Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gillinger und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Birgit M*****, Angestellte, *****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei IAF-Service GmbH, *****, und den auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten Dr. Wolfgang Kleibel, Rechtsanwalt in Salzburg, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A*****-KG, wegen
9.717 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Mai 2007, GZ 11 Rs 33/07p-16, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. September 2006, GZ 25 Cgs 4/06a-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Nebenintervenient hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Klägerin schloss am 28. 1. 2001 mit der A*****-KG (in der Folge: A*****) einen befristeten Dienstvertrag für die Zeit von 7. 7. 2001 bis 31. 12. 2001. In diesem Vertrag wurde ua festgehalten, dass das Dienstverhältnis wegen der saisonalen Schwankungen der Auftragslage am 31. 12. 2001 endet. Ab 5. 6. 2001 absolvierte die Klägerin eine 5-wöchige Ausbildung zur Flugbegleiterin. Am 15. 10. 2001 unterzeichnete sie einen unbefristeten Dienstvertrag mit der A*****, in dem der Beginn des Dienstverhältnisses mit 1. 4. 2002 festgelegt wurde.
Die A***** flog ausschließlich Charterdestinationen an. In der als „tote Saison" geltenden Zeit zwischen Jänner und März 2002 unterhielt sie keinen Flugbetrieb, sodass die Klägerin in dieser Zeit nicht im Dienstbetrieb involviert war. Sie behielt aber während dieses Zeitraums alle Ausweise, Uniformen, Zertifikate und Arbeitsmittel. Aufgrund entsprechender Hinweise aus dem Kollegenkreis meldete sich die Klägerin in der Zeit vom 1. 1. 2002 bis 31. 3. 2002 arbeitslos. Sie bezog für diesen Zeitraum Arbeitslosenunterstützung. Am 26. 1. 2004 wurde über das Vermögen des Dienstgebers der Konkurs eröffnet. Am 5. 2. 2004 trat die Klägerin gemäß § 25 KO berechtigt vorzeitig aus.Die A***** flog ausschließlich Charterdestinationen an. In der als „tote Saison" geltenden Zeit zwischen Jänner und März 2002 unterhielt sie keinen Flugbetrieb, sodass die Klägerin in dieser Zeit nicht im Dienstbetrieb involviert war. Sie behielt aber während dieses Zeitraums alle Ausweise, Uniformen, Zertifikate und Arbeitsmittel. Aufgrund entsprechender Hinweise aus dem Kollegenkreis meldete sich die Klägerin in der Zeit vom 1. 1. 2002 bis 31. 3. 2002 arbeitslos. Sie bezog für diesen Zeitraum Arbeitslosenunterstützung. Am 26. 1. 2004 wurde über das Vermögen des Dienstgebers der Konkurs eröffnet. Am 5. 2. 2004 trat die Klägerin gemäß Paragraph 25, KO berechtigt vorzeitig aus.
Gegenstand des Verfahrens ist die für die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin bedeutsame Frage, ob ihr Dienstverhältnis mehr als zwei Jahre gedauert hat.
Die Klägerin brachte dazu vor, dass das zunächst mit 31. 12. 2001 befristete Dienstverhältnis nicht mit diesem Zeitraum beendet worden sei, weil schon vorher ein unbefristetes Dienstverhältnis ab 1. 4. 2002 vereinbart worden sei. Nach dem Willen der Parteien sollte das Dienstverhältnis in der Zeit zwischen 31. 12. 2001 und 1. 4. 2002 aufrecht bleiben; die beiderseitigen Pflichten sollten in Form einer Karenzierung des Dienstverhältnisses ruhen.
Die Beklagte und der Nebenintervenient vertraten hingegen den Standpunkt, dass das zunächst bestandene Dienstverhältnis mit 31. 12. 2001 geendet und am 1. 4. 2002 ein neues Dienstverhältnis begonnen habe. Die Anrechnung der Zeit des früheren Dienstverhältnisses sei nicht vereinbart worden.
Die Vorinstanzen schlossen sich dem Standpunkt der Beklagten und des Nebenintervenienten an und wiesen das auf der Annahme einer Karenzierung des Dienstverhältnisses beruhende Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht vertrat im Wesentlichen folgende Rechtsauffassung:
Für die Frage, ob die Arbeitsvertragsparteien eine Unterbrechung oder eine Karenzierung des Arbeitsvertrags vereinbaren wollten, sei nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspreche. Solle der Arbeitnehmer nur vorübergehend mit der Arbeit aussetzen, sodass der Arbeitgeber auf ihn zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurückgreifen und er am selben Arbeitsplatz weiterarbeiten kann, sei im Allgemeinen eine Karenzierung anzunehmen, weil in solchen Fällen die Parteien ihre vertragliche Bindung gerade nicht abbrechen wollten. Die Abrechnung des Arbeitsverhältnisses und die Abmeldung in der Absicht, dem Arbeitnehmer den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen, spreche allerdings für eine Unterbrechung. Auch in einem solchen Fall könne aber im Einzelfall die Erforschung des Parteiwillens zum gegenteiligen Ergebnis führen.
