Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Edeltraud S*****, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei a***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wegen 19.800 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Jänner 2008, GZ 2 R 164/07m-19, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 20. Juni 2007, GZ 5 Cg 20/06w-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 1.187,28 EUR (darin 197,88 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:
Das Berufungsgericht hat seinen über Antrag der Klägerin abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob die Methode der objektiv-abstrakten Schadensberechnung nicht nur zur Ermittlung der Schadenshöhe, sondern auch zur Beantwortung der Frage herangezogen werden kann, ob überhaupt ein Schaden entstanden bzw dem (angeblich) Geschädigten der ihm obliegende Nachweis des Schadenseintritts gelungen ist.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes 19.800 EUR als Differenz zwischen dem Preis, den sie für den Verkauf von Räumlichkeiten erhalten hat, und dem tatsächlichen Wert („Marktpreis oder Verkehrswert") derselben. Diese Differenz sei dadurch entstanden, dass die Beklagte, die sie unter anderem mit der Erstellung von Verkaufsunterlagen beauftragt hatte, in den maßgeblichen Plänen anstelle der tatsächlichen Fläche der Räumlichkeiten von rund 188,98 m² eine solche von lediglich 176,91 m² angegeben hatte; diese kleinere Flächenzahl sei jedoch der Ermittlung des Kaufpreises zugrunde gelegt worden, sodass sich bei einem vereinbarten Quadratmeterpreis von 1.800 EUR zumindest der erwähnte Differenzschaden errechne.
1. Die Käuferin der Räumlichkeiten, für die eine bestimmte Fläche nicht relevant war, hätte allerdings nach den Feststellungen der Vorinstanzen, die das Klagebegehren abwiesen, einen höheren Kaufpreis auch bei Bekanntgabe der tatsächlichen Fläche nicht akzeptiert und die Räumlichkeiten dann eben nicht gekauft. Dass die Klägerin in Kenntnis der tatsächlichen Fläche in diesem Fall die Räumlichkeiten nicht an diese Käuferin zum vereinbarten Kaufpreis verkauft hätte, sondern - wie sie im Verfahren erster Instanz behauptet hatte - „an jemanden anderen", lässt sich den Feststellungen der Vorinstanzen nicht entnehmen. Die Klägerin begehrte zwar diesbezüglich in ihrer Berufung eine ergänzende Feststellung, worauf das Berufungsgericht nicht näher einging; in ihrer Revision kommt sie auf diese Unterlassung des Berufungsgerichts jedoch nicht zurück. Dass sie in Kenntnis der tatsächlichen Fläche „nach den Feststellungen" die Räumlichkeiten nur um einen höheren Preis verkauft hätte - wie sie nunmehr in der Revision behauptet -, ist somit aktenwidrig.
2. Die Klägerin meint in diesem Zusammenhang, die Vorinstanzen hätten nicht feststellen können, ob sie die Räumlichkeiten in diesem Fall zu einem höheren Preis hätte verkaufen können; damit sei ihr jedoch der „Anscheinsbeweis" gelungen, dass ihr ein Schaden in der Differenz zwischen dem „Marktpreis" und dem Verkaufspreis entstanden ist. Dem Anscheinsbeweis liegt die Verwendung von Erfahrungsgrundsätzen zugrunde; es wird dabei verlangt, dass sich ein solcher, aus einem gleichmäßigen, sich immer wiederholenden Hergang ergibt („typischer Geschehensablauf"), dem neuesten Stand der Erfahrungen entspricht, sowie eindeutig und in jederzeit überprüfbarer Weise formuliert werden kann. Der Anscheinsbeweis ist daher nur zulässig, wenn eine typische formelhafte Verknüpfung zwischen der tatsächlich bewiesenen Tatsache und dem gesetzlich geforderten Tatbestandselement besteht, nicht jedoch, wenn der Kausalablauf durch einen individuellen freien Willensentschluss eines Menschen bestimmt wird (Rechberger in Fasching/Konecny, ZPO² [2004] Vor § 266 Rz 58 mit Nachweisen aus Lehre und Rechtsprechung).2. Die Klägerin meint in diesem Zusammenhang, die Vorinstanzen hätten nicht feststellen können, ob sie die Räumlichkeiten in diesem Fall zu einem höheren Preis hätte verkaufen können; damit sei ihr jedoch der „Anscheinsbeweis" gelungen, dass ihr ein Schaden in der Differenz zwischen dem „Marktpreis" und dem Verkaufspreis entstanden ist. Dem Anscheinsbeweis liegt die Verwendung von Erfahrungsgrundsätzen zugrunde; es wird dabei verlangt, dass sich ein solcher, aus einem gleichmäßigen, sich immer wiederholenden Hergang ergibt („typischer Geschehensablauf"), dem neuesten Stand der Erfahrungen entspricht, sowie eindeutig und in jederzeit überprüfbarer Weise formuliert werden kann. Der Anscheinsbeweis ist daher nur zulässig, wenn eine typische formelhafte Verknüpfung zwischen der tatsächlich bewiesenen Tatsache und dem gesetzlich geforderten Tatbestandselement besteht, nicht jedoch, wenn der Kausalablauf durch einen individuellen freien Willensentschluss eines Menschen bestimmt wird (Rechberger in Fasching/Konecny, ZPO² [2004] Vor Paragraph 266, Rz 58 mit Nachweisen aus Lehre und Rechtsprechung).
Von welchem Erfahrungsgrundsatz oder typischem Geschehensablauf die Klägerin hier ausgeht, lässt sie allerdings offen. Im Übrigen haben die Vorinstanzen Feststellungen dahin getroffen, dass in dem der Klägerin gehörenden Objekt, in dem sich auch die gegenständlichen Räumlichkeiten befinden, der Verkauf mehrerer anderer Räumlichkeiten mangels Kaufinteressenten nicht möglich war. Damit wäre aber der Anscheinsbeweis jedenfalls widerlegt, bestünde doch die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs (Rechberger aaO Rz 64 mwN) dahin, dass die Klägerin auch zu einem niedrigeren Preis verkauft hätte.
3. Hat aber die Klägerin, die für das Vorliegen und die Höhe ihres Schadens beweispflichtig ist, die Räumlichkeiten tatsächlich verkauft, kann weiters nicht davon ausgegangen werden, dass sie in Kenntnis der tatsächlichen Fläche und bei Weigerung der Kaufinteressentin, einen höheren Preis zu bezahlen, von diesem Verkauf Abstand genommen hätte, und steht schließlich nicht einmal fest, ob sie überhaupt einen höheren Kaufpreis hätte erzielen können, ist sie ihrer Beweispflicht nicht nachgekommen; ein Schaden ist ihr somit nicht entstanden. Auf die - insofern theoretische - Differenz zwischen „Marktwert bzw Verkehrswert" und tatsächlichem Kaufpreis und die Art deren Ermittlung kommt es gar nicht an.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.4. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 ZPO. Die Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.
Anmerkung
E87309 6Ob58.08kEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0060OB00058.08K.0410.000Zuletzt aktualisiert am
10.07.2008