TE OGH 2008/4/23 13Os35/08h

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Veröffentlicht am 23.04.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. April 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Klaus als Schriftführer in der Strafsache gegen Hansjörg B***** wegen Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB aF und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 13. November 2007, GZ 20 Hv 13/07z-120, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat am 23. April 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Klaus als Schriftführer in der Strafsache gegen Hansjörg B***** wegen Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach Paragraph 207, Absatz eins, StGB aF und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 13. November 2007, GZ 20 Hv 13/07z-120, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hansjörg B***** jeweils einer unbestimmten Zahl von Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB aF (I/1) und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB aF (I/2), ebenso vieler (weil in Idalkonkurrenz verwirklichter) Vergehen des Missbruchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (I/3) und mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hansjörg B***** jeweils einer unbestimmten Zahl von Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach Paragraph 207, Absatz eins, StGB aF (I/1) und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach Paragraph 206, Absatz eins, StGB aF (I/2), ebenso vieler (weil in Idalkonkurrenz verwirklichter) Vergehen des Missbruchs eines Autoritätsverhältnisses nach Paragraph 212, Absatz eins, StGB (I/3) und mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach Paragraph 201, Absatz eins, StGB (römisch II) schuldig erkannt.

Danach hat er

I. in Graz, Innsbruck und Dornbirn „in unzähligen Angriffen zu nicht näher bekannten Zeitpunktenrömisch eins. in Graz, Innsbruck und Dornbirn „in unzähligen Angriffen zu nicht näher bekannten Zeitpunkten

1. im Zeitraum von 1991 bis 1993 eine unmündige Person auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, indem er die am 20. Mai 1986 geborene Michelle M*****, vormals Bianca P*****, im Brust- und Genitalbereich betastete sowie immer wieder den Finger in ihre Scheide einführte,

2. im Zeitraum 1993 bis 19. Mai 2000 mit einer unmündigen Person den (außerehelichen) Beischlaf unternommen, indem er an der am 20. Mai 1986 geborenen Michelle M*****, geborene Bianca P*****, den Geschlechtsverkehr vollzog,

3. durch die zu I.1. und I.2. geschilderten Tathandlungen mit einer minderjährigen Person, die als de facto Stiefkind seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung dieser Stellung gegenüber dieser Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen,3. durch die zu römisch eins.1. und römisch eins.2. geschilderten Tathandlungen mit einer minderjährigen Person, die als de facto Stiefkind seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung dieser Stellung gegenüber dieser Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen,

II. Michelle M*****, geborene Bianca P*****, mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt, und zwarrömisch II. Michelle M*****, geborene Bianca P*****, mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt, und zwar

1. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Juli 2006 in Graz, indem er sie im Umkleideraum eines Restaurantbetriebs am Hals erfasste und würgte, sie gegen eine Wand drückte und sodann im Stehen an ihr den Geschlechtsverkehr vollzog,

2. an einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Winter 2004/2005 in Graz, indem er sie an den Handgelenken erfasste, in ein Gebüsch zog, zu Boden drückte und festhielt und sodann an ihr den Geschlechtsverkehr vollzog,

3. zu nicht näher bekannten Zeitpunkten im Zeitraum August bis Oktober 2004 in Graz in zwei Angriffen, indem er sie an den Handgelenken erfasste und niederdrückte und sodann an ihr den Geschlechtsverkehr vollzog."

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist aus dem zuletzt genannten Grund im Recht.Die dagegen vom Angeklagten aus Ziffer 5,, 5a und 9 Litera a, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist aus dem zuletzt genannten Grund im Recht.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) befassten sich die Tatrichter, die übrigens nicht zur Erörterung jeder Einzelheit der Beweisergebnisse verhalten, vielmehr zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe verpflichtet sind (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), gar wohl mit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Roland B***** (S 109 ff/III) zu den die Realitätsbezogenheit ihrer Aussagen betreffenden Auffälligkeiten in der Persönlichkeit der Michelle M***** (US 17 f, vgl auch 15 f). Auf den dazu in der Beschwerde hervorgehobenen „Vorfall vom 4. Oktober 2006" ging das Schöffengericht gleichfalls ein (US 16), gelangte aber bei seinen Erwägungen hinsichtlich der hier in Rede stehenden Taten (I und II) logisch und empirisch einwandfrei zu anderen als den vom Beschwerdeführer angestrebten Schlüssen. Ein Begründungsmangel ist dadurch nicht gegeben.Entgegen der Mängelrüge (Ziffer 5, zweiter Fall) befassten sich die Tatrichter, die übrigens nicht zur Erörterung jeder Einzelheit der Beweisergebnisse verhalten, vielmehr zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe verpflichtet sind (Paragraph 270, Absatz 2, Ziffer 5, StPO), gar wohl mit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Roland B***** (S 109 ff/III) zu den die Realitätsbezogenheit ihrer Aussagen betreffenden Auffälligkeiten in der Persönlichkeit der Michelle M***** (US 17 f, vergleiche auch 15 f). Auf den dazu in der Beschwerde hervorgehobenen „Vorfall vom 4. Oktober 2006" ging das Schöffengericht gleichfalls ein (US 16), gelangte aber bei seinen Erwägungen hinsichtlich der hier in Rede stehenden Taten (römisch eins und römisch II) logisch und empirisch einwandfrei zu anderen als den vom Beschwerdeführer angestrebten Schlüssen. Ein Begründungsmangel ist dadurch nicht gegeben.

