TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/20 2006/05/0216

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Veröffentlicht am 20.11.2007
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E12300000;
E3L E13309900;
L78009 Elektrizität Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/02 Energierecht;

Norm

32003L0054 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL Art23;
AVG §3;
ElektrizitätswirtschaftsG Wr 2005 §2 Abs1 Z33;
ElektrizitätswirtschaftsG Wr 2005 §32 Abs1;
ElektrizitätswirtschaftsG Wr 2005 §32 Abs3;
ElektrizitätswirtschaftsG Wr 2005 §43 Abs2;
ElektrizitätswirtschaftsG Wr 2005 §43;
ElWOG 1998 §20 Abs1;
ElWOG 1998 §20 Abs2;
ElWOG 1998 §43;
ElWOG 1998 §7 Z30;
EURallg;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde der Verbund-Austrian Power Grid AG in Wien, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19 (IZD Tower), gegen den Bescheid der Energie-Control Kommission vom 28. Juni 2006, Zl. K NZV 01/05, betreffend Netzzugang (mitbeteiligte Partei: CEZ a.s. in Prag, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schubertring 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden auch: APG) mit Sitz in Wien ist Regelzonenführerin und Übertragungsnetzbetreiberin in der Regelzone Ost. Die VERBUND - Austrian Power Trading AG (im Folgenden: APT) ist die Stromhandels- und Vertriebsgesellschaft des Verbundkonzerns. Beide Unternehmen sind Tochtergesellschaften der Österreichischen Elektrizitätswirtschaft-Aktiengesellschaft (Verbundgesellschaft).

Zwischen der Tschechischen Republik und Österreich besteht ein Übertragungsleitungssystem für den Transport von elektrischer Energie, das auf österreichischer Seite von der Beschwerdeführerin und auf tschechischer Seite von der tschechischen Netzbetreiberin CEPS a.s. mit dem Sitz in Prag (im Folgenden: CEPS) betrieben wird. In den base-Zeiten (Grundlast, Produkte für den Zeitraum von 0 bis 24 Uhr) beträgt die gesamte technisch verfügbare Kapazität (Net Transfer Capacity - NTC) 450 MW. In den "Peak Zeiten" (Produkte für den Zeitraum zwischen 8 und 20 Uhr, an Werktagen) beträgt die verfügbare Kapazität in Richtung Österreich 600 MW.

Die Kapazitäten des Übertragungsleitungssystems an der Kuppelstelle Tschechien-Österreich werden von den Übertragungsnetzbetreibern CEPS und APG gemeinsam versteigert. In ihren für die Jahre 2004, 2005 und 2006 abgeschlossenen Vereinbarungen wurde festgelegt, dass die "EXAA Abwicklungsstelle für Energieprodukte AG", Fischer-von-Erlachgasse 1, A-8010 Graz, als "Auction Office" mit der Abwicklung der jährlichen Versteigerungen betraut wird. In diesen Vereinbarungen haben die Übertragungsnetzbetreiber auch die "Auction Rules" für diese 3 Jahre festgelegt. (Diese Vereinbarungen wurden von der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2007 vorgelegt und den anderen Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht.) Das Auction Office hat für die verfahrensgegenständlichen Zeiträume 2004, 2005 und 2006 jeweils im November oder Dezember des Vorjahres Auktionen durchgeführt. Bei diesen Auktionen wurde jedoch nicht die gesamte NTC von 450 MW bzw. 600 MW, sondern lediglich 50 MW base load und 150 MW peak load (Available Transfer Capacity - ATC) zur Versteigerung angeboten.

Die Mitbeteiligte CEZ a.s. (im Folgenden: CEZ) mit Sitz in Prag, Tschechische Republik, ist in Österreich auf Grund eines Zulassungsbescheids der Energie-Control GmbH vom 14. Juni 2004 als Bilanzgruppenverantwortliche für die Bilanzgruppe 11XCEZ-CZ 1 tätig. CEZ hat einen Zustellungsbevollmächtigten in Wien.

Wie sich aus den von der Mitbeteiligten im Verfahren vorgelegten Unterlagen ergibt, hat sie sich an den Auktionen für die Jahre 2003, 2004, 2005 und 2006 wie folgt beteiligt:

Am 19. November 2002 bot CEZ in fünf nach Preisen gestaffelten Geboten die Abnahme von insgesamt 100 MW base load und 50 MW peak load an. Auf Grund des bei der Auktion erzielten Preises wurden der Mitbeteiligten 70 MW base load, entsprechend ihrer Gebote, die über diesem Preis lagen, zugeschlagen.

Am 20. November 2003 bot CEZ in fünf nach Preisen gestaffelten Geboten die Abnahme von insgesamt 100 MW base load und, gleichfalls gestaffelt, 60 MW peak load an. Auf Grund des bei der Auktion erzielten Preises wurden ihr 10 MW base load und 20 MW peak load, entsprechend ihrer Gebote, die über diesem Preis lagen, zugeschlagen.

Am 24. November 2004 bot CEZ in fünf nach Preisen gestaffelten Geboten insgesamt 50 MW base load und insgesamt 150 MW peak load, gleichfalls gestaffelt, an. Auf Grund des bei der Auktion erzielten Preises wurden ihr 10 MW base load und 20 MW peak load, entsprechend ihrer Gebote, die über diesem Preis lagen, zugeschlagen.

Am 7. Dezember 2005 bot CEZ in fünf nach Preisen gestaffelten Geboten die Abnahme von insgesamt 50 MW base load und (in 15 Geboten) von 150 MW peak load an. Es wurden ihr 40 MW peak load zugeschlagen.

