TE OGH 2008/2/26 1Ob239/07i

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Veröffentlicht am 26.02.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann P*****, vertreten durch Dr. Gernot Hofstädter, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 4,281.035 EUR sA und Feststellung (Streitwert 3.965 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei (Revisionsstreitwert 4,281.035 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. September 2007, GZ 4 R 125/07z-33, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16. März 2007, GZ 59 Cg 81/06x-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte den Klagsbetrag sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden aufgrund von Hausdurchsuchungen bzw einer Beschlagnahme durch Organe der Beklagten in einem unter anderem gegen ihn geführten Strafverfahren, wobei zahlreiche Geschäftsunterlagen diverser Unternehmen beschlagnahmt worden seien und wodurch dem Kläger ein Schaden jedenfalls in Höhe der Klagsforderung entstanden sei.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Verjährung, mangelnder Aktivlegitimation und Unschlüssigkeit des Klagebegehrens ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Der Kläger macht in seiner außerordentlichen Revision, in der die Abweisung des Feststellungsbegehrens ausdrücklich unbekämpft bleibt, geltend, dass das Erstgericht in seinem Beschluss über die Bewilligung der Verfahrenshilfe bindend über das Nichtvorliegen der Verjährung seines Anspruchs abgesprochen habe. Das Berufungsgericht habe sich über diese Bindungswirkung hinweggesetzt. Der Verfahrenshilfeantrag habe die Verjährung jedenfalls unterbrochen. Es stelle sich auch die Frage, inwieweit dem Kläger eine Behauptungs- und Beweispflicht hinsichtlich der von ihm behaupteten Ansprüche obliege, zumal ohnehin der Strafakt verlesen worden sei und somit die darin enthaltenen Tatsachen notorisch seien. Das Fehlen von Feststellungen über behauptete Schäden diverser vom Kläger genannter Unternehmen wird als sekundärer Verfahrensmangel gerügt und das Unterbleiben von Feststellungen „zum Hergang des Verschwindens der Urkunden" als Verfahrensmangel.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

1. Entscheidungen über die Gewährung von Verfahrenshilfe, welche auch Fragen der offenbaren Mutwilligkeit oder Aussichtslosigkeit zu prüfen haben - wobei bei der Annahme von Aussichtslosigkeit größte Zurückhaltung angebracht ist, um nicht die Sachentscheidung vorwegzunehmen (Fucik in Rechberger, ZPO3, Rz 6 zu § 63) - entfalten keine Bindungswirkung hinsichtlich der erst mit Urteil zu entscheidenden Rechtsfragen.1. Entscheidungen über die Gewährung von Verfahrenshilfe, welche auch Fragen der offenbaren Mutwilligkeit oder Aussichtslosigkeit zu prüfen haben - wobei bei der Annahme von Aussichtslosigkeit größte Zurückhaltung angebracht ist, um nicht die Sachentscheidung vorwegzunehmen (Fucik in Rechberger, ZPO3, Rz 6 zu Paragraph 63,) - entfalten keine Bindungswirkung hinsichtlich der erst mit Urteil zu entscheidenden Rechtsfragen.

2. Vom Vorliegen einer (verbesserungsfähigen und verbesserungsbedürftigen) Klage, durch deren Einbringung die Verjährung unterbrochen wird, kann nur dann gesprochen werden, wenn einer bestimmten Verfahrenshandlung einer Partei das Rechtsschutzziel zu entnehmen ist, damit einen Zivilprozess einzuleiten und eine Sachentscheidung über einen Urteilsantrag zu begehren. Wird aber ausdrücklich nur die Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang (einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts) beantragt, dann ist einem derartigen Antrag keinesfalls ein auf Einleitung eines Zivilprozesses und Sachentscheidung über einen Urteilsantrag gerichtetes Rechtsschutzziel zu entnehmen, auch wenn sich daraus ergibt, aus welchem Sachverhalt der Einschreiter bestimmte Ansprüche ableitet, die er mit der von ihm beabsichtigten Klage gerichtlich geltend machen will (RIS-Justiz RS0034875). Gerichtliche Schritte, die die Geltendmachung eines Rechts bloß vorbereiten, unterbrechen die Verjährung grundsätzlich nicht (RIS-Justiz RS0034826). Der vom Kläger anlässlich seiner Vorführung aus der Strafhaft zum Amtstag des Bezirksgerichts Klagenfurt am 29. 8. 2000 gestellte Verfahrenshilfeantrag samt Bekanntgabe des Vorhabens der Erhebung von über zwanzig Klagen kann im Sinne obiger Ausführungen nicht als Klage - mit der Wirkung einer Verjährungsunterbrechung - gewertet werden. Die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach der Klagsanspruch verjährt sei, ist daher jedenfalls vertretbar.

3. Die für die Anwendung einer bestimmten Rechtsnorm erforderlichen Tatsachen müssen in einem Verfahren, in dem kein Untersuchungsgrundsatz gilt, durch Parteienbehauptungen in den Prozess eingeführt werden. Dabei trifft jede Partei die Behauptungs- und Beweislast für die Tatsachen, die Voraussetzungen der für sie günstigen Rechtsnorm sind. Es trägt daher derjenige, der einen Anspruch behauptet, für alle anspruchsbegründenden (rechtserzeugenden) Tatsachen die Behauptungs- und Beweislast (RIS-Justiz RS0106638). Urkunden sind Beweismittel; sie stellen kein Prozessvorbringen dar und können ein solches nicht ersetzen (RIS-Justiz RS0037915).

Das - trotz Erörterung - mangelhaft gebliebene Vorbringen des Klägers in Bezug auf seine Aktivlegitimation und die Aufschlüsselung des Klagsbetrags macht die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, wonach dem Kläger die Aktivlegitimation fehle und die Klage unschlüssig sei, vertretbar und stellt jedenfalls keine grobe Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre. Der Revisionswerber hat keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Dies führt zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision.Das - trotz Erörterung - mangelhaft gebliebene Vorbringen des Klägers in Bezug auf seine Aktivlegitimation und die Aufschlüsselung des Klagsbetrags macht die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, wonach dem Kläger die Aktivlegitimation fehle und die Klage unschlüssig sei, vertretbar und stellt jedenfalls keine grobe Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre. Der Revisionswerber hat keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO aufgezeigt. Dies führt zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Anmerkung

E86676 1Ob239.07i

Schlagworte

Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in Zak 2008/271 S 155 - Zak 2008,155 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0010OB00239.07I.0226.000

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2008
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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