TE OGH 2008/4/3 8ObA15/08a

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Veröffentlicht am 03.04.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christoph W*****, vertreten durch Dr. Reinhard Kohlhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Wiener Staatsoper GmbH, Opernring 2, 1010 Wien, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (41.325,20 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. November 2007, GZ 10 Ra 127/07f-47, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 1. Juni 2007, GZ 23 Cga 126/05z-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 1.972,98 EUR (darin 328,83 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 14. 11. 1970 geborene Kläger war seit 1. 9. 1988 als Balletttänzer in der Wiener Staatsoper bei den Österreichischen Bundestheatern beschäftigt. Nach der Ausgliederung der einzelnen Bundestheaterbetriebe wurde die nunmehr beklagte Partei Dienstgeber. Seit 1. 9. 1997 war der Kläger als Halbsolist beschäftigt.

Mit Wirksamkeit ab 1. 9. 2005 wurden die Ballette der Wiener Staatsoper GmbH und der Volksoper Wien GmbH in eine Kompanie zusammengelegt, nämlich „Das Ballett der Wiener Staatsoper und Volksoper" (Organisationsstatut „Das Ballett der Wiener Staatsoper und Volksoper" vom 30. 6. 2005). Dieses ist einer einheitlichen autonomen künstlerischen und kaufmännischen Leitung unterstellt. Der künstlerische und der kaufmännische Leiter sind zu Handlungsbevollmächtigten der Wiener Staatsoper GmbH und der Volksoper Wien GmbH in allen das Ballett betreffenden Belangen bestellt. Die Ballettleitung genießt im Rahmen des zur Verfügung gestellten Ballettbudgets finanzielle Autonomie.

An den neu bestellten künstlerischen Ballettleiter H***** wurde die Aufgabe herangetragen, die Ausführungen klassischer Ballette und Handlungsballette in den Vordergrund zu rücken und statt dessen weniger moderne Choreographien aufzuführen. In den klassischen Balletten, die auch Handlungsballette sind, gibt es sogenannte „typisch klassische Rollen" und sogenannte „Charakterrollen". Die „typisch klassische Rolle" ist immer der Part des Prinzen oder Helden, also etwa im Ballett „Romeo und Julia" der Part des Romeo, die Charakterrolle ist üblicherweise der Gegenpart, also in „Romeo und Julia" der Gegenspieler des Romeo namens Tybalt oder auch Tybalts Freund. Für die typisch klassischen Rollen werden Tänzer eingesetzt, die besonders dafür geeignet sind, elegant und fein aufzutreten, im weißen Trikot eine gute Figur machen und eine schöne Spitze haben. In den Charakterrollen finden sich hingegen eher die Tänzer, die über einen kräftigeren und muskulöseren Körperbau verfügen, da deren Auftritte gröber sind und sie nicht so „fein" auftreten wie etwa Romeo. Letztlich ist aber die Frage der Besetzung eine Geschmackssache.

Der Kläger ist eher ein Charaktertänzer und würde sich selbst als solchen sehen. Er war Halbsolist, eine typisch klassische Solorolle wie den Romeo hat er daher nie getanzt. Ausgehend von seinem Rang als Halbsolist hat er jedoch nicht nur Charakterrollen, sondern auch typisch klassische Rollen wie der „Blaue Vogel" in „Dornröschen", eine typisch klassische Halbsolistenrolle getanzt. Wenn auch der Kläger von seinem kräftigen Körperbau eher als Charaktertänzer zu bezeichnen ist, so hat er aber eine sehr gute Technik und ist dadurch genauso gut auch in typisch klassischen Rollen einzusetzen. Abgesehen davon, gibt es aber in jedem klassischen Ballett immer auch Charakterrollen.

In der Saison 2004/2005, in der der Kläger zuletzt tanzte, standen insgesamt 13 Balletttitel auf dem Programm. In zwölf davon hat der Kläger mitgetanzt. Von diesen 13 Balletttiteln wurden fünf in der Saison 2005/2006 übernommen, darunter vier Titel, in denen der Kläger in der Vorsaison getanzt hatte. Dazu kamen in der Saison 2005/2006 sechs weitere Balletttitel nämlich „Tschaikowski Impressionen", „Alice im Wonderland", „Coppelia", „Onegin" und „Nicht nur Mozart". Bei „Nicht nur Mozart" handelt es sich um eine moderne Aufführung, in der der Kläger jedenfalls einsetzbar wäre. Überdies wäre der Kläger auch in den neu dazugekommenen Balletttiteln für die Charakterrollen einsetzbar gewesen. Stattdessen wurde für die beiden neu auf dem Spielplan stehenden Ballette „Coppelia" und „Eugen Onegin" sogar ein 1956 geborener und seit 1999 in den Ruhestand versetzter Balletttänzer, geholt. Dieser tanzte in „Coppelia" den Vater der weiblichen Hauptrolle und in „Onegin" einen von vier alten Herren. Für diese Rollen wäre der Kläger ebenso gut einsetzbar gewesen.

