Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz S*****, vertreten durch MMag. Dr. Michael Michor & Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei Werner M*****, vertreten durch Dr. Peter Messnarz, Rechtsanwalt in Villach, wegen Unterlassung (Streitwert 5.800 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 13. September 2007, GZ 2 R 208/07a-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 31. Mai 2007, GZ 16 C 441/07v-7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Streitteile sind Eigentümer aneinander grenzender Grundstücke, wobei unmittelbar an der Grundstücksgrenze vor weit mehr als 30 Jahren ein Wirtschaftsgebäude errichtet wurde, dessen überstehendes Dach geringfügig in den Luftraum über dem Grundstück des Klägers ragt. Am Dach dieses Wirtschaftsgebäudes waren nie irgendwelche Schneerückhalteeinrichtungen wie Schneerechen oder dergleichen angebracht, sodass seit Bestehen des Gebäudes im Winter, wenn Dachlawinen abgehen, der herabfallende Schnee auf das Grundstück des Klägers fällt.
In einer Entfernung von 4 bis 6 m von der Grundstücksgrenze entfernt errichtete der Kläger vor ca 6 Jahren eine Holzlaube, welche im Winter 2005/06 durch den vom benachbarten Wirtschaftsgebäude herabfallenden Schnee beschädigt wurde. Ansonsten fällt der herabfallende Schnee in den Garten des Klägers. Dieser hat den Beklagten mehrmals aufgefordert, etwas dagegen zu unternehmen, dass der Schnee vom Dach des Wirtschaftsgebäudes auf sein Grundstück fällt, was der Beklagte jedoch unter Hinweis darauf ablehnte, dass dies immer schon so gewesen sei und er daher ein Recht habe.
Mit der am 22. 2. 2007 eingebrachten Klage begehrte der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, dafür Sorge zu tragen, dass das Herabfallen von Schnee vom Dach des Wirtschaftsgebäudes auf sein Grundstück unterbunden wird.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der festgestellte Sachverhalt sei nach § 364 Abs 2 ABGB zu beurteilen. Die unmittelbare Zuleitung von grob-körperlichen Stoffen, worunter auch Dachlawinen zu verstehen seien, sei jedenfalls unzulässig, sodass es auf die Ortsüblichkeit nicht ankomme; die Ersitzung einer Dachlawinenservitut sei nach der Rechtsprechung nicht möglich.Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der festgestellte Sachverhalt sei nach Paragraph 364, Absatz 2, ABGB zu beurteilen. Die unmittelbare Zuleitung von grob-körperlichen Stoffen, worunter auch Dachlawinen zu verstehen seien, sei jedenfalls unzulässig, sodass es auf die Ortsüblichkeit nicht ankomme; die Ersitzung einer Dachlawinenservitut sei nach der Rechtsprechung nicht möglich.
Das Berufungsgericht gab der von der beklagten Partei erhobenen Berufung Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach weiters aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Weil einerseits die grenznahe Errichtung des Gebäudes das Abrutschen von Schnee von dessen Dach auf das Nachbargrundstück indiziere und andererseits ein mehr als 30-jähriger Zeitraum behauptet werde, in dem der Schnee in Kenntnis des Klägers auf dessen Grundstück abgerutscht sei, lasse das Vorbringen des Beklagten auch eine rechtliche Beurteilung dahin zu, der Kläger und seine Rechtsvorgänger hätten das Abrutschen des Schnees konkludent genehmigt bzw es liege eine schlüssige obligatorische Vereinbarung der Parteien vor, nach welcher der Beklagte berechtigt sei, Dachlawinen auf das Grundstück des Klägers abgehen zu lassen. Dieser rechtliche Gesichtspunkt einer obligatorischen Rechtseinräumung sei jedoch bislang nicht erörtert worden.
Der „Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs - § 519 Abs 1 Z 2 ZPO) sei zulässig, weil - soweit überblickbar - eine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage der obligatorischen Einräumung eines Rechts, Schneelawinen vom eigenen Dach auf das Nachbargrundstück abrutschen zu lassen, fehle.Der „Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs - Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer 2, ZPO) sei zulässig, weil - soweit überblickbar - eine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage der obligatorischen Einräumung eines Rechts, Schneelawinen vom eigenen Dach auf das Nachbargrundstück abrutschen zu lassen, fehle.
