TE OGH 2008/2/28 8ObA7/08z

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Veröffentlicht am 28.02.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gillinger und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Walter P*****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Gemeinde W*****, vertreten durch Dr. Georg Mittermayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses, über die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. November 2007, GZ 9 Ra 50/07z-46, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der seit 20. 3. 1995 als Autobuslenker bei der beklagten Partei beschäftigte Kläger wurde mit Schreiben vom 27. 7. 2005 mit der Begründung, dass er aufgrund eines direktionsärztlichen Gutachtens wegen eines Augenleidens für die Erfüllung seiner Dienstpflichten körperlich ungeeignet sei, gemäß § 42 Abs 2 Z 2 der VBO 1995 zum 30. 11. 2005 gekündigt.Der seit 20. 3. 1995 als Autobuslenker bei der beklagten Partei beschäftigte Kläger wurde mit Schreiben vom 27. 7. 2005 mit der Begründung, dass er aufgrund eines direktionsärztlichen Gutachtens wegen eines Augenleidens für die Erfüllung seiner Dienstpflichten körperlich ungeeignet sei, gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer 2, der VBO 1995 zum 30. 11. 2005 gekündigt.

Mit Schreiben vom 28. 11. 2005 kündigte die beklagte Partei (vorsichtshalber) erneut das Dienstverhältnis mit der Begründung, dass die Krankenstände des Klägers „nach wie vor beträchtlich überhöht" seien, gemäß § 42 Abs 2 Z 2 VBO zum 31. 3. 2006. Der Kläger begehrt die Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses über den 30. 11. 2005 sowie über den 31. 3. 2006 hinaus.Mit Schreiben vom 28. 11. 2005 kündigte die beklagte Partei (vorsichtshalber) erneut das Dienstverhältnis mit der Begründung, dass die Krankenstände des Klägers „nach wie vor beträchtlich überhöht" seien, gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer 2, VBO zum 31. 3. 2006. Der Kläger begehrt die Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses über den 30. 11. 2005 sowie über den 31. 3. 2006 hinaus.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass das Dienstverhältnis über den 30. 11. 2005 hinaus aufrecht bestehe, wies aber das Klagebegehren auf Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses über den 31. 3. 2006 hinaus, ab. Zum Zeitpunkt der ersten Kündigung habe Dienstunfähigkeit nicht bestanden; die zweite Kündigung sei allerdings aufgrund deutlich überhöhter Krankenstände berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur außerordentlichen Revision des Klägers:

Der Kläger releviert als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, dass das Berufungsgericht in unvertretbarer Weise von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach ein in der Kündigung nicht angeführter Grund nicht nachträglich zur Rechtfertigung der Maßnahme herangezogen werden könne, abgewichen sei. Davon kann aber vorliegend nicht die Rede sein. Die deutlich überhöhten Krankenstände des Klägers wurden nämlich nicht als „Rechtfertigung" der ersten Kündigung beurteilt, vielmehr hat das Berufungsgericht die vier Monate später erfolgte zweite Kündigung wegen der immer noch steigenden Zahl der Krankenstände als berechtigt angenommen. Der Rechtsmittelwerber bezweifelt nicht einmal selbst, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kündigung nach § 42 Abs 2 Z 2 VBO gerechtfertigt ist, wenn Krankenstände auftreten, die den Bediensteten laufend in einem weit über dem Durchschnitt liegenden Maß an der Dienstleistung hindern (9 ObA 135/06b; 8 ObA 110/06v; RIS-Justiz RS0081880).Der Kläger releviert als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, dass das Berufungsgericht in unvertretbarer Weise von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach ein in der Kündigung nicht angeführter Grund nicht nachträglich zur Rechtfertigung der Maßnahme herangezogen werden könne, abgewichen sei. Davon kann aber vorliegend nicht die Rede sein. Die deutlich überhöhten Krankenstände des Klägers wurden nämlich nicht als „Rechtfertigung" der ersten Kündigung beurteilt, vielmehr hat das Berufungsgericht die vier Monate später erfolgte zweite Kündigung wegen der immer noch steigenden Zahl der Krankenstände als berechtigt angenommen. Der Rechtsmittelwerber bezweifelt nicht einmal selbst, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kündigung nach Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer 2, VBO gerechtfertigt ist, wenn Krankenstände auftreten, die den Bediensteten laufend in einem weit über dem Durchschnitt liegenden Maß an der Dienstleistung hindern (9 ObA 135/06b; 8 ObA 110/06v; RIS-Justiz RS0081880).