Der Personalstand des Wiener Staatsopernballetts zum Ende der Saison 2004/2005 betrug 72 aktive Tänzer. Der Personalstand des Volksopernballetts betrug zu diesem Zeitpunkt 30 Personen. Insgesamt gab es also 102 Tänzer. In der Saison 2005/2006 betrug der Personalstand 103 Tänzer. Durch die Zusammenlegung der beiden Ballette im Rahmen der mit 1. 9. 2005 erfolgten Neuorganisation ist also eine Verkleinerung der Ballettkompanie durch Einsparung an Tänzern nicht erfolgt.

Mit Schreiben der Bundestheater Holding GmbH vom 12. 5. 2005 wurde der Kläger gemäß § 2b Abs 2 Z 2 Bundestheaterpensionsgesetz (BThPG) mit Ablauf des 31. 8. 2005 in den dauernden Ruhestand versetzt.Mit Schreiben der Bundestheater Holding GmbH vom 12. 5. 2005 wurde der Kläger gemäß Paragraph 2 b, Absatz 2, Ziffer 2, Bundestheaterpensionsgesetz (BThPG) mit Ablauf des 31. 8. 2005 in den dauernden Ruhestand versetzt.

Die personelle Veränderung im Ballett durch Versetzungen in den Ruhestand (der Kläger war nicht der einzige) und Neuaufnahmen führten zu Verständigungsschwierigkeiten zwischen den Tänzern, da viele nicht mehr deutsch sprachen und sich oft auch nicht auf englisch verständigen konnten. Als H***** die Stelle des Ballettleiters angeboten wurde, wurde aber der Wunsch an ihn herangetragen, dass er verstärkt mit internationalen Tänzern arbeiten möge, weil dies das Publikumsinteresse vergrößere. Ausländische Tänzer werden aber speziell für Solorollen eingeladen. Dies war auch der Grund für die Versetzung einer Solotänzerin in den Ruhestand.

Der Kläger begehrt die Feststellung des aufrechten Bestands seines Bühnendienstverhältnisses zur beklagten Partei für die Zeit vom 1. 9. 2005 bis 31. 8. 2006. Mangels Abgabe einer Nichtverlängerungserklärung habe sich sein bestehendes Bühnendienstverhältnis zumindest für diesen Zeitraum verlängert. Der Kläger habe einer Versetzung in den Ruhestand niemals zugestimmt; es liege auch kein Grund für eine solche Versetzung vor. Zwar habe eine Zusammenlegung der Ballettorganisation der Staatsoper und der Volksoper stattgefunden, die Bestimmung des § 2b Abs 2 Z 2 BThPG, wonach der Bundestheaterbedienstete bei einer Änderung in der Organisation oder im Betrieb der Bundestheater in den dauernden Ruhestand versetzt werden könne, dürfe aber nur dahingehend interpretiert werden, dass es sich um eine solche Änderung in der Organisation handeln müsse, die die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand zwingend notwendig mache. Diese Notwendigkeit liege hier nicht vor. Der Kläger sei auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit und bereit, seine bisherige Tätigkeit als Halbsolist weiter auszuüben.Der Kläger begehrt die Feststellung des aufrechten Bestands seines Bühnendienstverhältnisses zur beklagten Partei für die Zeit vom 1. 9. 2005 bis 31. 8. 2006. Mangels Abgabe einer Nichtverlängerungserklärung habe sich sein bestehendes Bühnendienstverhältnis zumindest für diesen Zeitraum verlängert. Der Kläger habe einer Versetzung in den Ruhestand niemals zugestimmt; es liege auch kein Grund für eine solche Versetzung vor. Zwar habe eine Zusammenlegung der Ballettorganisation der Staatsoper und der Volksoper stattgefunden, die Bestimmung des Paragraph 2 b, Absatz 2, Ziffer 2, BThPG, wonach der Bundestheaterbedienstete bei einer Änderung in der Organisation oder im Betrieb der Bundestheater in den dauernden Ruhestand versetzt werden könne, dürfe aber nur dahingehend interpretiert werden, dass es sich um eine solche Änderung in der Organisation handeln müsse, die die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand zwingend notwendig mache. Diese Notwendigkeit liege hier nicht vor. Der Kläger sei auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit und bereit, seine bisherige Tätigkeit als Halbsolist weiter auszuüben.

