TE OGH 2008/4/3 1Ob57/08a

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Veröffentlicht am 03.04.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 2,362.505,12 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 20. November 2007, GZ 5 R 147/07p-72, mit dem das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 30. April 2007, GZ 23 Cg 146/05k-63, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revisionswerberin macht vor allem geltend, ihre - vom Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark rechtskräftig als rechtswidrig beurteilte - Maßnahme sei unter den gegebenen Umständen als vertretbar zu qualifizieren, weshalb es am Verschulden als Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch mangle. Die Prüfung der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung als Verschuldenselement ist stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig und entzieht sich deshalb regelmäßig einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0110837). Der Revisionswerberin gelingt es auch nicht, aufzuzeigen, dass die Rechtsansicht des Berufungsgerichts eine gravierende Fehlbeurteilung darstellte, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigieren wäre.1. Die Revisionswerberin macht vor allem geltend, ihre - vom Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark rechtskräftig als rechtswidrig beurteilte - Maßnahme sei unter den gegebenen Umständen als vertretbar zu qualifizieren, weshalb es am Verschulden als Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch mangle. Die Prüfung der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung als Verschuldenselement ist stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig und entzieht sich deshalb regelmäßig einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO (RIS-Justiz RS0110837). Der Revisionswerberin gelingt es auch nicht, aufzuzeigen, dass die Rechtsansicht des Berufungsgerichts eine gravierende Fehlbeurteilung darstellte, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigieren wäre.

2. Nach dem Bescheid des UVS für die Steiermark war die Schließung des Ofens rechtswidrig, weil sich bei unverzüglicher Beiziehung geeigneter Sachverständiger ergeben hätte, dass gelindere Maßnahmen ausgereicht hätten, um die von der Behörde befürchtete Gesundheitsgefährdung zu verhindern. Die Vorinstanzen haben dazu festgestellt, dass ein Organ der Beklagten unmittelbar nach einem aufklärungsbedürftigen Vorfall eine Eilmaßnahme nach § 62 Abs 4 AWG verfügt hat, obwohl die Klägerin damit einverstanden war, den fraglichen Ofen über das verlängerte Wochenende und dann ein bis zwei Wochen lang bis zur Abklärung der Ursache nicht in Betrieb zu nehmen. Wären sogleich nach dem Vorfall geeignete Sachverständige zugezogen worden, hätten diese innerhalb etwa einer Woche die Ursache feststellen und geeignete Maßnahmen zur Verhinderung zukünftiger gleichartiger Vorfälle vorschlagen können, wonach einer Wiederaufnahme des Werksbetriebs nach Erteilung entsprechender behördlicher Auflagen nichts im Wege gestanden wäre. Mit der entscheidenden Frage, aufgrund welcher (vertretbarer) Erwägungen die Behördenorgane der Ansicht gewesen sein konnten, es sei trotz der Zusage, den Ofen einige Zeit nicht in Betrieb zu nehmen, erforderlich, unverzüglich eine Eilmaßnahme zu erlassen - und diese auch über einen langen Zeitraum aufrecht zu erhalten -, setzt sich die Revisionswerberin nicht auseinander. Auch wenn bei einem Weiterbetrieb des Ofens tatsächlich Gefahr im Verzug gewesen sein mag, hätte sich diese doch jedenfalls so lange nicht realisieren können, als die Klägerin auch ohne behördliche Zwangsmaßnahme von einem Betrieb des Ofens Abstand nimmt. Die Beklagte behauptet insbesondere auch nicht, dass sie Anlass zur Annahme gehabt hätte, die Klägerin würde ihre diesbezügliche Zusage nicht einhalten. Sie brachte in ihrer Klagebeantwortung dazu vielmehr vor, ein Vertreter der Klägerin habe von sich aus zugesichert, der Ofen würde die nächsten drei Wochen keinesfalls in Betrieb genommen werden.2. Nach dem Bescheid des UVS für die Steiermark war die Schließung des Ofens rechtswidrig, weil sich bei unverzüglicher Beiziehung geeigneter Sachverständiger ergeben hätte, dass gelindere Maßnahmen ausgereicht hätten, um die von der Behörde befürchtete Gesundheitsgefährdung zu verhindern. Die Vorinstanzen haben dazu festgestellt, dass ein Organ der Beklagten unmittelbar nach einem aufklärungsbedürftigen Vorfall eine Eilmaßnahme nach Paragraph 62, Absatz 4, AWG verfügt hat, obwohl die Klägerin damit einverstanden war, den fraglichen Ofen über das verlängerte Wochenende und dann ein bis zwei Wochen lang bis zur Abklärung der Ursache nicht in Betrieb zu nehmen. Wären sogleich nach dem Vorfall geeignete Sachverständige zugezogen worden, hätten diese innerhalb etwa einer Woche die Ursache feststellen und geeignete Maßnahmen zur Verhinderung zukünftiger gleichartiger Vorfälle vorschlagen können, wonach einer Wiederaufnahme des Werksbetriebs nach Erteilung entsprechender behördlicher Auflagen nichts im Wege gestanden wäre. Mit der entscheidenden Frage, aufgrund welcher (vertretbarer) Erwägungen die Behördenorgane der Ansicht gewesen sein konnten, es sei trotz der Zusage, den Ofen einige Zeit nicht in Betrieb zu nehmen, erforderlich, unverzüglich eine Eilmaßnahme zu erlassen - und diese auch über einen langen Zeitraum aufrecht zu erhalten -, setzt sich die Revisionswerberin nicht auseinander. Auch wenn bei einem Weiterbetrieb des Ofens tatsächlich Gefahr im Verzug gewesen sein mag, hätte sich diese doch jedenfalls so lange nicht realisieren können, als die Klägerin auch ohne behördliche Zwangsmaßnahme von einem Betrieb des Ofens Abstand nimmt. Die Beklagte behauptet insbesondere auch nicht, dass sie Anlass zur Annahme gehabt hätte, die Klägerin würde ihre diesbezügliche Zusage nicht einhalten. Sie brachte in ihrer Klagebeantwortung dazu vielmehr vor, ein Vertreter der Klägerin habe von sich aus zugesichert, der Ofen würde die nächsten drei Wochen keinesfalls in Betrieb genommen werden.

