TE OGH 2008/4/1 10ObS25/08m

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Veröffentlicht am 01.04.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Broesigke und Dr. Peter Krüger (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann F*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Thomas Brückl und Mag. Christian Breit, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, vertreten durch Rechtsanwälte Bachmann & Bachmann, Wien, wegen Aufrechnung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Dezember 2007, GZ 12 Rs 126/07x-34, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. August 2007, GZ 14 Cgs 267/04f-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 29. 4. 2002, AZ 17 S 27/02f, wurde über das Vermögen des Klägers das Konkursverfahren eröffnet. Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern meldete für die Zeiträume 1. 10. bis 31. 12. 2001 und 1. 1. bis 29. 4. 2002 aufgrund zweier Rückstandsausweise 1.950,39 EUR an Beitragsrückständen zuzüglich Beitragszuschlag, Postgebühr und Verwaltungskosten, insgesamt 1.996,40 EUR an. Diese Forderung wurde im Konkurs als berechtigt anerkannt.

Mit Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 28. 8. 2002 wurde der Zwangsausgleich bestätigt. Dieser sah eine 20 %-ige Quote vor (10 % zahlbar innerhalb von 30 Tagen, 5 % binnen 12 Monaten, weitere 5 % binnen 24 Monaten). Mit Beschluss vom 7. 11. 2002 hob das Landesgericht Ried im Innkreis den Konkurs auf.

Seit 1. 1. 2003 bezieht der Kläger von der beklagten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eine Alterspension in Höhe von 1.787,81 EUR monatlich.

Der Kläger zahlte bis 28. 8. 2004 die Quote von 399,28 EUR (= 20 % von 1.996,40 EUR) auf den Beitragsrückstand. Seine Gattin leistete als Solidarschuldnerin für die Unfallversicherungsbeiträge eine Teilzahlung von 38,05 EUR.

Über die ihres Erachtens noch offenen Beiträge zur Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung für den Zeitraum von 1. 11. 2001 bis 29. 4. 2002 erließ die Sozialversicherungsanstalt der Bauern am 13. 9. 2004 einen vollstreckbaren Rückstandsausweis über einen Beitragsrückstand von 1.559,07 EUR (= 1.996,40 - 399,28 - 38,05 EUR). Aufgrund dieses Rückstandsausweises ersuchte die Sozialversicherungsanstalt der Bauern die beklagte Partei am 13. 9. 2004 um Aufrechnung der Schuld auf die unpfändbaren Bezugsteile und anschließende Überweisung auf das Beitragskonto des Klägers. Mit Bescheid vom 27. 9. 2004 ordnete die beklagte Partei an, dass die offene Forderung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern an Beiträgen zur Sozialversicherung in der Höhe von 1.559,07 EUR ab 1. 10. 2004 auf die Pension des Klägers aufgerechnet wird. In dem aufgrund der Klage auf Abstandnahme von der Aufrechnung eingeleiteten sozialgerichtlichen Verfahren hob der Oberste Gerichtshof über Revision der beklagten Partei die klagsstattgebenden Urteile der Vorinstanzen mit Beschluss vom 14. 11. 2006, GZ 10 ObS 164/06z-19, auf und verwies die Sozialrechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Zusammengefasst vertrat der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht, dass Beitragsangelegenheiten Verwaltungssachen seien, weshalb das Arbeits- und Sozialgericht über die Aufrechnung von geschuldeten Beiträgen auf die vom Versicherungsträger zu erbringenden Leistungen nur dann entscheiden könne, wenn die Beitragsschuld entweder unbestritten oder mittels Bescheid rechtskräftig festgestellt sei. Mangels dieser Voraussetzungen sei das gerichtliche Verfahren in analoger Anwendung des § 74 ASGG zur Klärung der Beitragsschuld bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zu unterbrechen; das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens sei dem gerichtlichen Verfahren zugrunde zu legen.Über die ihres Erachtens noch offenen Beiträge zur Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung für den Zeitraum von 1. 11. 2001 bis 29. 4. 2002 erließ die Sozialversicherungsanstalt der Bauern am 13. 9. 2004 einen vollstreckbaren Rückstandsausweis über einen Beitragsrückstand von 1.559,07 EUR (= 1.996,40 - 399,28 - 38,05 EUR). Aufgrund dieses Rückstandsausweises ersuchte die Sozialversicherungsanstalt der Bauern die beklagte Partei am 13. 9. 2004 um Aufrechnung der Schuld auf die unpfändbaren Bezugsteile und anschließende Überweisung auf das Beitragskonto des Klägers. Mit Bescheid vom 27. 9. 2004 ordnete die beklagte Partei an, dass die offene Forderung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern an Beiträgen zur Sozialversicherung in der Höhe von 1.559,07 EUR ab 1. 10. 2004 auf die Pension des Klägers aufgerechnet wird. In dem aufgrund der Klage auf Abstandnahme von der Aufrechnung eingeleiteten sozialgerichtlichen Verfahren hob der Oberste Gerichtshof über Revision der beklagten Partei die klagsstattgebenden Urteile der Vorinstanzen mit Beschluss vom 14. 11. 2006, GZ 10 ObS 164/06z-19, auf und verwies die Sozialrechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Zusammengefasst vertrat der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht, dass Beitragsangelegenheiten Verwaltungssachen seien, weshalb das Arbeits- und Sozialgericht über die Aufrechnung von geschuldeten Beiträgen auf die vom Versicherungsträger zu erbringenden Leistungen nur dann entscheiden könne, wenn die Beitragsschuld entweder unbestritten oder mittels Bescheid rechtskräftig festgestellt sei. Mangels dieser Voraussetzungen sei das gerichtliche Verfahren in analoger Anwendung des Paragraph 74, ASGG zur Klärung der Beitragsschuld bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zu unterbrechen; das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens sei dem gerichtlichen Verfahren zugrunde zu legen.