Die beklagte Partei bestritt, beantragte Klagsabweisung und brachte vor, dass es durch die Zusammenlegung der Ballettkompanien in der Wiener Staatsoper und der Volksoper Wien eine komplette Neuorganisation der Ballette gegeben habe, weshalb die Voraussetzungen für eine Versetzung in den dauernden Ruhestand des Klägers vorlägen. Die neu strukturierte Ballettkompanie habe sich unter der Leitung des neu bestellten Ballettdirektors auch künstlerisch neu orientiert. Der Kläger entspreche insbesondere aufgrund seiner physischen Konstitution nicht den Voraussetzungen, die ein Tänzer, der in erster Linie klassische Rollen übernehme, zu erfüllen habe. Überdies sei es durch die Verkleinerung der Ballettkompanie zum Abbau von Tänzern gekommen, gleichzeitig aber durch die Neugestaltung des Balletts zu einer Ausweitung des klassischen Tanzballetts. Es sei daher notwendig gewesen, dass die verbliebenen Tänzer „Allrounder" sind und eine breite Palette tanzen können. Dies sei beim Kläger, der nur als Charaktertänzer eingesetzt gewesen sei, nicht der Fall.

Das Erstgericht gab im nunmehr zweiten Rechtsgang dem Klagebegehren statt. Ausgehend von dem im ersten Rechtsgang ergangenen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts und dem diese Entscheidung bestätigenden Beschluss des Obersten Gerichtshofs, führte das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass die Ruhestandsversetzung des Klägers nicht wegen einer Verkleinerung der Ballettkompanie erfolgt sei, da sich der Personalstand des Balletts der Wiener Staatsoper und Volksoper der Saison 2005/2006 gegenüber dem Personalstand der Vorsaison sogar um eine Person erhöht habe. Der Kläger sei sowohl in typisch klassischen Rollen als auch in Charakterrollen weiterhin einsetzbar. Für diesen Einsatz seien insbesondere ausländische Gäste kein Hindernis, da diese vornehmlich in Solorollen eingesetzt würden. Zwar sei es Sache der künstlerischen Entscheidungsfreiheit des Ballettdirektors, ob der Kläger eingesetzt werde oder nicht, diese künstlerische Entscheidung stelle jedoch keine sachliche Rechtfertigung für die Ruhestandsversetzung dar. Objektiv gesehen liege kein Grund in der Person des Klägers vor, um diesen in den Ruhestand zu versetzen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und führte zusammenfassend ergänzend aus, dass die Argumentation der beklagten Partei zur künstlerischen Freiheit insofern ins Leere gehe, als sich aus der Entscheidung eine Einschränkung der künstlerischen Freiheit des Ballettdirektors nicht ergebe. Die Ausführungen zur Ruhestandsversetzung als Ausdruck einer künstlerischen Entscheidungsfreiheit würden die gesetzlichen Rahmenbedingungen unbeachtet lassen, wonach der Arbeitgeber eines Bundestheaterbediensteten nach der Regelung des § 2 Abs 2 BThPG eine Versetzung in den Ruhestand nur bei Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen aussprechen könne. Die beklagte Partei interpretiere die von den Rechtsmittelinstanzen im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidungen unrichtig, weil sie vermeine, dass darin allein die Verpflichtung zu einer sachlichen Vorgangsweise ausgesprochen worden sei und die Ruhestandsversetzung als Folge einer künstlerischen Entscheidung des neuen Ballettdirektors diesem Sachlichkeitsgebot entspreche. Die Rechtsmittelinstanzen hätten vielmehr ausgeführt, dass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der Organisations- oder Betriebsänderung und der vom Dienstgeber angestrebten Ruhestandsversetzung vorliegen müsse. Der Grund für die beabsichtigte Ruhestandsversetzung müsse in der Organisations- oder Betriebsänderung liegen. Gerade davon könne nach dem festgestellten Sachverhalt jedoch nicht ausgegangen werden. Grund für die Ruhestandsversetzung sei somit nicht die Organisationsänderung, sondern die künstlerische Entscheidung des neuen Ballettdirektors, den Kläger trotz Einsetzbarkeit nicht mehr einsetzen zu wollen, gewesen.Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und führte zusammenfassend ergänzend aus, dass die Argumentation der beklagten Partei zur künstlerischen Freiheit insofern ins Leere gehe, als sich aus der Entscheidung eine Einschränkung der künstlerischen Freiheit des Ballettdirektors nicht ergebe. Die Ausführungen zur Ruhestandsversetzung als Ausdruck einer künstlerischen Entscheidungsfreiheit würden die gesetzlichen Rahmenbedingungen unbeachtet lassen, wonach der Arbeitgeber eines Bundestheaterbediensteten nach der Regelung des Paragraph 2, Absatz 2, BThPG eine Versetzung in den Ruhestand nur bei Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen aussprechen könne. Die beklagte Partei interpretiere die von den Rechtsmittelinstanzen im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidungen unrichtig, weil sie vermeine, dass darin allein die Verpflichtung zu einer sachlichen Vorgangsweise ausgesprochen worden sei und die Ruhestandsversetzung als Folge einer künstlerischen Entscheidung des neuen Ballettdirektors diesem Sachlichkeitsgebot entspreche. Die Rechtsmittelinstanzen hätten vielmehr ausgeführt, dass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der Organisations- oder Betriebsänderung und der vom Dienstgeber angestrebten Ruhestandsversetzung vorliegen müsse. Der Grund für die beabsichtigte Ruhestandsversetzung müsse in der Organisations- oder Betriebsänderung liegen. Gerade davon könne nach dem festgestellten Sachverhalt jedoch nicht ausgegangen werden. Grund für die Ruhestandsversetzung sei somit nicht die Organisationsänderung, sondern die künstlerische Entscheidung des neuen Ballettdirektors, den Kläger trotz Einsetzbarkeit nicht mehr einsetzen zu wollen, gewesen.

