TE Vfgh Beschluss 2003/2/25 V16/03 ua

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Veröffentlicht am 25.02.2003
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
BundesimmobilienG §4 Abs4

Leitsatz

Zurückweisung der Individualanträge auf teilweise Aufhebung eines Flächenwidmungsplanes und eines Bebauungsplanes mangels rechtlicher Betroffenheit der antragstellenden Bundesimmobiliengesellschaft; Legitimation auch angesichts der gesetzlichen Verpflichtung zur Verwertung nicht mehr benötigter Liegenschaften zu angemessenen Preisen nicht gegeben

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit ihren auf Art139 B-VG gestützten Anträgen begehrt die antragstellende Gesellschaft:

1.1. "den mit Beschluss des Gemeinderates der Stadtgemeinde Landeck vom 11.07.2002, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 7.10.2002, Zl. Ve1-546-614/92-5, geänderten Flächenwidmungsplan für eine Teilfläche des Gst 2507/1 (jetzt Gst 2507/4) KG Landeck im Umfang der dort vorgenommenen Festlegung einer Teilfläche als 'Verkehrsfläche' nach §53 Abs1 TROG 2001 aufzuheben";

1.2. "den mit Beschluss des Gemeinderates der Stadtgemeinde Landeck vom 21.11.2002 erlassenen allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan 'Ulrichstraße 20 - 42' im Umfang der darin für das Gst 2507/1 (jetzt Gst 2507/4) KG Landeck festgelegten Straßenfluchtlinien und Baufluchtlinien aufzuheben".

2. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führt die antragstellende Gesellschaft aus, dass sie gemäß §13 Abs1 Bundesimmobiliengesetz, BGBl. I Nr. 141/2000, ex lege auch Eigentümerin jener Liegenschaftsteile des Grundstücks Nr. 2507/1, inneliegend in EZ 656, KG Landeck, (Kasernenareal Pontlatzkaserne) sei, die nicht militärisch genutzt seien. Die nicht der militärischen Nutzung unterliegende Teilfläche sei aufgrund einer bewilligten Grundstücksteilung als Grundstück Nr. 2507/4, inneliegend in EZ 656, GB 84007 Landeck, verselbständigt worden. Die antragstellende Gesellschaft habe aufgrund §4 Abs4 Bundesimmobiliengesetz den gesetzlichen Auftrag, Liegenschaftsvermögen, das nicht für die aktuelle Befriedigung des Raumbedarfs des Bundes benötigt werde, ohne vermeidbaren Aufschub zu marktgerechten und angemessenen Preisen zu veräußern. Durch die bekämpfte Flächenwidmungsplanänderung sei eine Teilfläche des Grundstücks "Nr. 2507/1" von Vorbehaltsfläche "Kaserne" in Bauland - Wohngebiet und in Verkehrsfläche umgewidmet worden. Dem entsprechend sei auch ein allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan erlassen worden. Die bezeichneten Raumpläne würden im bekämpften Umfang in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft unmittelbar und nachteilig eingreifen, da diese daran gehindert werde, das Areal als Wohngebiet zu nutzen bzw. mit dieser Nutzung zu veräußern. Es handle sich nicht um ungewisse künftige Bebauungsabsichten. Der Eingriff sei aktuell, da die antragstellende Gesellschaft dem gesetzlichen Auftrag der bestmöglichen Verwertung der Liegenschaft nachkommen müsse. Es sei ihr auch nicht zumutbar, aufwändige Unterlagen für ein Baubewilligungsverfahren herstellen zu lassen, um einen bekämpfbaren Bescheid zu erwirken.

II. Zur Zulässigkeit des Antrags:

1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (zB VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).

Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 8974/1980, 10.353/1985, 11.730/1988, VfGH vom 14. März 2001, V84/00).

