Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §27;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schenk, in der Beschwerdesache
1. der E E und 2. des DI O P, beide in K/A, beide vertreten durch Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Am Heumarkt 3/16, gegen den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend Akteneinsicht, den Beschluss gefasst:
Spruch
Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde wird eingestellt.
Begründung
1. Die Beschwerdeführer bringen in ihrer am 26. Juni 2007 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde vor, sie seien im Jahre 1961 Parteien eines näher bezeichneten Bewilligungsverfahrens der Berghauptmannschaft L gewesen, in dem es um die Gewährung des Schürfrechte samt des Zufahrtsweges gegangen sei. Die Berghauptmannschaft L sei in der Montanbehörde Süd in L aufgegangen. Auf Anfrage sei den Beschwerdeführern mündlich mitgeteilt worden, sie seien keine Parteien dieses Verfahrens und es werde ihnen keine Akteneinsicht gewährt. Dies könne nur die belangte Behörde als übergeordnete Behörde. Die Beschwerdeführer hätten sodann mit Schreiben vom 13. Juli 2006 bei der belangten Behörde den Antrag gestellt, in den "gesamten Bergbauakt des Bergwerkes (des ehemaligen Gipsbergbaus A-K) Einsicht nehmen zu dürfen" gestellt. Mit Schreiben vom 15. September 2006 sei dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer formlos mitgeteilt worden, es werde "auf Grund fehlender Parteistellung im Gegenstand" keine Akteneinsicht bzw. Urkundenvorlage gewährt. Daraufhin hätten die Beschwerdeführer mit Antrag vom 7. November 2006 die Ausstellung eines Bescheides über die Ablehnung der Akteneinsicht beantragt. Seither seien mehr als 6 Monate vergangen, in denen die belangte Behörde über diesen Antrag nicht entschieden habe.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat der belangten Behörde mit Verfügung vom 3. August 2007 gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift desselben vorzulegen oder anzugeben, warum nach ihrer Meinung eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.
3. In ihrer Stellungnahme vom 26. September 2007 bestritt die belangte Behörde den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt nicht. Sie brachte vor, die Beschwerdeführer seien im Hinblick darauf, dass sich der Antrag auf Akteneinsicht auf eines oder mehrere konkrete Verfahren zu beziehen habe (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 6. September 2005, Zl. 2002/03/0110, vom 24. Februar 2006, Zl. 2003/12/0052, und vom 28. Jänner 2004, Zl. 2003/12/0173), mit Schreiben vom 8. März 2007 unter Fristsetzung zur Bekanntgabe aufgefordert worden, in die Akten welcher Verwaltungsverfahren Einsicht begehrt werde. Daraufhin hätten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. März 2007 vorgebracht, ihr Antrag beziehe sich "auf den gesamten Bergwerksakt zu GZ 3624/1961". Nach Rücksprache bei der letzten Bergbauberechtigten habe die belangte Behörde den Beschwerdeführern deren Zustimmung zur Gewährung der Akteneinsicht mitgeteilt und sie am 12. Juli 2007 zur Terminvereinbarung für die gewünschte Akteneinsicht aufgefordert. In weiterer Folge hätten die Beschwerdeführer am 18. September 2007 tatsächlich in die Akten Einsicht genommen. Da den Beschwerdeführern bereits vor Einbringung der Säumnisbeschwerde nachweislich die Möglichkeit der Akteneinsicht eingeräumt worden sei, könne von einer Säumnis der belangten Behörde nicht gesprochen werden, sodass die Zurückweisung der Säumnisbeschwerde als unzulässig beantragt werde.
Den Beschwerdeführern wurde die Möglichkeit eingeräumt, sich zu diesem Schriftsatz zu äußern, was jedoch unterblieb.
4. Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht oder der Unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Im Unterschied zur Bestimmung des § 73 Abs. 2 AVG ist der Übergang der Entscheidungspflicht an den Verwaltungsgerichtshof nicht von einer schuldhaften Verzögerung der Behörde abhängig (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, (1987) Anm. 3 zu § 27 und die auf S 197 f zu § 27 zitierte hg. Rechtsprechung).