3. Auf ein allfälliges Mitverschulden des Geschädigten kann sich ein Schädiger - wegen des Neuerungsverbots - im Rechtsmittelverfahren nur insoweit berufen, als er im Verfahren erster Instanz einen entsprechenden Mitverschuldenseinwand erhoben bzw zumindest ausreichend deutlich Tatsachen vorgebracht hat, aus denen sich rechtlich ein Mitverschulden im Sinne des § 1304 ABGB ableiten ließe. Soweit die Revisionswerberin behauptet, ein Mitverschulden der Klägerin liege darin, dass sie nach dem Vorfall vom 19. 5. 2004 nichts dazu beigetragen habe, die Ursache aufzuklären, übersieht sie offenbar, dass die Vorinstanzen derartige Feststellungen nicht getroffen haben; sie führt auch gar nicht aus, worin der Beitrag der Klägerin konkret hätte bestehen sollen. Dass die Klägerin die erforderliche Mitwirkung verweigert hätte, wenn die Behörde ihrer Verpflichtung zur unverzüglichen Begutachtung durch geeignete Sachverständige nachgekommen wäre, wurde nie behauptet. Darauf, dass ein Verhalten des Geschädigten, das die behördliche Tätigkeit überhaupt erst ausgelöst hat, regelmäßig kein Mitverschulden begründen kann, hat bereits das Berufungsgericht hingewiesen. Auch auf ein allenfalls rechtswidriges Verhalten des (später) Geschädigten haben die hoheitlich tätig werdenden Organe gesetzmäßig zu reagieren (vgl nur 1 Ob 26/95 unter Verweis auf SZ 64/126). Ein Verhalten, das bereits vor dem Einschreiten der Behörde abgeschlossen wurde, kann regelmäßig kein Mitverschulden des Geschädigten begründen. Der in der Revision zitierten Entscheidung 1 Ob 24/02i lag ein ganz anders gelagerter Sachverhalt zugrunde, weil dort der später eingetretene Schaden durch sorgfältigeres Verhalten während des behördlichen Verfahrens zu verhindern gewesen wäre. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).3. Auf ein allfälliges Mitverschulden des Geschädigten kann sich ein Schädiger - wegen des Neuerungsverbots - im Rechtsmittelverfahren nur insoweit berufen, als er im Verfahren erster Instanz einen entsprechenden Mitverschuldenseinwand erhoben bzw zumindest ausreichend deutlich Tatsachen vorgebracht hat, aus denen sich rechtlich ein Mitverschulden im Sinne des Paragraph 1304, ABGB ableiten ließe. Soweit die Revisionswerberin behauptet, ein Mitverschulden der Klägerin liege darin, dass sie nach dem Vorfall vom 19. 5. 2004 nichts dazu beigetragen habe, die Ursache aufzuklären, übersieht sie offenbar, dass die Vorinstanzen derartige Feststellungen nicht getroffen haben; sie führt auch gar nicht aus, worin der Beitrag der Klägerin konkret hätte bestehen sollen. Dass die Klägerin die erforderliche Mitwirkung verweigert hätte, wenn die Behörde ihrer Verpflichtung zur unverzüglichen Begutachtung durch geeignete Sachverständige nachgekommen wäre, wurde nie behauptet. Darauf, dass ein Verhalten des Geschädigten, das die behördliche Tätigkeit überhaupt erst ausgelöst hat, regelmäßig kein Mitverschulden begründen kann, hat bereits das Berufungsgericht hingewiesen. Auch auf ein allenfalls rechtswidriges Verhalten des (später) Geschädigten haben die hoheitlich tätig werdenden Organe gesetzmäßig zu reagieren vergleiche nur 1 Ob 26/95 unter Verweis auf SZ 64/126). Ein Verhalten, das bereits vor dem Einschreiten der Behörde abgeschlossen wurde, kann regelmäßig kein Mitverschulden des Geschädigten begründen. Der in der Revision zitierten Entscheidung 1 Ob 24/02i lag ein ganz anders gelagerter Sachverhalt zugrunde, weil dort der später eingetretene Schaden durch sorgfältigeres Verhalten während des behördlichen Verfahrens zu verhindern gewesen wäre. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Anmerkung

E86974 1Ob57.08a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0010OB00057.08A.0403.000

Dokumentnummer

JJT_20080403_OGH0002_0010OB00057_08A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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