TE OGH 2008/4/10 9ObA172/07w

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Veröffentlicht am 10.04.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und AR Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Franciszek S*****, vertreten durch Dr. Thaddäus Kleisinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Joachim F*****, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien, wegen 63.136 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Juli 2007, GZ 10 Ra 86/07a-11, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 6. Februar 2007, GZ 46 Cga 211/06h-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.841,22 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 306,87 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Unstrittig ist, dass der Kläger für den Beklagten unangemeldet (als „Schwarzarbeiter") und ohne die für ihn als ausländischen Arbeitnehmer erforderliche Beschäftigungsbewilligung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gearbeitet und bei einem im Zuge der Arbeit erlittenen Unfall die Hand verloren hat.

Gegenstand des Verfahrens sind Schäden, die der Kläger durch diese Verletzung erlitten hat.

Der Beklagte hat sich ua auf das Haftungsprivileg des § 333 ASVG berufen, weil der Kläger eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit verrichtet habe und somit Versicherungsschutz nach § 175 bzw § 176 Abs 3 ASVG genieße. Der Beklagte habe den Unfall nicht verschuldet; keinesfalls könne ihm Vorsatz vorgeworfen werden.Der Beklagte hat sich ua auf das Haftungsprivileg des Paragraph 333, ASVG berufen, weil der Kläger eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit verrichtet habe und somit Versicherungsschutz nach Paragraph 175, bzw Paragraph 176, Absatz 3, ASVG genieße. Der Beklagte habe den Unfall nicht verschuldet; keinesfalls könne ihm Vorsatz vorgeworfen werden.

Der Kläger hielt diesem Einwand entgegen, dass das Haftungsprivileg des § 333 ASVG nur gegenüber dem „Versicherten" bestehe; der Beklagte habe ihn aber nicht zur Sozialversicherung angemeldet und habe auch keine Beiträge gezahlt.Der Kläger hielt diesem Einwand entgegen, dass das Haftungsprivileg des Paragraph 333, ASVG nur gegenüber dem „Versicherten" bestehe; der Beklagte habe ihn aber nicht zur Sozialversicherung angemeldet und habe auch keine Beiträge gezahlt.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Sie vertraten die Rechtsauffassung, dass der Kläger, der unstrittig als Arbeitnehmer tätig geworden sei, auch ohne Anmeldung zur Sozialversicherung mit dem Tag des Beginns der Beschäftigung pflichtversichert gewesen sei. Das Entstehen des Versicherungsverhältnisses und damit der Eintritt des Versicherungsschutzes lägen nicht in der Disposition der Vertragsparteien. Entsprechend dem sowohl dem ASVG als auch dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zugrunde liegenden Schutzgedanken sei es für die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen auch ohne Bedeutung, ob der dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegende Vertrag wegen des Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz unwirksam sei. Da somit ein der Unfallversicherung unterliegendes Beschäftigungsverhältnis vorliege, sei der Unfall gemäß § 175 ASVG als Arbeitsunfall zu qualifizieren. Der Beklagte berufe sich daher zu Recht auf das Haftungsprivileg des § 333 ASVG.Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Sie vertraten die Rechtsauffassung, dass der Kläger, der unstrittig als Arbeitnehmer tätig geworden sei, auch ohne Anmeldung zur Sozialversicherung mit dem Tag des Beginns der Beschäftigung pflichtversichert gewesen sei. Das Entstehen des Versicherungsverhältnisses und damit der Eintritt des Versicherungsschutzes lägen nicht in der Disposition der Vertragsparteien. Entsprechend dem sowohl dem ASVG als auch dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zugrunde liegenden Schutzgedanken sei es für die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen auch ohne Bedeutung, ob der dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegende Vertrag wegen des Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz unwirksam sei. Da somit ein der Unfallversicherung unterliegendes Beschäftigungsverhältnis vorliege, sei der Unfall gemäß Paragraph 175, ASVG als Arbeitsunfall zu qualifizieren. Der Beklagte berufe sich daher zu Recht auf das Haftungsprivileg des Paragraph 333, ASVG.