Gegen diesen Beschluss des Berufungsgerichts richtet sich der auf die Rechtsmittelgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, in Abänderung der bekämpften Entscheidung das Ersturteil wiederherzustellen; hilfsweise wird auch ein Aufhebungs- samt Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem gegnerischen Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz iVm § 528a ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof insoweit auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Aufgrund des nach Rückleitungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs vom 24. Jänner 2008, 2 Ob 257/07v, gefassten Ergänzungsbeschlusses des Berufungsgerichts, das den Wert des Entscheidungsgegenstands mit insgesamt 4.000 EUR nicht jedoch 20.000 EUR übersteigend bewertete, ist davon auszugehen, dass das Rechtsmittel auch nicht mangels Übersteigens des Schwellenwerts von 4.000 EUR jedenfalls unzulässig ist.Der Rekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig. Gemäß Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz in Verbindung mit Paragraph 528 a, ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof insoweit auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Aufgrund des nach Rückleitungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs vom 24. Jänner 2008, 2 Ob 257/07v, gefassten Ergänzungsbeschlusses des Berufungsgerichts, das den Wert des Entscheidungsgegenstands mit insgesamt 4.000 EUR nicht jedoch 20.000 EUR übersteigend bewertete, ist davon auszugehen, dass das Rechtsmittel auch nicht mangels Übersteigens des Schwellenwerts von 4.000 EUR jedenfalls unzulässig ist.
Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird darin erblickt, dass sich das Berufungsgericht ausschließlich mit der Beurteilung der Ersitzung einer Dachlawinendienstbarkeit befassen hätte dürfen, weil beklagtenseits im Berufungsverfahren ausschließlich dieser Rechtsgrund releviert worden wäre; außerdem habe die beklagte Partei im gesamten Verfahren „in keinster Weise" ein Vorbringen in Richtung Duldungsvereinbarung des Herabfallens von Schnee vom Dach des Nachbargrundstücks erstattet, sodass „ein dem § 405 ZPO ähnlicher Verstoß" vorliege.Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird darin erblickt, dass sich das Berufungsgericht ausschließlich mit der Beurteilung der Ersitzung einer Dachlawinendienstbarkeit befassen hätte dürfen, weil beklagtenseits im Berufungsverfahren ausschließlich dieser Rechtsgrund releviert worden wäre; außerdem habe die beklagte Partei im gesamten Verfahren „in keinster Weise" ein Vorbringen in Richtung Duldungsvereinbarung des Herabfallens von Schnee vom Dach des Nachbargrundstücks erstattet, sodass „ein dem Paragraph 405, ZPO ähnlicher Verstoß" vorliege.
Die Beurteilung eines Vorbringens, auf welchen Rechtstitel Klageansprüche gestützt werden, begründet für sich allein als Frage des Einzelfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0113563; RS0042828). Nur dann, wenn das Berufungsgericht ein erstrichterliches Urteil bloß zu dem Zwecke aufhob, um Erörterungen über Tatsachen zu veranlassen, die im bisherigen Verfahren überhaupt nicht behauptet worden sind, wäre dies vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen (RIS-Justiz RS0042444). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beurteilung, es liege ein insoweit ausreichendes Prozessvorbringen des Beklagten vor, liegt jedenfalls im Beurteilungsspielraum und begründet damit keine erhebliche Rechtsfrage.
