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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VStG §51e Abs4 idF 2002/I/065;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des WD in C (Deutschland), vertreten durch Holger Schewe, Rechtsanwalt in D-85579 Neubiberg, Hauptstraße 45, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 27. September 2006, Zl. uvs-2006/15/2597-1, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Strafverfügung vom 3. November 2005 wurde der Beschwerdeführer zahlreicher Übertretungen der EG-VO 3820/85 und 3821/85, jeweils iVm § 134 Abs. 1 KFG für schuldig erkannt und Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Innerhalb offener Frist erhob er lediglich Einspruch "gegen die Strafhöhe". Erst Monate später (außerhalb der Einspruchsfrist) brachte er auch "Einwendungen" in der Sache selbst vor. Da innerhalb offener Frist lediglich die Strafhöhe bekämpft wurde, sind die Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsen.
Die Behörde erster Instanz entschied deshalb (zu Recht) nur über das Ausmaß der mit der Strafverfügung verhängten Strafen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte.
Die belangte Behörde setzte - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - eine der verhängten Strafen herab und wies die Berufung in allen anderen Punkten ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Abs. 1 bis 5 des § 51e VStG, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 65/2002, lauten:
"(1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung entfällt, wenn
1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;
2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2.
sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3.
im angefochtenen Bescheid eine 500,-- EUR nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.
(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."
Der Beschwerdeführer rügt zu Recht, dass die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe:
Da der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Berufung beantragt hat, war die belangte Behörde im Beschwerdefall - da kein Fall des § 51e Abs. 4 oder 5 VStG vorliegt - verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung derselben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. November 2007
Schlagworte
Verfahrensbestimmungen Berufungsbehörde"zu einem anderen Bescheid"European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007020026.X00Im RIS seit
07.02.2008Zuletzt aktualisiert am
11.10.2011