Ebenso wenig zeigt der Rechtsmittelwerber mit seinen Ausführungen, dass die beklagte Partei dadurch, dass sie in ihrer ersten Kündigung lediglich das gutachterlich festgestellte Augenleiden des Klägers als Begründung herangezogen und damit auf die Heranziehung überhöhter Krankenstände als Kündigungsgrund „verzichtet" habe, eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf. Die zum Ausdruck kommende Auffassung, dass ein Arbeitgeber, der eine Zeit lang auch überdurchschnittliche Krankenstände in Kauf nimmt, sich für die Zukunft des Rechts begibt, eine Kündigung wegen überhöhter Krankenstände auszusprechen, entbehrt jeder rechtlichen Grundlage. Entgegen der Auffassung des Rechtsmittelwerbers, kann auch der Hinweis auf die Entscheidung 9 ObA 15/05d, in der ein Beobachtungszeitraum von insgesamt nur 80 Tagen wegen der fehlenden Möglichkeit eine Prognose für die Zukunft auszusprechen, als zu kurz angesehen wurde, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzeigen. Vorliegend ergibt sich nämlich aus den Feststellungen, dass der Kläger ab dem Jahr 2003 deutlich über dem Durchschnitt liegende Krankenstände zu verzeichnen hatte. Gerade aus dem Umstand, dass im viermonatigen Zeitraum zwischen der ersten und der zweiten Kündigung weitere 42 Krankenstandstage lagen, ergibt sich die vom Berufungsgericht angenommene ungünstige Prognose für die Zukunft in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise.Ebenso wenig zeigt der Rechtsmittelwerber mit seinen Ausführungen, dass die beklagte Partei dadurch, dass sie in ihrer ersten Kündigung lediglich das gutachterlich festgestellte Augenleiden des Klägers als Begründung herangezogen und damit auf die Heranziehung überhöhter Krankenstände als Kündigungsgrund „verzichtet" habe, eine Rechtsfrage von der Qualität des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auf. Die zum Ausdruck kommende Auffassung, dass ein Arbeitgeber, der eine Zeit lang auch überdurchschnittliche Krankenstände in Kauf nimmt, sich für die Zukunft des Rechts begibt, eine Kündigung wegen überhöhter Krankenstände auszusprechen, entbehrt jeder rechtlichen Grundlage. Entgegen der Auffassung des Rechtsmittelwerbers, kann auch der Hinweis auf die Entscheidung 9 ObA 15/05d, in der ein Beobachtungszeitraum von insgesamt nur 80 Tagen wegen der fehlenden Möglichkeit eine Prognose für die Zukunft auszusprechen, als zu kurz angesehen wurde, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzeigen. Vorliegend ergibt sich nämlich aus den Feststellungen, dass der Kläger ab dem Jahr 2003 deutlich über dem Durchschnitt liegende Krankenstände zu verzeichnen hatte. Gerade aus dem Umstand, dass im viermonatigen Zeitraum zwischen der ersten und der zweiten Kündigung weitere 42 Krankenstandstage lagen, ergibt sich die vom Berufungsgericht angenommene ungünstige Prognose für die Zukunft in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise.

2. Zur außerordentlichen Revision der beklagten Partei:

Die Rechtsmittelwerberin bekämpft den stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung im Wesentlichen mit dem Argument, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, ob Doppelbilder (= Diplopie) Personen vom Lenken von Autobussen ausschließen. Aus § 8 Abs 6 der FSG-GV ergebe sich die Möglichkeit für Lenker von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, trotz des Vorliegens einer Diplopie einen Führerschein zu erlangen; daraus sei der Umkehrschluss zu ziehen, dass dies eben für Lenkerberechtigungen der Gruppe 2 (unter die auch die Lenkerberechtigung des Klägers der Klasse D falle) nicht möglich sei.Die Rechtsmittelwerberin bekämpft den stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung im Wesentlichen mit dem Argument, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, ob Doppelbilder (= Diplopie) Personen vom Lenken von Autobussen ausschließen. Aus Paragraph 8, Absatz 6, der FSG-GV ergebe sich die Möglichkeit für Lenker von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, trotz des Vorliegens einer Diplopie einen Führerschein zu erlangen; daraus sei der Umkehrschluss zu ziehen, dass dies eben für Lenkerberechtigungen der Gruppe 2 (unter die auch die Lenkerberechtigung des Klägers der Klasse D falle) nicht möglich sei.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Rechtsmittelwerberin keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf. Ob die Voraussetzungen der „Dienstunfähigkeit" im Sinn des § 42 Abs 2 Z 2 VBO erfüllt sind, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von einer, das korrigierende Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erfordernden, krassen Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Die Frage, ob die gesundheitliche Eignung für den Besitz einer Lenkerberechtigung noch vorliegt, ist ausschließlich im Verwaltungsweg zu klären (vgl § 24 FSG, BGBl I 120/1997) und ist der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof entzogen. Ein Vorbringen, dass dem Kläger die Berechtigung zum Lenken eines Autobusses entzogen worden sei, wurde von der beklagten Partei nie erstattet.Mit diesen Ausführungen zeigt die Rechtsmittelwerberin keine Rechtsfrage von der Qualität des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auf. Ob die Voraussetzungen der „Dienstunfähigkeit" im Sinn des Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer 2, VBO erfüllt sind, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von einer, das korrigierende Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erfordernden, krassen Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Die Frage, ob die gesundheitliche Eignung für den Besitz einer Lenkerberechtigung noch vorliegt, ist ausschließlich im Verwaltungsweg zu klären vergleiche Paragraph 24, FSG, Bundesgesetzblatt Teil eins, 120 aus 1997,) und ist der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof entzogen. Ein Vorbringen, dass dem Kläger die Berechtigung zum Lenken eines Autobusses entzogen worden sei, wurde von der beklagten Partei nie erstattet.

Die außerordentlichen Revisionen sind daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E86984 8ObA7.08z

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:008OBA00007.08Z.0228.000

Dokumentnummer

JJT_20080228_OGH0002_008OBA00007_08Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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