Mit Schreiben vom 25. November 2005 richtete die Mitbeteiligte an die belangte Behörde einen Antrag "gemäß § 20 Abs. 2 ElWOG". Darin verwies sie auf die von ihr für die Jahre 2004 und 2005 gelegten Anbote und die erteilten Zuschläge. Nach der Veröffentlichung des Regelzonenführers APG stünden auf Grund der Engpässe auf der Übertragungsleitung zwischen der Tschechischen Republik und Österreich nur 50 MW base load und 150 MW peak load zur Verfügung; es sei aber bekannt, dass ein Großteil der Kapazitäten auf Grund von langfristigen Transportverträgen von Polen über das Gebiet der Tschechischen Republik nach Österreich gebunden sei. Gemäß Kapitel 3 Punkt 4 der "Sonstigen Marktregeln" und der darauf beruhenden Vereinbarungen zwischen dem tschechischen und dem österreichischen Regelzonenführer würden die Kapazitäten versteigert werden, wobei allerdings von den insgesamt zur Verfügung stehenden Kapazitäten (NTC) ein Großteil vorab vergeben worden sei, sodass nur mehr Restkapazitäten von 50 MW base load und 150 MW peak load vergeben worden seien und die Mitbeteiligte nur einen geringen Anteil erhalten habe. Die Mitbeteiligte sei deshalb in ihrem gesetzlich vorgesehenen Recht auf Netzzugang verletzt und stelle den Antrag festzustellen, dass die ausgesprochene Verweigerung auf Netzzugang im Ausmaß der beantragten Kapazitäten für die Jahre 2004 und 2005 rechtswidrig gewesen sei und die Mitbeteiligte daher in ihrem gesetzlich eingeräumten Recht auf Gewährung eines Netzzuganges verletzt worden sei.

In ihrem Schriftsatz vom 10. Februar 2006 verwies die Mitbeteiligte auf ihr Gebot vom 7. Dezember 2005 und den dazu erfolgten Zuschlag für das Jahr 2006; sie erweiterte daher ihren Antrag dahingehend, dass die belangte Behörde feststellen möge, der Netzzugang der Mitbeteiligten sei auch im Jahr 2006 zu Unrecht verweigert worden.

Die Beschwerdeführerin sprach sich gegen das Feststellungsbegehren aus den Gründen aus, die sie in der Folge in der Beschwerde wiederholte.

Die belangte Behörde holte verschiedene Stellungnahmen ein und führte am 19. April 2006 unter Anwesenheit aller Parteien und der ihr bekannten Beteiligten eine mündliche Verhandlung durch.

Der Spruch des sodann ergangenen, hier angefochtenen Bescheides lautet:

"Über Antrag der CEZ a.s. vom 25.11.2005, erweitert durch Antrag vom 10.2.2006, stellt die Energie-Control Kommission gemäß § 20 Abs. 2 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG), BGBl. I Nr. 143/1998 i.d.F. BGBl. I Nr. 106/2006, und § 16 Abs. 1 Z 4 Bundesgesetz über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitäts- und Erdgasbereich und die Errichtung der Energie-Control GmbH und der Energie-Control Kommission (Energieregulierungsbehördengesetz - E-RBG), BGBl. I Nr. 121/2000 i.d.F. BGBl. I Nr. 106/2006, fest, dass die Voraussetzungen für die Verweigerung des Netzzugangs gegenüber der antragstellenden Gesellschaft durch die VERBUND - Austrian Power Grid AG für die Jahre 2004, 2005 und 2006 nicht vorgelegen haben."

Die belangte Behörde traf die im Folgenden auszugsweise wiedergegebenen Feststellungen:

"Die weiteren 400 MW ATC wurden zur Erfüllung eines langfristigen Stromliefervertrages über die Lieferung von elektrischer Energie von Polen nach Österreich unter Inanspruchnahme des tschechischen Übertragungssystems ('Stromlieferaltvertrag') vorgehalten. Dieser Stromlieferaltvertrag wurde ursprünglich am 23.5.1975 zwischen dem polnischen Unternehmen AHB Weglokoks und der Österreichischen Elektrizitätswirtschafts-AG geschlossen und steht derzeit in Fassung vom 19.4.1993, inklusive der späteren Annexe. Rechtsnachfolger der AHB Weglokoks als Vertragspartner auf Lieferantenseite sind die polnischen Unternehmen Elektrim S.A. und PSE S.A.

Zur Durchführung des Stromlieferaltvertrages wurde zwischen Elektrim S.A. bzw. PSE S.A. und CEPS a.s. ein Vertrag über die Durchleitung von elektrischer Energie von Polen nach Österreich durch das tschechische Übertragungssystem, ursprünglich abgeschlossen am 18.4.1977, derzeit in Fassung vom 24.3.1993, inklusive der späteren Annexe (Übertragungsvertrag) abgeschlossen. Sowohl der Stromlieferungsvertrag als auch der Übertragungsvertrag wurden von PSE in eigenem Namen mit Schreiben vom 30.4.2004 bei der Europäischen Kommission gemäß der Transitrichtlinie 90/547/EWG (TRL) gemeldet. Eine inhaltliche Beurteilung durch die Kommission erfolgte nicht.

Auf österreichischer Seite liegt kein entsprechender Reservierungs- oder Übertragungsvertrag vor. Die APG hat zuletzt am 15.4.2004 in einem mit 'Reservation of capacity' betitelten Schreiben an CEPS a.s. 400 MW an der Kuppelstelle Tschechien-Österreich zur Erfüllung des Stromlieferaltvertrages bis zum Ablauf des Vertrages (31.8.2010) reserviert. Der Reservierung ging ein Schreiben der CEPS a.s. an die APG vom 14.7.2003 voraus, in dem die APG um Abgabe einer entsprechenden Erklärung betreffend die Reservierung der 400 MW ersucht wurde.

Die technische Abwicklung der Stromlieferungen aus Polen erfolgt in Österreich durch Fahrplananmeldungen der APT im Auftrag der Österreichischen Elektrizitätswirtschafts-AG bei der APG.