Unter dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird überwiegend nur zur Ersitzung einer Dachlawinenservitut im Sinne der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 2 Ob 2267/96p Stellung bezogen. Nur am Rande wird auch das Vorliegen eines allfälligen obligatorischen Rechts bestritten und für den Fall der Bejahung eines solchen erklärt, „dieses Benützungsrecht mit sofortiger Wirkung ausdrücklich zu widerrufen". Damit werden allerdings im Wesentlichen nur Fragen releviert, mit denen sich der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach zu befassen hatte. Sowohl zu 8 Ob 220/66 (JBl 1967, 207) als auch zu 2 Ob 2267/96p (SZ 69/180) wurde nämlich übereinstimmend ausgesprochen, dass eine Dienstbarkeit, den Schnee vom Dach des eigenen Hauses auf das Grundstück des Nachbarn abzuleiten, nicht begründet werden kann und eine Dachlawinenservitut mangels erkennbarer Rechtsausübung damit auch grundsätzlich nicht ersitzungsfähig ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann hinsichtlich der näheren Begründung auf die wiedergegebenen Volltextveröffentlichungen im RIS (RIS-Justiz RS0105772; RS0105771; RS0105767; RS0011543) bzw unter den angegebenen Literaturfundstellen verwiesen werden. Ob bei vom Dach des Nachbarhauses herabfallenden Schneemassen im Falle der Anrichtung eines Schadens ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 364 ABGB (so 5 Ob 337/71 = JBl 1973, 575 mit kritischer Anmerkung von Ostheim) oder ein Schadenersatzanspruch nach § 1319 ABGB (Danzl in KBB, ABGB2 Rz 2 zu § 1319 mwN) zusteht, ist nicht weiter zu untersuchen, weil solche Ansprüche nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.Unter dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird überwiegend nur zur Ersitzung einer Dachlawinenservitut im Sinne der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 2 Ob 2267/96p Stellung bezogen. Nur am Rande wird auch das Vorliegen eines allfälligen obligatorischen Rechts bestritten und für den Fall der Bejahung eines solchen erklärt, „dieses Benützungsrecht mit sofortiger Wirkung ausdrücklich zu widerrufen". Damit werden allerdings im Wesentlichen nur Fragen releviert, mit denen sich der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach zu befassen hatte. Sowohl zu 8 Ob 220/66 (JBl 1967, 207) als auch zu 2 Ob 2267/96p (SZ 69/180) wurde nämlich übereinstimmend ausgesprochen, dass eine Dienstbarkeit, den Schnee vom Dach des eigenen Hauses auf das Grundstück des Nachbarn abzuleiten, nicht begründet werden kann und eine Dachlawinenservitut mangels erkennbarer Rechtsausübung damit auch grundsätzlich nicht ersitzungsfähig ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann hinsichtlich der näheren Begründung auf die wiedergegebenen Volltextveröffentlichungen im RIS (RIS-Justiz RS0105772; RS0105771; RS0105767; RS0011543) bzw unter den angegebenen Literaturfundstellen verwiesen werden. Ob bei vom Dach des Nachbarhauses herabfallenden Schneemassen im Falle der Anrichtung eines Schadens ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach Paragraph 364, ABGB (so 5 Ob 337/71 = JBl 1973, 575 mit kritischer Anmerkung von Ostheim) oder ein Schadenersatzanspruch nach Paragraph 1319, ABGB (Danzl in KBB, ABGB2 Rz 2 zu Paragraph 1319, mwN) zusteht, ist nicht weiter zu untersuchen, weil solche Ansprüche nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.
Die Beurteilung, ob zwischen den Prozessparteien eine Vertragsbeziehung anzunehmen ist oder nicht, betrifft ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS-Justiz RS0044358; RS0042776; RS0042936). Dies gilt insbesondere für die Beurteilung von Willenserklärungen durch schlüssige Verhaltensweisen (6 Ob 193/05h uva; Zechner in Fasching/Konecny, ZPO2 Rz 89 zu § 502).Die Beurteilung, ob zwischen den Prozessparteien eine Vertragsbeziehung anzunehmen ist oder nicht, betrifft ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage vergleiche RIS-Justiz RS0044358; RS0042776; RS0042936). Dies gilt insbesondere für die Beurteilung von Willenserklärungen durch schlüssige Verhaltensweisen (6 Ob 193/05h uva; Zechner in Fasching/Konecny, ZPO2 Rz 89 zu Paragraph 502,).
Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rekurses im Sinne des § 519 Abs 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO liegen damit trotz des entsprechenden Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht vor.Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rekurses im Sinne des Paragraph 519, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 502, Absatz eins, ZPO liegen damit trotz des entsprechenden Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht vor.
Der Beklagte hat die Kosten seiner Rekursbeantwortung selbst zu tragen, weil er darin nicht ausgeführt hat, dass und warum keine erhebliche Rechtsfrage zu klären ist und er auch keinen diesbezüglichen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Die Rekursbeantwortung diente aus diesem Grunde nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (6 Ob 58/02a). Für einen Kostenvorbehalt nach § 52 Abs 1 ZPO besteht kein Anlass (2 Ob 155/06t).Der Beklagte hat die Kosten seiner Rekursbeantwortung selbst zu tragen, weil er darin nicht ausgeführt hat, dass und warum keine erhebliche Rechtsfrage zu klären ist und er auch keinen diesbezüglichen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Die Rekursbeantwortung diente aus diesem Grunde nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (6 Ob 58/02a). Für einen Kostenvorbehalt nach Paragraph 52, Absatz eins, ZPO besteht kein Anlass (2 Ob 155/06t).
Textnummer
E87245European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0020OB00051.08A.0327.000Im RIS seit
26.04.2008Zuletzt aktualisiert am
07.03.2016