 und Absatz 5, JN).
Der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Berufungsgericht entschieden hat, überstieg hinsichtlich jedes Klägers 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR. In einem solchen Fall steht es der Partei frei, einen Antrag nach § 508 Abs 1 und Abs 2 ZPO zu stellen. Einen derartigen Antrag auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision, verbunden mit den Rechtsmittelausführungen, haben die klagenden Parteien gestellt. Das Erstgericht wird dieses Rechtsmittel dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Dem Obersten Gerichtshof ist es in einem solchen Fall verwehrt, über die „außerordentliche" Revision zu entscheiden. Dies gilt auch in dem Fall, in dem der Rechtsmittelwerber - wie hier - die vorrangige Behandlung seines Rechtsmittels als außerordentliches Rechtsmittel begehrt.Der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Berufungsgericht entschieden hat, überstieg hinsichtlich jedes Klägers 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR. In einem solchen Fall steht es der Partei frei, einen Antrag nach Paragraph 508, Absatz eins und Absatz 2, ZPO zu stellen. Einen derartigen Antrag auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision, verbunden mit den Rechtsmittelausführungen, haben die klagenden Parteien gestellt. Das Erstgericht wird dieses Rechtsmittel dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Dem Obersten Gerichtshof ist es in einem solchen Fall verwehrt, über die „außerordentliche" Revision zu entscheiden. Dies gilt auch in dem Fall, in dem der Rechtsmittelwerber - wie hier - die vorrangige Behandlung seines Rechtsmittels als außerordentliches Rechtsmittel begehrt.
Anmerkung
E869456Ob25.08gSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inecolex 2008/197 S 543 - ecolex 2008,543 = RdW 2008/483 S 521 - RdW2008,521XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0060OB00025.08G.0221.000Zuletzt aktualisiert am
03.03.2009