Die Beschwerdeführer begehren eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über ihren Antrag vom 13. Juli 2006 auf Akteneinsicht. Dieses Begehren kann im Zusammenhang mit dem Beschwerdevorbringen nur als Antrag auf Erlassung eines Bescheides im Sinne ihres weiteren diesbezüglichen Antrages vom 7. November 2006 verstanden werden, heißt es doch schon in dem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Antrag weiters, dass eine positive Entscheidung im Sinne der Beschwerdeführer begehrt wird.
5. Im Beschwerdefall wurde der Antrag auf Ausstellung eines Bescheides wie erwähnt von den Beschwerdeführern am 7. November 2006 gestellt. Im Hinblick auf das bereits am 13. Juli 2007 gestellte Begehren auf Akteneinsicht in den gesamten Bergbauakt des ehemaligen Gipsbergbaus A-K konnte auch kein Zweifel daran bestehen, auf welches Verfahren sich dieser Antrag bezog. Gegenteiliges wird auch von der belangten Behörde nicht behauptet. Der bloße Hinweis auf den nach der angeführten hg. Rechtsprechung für den Antrag auf Akteneinsicht erforderlichen, vom Antragsteller zu konkretisierenden Bezug zu einem bestimmten Verfahren vermag daran nichts zu ändern. Die von den Beschwerdeführern über Aufforderung der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 20. März 2007 vorgenommene (weitere) Präzisierung des Antrages (durch Angabe der Geschäftszahl) ändert nichts daran, dass die Frist des § 27 Abs. 1 VwGG bereit mit dem Antrag vom 7. November 2006 zu laufen begann.
Die vorliegende, am 26. Juni 2007 zur Post gegebene Säumnisbeschwerde ist daher zulässig und war im Zeitpunkt ihrer Einbringung auch inhaltlich gerechtfertigt. Zwischenzeitig haben laut Mitteilung der belangten Behörde die Beschwerdeführer - von ihnen auch nicht bestritten - am 18. September 2007 in die in Rede stehenden Akten Einsicht genommen.
Da eine bescheidmäßige Erledigung des Antrages der Beschwerdeführer vom 7. November 2006 nicht erfolgt ist, liegt keine Nachholung des versäumten Bescheides im Sinne von § 36 Abs. 2 VwGG vor.
Wird im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde der vom Beschwerdeführer angestrebte Zustand nicht durch die Erlassung des versäumten Bescheides, sondern auf andere Weise hergestellt, so ist das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG, welche Bestimmung auch im Verfahren über Säumnisbeschwerden anzuwenden ist, einzustellen (vgl. die bei Dolp, a.a.O., S 319 angeführte hg. Rechtsprechung). Da den Beschwerdeführern mittlerweile Akteneinsicht tatsächlich gewährt wurde, war das vorliegende Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat einzustellen.
6. Die Bestimmung des § 56 VwGG, wonach die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers so zu beurteilen ist, wie wem der Beschwerdeführer obsiegt hätte, kommt nur bei einer formellen Klaglosstellung zur Anwendung. Wird die Klaglosstellung hingegen dadurch bewirkt, dass dem Begehren des Beschwerdeführers auf andere Weise voll entsprochen wird, kommt § 56 VwGG nicht zur Anwendung. Bei einer Bescheidbeschwerde kann die formelle Klaglosstellung nur durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides, im Säumnisbeschwerdeverfahren nur durch Nachholung des versäumten Bescheides bewirkt werden, wobei für den Fall der Klaglosstellung im Säumnisbeschwerdeverfahren die Frage des Zuspruches von Aufwandersatz in § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG gesondert geregelt ist (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 30. April 1998, Zl. 95/18/1122, mwH).
Da im vorliegenden Fall keine formelle Klaglosstellung durch Nachholung des versäumten Bescheides erfolgt ist, sondern dem Begehren der Beschwerdeführer auf andere Weise voll entsprochen wurde, ist die Frage des Aufwandersatzes nicht nach § 56 VwGG, sondern nach § 58 leg. cit. zu beurteilen (vgl. auch dazu den Beschluss vom 30. April 1998).
Da die belangte Behörde unstrittig den versäumten Bescheid nicht fristgerecht erlassen hat, wäre sie gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997 iVm § 47 VwGG zum Aufwandersatz zu verpflichten. Die Beschwerdeführer haben es jedoch unterlassen, einen Antrag auf Kostenersatz zu stellen.
Wien, am 14. November 2007
Schlagworte
SäumnisbeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007040133.X00Im RIS seit
14.04.2008Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008