Da die Auslegung des § 2 Abs 2 Z 2 BThPG insbesondere im Hinblick auf die künstlerische Entscheidungsfreiheit eines neu bestellten Ballettdirektors noch nicht hinreichend geklärt sei, sei die ordentliche Revision zuzulassen.Da die Auslegung des Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer 2, BThPG insbesondere im Hinblick auf die künstlerische Entscheidungsfreiheit eines neu bestellten Ballettdirektors noch nicht hinreichend geklärt sei, sei die ordentliche Revision zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat im ersten Rechtsgang ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ruhestandsversetzung nach § 2b Abs 2 Z 2 BThPG eine kausale Verknüpfung zwischen der Ruhestandsversetzung und der Änderung in der Organisation oder im Betrieb der Bundestheater verlangt. Soweit die Rechtsmittelwerberin die Auffassung vertritt, das vorliegend das Grundrecht auf Kunstfreiheit gemäß § 17a StGG zu beachten sei und die Organisation sowie die Änderung der Organisation eines Theaterbetriebs nicht nur nach rein betriebswirtschaftlichen, sondern auch nach künstlerischen Gesichtspunkten zu beurteilen sei, ist ihr Folgendes zu entgegnen:Der Oberste Gerichtshof hat im ersten Rechtsgang ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ruhestandsversetzung nach Paragraph 2 b, Absatz 2, Ziffer 2, BThPG eine kausale Verknüpfung zwischen der Ruhestandsversetzung und der Änderung in der Organisation oder im Betrieb der Bundestheater verlangt. Soweit die Rechtsmittelwerberin die Auffassung vertritt, das vorliegend das Grundrecht auf Kunstfreiheit gemäß Paragraph 17 a, StGG zu beachten sei und die Organisation sowie die Änderung der Organisation eines Theaterbetriebs nicht nur nach rein betriebswirtschaftlichen, sondern auch nach künstlerischen Gesichtspunkten zu beurteilen sei, ist ihr Folgendes zu entgegnen:

Art 17a StGG schützt das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst und die Lehre der Kunst. Angesichts der Vielgestaltigkeit und Vieldeutigkeit dessen, was in der gesellschaftlichen Wirklichkeit als „Kunst" in Erscheinung tritt und der Unmöglichkeit einer abschließenden Definition von Kunst, bereitet die Bestimmung des Schutzbereichs gewisse Schwierigkeiten. Insofern ist von einem offenen Kunstbegriff auszugehen, der grundsätzlich alles das umfasst, was sich objektiv als eine Erscheinungsform von Kunst darstellt. Grundrechtsschutz genießen daher die traditionellen Werkgattungen (bildende und darstellende Kunst, Literatur, Musik, Film, Baukunst) aber auch unkonventionelle Kunstformen (Berka, Die Grundrechte, Rz 605 mwH). Mittlerweile kann als unumstritten gelten, dass auch künstlerische Leiter staatlicher Bühnen in ihrem Funktionsbereich Träger der Kunstfreiheit sind (Bammer „Bundestheater und Verfassung", 303 f mwN; auch Berka aaO Rz 610). Die Rechtsmittelwerberin übergeht aber, dass auch das Grundrecht auf Kunstfreiheit keine schrankenlose Ausübung der Kunst garantiert. Ungeachtet der Tatsache, dass die Freiheit der Kunst ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist, bleibt - nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs - ein Künstler in seinem Schaffen an die allgemeinen Gesetze gebunden. Eine allgemeine Verhaltensnorm wie eine baurechtliche Vorschrift, das Verbot der unnötigen Erregung störenden Lärms oder eine Abgabenpflicht können für sich allein nicht als Beschränkung der Freiheit der Kunst gewertet werden. Erst die Kriterien, nach denen eine solche Vorschrift anzuwenden ist, können nach Zielsetzung und Auswirkung allenfalls mit dem Recht auf Freiheit der Kunst in Konflikt geraten (VfSlg 10.401/1985; VfGH B 1218/86 mwN). Wirkt sich eine allgemeine Regelung im Effekt beschränkend auf die Kunst aus, ist die Vollziehung zu einer gehörigen Abwägung zwischen der Kunstfreiheit und dem vom entsprechenden Gesetz verfolgten öffentlichen Anliegen verpflichtet; solche Gesetze sind nur zulässig, wenn sie zum Schutz eines anderen Rechtsguts erforderlich und verhältnismäßig sind (Berka aaO Rz 613).Artikel 17 a, StGG schützt das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst und die Lehre der Kunst. Angesichts der Vielgestaltigkeit und Vieldeutigkeit dessen, was in der gesellschaftlichen Wirklichkeit als „Kunst" in Erscheinung tritt und der Unmöglichkeit einer abschließenden Definition von Kunst, bereitet die Bestimmung des Schutzbereichs gewisse Schwierigkeiten. Insofern ist von einem offenen Kunstbegriff auszugehen, der grundsätzlich alles das umfasst, was sich objektiv als eine Erscheinungsform von Kunst darstellt. Grundrechtsschutz genießen daher die traditionellen Werkgattungen (bildende und darstellende Kunst, Literatur, Musik, Film, Baukunst) aber auch unkonventionelle Kunstformen (Berka, Die Grundrechte, Rz 605 mwH). Mittlerweile kann als unumstritten gelten, dass auch künstlerische Leiter staatlicher Bühnen in ihrem Funktionsbereich Träger der Kunstfreiheit sind (Bammer „Bundestheater und Verfassung", 303 f mwN; auch Berka aaO Rz 610). Die Rechtsmittelwerberin übergeht aber, dass auch das Grundrecht auf Kunstfreiheit keine schrankenlose Ausübung der Kunst garantiert. Ungeachtet der Tatsache, dass die Freiheit der Kunst ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist, bleibt - nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs - ein Künstler in seinem Schaffen an die allgemeinen Gesetze gebunden. Eine allgemeine Verhaltensnorm wie eine baurechtliche Vorschrift, das Verbot der unnötigen Erregung störenden Lärms oder eine Abgabenpflicht können für sich allein nicht als Beschränkung der Freiheit der Kunst gewertet werden. Erst die Kriterien, nach denen eine solche Vorschrift anzuwenden ist, können nach Zielsetzung und Auswirkung allenfalls mit dem Recht auf Freiheit der Kunst in Konflikt geraten (VfSlg 10.401/1985; VfGH B 1218/86 mwN). Wirkt sich eine allgemeine Regelung im Effekt beschränkend auf die Kunst aus, ist die Vollziehung zu einer gehörigen Abwägung zwischen der Kunstfreiheit und dem vom entsprechenden Gesetz verfolgten öffentlichen Anliegen verpflichtet; solche Gesetze sind nur zulässig, wenn sie zum Schutz eines anderen Rechtsguts erforderlich und verhältnismäßig sind (Berka aaO Rz 613).