1.2. Die von der antragstellenden Gesellschaft genannten Wirkungen der angefochtenen Verordnungen sind keine solchen, die ihre Rechtssphäre in einer nach Art und Ausmaß durch die Verordnungen selbst bestimmten Weise aktuell beeinträchtigen: Die antragstellende Gesellschaft verweist darauf, dass sie aufgrund der Widmung als "Verkehrsfläche" von einer Teilfläche ihrer Liegenschaft, der Festlegungen im Bebauungsplan und der daraus resultierenden Nutzungsbeschränkungen nicht ihrem gesetzlichen Auftrag nach §4 Abs4 Bundesimmobiliengesetz nachkommen könne, Liegenschaftsvermögen, das nicht für die aktuelle Befriedigung des Raumbedarfs des Bundes benötigt werde, ohne vermeidbaren Aufschub zu marktgerechten und angemessenen Preisen zu veräußern. Die antragstellende Gesellschaft wird jedoch an der Verwertung der Liegenschaft zu einem der Widmung entsprechenden - angemessenen Preis - nicht gehindert. Die Tatsache, dass sie im Falle einer reinen Wohngebietswidmung ihrer Liegenschaft einen wesentlich höheren Preis erzielen könnte, stellt jedoch keine rechtliche Betroffenheit sondern nur ein wirtschaftliches Interesse dar (vgl. zB VfSlg. 9876/1983, 11.128/1986, 15.144/1998). Die rechtliche Betroffenheit eines Grundstückseigentümers durch eine Widmung seines Grundstücks oder durch Festlegungen im Bebauungsplan kann nur in einem Verbot (einer bestimmten Art) der Bebauung des Grundstücks bestehen, wobei der bloße Hinweis auf eine Beeinträchtigung der künftigen Bebaubarkeit noch keine aktuelle Betroffenheit dartun würde (VfSlg. 11.128/1986), sondern konkrete Bauabsichten dargetan werden müssten (VfSlg. 15.144/1998).

Die Tatsache, dass die antragstellende Gesellschaft die gesetzlich festgelegten Aufgaben erfüllt, den Raumbedarf des Bundes zu befriedigen, insofern auch für Neubauvorhaben erforderliche Liegenschaften zu erwerben und für Bundeszwecke nicht mehr benötigte Objekte zu angemessenen Preisen zu verwerten und sie selbst auf dem Grundstück Nr. 2507/4 keine Bauabsicht hegt, ändert an dieser Beurteilung nichts: Für die Legitimation zu einem Individualantrag gemäß Art139 B-VG kann in keinem Fall auf die Voraussetzung, dass eine rechtliche Betroffenheit durch die angefochtene Verordnung behauptet wird, verzichtet werden. Der bloße Umstand, dass es sich um eine Immobilie des Bundes handelt und die antragstellende Gesellschaft eine Verwertungsabsicht hegt, verschafft der antragstellenden Gesellschaft hinsichtlich der rechtlichen Betroffenheit durch einen Flächenwidmungsplan oder einen Bebauungsplan keine andere Rechtsstellung als sie ein Rechtsunterworfener hat, der sein Grundstück nicht bebauen, sondern veräußern will. Die gesetzliche Verpflichtung der Verwertung der Liegenschaften durch die antragstellende Gesellschaft unterscheidet sich auch nicht wesentlich von der gesetzlichen Verpflichtung des Masseverwalters (§114 KO), das zu einer Konkursmasse gehörige Vermögen zu verwalten und zu verwerten (zur mangelnden rechtlichen Betroffenheit der Konkursmasse durch einen Flächenwidmungsplan vgl. VfGH vom 15. Juni 2002, V111/01). Die Frage, ob der antragstellenden Gesellschaft ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht, braucht mangels der Behauptung rechtlicher Betroffenheit im vorliegenden Fall nicht untersucht zu werden.

1.3. Die Verordnungsprüfungsanträge waren somit wegen Fehlens der Antragsberechtigung als unzulässig zurückzuweisen.

2. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:V16.2003

Dokumentnummer

JFT_09969775_03V00016_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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