Nach Klärung, dass keine rechtskräftigen Beitragsbescheide für den Rückstandsausweis vom 13. 9. 2004 vorhanden sind, unterbrach das Erstgericht in der Streitverhandlung vom 14. 2. 2007 das Verfahren gemäß § 74 ASGG. „Im Sinne dieser Bestimmung wird von Amts wegen bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern angeregt, die vom Obersten Gerichtshof genannten Prüfungen und Entscheidungen über die Frage des Vorliegens von Beitragsrückständen vorzunehmen." Demgemäß wurde in der Folge auch die Sozialversicherungsanstalt der Bauern informiert. Mit dem unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 28. 3. 2007 stellte die Sozialversicherungsanstalt der Bauern die Beitragspflicht des Klägers für den Zeitraum von 1. 10. 2001 bis 29. 4. 2002 in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung in detaillierter Weise, getrennt nach monatlichen Beitragsgrundlagen und Monatsbeiträgen, fest. In der Bescheidbegründung findet sich die Erklärung, dass die im Spruch angeführten Beträge eine Gesamtvorschreibesumme von 1.950,39 EUR für den genannten Zeitraum ergäben. Danach folgen Ausführungen, dass zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung am 29. 4. 2002 ein Gesamtrückstand von 1.996,40 EUR bestanden habe, der angemeldet und anerkannt worden sei. Abzüglich der in drei Teilbeträgen eingezahlten Konkursquote von 399,28 EUR und einer Teilzahlung der Gattin von 38,05 EUR habe zum Zeitpunkt des Pensionsaufrechnungsantrags am 13. 9. 2004 die offene Restforderung 1.559,07 EUR betragen.Nach Klärung, dass keine rechtskräftigen Beitragsbescheide für den Rückstandsausweis vom 13. 9. 2004 vorhanden sind, unterbrach das Erstgericht in der Streitverhandlung vom 14. 2. 2007 das Verfahren gemäß Paragraph 74, ASGG. „Im Sinne dieser Bestimmung wird von Amts wegen bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern angeregt, die vom Obersten Gerichtshof genannten Prüfungen und Entscheidungen über die Frage des Vorliegens von Beitragsrückständen vorzunehmen." Demgemäß wurde in der Folge auch die Sozialversicherungsanstalt der Bauern informiert. Mit dem unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 28. 3. 2007 stellte die Sozialversicherungsanstalt der Bauern die Beitragspflicht des Klägers für den Zeitraum von 1. 10. 2001 bis 29. 4. 2002 in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung in detaillierter Weise, getrennt nach monatlichen Beitragsgrundlagen und Monatsbeiträgen, fest. In der Bescheidbegründung findet sich die Erklärung, dass die im Spruch angeführten Beträge eine Gesamtvorschreibesumme von 1.950,39 EUR für den genannten Zeitraum ergäben. Danach folgen Ausführungen, dass zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung am 29. 4. 2002 ein Gesamtrückstand von 1.996,40 EUR bestanden habe, der angemeldet und anerkannt worden sei. Abzüglich der in drei Teilbeträgen eingezahlten Konkursquote von 399,28 EUR und einer Teilzahlung der Gattin von 38,05 EUR habe zum Zeitpunkt des Pensionsaufrechnungsantrags am 13. 9. 2004 die offene Restforderung 1.559,07 EUR betragen.