Die allgemeine Regelung des § 2b Abs 2 Z 2 BThPG ist nun in keiner Weise geeignet, in die Freiheit der Kunst einzugreifen. Tatsache ist nämlich, dass die künstlerische Freiheit des Ballettdirektors, Rollen mit den Personen zu besetzen, die optimal in sein künstlerisches Konzept passen, in keiner Weise beeinträchtigt wird. Der Umstand, dass die künstlerische Entscheidung des Ballettdirektors allfällige finanzielle Auswirkungen für die beklagte Partei hat, weil diese Tänzer und Tänzerinnen, die nicht in das künstlerische Konzept passen und daher nicht oder seltener eingesetzt werden, im Rahmen der bestehenden befristeten Arbeitsverträge weiter zu entlohnen hat, stellt aber keinen Eingriff in das Grundrecht der Freiheit auf Kunst dar.Die allgemeine Regelung des Paragraph 2 b, Absatz 2, Ziffer 2, BThPG ist nun in keiner Weise geeignet, in die Freiheit der Kunst einzugreifen. Tatsache ist nämlich, dass die künstlerische Freiheit des Ballettdirektors, Rollen mit den Personen zu besetzen, die optimal in sein künstlerisches Konzept passen, in keiner Weise beeinträchtigt wird. Der Umstand, dass die künstlerische Entscheidung des Ballettdirektors allfällige finanzielle Auswirkungen für die beklagte Partei hat, weil diese Tänzer und Tänzerinnen, die nicht in das künstlerische Konzept passen und daher nicht oder seltener eingesetzt werden, im Rahmen der bestehenden befristeten Arbeitsverträge weiter zu entlohnen hat, stellt aber keinen Eingriff in das Grundrecht der Freiheit auf Kunst dar.

Entgegen den mit dem festgestellten Sachverhalt nicht in Einklang stehenden Ausführungen der Rechtsmittelwerberin wäre der Kläger aufgrund seiner tänzerischen Fähigkeiten und Erfahrung nach wie vor auch „im neu organisierten Ballett" einsetzbar gewesen.

Die ausschließlich auf der künstlerischen Entscheidung des neuen Ballettdirektors beruhende Änderung in der Personalstruktur des Balletts ist nicht geeignet den vom Obersten Gerichtshof bereits im ersten Rechtsgang geforderten kausalen Zusammenhang zwischen der Änderung in der Organisation oder im Betrieb der Bundestheater und der Versetzung des Klägers in den Ruhestand nach § 2b Abs 2 Z 2 BThPG zu ersetzen. Schon die Ausführungen in der Revision, dass der Kläger „nach der künstlerischen Einschätzung" des neuen Ballettdirektors im klassischen Ballett nicht einsetzbar sei, beinhaltet nämlich eine subjektive Komponente, die ausreichend ist, die ausschließlich nach objektiven Kriterien zu beurteilende sachliche Rechtfertigung der hier zur Beurteilung stehenden Ruhestandsversetzung zu verneinen.Die ausschließlich auf der künstlerischen Entscheidung des neuen Ballettdirektors beruhende Änderung in der Personalstruktur des Balletts ist nicht geeignet den vom Obersten Gerichtshof bereits im ersten Rechtsgang geforderten kausalen Zusammenhang zwischen der Änderung in der Organisation oder im Betrieb der Bundestheater und der Versetzung des Klägers in den Ruhestand nach Paragraph 2 b, Absatz 2, Ziffer 2, BThPG zu ersetzen. Schon die Ausführungen in der Revision, dass der Kläger „nach der künstlerischen Einschätzung" des neuen Ballettdirektors im klassischen Ballett nicht einsetzbar sei, beinhaltet nämlich eine subjektive Komponente, die ausreichend ist, die ausschließlich nach objektiven Kriterien zu beurteilende sachliche Rechtfertigung der hier zur Beurteilung stehenden Ruhestandsversetzung zu verneinen.

Die Vorinstanzen haben daher dem Klagebegehren zu Recht stattgegeben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 2 ASGG, 41 und 50 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 2, ASGG, 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E87154

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:008OBA00015.08A.0403.000

Im RIS seit

03.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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