...

In den Jahren 2004 und 2005 ersteigerte die CEZ a.s. jeweils 10 MW base load und 20 MW peak load, im Jahr 2006 40 MW peak load, jeweils für Transporte Richtung Österreich. CEZ a.s. gab für die Jahre 2004, 2005 und 2006 jeweils Gebote für die gesamte zur Versteigerung gelangende Kapazität Richtung Österreich ab.

Die Auktionen wurden unter Anwendung so genannter 'Auction Rules' durchgeführt, denen sich alle Bieter zu unterwerfen hatten. Die - mit den Bedingungen für die Jahres-Auktionen 2004 und 2005 im Wesentlichen übereinstimmenden - Auction Rules für die Jahres-Auktion 2006 sehen vor, dass Gegenstand der Auktion Reservierungen von Kapazität (ATC) sind. Die zur Versteigerung gelangende ATC wird von CEPS a.s. und APG gemeinsam festgelegt und vor Beginn der Auktion im Internet veröffentlicht. Die Versteigerungsbedingungen enthalten keinen ausdrücklichen Hinweis, dass Gebote nur bis zur Höhe der veröffentlichten ATC zulässig sind.

Teilnehmer an einer Auktion müssen - auf die Regelzone der APG bezogen - entweder BGV oder Mitglied einer Bilanzgruppe sein. Ersteigerte Jahres- bzw. Monats-Reservierungen von Kapazität können an Dritte, die zur Teilnahme an der Auktion berechtigt sind, übertragen werden. Gebote für Kapazitätsreservierungen müssen den Umfang der beantragten Kapazität, dargestellt in 10 MW-Blöcken, sowie den Wert des Gebots pro Block, enthalten. Für jede Auktion können mehrere Gebote abgegeben werden.

Gebote werden nach der Höhe des pro MW gebotenen Preises gereiht; gleich hohe Gebote werden nach der zeitlichen Reihenfolge des Einlangens gereiht. Übersteigt das Ausmaß der nachgefragten Kapazitäten die angebotene ATC, so bestimmt sich der Preis für die Reservierung von Kapazitäten nach dem niedrigsten gültigen Gebot.

...

CEZ a.s. hat in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen 2004 bis 2006 aus tschechischer Erzeugung stammende elektrische Energie durchgehend über das Übertragungsnetz der APG nach Deutschland transitiert. In zwei Fällen gab es Direktlieferungen an Coal Energy Austria GmbH in der Regelzone der APG; diese erfolgten im Jahr 2003 bzw. im Dezember 2005. CEZ a.s. hat die erforderlichen Kapazitäten für die Belieferung der Coal Energy Austria GmbH in Auktionen für letztere erworben."

In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde zu ihrer Zuständigkeit aus, dass nicht nur die CEPS der Mitbeteiligten gegenüber den Netzzugang verweigert hätte, zumal die APG in ihrem Schreiben vom 15. April 2004 ausgeführt habe, dass sie 400 MW Übertragungskapazität bei CEPS zur Erfüllung des Stromlieferaltvertrages faktisch reserviert habe und dadurch eine Reduzierung der zur Versteigerung gelangenden ATC mitbewirkt habe.

§ 20 Abs. 2 ElWOG beziehe sich nur auf Fälle, in denen eine Verweigerung des Netzzuganges in Österreich erfolgt sei. Dies komme auch in Art. 23 Abs. 10 der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2003 über die gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (im Folgenden: EBRL) zum Ausdruck.

Die Zuständigkeit der belangten Behörde bestehe bereits, wenn der Antragsteller behauptet, durch die angebliche Verweigerung in seinem Recht auf Gewährung des Netzzuganges verletzt worden zu sein. Ob tatsächlich eine Verletzung stattgefunden habe, müsse im Verfahren geklärt werden.

Eine Verweigerung habe auch tatsächlich stattgefunden. Unter dem Titel "use of reserved capacity" werde in den "auction rules" mehrfach an den Netzzugang angeknüpft; die APG führe die Übertragungsdienstleistungen entsprechend dem Auktionsergebnis in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen für Netzzugang in der Regelzone aus; die Bedingungen für den Netzzugang für den Gebrauch der reservierten Kapazitäten in beiden Regelzonen könnten auch auf andere Weise als durch einen einzelnen Teilnehmer an der Auktion erfüllt werden, wenn beide Teilnehmer in Übereinstimmung mit den rechtlichen Erfordernissen für Netzzugang in der jeweiligen Regelzone korrekt registriert seien. Bei diesen "gesetzlichen Erfordernissen" handle es sich um die im ElWOG bzw. den Ausführungsvorschriften festgelegte gesetzliche Netzzugangsberechtigung.

Beantragt werde der Netzzugang nicht erst durch die Anmeldung der Fahrpläne, sondern bereits durch die Teilnahme an der Auktion. Ein formeller Antrag auf Netzzugang außerhalb der Auktion sei weder durch die Auktionsregeln noch durch die "Sonstigen Marktregeln" gefordert. Die Verweigerung des Netzzuganges habe nicht etwa dadurch stattgefunden, dass der Mitbeteiligten im Zuge der Jahresauktionen 2004, 2005 und 2006 weniger Kapazitäten zugeteilt wurden, als diese durch Abgabe von Geboten beantragt habe, zumal es die Mitbeteiligte durch Abgabe entsprechend hoher Gebote selbst in der Hand hatte, das Ausmaß der zugeteilten Kapazitäten zu beeinflussen. Eine Verweigerung sei jedoch hinsichtlich jener Kapazitäten erfolgt, die den Jahresauktionen gar nicht zugeführt worden seien. Die vermarktbaren Kapazitäten der Kuppelstelle Tschechien-Österreich seien durch bevorrangte Reservierung der 400 MW zu Gunsten der Abwicklung des Stromlieferaltvertrages in diesem Ausmaß reduziert worden. Der Zugang zu diesen Kapazitäten sei daher im Sinne des § 20 Abs. 2 ElWOG "verweigert" worden. Diese Verweigerung habe nicht nur das Netz der CEPS betroffen, sondern zu einer entsprechenden Reduktion der Kapazitäten geführt, welche von beiden Regelzonenführern gemeinsam festgelegt worden seien. Es schade nicht, dass die Mitbeteiligte nicht für die gesamte Leitungskapazität, also nicht inklusive der nicht vermarkteten 400 MW, Gebote abgegeben habe. Da die zur Versteigerung gelangende ATC jeweils vorab von den Übertragungsnetzbetreibern bekannt gegeben worden sei und die in Rede stehenden 400 MW nie erfasst hätte, hätten über die veröffentlichte ATC hinaus gehende Gebote bei der Auktion keine Berücksichtigung finden können.