Aufgrund von Anträgen beider Parteien setzte das Erstgericht das Verfahren fort und gab dem Klagebegehren neuerlich statt. Die Beitragsrückstände seien rechtskräftig mit 1.950,39 EUR für den Zeitraum von 1. 10. 2001 bis 29. 4. 2002 festgestellt. Mit der rechtskräftigen Bestätigung des Zwangsausgleichs und Bezahlung der Quote sei der Kläger aber gemäß § 156 Abs 1 KO von seiner Verbindlichkeit befreit worden, den Ausfall an Sozialversicherungsbeiträgen zu ersetzen. Die der Aufrechnung zugrunde liegende Forderung des Klägers (Pensionsleistung ab 1. 1. 2003) sei erst nach Konkursaufhebung entstanden.Aufgrund von Anträgen beider Parteien setzte das Erstgericht das Verfahren fort und gab dem Klagebegehren neuerlich statt. Die Beitragsrückstände seien rechtskräftig mit 1.950,39 EUR für den Zeitraum von 1. 10. 2001 bis 29. 4. 2002 festgestellt. Mit der rechtskräftigen Bestätigung des Zwangsausgleichs und Bezahlung der Quote sei der Kläger aber gemäß Paragraph 156, Absatz eins, KO von seiner Verbindlichkeit befreit worden, den Ausfall an Sozialversicherungsbeiträgen zu ersetzen. Die der Aufrechnung zugrunde liegende Forderung des Klägers (Pensionsleistung ab 1. 1. 2003) sei erst nach Konkursaufhebung entstanden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Mit ihrem Standpunkt, dass im Verwaltungsverfahren keine Einwendungen hinsichtlich Bestand und Höhe der Beitragsschuld erhoben worden seien, weshalb der Beitragsrückstand mit 1.559,07 EUR rechtskräftig festgestellt worden sei, übersehe die beklagte Partei, dass die Sozialversicherungsanstalt der Bauern nicht die Beitragsrückstände unter Berücksichtigung des erfüllten Zwangsausgleichs rechtskräftig festgestellt habe, sondern die Beitragshöhe (Beitragspflicht) für den Zeitraum von 1. 10. 2001 bis 29. 4. 2002. Nur die Verfügung der Verwaltungsbehörde im Spruch entfalte Bindungswirkung (selbst bei Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit), nicht aber die Begründung des Bescheides. Im konkreten Fall werde der Spruch des Bescheides der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in seiner Begründung ausdrücklich so ausgelegt, dass dem Spruch „eine Gesamtvorschreibesumme von 1.950,39 EUR" zu entnehmen sei. Auf dieser Grundlage habe der Kläger davon ausgehen können, dass mit dem Bescheid nur die ursprüngliche Beitragshöhe festgestellt worden sei, die er ohnehin nie bestritten habe (sein Einwand gegen die Beitragsschuld habe den nachfolgenden Umstand des rechtskräftig bestätigten und erfüllten Zwangsausgleichs betroffen). Da sich die Ansicht, wegen des Aufrechnungsrechts bestehe der Beitragsrückstand trotz Erfüllung des Zwangsausgleichs (mit Ausnahme der zwischenzeitig bezahlten Beträge) unvermindert weiter, dem Spruch nicht einmal ansatzweise entnehmen lasse, sei der Kläger auch nicht gehalten gewesen, den Bescheid zu bekämpfen. Genau die Auswirkung des Zwangsausgleichs auf den Beitragsrückstand wäre aber die von der Verwaltungsbehörde zu klärende Vorfrage gewesen.