Hier sei das erste Arbeitsverhältnis befristet gewesen, was grundsätzlich zur Annahme seiner Beendigung mit dem Ablauf der Befristung führe. Anders sei dies allerdings im Falle der nicht durch wirtschaftliche oder soziale Gründe gerechtfertigten Aneinanderreihung befristeter Verträge. Solche „Kettenverträge" seien als zusammenhängendes unbefristetes Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. Die Stilllegung des Betriebs in der „toten Saison" sei allerdings in der Regel als Rechtfertigung der Aneinanderreihung auf bestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge zu qualifizieren. Hier liege kein unzulässiger Kettendienstvertrag vor. Zum einen sei die Nichtbeschäftigung der Klägerin in einer Zeit erfolgt, in der die Dienstgeberin saisonbedingt keinen Flugbetrieb unterhalten habe. Zudem habe es sich um die erste ohne Arbeitsleistung verbrachte Phase zwischen zwei Dienstverhältnissen gehandelt. Die Vorgangsweise der Dienstgeberin, zunächst einen befristeten und erst später einen unbefristeten Dienstvertrag abzuschließen, wobei das zweite Dienstverhältnis erst nach der „toten Saison" beginnen sollte, sei wirtschaftlich gerechtfertigt.
Für die Annahme, dass die Parteien zum Zeitpunkt des Abschlusses des zweiten Dienstverhältnisses - zumindest konkludent - das ursprünglich befristete Dienstverhältnis verlängern oder das unbefristete Dienstverhältnis früher beginnen lassen wollten, fehle es an rechtfertigenden Gründen. Dagegen spreche vor allem der Wortlaut der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen. Dass der Klägerin im Hinblick auf den bereits vereinbarten weiteren Dienstvertrag nach dem Ende des ersten Vertrags tätigkeitsbezogene Gegenstände belassen worden seien, ändere daran nichts. Gegen den Standpunkt der Klägerin spreche vor allem der Umstand, dass sie in der Zeit zwischen den beiden Dienstverhältnissen Arbeitslosengeld bezogen habe. Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil ein vergleichbarer Fall vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Dessen ungeachtet ist die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin nicht zulässig.
Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO iVm § 1 ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts umschriebene Rechtsfrage die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllt. Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Rechtswirkungen der Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse (Kettenverträge) und zu den Voraussetzungen für die Annahme einer Karenzierung eines Arbeitsverhältnisses ausführlich und zutreffend wiedergegeben. Die Richtigkeit dieser Ausführungen der zweiten Instanz wird von der Revisionswerberin nicht in Frage gestellt. Bekämpft wird von ihr vielmehr die Anwendung dieser Rechtsprechung auf den hier zu beurteilenden konkreten Fall. Ob die Aneinanderreihung von Dienstverträgen unter den konkret gegebenen Umständen gerechtfertigt ist oder nicht, ist aber - ebenso wie die Frage, ob die Parteien im gegebenen Fall eine Karenzierung des Arbeitsverhältnisses vereinbart haben - eine Frage des Einzelfalls, die keinen Anlass für grundlegende Ausführungen des Obersten Gerichtshofs bietet und die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllt. Eine unvertretbare Fehlbeurteilung der zweiten Instanz, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. Die Revisionswerberin versucht nun, schon aus dem Umstand, dass dem ersten Arbeitsverhältnis ein Ausbildungsverhältnis voranging, einen unzulässigen Kettenvertrag und damit ein einheitliches Arbeitsverhältnis abzuleiten. Dies muss schon deshalb erfolglos bleiben, weil sich die Klägerin weder in erster noch in zweiter Instanz in schlüssiger Weise auf diesen Standpunkt berufen hat und auch die dazu nunmehr vorgebrachten Tatsachen (Entgeltlichkeit des Ausbildungsverhältnisses, Anmeldung der Klägerin) weder durch Prozessvorbringen noch durch Feststellungen gedeckt sind. Daher bestand für die Beklagte und den Nebenintervenienten auch kein Anlass, einer derartigen Argumentation den Einwand der Rechtfertigung der Aneinanderreihung im Hinblick auf den Ausbildungszweck des ersten Vertragsverhältnisses entgegen zu halten. Zudem würde selbst die Annahme eines einheitlichen Vertrags in der Zeit vom 5. 6. 2001 bis 31. 12. 