Das Berufungsgericht erachtete die ordentliche Revision als zulässig, weil der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 9 ObA 155/89 die Frage, ob der Haftungsausschluss wegfalle, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zur Unfallversicherung angemeldet habe, ausdrücklich offen gelassen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision ist nicht zulässig. Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO iVm § 1 ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts umschriebene Rechtsfrage die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllt. Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Danach kommt es - wenn zwischen den Beteiligten ein Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 Z 2 ASVG besteht - für die Anwendung des Haftungsausschlusses des § 333 ASVG nicht darauf an, ob der Verletzte vom Arbeitgeber zur Vollversicherung (§§ 4 ff ASVG) oder zur Teilversicherung in der Unfallversicherung (§ 7 Z 3, § 8 Abs 1 Z 3 ASVG) angemeldet war oder nicht. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob bei einem ausländischen Arbeitnehmer eine Beschäftigungsbewilligung vorhanden war (Neumayr in Schwimann, ABGB³ VII, ASVG § 333 Rz 19 und die dort zitierten zahlreichen Belegstellen aus der Rechtsprechung; Poperl, Sozialversicherungs-Handbuch, 2. Teil, §§ 332-336 Rz 45, 51; RIS-Justiz RS0083529; zuletzt etwa 6 Ob 11/04t). Der Entscheidung 9 ObA 155/89 ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen, weil die hier zu behandelnde Frage dort nicht zu entscheiden war und der Oberste Gerichtshof dazu auch nicht Stellung genommen hat.Die gegen dieses Urteil erhobene Revision ist nicht zulässig. Der Oberste Gerichtshof ist gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO in Verbindung mit Paragraph eins, ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts umschriebene Rechtsfrage die Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht erfüllt. Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Danach kommt es - wenn zwischen den Beteiligten ein Beschäftigungsverhältnis iSd Paragraph 4, Ziffer 2, ASVG besteht - für die Anwendung des Haftungsausschlusses des Paragraph 333, ASVG nicht darauf an, ob der Verletzte vom Arbeitgeber zur Vollversicherung (Paragraphen 4, ff ASVG) oder zur Teilversicherung in der Unfallversicherung (Paragraph 7, Ziffer 3,, Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer 3, ASVG) angemeldet war oder nicht. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob bei einem ausländischen Arbeitnehmer eine Beschäftigungsbewilligung vorhanden war (Neumayr in Schwimann, ABGB³ römisch VII, ASVG Paragraph 333, Rz 19 und die dort zitierten zahlreichen Belegstellen aus der Rechtsprechung; Poperl, Sozialversicherungs-Handbuch, 2. Teil, Paragraphen 332 -, 336, Rz 45, 51; RIS-Justiz RS0083529; zuletzt etwa 6 Ob 11/04t). Der Entscheidung 9 ObA 155/89 ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen, weil die hier zu behandelnde Frage dort nicht zu entscheiden war und der Oberste Gerichtshof dazu auch nicht Stellung genommen hat.

Der Revisionswerber hält der wiedergegebenen Rechtsprechung lediglich entgegen, dass in § 333 ASVG nur vom „Versicherten" die Rede ist, sodass sich der Arbeitgeber, der nicht die Absicht hatte, den Arbeitnehmer anzumelden, und die Anmeldung auch nicht nachholte, nicht auf diese Bestimmung berufen könne. Diesen Einwand hat schon das Berufungsgericht mit dem Hinweis widerlegt, dass die Sozialversicherung eine ex lege-Versicherung ist und der Schutz der Unfallversicherung auch eingreift, wenn der Dienstgeber ohne Anmeldung beschäftigt wurde. Mit den dazu erstatteten umfangreichen Ausführungen des Berufungsgerichts setzt sich der Revisionswerber inhaltlich nicht auseinander.Der Revisionswerber hält der wiedergegebenen Rechtsprechung lediglich entgegen, dass in Paragraph 333, ASVG nur vom „Versicherten" die Rede ist, sodass sich der Arbeitgeber, der nicht die Absicht hatte, den Arbeitnehmer anzumelden, und die Anmeldung auch nicht nachholte, nicht auf diese Bestimmung berufen könne. Diesen Einwand hat schon das Berufungsgericht mit dem Hinweis widerlegt, dass die Sozialversicherung eine ex lege-Versicherung ist und der Schutz der Unfallversicherung auch eingreift, wenn der Dienstgeber ohne Anmeldung beschäftigt wurde. Mit den dazu erstatteten umfangreichen Ausführungen des Berufungsgerichts setzt sich der Revisionswerber inhaltlich nicht auseinander.

Dass der Revisionswerber in erster Instanz dem Beklagten Vorsatz vorgeworfen habe, sodass das Erstgericht Feststellungen über den Unfallshergang hätte treffen müssen, trifft nicht zu. Der Kläger warf dem Beklagten vor, Türen so ungeschickt gestapelt zu haben, dass die oberste Tür ab- und gegen die Kniekehle des Klägers gerutscht sei. Dass damit „implizit" behauptet worden sei, der Beklagte habe den Kläger vorsätzlich verletzt, entbehrt jeglicher Grundlage. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.Dass der Revisionswerber in erster Instanz dem Beklagten Vorsatz vorgeworfen habe, sodass das Erstgericht Feststellungen über den Unfallshergang hätte treffen müssen, trifft nicht zu. Der Kläger warf dem Beklagten vor, Türen so ungeschickt gestapelt zu haben, dass die oberste Tür ab- und gegen die Kniekehle des Klägers gerutscht sei. Dass damit „implizit" behauptet worden sei, der Beklagte habe den Kläger vorsätzlich verletzt, entbehrt jeglicher Grundlage. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Anmerkung

E871689ObA172.07w

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inARD 5901/6/2008 = ecolex 2008/320 S 848 - ecolex 2008,848 = DRdA2008,443 = infas 2008,211/A92 - infas 2008 A92XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:009OBA00172.07W.0410.000

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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