Damit fehle für eine zulässige Aufrechnung die rechtskräftige Feststellung der offenen Beitragsschuld im Zeitpunkt der Aufrechnung. Es könne nicht zu Lasten des Beitragsschuldners gehen, dass die Verwaltungsbehörde der Anregung des Gerichts nicht entspreche und damit die relevante Vorfrage offen bleibe. Die zur Aufrechnung berechtigenden Umstände seien von demjenigen darzutun, der sich darauf berufe. Im Ergebnis zu Recht habe daher das Erstgericht eine Aufrechnungsbefugnis der beklagten Partei ab 1. 10. 2004 verneint. Dass die im Bescheid vom 27. 9. 2004 ausgesprochene Aufrechnung ab 1. 10. 2004 nicht zulässig sei, ergebe sich im Übrigen auch daraus, dass ein rechtskräftiger Bescheid über den Abgabenrückstand nur für die Zukunft zur Aufrechnung berechtigen könne, nicht aber rückwirkend für die Vergangenheit ab 1. 10. 2004 eine Aufrechnungslage (durch Ersatz des zur Aufrechnung untauglichen Rückstandsausweises durch einen mehrere Jahre danach erlassenen Bescheid) schaffen könne. Nach der Aktenlage sei die Aufrechnung mit monatlich 362,10 EUR erfolgt, sodass selbst unter Zugrundelegung des behaupteten Abgabenrückstands von 1.559,04 EUR der Aufrechnungszeitraum im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz längst beendet gewesen sei. Damit stelle sich die Frage einer neuerlichen Unterbrechung durch das Berufungsgericht zur erneuten Anregung auf Erlassung eines dem oberstgerichtlichen Aufhebungsbeschluss vom 14. 11. 2006 entsprechenden Bescheides von vornherein nicht.

Die Revision sei zulässig, weil zu den anstehenden Rechtsfragen, insbesondere zu den Folgen eines nicht der Anregung des Gerichts an die Verwaltungsbehörde entsprechenden Bescheides, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege, die auf den vorliegenden Fall übertragbar wäre.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsabweisenden Sinn mitsamt dem Ausspruch, dass der Kläger verpflichtet sei, die Aufrechnung zu dulden. Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision der beklagten Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; sie ist auch im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

In der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, dass das Gericht an den rechtskräftigen Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 28. 3. 2007 gebunden sei. Dieser Bescheid sei mangels klarer Feststellung der Beitragsschuld unvollständig, doch habe der Kläger, der als einziger im Verwaltungsverfahren Einfluss nehmen habe können, nichts dagegen unternommen, weshalb er es sich selbst zuzuschreiben habe, dass das Verwaltungsverfahren nicht mit einem klaren und eindeutigen Ergebnis geendet habe. Da eine vollkommen eigenständige Entscheidung der Gerichte über die Vorfrage der Beitragsschuld ebenso wenig in Betracht komme wie eine abermalige Befassung der Verwaltungsbehörde mit derselben Frage, verbleibe nur mehr die Möglichkeit einer Ergänzung des Bescheides im Wege der Interpretation. Das Erfordernis dieses Weges habe sich der Kläger durch sein Verhalten selbst zuzuschreiben. Insbesondere habe er allfällige zur Verminderung des Beitragsrückstands führende Umstände selbst darzutun.