Die belangte Behörde sei auch nicht deshalb unzuständig, weil § 16 ElWOG (in der Fassung vor dem Energieversorgungssicherheitsgesetz 2006) eine Schlichtungsstelle durch die Europäische Kommission vorgesehen habe. Ab dem 1. Juli 2004 habe § 16 ElWOG keinen Anwendungsbereich mehr gehabt, weil die dieser Bestimmung zu Grunde gelegene Richtlinie 90/547/EWG des Rates vom 29. Oktober 1990 über den Transit von Elektrizitätslieferungen über große Netze (Transitrichtlinie - TRL) gemäß Art. 29 EBRL mit Wirkung vom 1. Juli 2004 aufgehoben worden sei. Selbst für das erste Halbjahr 2004 sei eine Unzuständigkeit der belangten Behörde zu verneinen, weil die TRL keine Anwendung auf Transporte der Mitbeteiligten durch das Netz der Beschwerdeführerin gefunden habe.

Die Mitbeteiligte sei antragslegitimiert, auch wenn sie keinen Sitz in Österreich habe. § 20 ElWOG erfordere einen derartigen Sitz bzw. eine Niederlassung nicht. Weder aus der EBRL noch aus deren Vorgängerbestimmung, der RL 96/92/EG, ergebe sich, dass nur im jeweiligen Mitgliedstaat ansässige Personen bzw. Unternehmen netzzugangsberechtigt wären. Auch § 20 Abs. 1 EBRL unterscheide nicht zwischen Netzzugangsberechtigten mit Sitz im Inland und solchen mit Sitz im Ausland. Ein Auslegungsergebnis, wonach nur im Inland ansässige Stromhändler zur Einbringung eines Feststellungsantrages berechtigt wären, würde dem Grundsatz der Effektivität des Gemeinschaftsrechts widersprechen. Die Bestimmung des § 20 Abs. 3 ElWOG sei daher im Wege einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung auf ein zulässiges, die Effektivität des Rechtsschutzes nicht gefährdendes Ausmaß zu reduzieren; für die Beantwortung der Frage, das Recht welches Bundeslandes zur Anwendung komme, sei die Bestellung eines Zustellbevollmächtigten im Inland ausreichend, ein Sitz hingegen nicht erforderlich.

Bei Prüfung der Frage, ob die Verweigerung zu Recht erfolgt sei, verwies die belangte Behörde auf den Tatbestand der mangelnden Netzkapazität nach § 31 Abs. 1 Z. 2 Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetz. Die Kuppelstelle Tschechien-Österreich weise unbestrittenermaßen einen Kapazitätsengpass im Sinne der seit 1. Juli 2004 geltenden und unmittelbar anwendbaren Stromhandelsverordnung auf. Die Ursachen für diesen Engpass lägen in den von der Beschwerdeführerin angegebenen technischen Gründen, davon unabhängig sei jedoch der durch den Stromlieferaltvertrag bedingte rechtliche Kapazitätsengpass. Die Vorenthaltung von 400 MW ATC bewirke eine entsprechende Verkürzung der vermarktbaren Kapazitäten und damit einen Kapazitätsmangel, der nur dann als Rechtfertigungsgrund herangezogen werden könne, wenn die vorrangige Reservierung rechtskonform sei. Dazu verwies die belangte Behörde auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 7. Juni 2005, C 17/03 (VEMW). Hier liege eine "nationale Maßnahme" vor, da die vorrangige Zuteilung der Kapazitäten auf österreichischer Seite durch den Übertragungsnetzbetreiber APG erfolgt sei. Das in der RL 96/92/EG zum Ausdruck kommende allgemeine Diskriminierungsverbot sei durch § 3 Abs. 1 Z. 1 Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetz umgesetzt worden. Die Zuteilung von Übertragungskapazitäten zum Zweck der Erfüllung des Stromlieferaltvertrages unterscheide sich in keiner Weise von sonstigen Zuteilungen, die immer der Erfüllung von Lieferverpflichtungen dienten. Auf eine völkerrechtliche Verpflichtung könne sich die Beschwerdeführerin nicht berufen, weil ein der Verpflichtung zu Grunde liegendes Regierungsübereinkommen aus 1974 gemäß § 17 des Abkommens BGBl. Nr. 475/1996 mit 1. Oktober 1996 außer Kraft getreten sei. Vielmehr habe die Vorfragenbeurteilung ergeben, dass die vorrangige Zuteilung von 400 MW ATC zur Erfüllung des Stromlieferaltvertrages rechtswidrig, weil gegen das Diskriminierungsverbot verstoßend, sei.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht darauf verletzt, dass die belangte Behörde nicht bescheidmäßig feststellen dürfe, dass die Voraussetzungen für die Verweigerung des Netzzuganges gegenüber der Mitbeteiligten für die gegenständlichen Jahre nicht vorgelegen sei. Weiters wird die Verletzung des Rechts darauf geltend gemacht, dass eine Kapazitätszuteilung für grenzüberschreitende Lieferungen anhand der näher genannten Gesetzesbestimmungen und anhand der in den "Sonstigen Marktregeln" normierten Vorgehensweise vorgenommen werden dürfe; schließlich, dass die Kapazitätsfestsetzung für die Vergabe von Kapazitäten an internationalen Kuppelstellen im Übertragungsnetz mittels Auktionen und nach deren anwendbaren internationalen technischen Regeln vom benachbarten Regelzonenführer gemäß § 19 ElWOG erfolgen dürfe. Eine Rechtsverletzung wird weiters darin gesehen, dass die belangte Behörde ihre Zuständigkeit nicht verneint habe, obwohl Entscheidungen in Streitigkeiten über die Vergabe von Kapazitäten an internationalen Netzkuppelstellen im Übertragungsnetz für grenzüberschreitende Lieferungen nicht von der belangten Behörde getroffen werden dürften.