2001 noch nicht zwingend zur Annahme führen, die Vorgangsweise des Dienstgebers, für die Zeit nach einer saisonalen Betriebsunterbrechung ein neues (nun unbefristetes) Dienstverhältnis zu schließen, als unzulässige Umgehung arbeitsrechtlicher Normen iSd Rechtsprechung über die Kettenverträge zu qualifizieren. Mit der Frage, ob die Parteien eine Karenzierung des Arbeitsverhältnisses vereinbart haben, hat sich das Berufungsgericht überaus ausführlich auseinander gesetzt. Die dazu von der zweiten Instanz angestellten Ausführungen sind alles andere als unvertretbar. Vor allem der völlig klare Wortlaut der beiden Arbeitsverträge, aber auch der Umstand, dass die Klägerin - durch den Wortlaut der Verträge gedeckt - in der zwischen den Dienstverhältnissen gelegenen Zeit Arbeitslosengeld bezogen hat, spricht gegen den Standpunkt der Revisionswerberin. Ihre Einwände, die überdies teilweise gegen das Neuerungsverbot verstoßen (so der Hinweis auf weder behauptete noch festgestellte Details des zweiten Dienstvertrags), sind sämtlich nicht geeignet, die Vertretbarkeit der Ausführungen der zweiten Instanz in Frage zu stellen.Der Oberste Gerichtshof ist gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO in Verbindung mit Paragraph eins, ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts umschriebene Rechtsfrage die Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht erfüllt. Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Rechtswirkungen der Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse (Kettenverträge) und zu den Voraussetzungen für die Annahme einer Karenzierung eines Arbeitsverhältnisses ausführlich und zutreffend wiedergegeben. Die Richtigkeit dieser Ausführungen der zweiten Instanz wird von der Revisionswerberin nicht in Frage gestellt. Bekämpft wird von ihr vielmehr die Anwendung dieser Rechtsprechung auf den hier zu beurteilenden konkreten Fall. Ob die Aneinanderreihung von Dienstverträgen unter den konkret gegebenen Umständen gerechtfertigt ist oder nicht, ist aber - ebenso wie die Frage, ob die Parteien im gegebenen Fall eine Karenzierung des Arbeitsverhältnisses vereinbart haben - eine Frage des Einzelfalls, die keinen Anlass für grundlegende Ausführungen des Obersten Gerichtshofs bietet und die Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht erfüllt. Eine unvertretbare Fehlbeurteilung der zweiten Instanz, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. Die Revisionswerberin versucht nun, schon aus dem Umstand, dass dem ersten Arbeitsverhältnis ein Ausbildungsverhältnis voranging, einen unzulässigen Kettenvertrag und damit ein einheitliches Arbeitsverhältnis abzuleiten. Dies muss schon deshalb erfolglos bleiben, weil sich die Klägerin weder in erster noch in zweiter Instanz in schlüssiger Weise auf diesen Standpunkt berufen hat und auch die dazu nunmehr vorgebrachten Tatsachen (Entgeltlichkeit des Ausbildungsverhältnisses, Anmeldung der Klägerin) weder durch Prozessvorbringen noch durch Feststellungen gedeckt sind. Daher bestand für die Beklagte und den Nebenintervenienten auch kein Anlass, einer derartigen Argumentation den Einwand der Rechtfertigung der Aneinanderreihung im Hinblick auf den Ausbildungszweck des ersten Vertragsverhältnisses entgegen zu halten. Zudem würde selbst die Annahme eines einheitlichen Vertrags in der Zeit vom 5. 6. 2001 bis 31. 12. 2001 noch nicht zwingend zur Annahme führen, die Vorgangsweise des Dienstgebers, für die Zeit nach einer saisonalen Betriebsunterbrechung ein neues (nun unbefristetes) Dienstverhältnis zu schließen, als unzulässige Umgehung arbeitsrechtlicher Normen iSd Rechtsprechung über die Kettenverträge zu qualifizieren. Mit der Frage, ob die Parteien eine Karenzierung des Arbeitsverhältnisses vereinbart haben, hat sich das Berufungsgericht überaus ausführlich auseinander gesetzt. Die dazu von der zweiten Instanz angestellten Ausführungen sind alles andere als unvertretbar. Vor allem der völlig klare Wortlaut der beiden Arbeitsverträge, aber auch der Umstand, dass die Klägerin - durch den Wortlaut der Verträge gedeckt - in der zwischen den Dienstverhältnissen gelegenen Zeit Arbeitslosengeld bezogen hat, spricht gegen den Standpunkt der Revisionswerberin. Ihre Einwände, die überdies teilweise gegen das Neuerungsverbot verstoßen (so der Hinweis auf weder behauptete noch festgestellte Details des zweiten Dienstvertrags), sind sämtlich nicht geeignet, die Vertretbarkeit der Ausführungen der zweiten Instanz in Frage zu stellen.
Der Nebenintervenient, der auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Anmerkung
E86998 8ObS25.07wEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:008OBS00025.07W.0228.000Dokumentnummer
JJT_20080228_OGH0002_008OBS00025_07W0000_000