Der Bescheidbegründung sei jedenfalls zu entnehmen, dass die Sozialversicherungsanstalt der Bauern eine Befreiung des Klägers von der über die Zwangsausgleichsquote hinausgehenden Verbindlichkeit nicht akzeptiert habe, sodass noch ein offener Rückstand von 1.559,07 EUR bestehe. Die beiden Forderungen (Beitragsforderung und Pensionsanspruch) seien einander zum Aufrechnungszeitpunkt gegenüber gestanden und stünden einander nach wie vor gegenüber. Da die Beitragspflicht unmittelbar aus dem Gesetz folge, könne die Fälligkeit von Beitragszahlungen nicht durch Anträge oder Rechtsmittel zeitlich verschoben werden.

Dazu hat der Senat erwogen:

Gegenüber dem Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs vom 14. 11. 2006, GZ 10 ObS 164/06z-19, hat sich nur insofern eine Änderung ergeben, als nunmehr klargestellt ist, dass dem der Aufrechnung zugrunde liegende Rückstandsausweis keine rechtskräftigen Beitragsbescheide der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zugrunde liegen. Darüber, ob auch nach Bestätigung des Zwangsausgleichs (und Begleichung der Quote) noch eine offene Forderung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern besteht, wurde im Verwaltungsverfahren noch nicht spruchmäßig abgesprochen. Insoweit steht die Rechtskraft des Bescheides vom 28. 3. 2007 einer neuerlichen Befassung des Sozialversicherungsträgers zur Abklärung der entscheidenden Frage über die Höhe einer allfälligen Beitragsschuld des Klägers zum Zeitpunkt der Aufrechnung durch die beklagte Partei nicht entgegen. Wie bereits im Aufhebungsbeschluss vom 14. 11. 2006, GZ 10 ObS 164/06z-19, ausgeführt wurde, liegt es nicht in der Hand der Gerichte, eine von der Verwaltungsbehörde zu treffende Entscheidung gleichsam zu substituieren.

Da nach wie vor die Voraussetzung, dass die Beitragsschuld unbestritten oder im Verwaltungsverfahren bereits rechtskräftig festgestellt ist, nicht vorliegt, wird das Erstgericht sein Verfahren in analoger Anwendung des § 74 ASGG zur Klärung der Beitragsschuld des Klägers bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zu unterbrechen haben. Das Gericht hat die im Verwaltungsverfahren zu veranlassende Entscheidung abzuwarten und deren Ergebnis dem gerichtlichen Verfahren zugrunde zu legen. Der von Fink (Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen [1995]Da nach wie vor die Voraussetzung, dass die Beitragsschuld unbestritten oder im Verwaltungsverfahren bereits rechtskräftig festgestellt ist, nicht vorliegt, wird das Erstgericht sein Verfahren in analoger Anwendung des Paragraph 74, ASGG zur Klärung der Beitragsschuld des Klägers bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zu unterbrechen haben. Das Gericht hat die im Verwaltungsverfahren zu veranlassende Entscheidung abzuwarten und deren Ergebnis dem gerichtlichen Verfahren zugrunde zu legen. Der von Fink (Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen [1995]

439) angesprochene Fall, dass die Verwaltungsbehörde nicht entscheiden will, weil sie ihre Zuständigkeit für die nach Ansicht des Gerichts zu klärende Frage ablehnt, liegt offensichtlich nicht vor; nach den gegebenen Umständen ist anzunehmen, dass die Sozialversicherungsanstalt der Bauern die nicht ganz klare Anregung des Erstgerichts missverstanden hat und deshalb über die Beitragspflicht und nicht über die zum Zeitpunkt der Aufrechnung offene Beitragsschuld (unter Einbeziehung des Umstands, dass der Kläger einen Zwangsausgleich abgeschlossen und offensichtlich auch erfüllt hat) abgesprochen hat.

Da es somit offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung aufzuheben. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Da es somit offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung aufzuheben. Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E8710010ObS25.08m

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZIK 2008/173 S 102 - ZIK 2008,102 = zuvo 2008/48 S 73 (Neumayr,tabellarische Übersicht) - zuvo 2008,73 (Neumayr, tabellarischeÜbersicht) = SSV-NF 22/19XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:010OBS00025.08M.0401.000

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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