Die Beschwerdeführerin begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die mitbeteiligte Partei und die belangte Behörde erstatteten jeweils eine Gegenschrift; nach der Ablehnung der parallel an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde mit dessen Beschluss vom 26. Februar 2007, B 1484/06, legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten vor.

Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In ihrer Unzuständigkeitseinrede führt die Beschwerdeführerin aus, der belangten Behörde fehle die territoriale Zuständigkeit, weil für die Kapazitätsreduzierung um 400 MW ausschließlich die CEPS verantwortlich sei. Schon die fehlende Kapazität im Netz der CEPS verhindere den Transport nach Österreich, sodass die Mitbeteiligte die zu exportierenden Strommengen in Tschechien gar nicht in das Netz einspeisen könne. Bezüglich einer Netzzugangsverweigerung durch die CEPS sei die belangte Behörde aber nicht zuständig.

Die Unzuständigkeit ergebe sich auch daraus, dass die Mitbeteiligte keinen Sitz in Österreich habe. Aus § 20 Abs. 3 ElWOG sei abzuleiten, dass nur Unternehmen mit Sitz in Österreich zur Antragstellung vor der belangten Behörde berechtigt wären.

§ 16 ElWOG sei mangels anderer Vorschriften bei Streitigkeiten über Transitverträge während des gesamten Verfahrens weiterhin anzuwenden gewesen, sodass dieses Verfahren vor der Kommission der Europäischen Union hätte durchgeführt werden müssen. Die Beurteilung nach § 16 ElWOG ergebe sich daraus, dass die Mitbeteiligte Österreich bis auf eine einzige Lieferung im Jahr 2005 ausschließlich als Transitland in Anspruch genommen habe.

In ihrer Rechtsrüge beanstandete die Beschwerdeführerin zunächst, die belangte Behörde habe ohne nähere Prüfung und ohne jede Begründung das innerstaatliche Recht, nämlich § 30 Abs. 1 Z. 1 ElWOG bzw. § 30 Z. 1 Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetz, nicht angewendet. Rechtswidrigerweise hätte die belangte Behörde ohne nähere Begründung die direkte Anwendbarkeit einer Richtlinie im Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der Mitbeteiligten angenommen.

Weiters bringt die Beschwerdeführerin vor, eine Netzzugangsverweigerung durch sie sei gar nicht erfolgt. Die Mitbeteiligte habe weder einen Netzzugangsantrag gestellt noch sei ihr gegenüber eine Verweigerung erfolgt, die auch rechtlich gar nicht möglich wäre, weil der Mitbeteiligten ein Recht auf Netzzugang nicht zustehe. Die Frage des Netzzuganges habe im Rahmen des Versteigerungsverfahrens keine Rolle gespielt; die "auction rules" enthielten ja die Klausel, dass die Frage des Netzzuganges von der Versteigerung der Kapazität strikt zu trennen sei. Die Mitbeteiligte habe nicht sämtliche Kapazitäten für sich ersteigert, weil ihre Gebote zu gering gewesen seien; damit könne eine Netzzugangsverweigerung im Sinne des § 20 ElWOG hinsichtlich der strittigen 400 MW nicht begründet werden. Die Mitbeteiligte sei auch gar nicht Netzzugangsberechtigte, denn einen Netzzugangsantrag könne sie nur im Namen ihrer Kunden begehren, die in Österreich Strom abnehmen. Ein Stromhändler müsse daher Kunden in Österreich beliefern, um Netzzugang zu erhalten. Dieser Netzzugang diene nur dazu, dass der inländische Abnehmer entsprechenden Netzzugang im vorgelagerten Netz erhält. Die Mitbeteiligte habe aber nur in einem einzigen Fall im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nach Antragstellung eine Stromlieferung nach Österreich vorgenommen, ansonsten keine Netzzugangsberechtigten in Österreich beliefert, sodass sie selber nicht zugangsberechtigt sei. Aus diesem Grund sei eine Verweigerung des Netzzuganges ihr gegenüber rechtlich nicht möglich.

Die Antragstellung der Mitbeteiligten sei missbräuchlich gewesen, weil ihr für die durchgeführten Transite zahlreiche andere Wege zur Verfügung gestanden seien. Es gebe aus der tschechischen Regelzone nach Westeuropa mehrere in technischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht völlig gleichwertige Alternativrouten, die der Mitbeteiligten zur Verfügung gestanden wären. Allein in Richtung Deutschland seien in den Jahren 2004 bis 2006 Kapazitäten im Ausmaß von jeweils 1550 MW zur Verfügung gestanden, welche von der Mitbeteiligten zu einem annähernd gleichen Preis pro MW und Jahr hätten erworben werden können.

Schließlich bringt die Beschwerdeführerin vor, die Beschränkung der ATC gründe sich auf einen völkerrechtlichen Vertrag, nämlich die Vereinbarung zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Volksrepublik Polen über Energielieferung von Polen nach Österreich vom 2. Oktober 1974. Diese Vereinbarung sei zwar durch das Abkommen BGBl. Nr. 475/1996 aufgehoben worden, jedoch sei damit die Zusammenarbeit der beiden Staaten im Energiewirtschaftsbereich nicht beendet worden, sondern sollte, wie Art. 4 des letztgenannten Abkommens zeige, gerade dem Bereich Energie höchstes Interesse gewidmet werden. Das letztgenannte Abkommen habe die seinerzeitigen, in sieben unterschiedlichen Abkommen geregelte völkerrechtliche Zusammenarbeit zwischen Österreich und Polen zusammenfassend auf eine neue gemeinsame vertragliche Grundlage gestellt. Daraus folge aber, dass das Verhalten der Beschwerdeführerin nicht im Sinne der Art. 81, 82 EGV wettbewerbswidrig sein könne.

§ 20 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, BGBl. I Nr. 143/1998, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 149/2002 (ElWOG), lautet samt Überschrift:

"Verweigerung des Netzzuganges

§ 20. (1) (Grundsatzbestimmung) Die Ausführungsgesetze haben vorzusehen, dass Netzzugangsberechtigten der Netzzugang aus nachstehenden Gründen verweigert werden kann:

     1.        außergewöhnliche Netzzustände (Störfälle);

     2.        mangelnde Netzkapazitäten;

     3.        wenn der Netzzugang für Stromlieferungen für einen

Kunden abgelehnt wird, der in dem System, aus dem die Belieferung

erfolgt oder erfolgen soll, nicht als zugelassener Kunde gilt;

     4.        wenn ansonsten Elektrizität aus

fernwärmeorientierten, umwelt- und ressourcenschonenden sowie technisch-wirtschaftlich sinnvollen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder aus Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien trotz Eingehens auf die aktuellen Marktpreise verdrängt würde, wobei Möglichkeiten zum Verkauf dieser elektrischen Energie an Dritte zu nutzen sind.

Die Verweigerung ist gegenüber dem Netzzugangsberechtigten zu begründen.

(2) (Verfassungsbestimmung) Die Energie-Control Kommission hat über Antrag desjenigen, der behauptet, durch die Verweigerung des Netzzugangs in seinem gesetzlich eingeräumten Recht auf Gewährung des Netzzugangs verletzt worden zu sein, innerhalb eines Monats festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Verweigerung eines Netzzugangs gemäß Abs. 1 vorliegen. Der Netzbetreiber hat das Vorliegen der Verweigerungstatbestände (Abs. 1) nachzuweisen. Die Energie-Control Kommission hat in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung zwischen Netzzugangsberechtigtem und Netzbetreiber hinzuwirken.

(3) (Grundsatzbestimmung) Die Ausführungsgesetze haben vorzusehen, dass für die Beurteilung der Netzzugangsberechtigung diejenigen Rechtsvorschriften Anwendung zu finden haben, die in jenem Land gelten, in dem derjenige, der einen Antrag gemäß Abs. 2 stellt, seinen Sitz (Hauptwohnsitz) hat. Bezüglich der Beurteilung der Netzzugangsverweigerungsgründe haben die Ausführungsgesetze die Anwendung jener Rechtsvorschriften vorzusehen, die am Sitz des Netzbetreibers, der den Netzzugang verweigert hat, gelten."

§ 16 ElWOG lautete samt Überschrift:

"Verpflichtung zum Elektrizitätstransit

§ 16. (Unmittelbar anwendbares Bundesrecht)

(1) Die Regelzonenführer Verbund APG AG, Tiroler Regelzone AG und VKW-Übertragungsnetz AG sowie die Vorarlberger Illwerke AG sind verpflichtet, Transite gemäß der Richtlinie des Rates 90/5477/EWG unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 17, 18, 19, 20, 21 und 25 durchzuführen.

(2) Stellt ein Elektrizitätsunternehmen den Antrag auf Durchführung eines Transits gemäß Abs. 1, so ist der Betreiber des betroffenen Netzes verpflichtet, unverzüglich in Vertragsverhandlungen einzutreten.

(3) Die im Abs. 1 angeführten Gesellschaften sind verpflichtet, unverzüglich der Kommission der Europäischen Union (Kommission) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit jeden Antrag auf Elektrizitätstransit, dem ein Vertrag mit einer Mindestdauer von einem Jahr zu Grunde liegt, mitzuteilen und Verhandlungen über die Bedingungen des beantragten Elektrizitätstransits aufzunehmen. Die Bedingungen dürfen nicht diskriminierend sein. Sie dürfen keine missbräuchlichen Praktiken oder ungerechtfertigten Beschränkungen enthalten und nicht die Versorgungssicherheit und die Dienstleistungsqualität gefährden.

(4) Die Kommission und das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sind über den Abschluss eines Elektrizitätstransitvertrages gemäß Abs. 3 zu unterrichten.

(5) Kommt innerhalb von zwölf Monaten nach der Mitteilung gemäß Abs. 3 ein Abschluss eines Elektrizitätstransitvertrages nicht zu Stande, sind der Kommission und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit die Gründe hiefür mitzuteilen.

(6) Die im Abs. 1 angeführten Gesellschaften sind verpflichtet, an einem von der Kommission nach Mitteilung der Gründe gemäß Abs. 5 eingeleiteten Schlichtungsverfahren mitzuwirken und insbesondere ihren, bei diesen Verhandlungen über den Abschluss eines Elektrizitätstransitvertrages eingenommenen Standpunkt in diesem Schlichtungsverfahren zu vertreten."

In der am 28. Juni 2006 in Kraft getretenen Fassung, BGBl. I Nr. 106/2006 (ElWOG neu), lautet diese Gesetzesbestimmung samt Überschrift:

"Grenzüberschreitender Stromhandel

§ 16. (1) (Grundsatzbestimmung) Die Ausführungsgesetze haben die zur Durchsetzung der Bestimmungen der Verordnung 1228/2003/EG über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel geeigneten Sanktionen für Verstöße gegen die Bestimmungen dieser Verordnung festzulegen.

(2) (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Die Energie-Control GmbH sorgt für die Einhaltung der Verordnung 1228/2003/EG und der auf Grund von Art. 8 der Verordnung festgelegten Leitlinien."

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte die belangte Behörde bereits § 16 Abs. 2 ElWOG neu anzuwenden; die Novelle BGBl. I Nr. 106/2006 enthält keine anders lautende Übergangsbestimmung. Wie die Mitbeteiligte in ihrer Gegenschrift richtig aufzeigt, kommt es auf die historische Rechtslage nicht an; § 16 Abs. 2 ElWOG neu schafft aber keine andere Zuständigkeit als § 20 Abs. 2 ElWOG.

Die Beschwerdeführerin vermeint eine "territoriale" Unzuständigkeit der belangten Behörde auch darin zu erblicken, dass die Netzzugangsverweigerung ausschließlich im Netz des tschechischen Regelzonenführers CEPS stattgefunden habe, weshalb nur die tschechische Regulierungsbehörde zuständig sein könne.

Gegenstand des Verfahrens nach § 20 Abs. 2 ElWOG ist allein die Frage, ob der Netzbetreiber zu Unrecht einen begehrten Netzzugang verweigert hat; die Mitbeteiligte hat in ihrem Antrag vom 25. November 2005 ausdrücklich präzisiert, dass die Verweigerung des Netzzuganges ausschließlich das Netz der Beschwerdeführerin betrifft. Nur darüber hatte die belangte Behörde in ihrer Entscheidung zu befinden; sie ist darüber auch nicht hinausgegangen. Eine Netzzugangsverweigerung auf tschechischer Seite war nicht Gegenstand des Verfahrens, sodass auch insofern die behauptete Unzuständigkeit nicht vorliegt.

In Ausführung des § 20 Abs. 3 ElWOG sieht § 32 Abs. 3 Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetz, LGBl. Nr. 46/2005 (WElWG), vor, dass für die Beurteilung der Netzzugangsberechtigung diejenigen Rechtsvorschriften Anwendung finden, die in jenem Land gelten, in dem derjenige seinen Hauptwohnsitz oder Sitz hat, der einen Antrag auf Feststellung stellt. Es geht also nur darum, welches innerösterreichisches Landesrecht Anwendung findet; daraus den Umkehrschluss zu ziehen, dass netzzugangsberechtigt und antragslegitimiert nach § 20 Abs. 2 ElWOG nur Personen mit Sitz im Inland sein können, würde, wie die belangte Behörde zu Recht hervorhebt, dem Grundsatz der Effektivität des Gemeinschaftsrechts widersprechen. Der Rechtsschutz, den die Regulierungsbehörde zu bieten hat (siehe Art. 23 EBRL, insbesondere dessen Abs. 10), kann nicht Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat verweigert werden. Die Annahme der belangten Behörde, dass die Stellung der Mitbeteiligten als Bilanzgruppenverantwortliche mit einem Zustellbevollmächtigten im Inland das Sitzerfordernis substituiert, begegnet daher keinen Bedenken.

Nicht gefolgt werden kann der Beschwerdeführerin auch darin, dass es der Mitbeteiligten an der Netzzugangsberechtigung fehle. Netzzugangsberechtigte sind nach § 7 Z. 30 ElWOG, § 2 Abs. 1 Z. 33 WElWG Kunden oder Erzeuger; weder § 43 ElWOG noch § 43 WElWG stellt darauf ab, dass Elektrizitätsunternehmen inländische Kunden beliefern. Ein "systematischer Zusammenhang" dahingehend, dass Kunden im Sinne des § 43 Abs. 2 WElWG Kunden seien, die in Österreich Strom abnehmen, ist nicht erkennbar. Es spielt daher keine Rolle, ob die Mitbeteiligte nur in einem Fall Strom an einen österreichischen Abnehmer geliefert hat.

Gegenstand des über einen Antrag nach § 20 Abs. 2 ElWOG zu erlassenden Bescheides ist die Feststellung eines Rechtsverhältnisses; festgestellt wird, dass der im zweiten Satz dieser Bestimmung genannte Netzbetreiber denjenigen, der durch die Verweigerung des Netzzuganges eine Rechtsverletzung behauptet, zu Recht auf die in den Ausführungsgesetzen zu Abs. 1 dieser Bestimmung genannten Gründe verweisen kann. Dabei ist, bevor es zu einer Prüfung der vom Netzbetreiber nachzuweisenden Verweigerungsgründe kommt, zu klären, ob gegenüber dem Zugangsberechtigten - es geht ja ausdrücklich um sein Recht - der Zugang tatsächlich verweigert wurde.

Insbesondere die Ziffern 3 und 4 des § 32 Abs. 1 WElWG machen deutlich, dass der Gesetzgeber als "Verweigerung" nicht eine generelle Maßnahme gegenüber allen Marktteilnehmern im Auge hat; dagegen spricht auch die Nachweispflicht im Feststellungsverfahren. Wenn es hier aber nur um eine konkrete Verweigerung im Einzelfall gehen kann, muss dem ein konkretes Begehren gegenüberstehen, das der Verweigerung vorangeht; nur was begehrt wird, kann verweigert werden. Es geht ja um die konkrete Betroffenheit des Netzzugangsberechtigten, der in seinen Rechten verletzt ist. Der Feststellungsbescheid klärt ein Rechtsverhältnis zwischen zwei Personen, dem Netzzugangsberechtigten und dem Netzbetreiber; er trifft keine allgemeinen darüber hinausgehenden Aussagen.

Zu Recht ging auch die belangte Behörde davon aus, dass die von § 20 Abs. 2 ElWOG erfasste Verweigerung hier nicht darin bestand, dass bei einem Gebot von 50 MW bloß 10 MW zugeschlagen wurden; diese "Verweigerung" war sachlich durch die Höhe des Gebotes begründet und frei von Diskriminierung. Der generellen "Verweigerung" - die § 20 Abs. 2 ElWOG nicht im Auge hat - dadurch, dass weitere 400 MW gar nicht versteigert wurden, ist ein konkretes Begehren der Mitbeteiligten nicht vorausgegangen. Weder im Rahmen der Versteigerung noch unmittelbar gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber, der Beschwerdeführerin, hat die Mitbeteiligte die Zuteilung von Kapazitäten aus diesem dem Markt entzogenen Bereich begehrt.

Damit unterscheidet sich der Beschwerdefall wesentlich von den beiden zuletzt vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Netzzugangsfällen: Im Fall der Brennerleitung (hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2003/05/0094) wollte die Antragstellerin im Feststellungsverfahren jeweils 50 % der Gesamtkapazität (des NTC) reservieren, was mit an sie gerichteten Erklärungen des Übertragungsnetzbetreibers abgelehnt worden war. Im Fall der Slowenienleitung (hg. Erkenntnis vom 28. April 2006, Zl. 2004/05/0322) wurden von der Antragstellerin 200 MW begehrt und vom Übertragungsnetzbetreiber bloß 1 MW zugeteilt. Um Preise ging es in beiden Fällen nicht.

Hier lag weder ein die strittige Menge betreffendes Begehren vor noch eine konkret darauf Bezug nehmende Ablehnung. Eine Verweigerung des Netzzuganges im Sinne des § 20 Abs. 1 ElWOG kann daher nicht angenommen werden.

Die Argumentation der belangten Behörde, allein die Teilnahme an der Auktion bewirke den für eine Antragstellung nach § 20 Abs. 2 ElWOG entscheidenden Antrag auf Netzzugang, überzeugt nicht. Ginge man nämlich davon aus, dass bereits eine generelle Maßnahme, wie hier der Umstand, dass 400 MW gar nicht zur Auktion gelangten, den Tatbestand der Verweigerung im Sinne des § 20 Abs. 2 ElWOG erfüllte, käme es auch nicht darauf an, ob sich der Netzzugangsberechtigte mit irgendeinem Gebot an der Versteigerung beteiligt oder ob er - etwa wegen der auf Grund der Verknappung gebildeten Preise - eine Teilnahme unterlässt. Es wäre dann wohl jeder Netzzugangsberechtigte von vornherein, allein auf Grund der durch APG und CEPS erfolgten Herausnahme einer bestimmten Kapazität aus dem allgemeinen Verkehr, zu einer Antragstellung nach § 20 Abs. 2 ElWOG legitimiert; dass das Gesetz eine derartige "Popularklage" nicht vorsieht, bedarf keiner weiteren Erörterung.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die vorgelegten Entscheidungen der tschechischen Regulierungsbehörden eingegangen, die sich offenbar nicht auf eine dem § 20 Abs. 2 ElWOG vergleichbare Rechtslage stützen: Die allgemein gehaltene Anordnung im Spruchpunkt 1 der Entscheidung erster Instanz,

"Long-term contracts for electrical energy transmission cannot constitute the grounds for any preferential allocation of capacity for cross-border electricity transmission."

wurde von der Berufungsbehörde beseitigt; die Berufungsbehörde bestätigte aber die Anordnung, dass CEPS ab 1. Jänner 2007 die gesamte Kapazität (abgesehen von einer Sicherheitsreserve) in Übereinstimmung mit der EBRL zur Verfügung stellen müsse. Ein derartiger, in die Zukunft gerichteter Ausspruch, der eine Verpflichtung enthält, ist mit der hier im Gesetz vorgesehenen Feststellung nicht vergleichbar.

Ob das Streitbelegungsverfahren nach § 21 Abs. 1 ElWOG andere Möglichkeiten geboten hätte - nach Schanda, Energierecht3, 55, ist sein Anwendungsbereich weiter -, ist nicht zu untersuchen, weil der hier vorliegende Antrag darauf nicht gestützt war. Dass bei einem tauglichen Begehren um Netzzugang die Rechtslage in Österreich unter der gebotenen Bedachtnahme auf das Gemeinschaftsrecht effektiven Rechtsschutz in Bezug auf einen diskriminierungsfreien Zugang gewährleistet, kann auf Grund der zitierten Vorerkenntnisse nicht in Zweifel gezogen werden.

Ausgehend davon, dass eine einer Feststellung im Sinne des § 20 Abs. 2 ElWOG fähige Verweigerung hier nicht vorliegt, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Ein Eingehen auf das übrige Beschwerdevorbringen erübrigt sich daher.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die belangte Behörde hatte (unmittelbar) Bundesrecht, nämlich § 20 Abs. 2 ElWOG, anzuwenden, weshalb als Rechtsträger iS der §§ 47 ff VwGG der Bund anzusehen ist.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK dem entgegensteht. Ob durch eine Entscheidung gemäß § 20 Abs. 2 ElWOG ein civil right beeinträchtigt werden kann, kann dahingestellt bleiben. Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EuGH hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden, da es ausschließlich um die Auslegung des § 20 Abs. 2 ElWOG ging, keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK stünde somit selbst dann, wenn man seine Anwendbarkeit bejahte, dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2002/05/1519, mwN). Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.

Wien, am 20. November 2007

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006050216.X00

Im RIS seit

13.12.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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