Der Einwand gegen die Urteilsannahmen zur „Traumatisierung" der Michelle M***** (US 12 f, 20; Z 5 vierter Fall) betrifft angesichts dessen, dass dem Angeklagten keine Qualifikation angelastet wurde und die Tatrichter der Beschwerde zuwider (2.a am Ende) den Zustand der Frau auch nicht als Erkenntnisquelle für das Geschehene heranzogen (s vielmehr US 6 ff, vgl US 20), keinen für den Schuldspruch oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidenden Umstand.Der Einwand gegen die Urteilsannahmen zur „Traumatisierung" der Michelle M***** (US 12 f, 20; Ziffer 5, vierter Fall) betrifft angesichts dessen, dass dem Angeklagten keine Qualifikation angelastet wurde und die Tatrichter der Beschwerde zuwider (2.a am Ende) den Zustand der Frau auch nicht als Erkenntnisquelle für das Geschehene heranzogen (s vielmehr US 6 ff, vergleiche US 20), keinen für den Schuldspruch oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidenden Umstand.

Das „aus prozessualer Vorsicht" erstattete Vorbringen, das Erstgericht habe „nicht dezidiert angeführt, welche Aktenstücke in der Hauptverhandlung konkret verlesen wurden", das Gericht habe sich - die Verlesung betreffend - „auf eine kurze, allgemein gehaltene Formulierung beschränkt", sodass nicht nachvollzogen werden könne, ob sich die volle Überzeugung der Tatrichter vom Vorliegen einer entscheidenden Tatsache nicht auf ein Beweismittel stütze, das in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen sei, macht entgegen der ersichtlich zugrunde liegenden Intention gerade keine Missachtung eines Beweisverwertungsverbotes (Z 5 vierter Fall, § 258 Abs 1 StPO), sondern nur eine vom Angeklagten - übrigens zu Unrecht (vgl S 199/III: „Vorgetragen wird der gesamte Akteninhalt gemäß § 252 Abs 2 StPO mit Ausnahme der Angaben von Zeugen und Auskunftspersonen. Vorgetragen werden die beigeschafften Vorstrafakten.") - als für die Dokumentation der wesentlichen Förmlichkeiten (§ 271 Abs 1 Z 4 StPO) unzulänglich erachtete Protokollierung geltend. Diesbezüglich stand ihm übrigens in der Hauptverhandlung mit Blick auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO offen, die Feststellung einzelner Punkte im Protokoll zu beantragen (§ 271 Abs 1 letzter Satz StPO), was aber nicht geschehen ist.Das „aus prozessualer Vorsicht" erstattete Vorbringen, das Erstgericht habe „nicht dezidiert angeführt, welche Aktenstücke in der Hauptverhandlung konkret verlesen wurden", das Gericht habe sich - die Verlesung betreffend - „auf eine kurze, allgemein gehaltene Formulierung beschränkt", sodass nicht nachvollzogen werden könne, ob sich die volle Überzeugung der Tatrichter vom Vorliegen einer entscheidenden Tatsache nicht auf ein Beweismittel stütze, das in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen sei, macht entgegen der ersichtlich zugrunde liegenden Intention gerade keine Missachtung eines Beweisverwertungsverbotes (Ziffer 5, vierter Fall, Paragraph 258, Absatz eins, StPO), sondern nur eine vom Angeklagten - übrigens zu Unrecht vergleiche S 199/III: „Vorgetragen wird der gesamte Akteninhalt gemäß Paragraph 252, Absatz 2, StPO mit Ausnahme der Angaben von Zeugen und Auskunftspersonen. Vorgetragen werden die beigeschafften Vorstrafakten.") - als für die Dokumentation der wesentlichen Förmlichkeiten (Paragraph 271, Absatz eins, Ziffer 4, StPO) unzulänglich erachtete Protokollierung geltend. Diesbezüglich stand ihm übrigens in der Hauptverhandlung mit Blick auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 4, StPO offen, die Feststellung einzelner Punkte im Protokoll zu beantragen (Paragraph 271, Absatz eins, letzter Satz StPO), was aber nicht geschehen ist.

Aktenwidrigkeit (§ 281 Abs 1 Z 5 fünfter Fall StPO) liegt der Beschwerdeauffassung zuwider nur dann vor, wenn zwischen den Angaben der Entscheidungsgründe über den Inhalt einer bei den Akten befindlichen Urkunde oder über eine Aussage und der Urkunde oder dem Vernehmungs- oder Sitzungsprotokoll selbst ein erheblicher Widerspruch besteht, nicht aber, wenn eine Feststellung - was hier eingewendet wird - zu Beweisergebnissen in Widerspruch steht. Im Übrigen vernachlässigt der Angeklagte bei seinem (inhaltlich auf den Schuldspruch II/1 bezogenen) Vorbringen zu den Angaben der Zeugin Michelle M***** in der Hauptverhandlung, dass sie sich ausdrücklich auch auf ihre früheren Angaben bezog (S 63/III iVm ON 34, S 336 iVm 47 und 49/I: „... würgte mich ...", „vergewaltigte mich ..."). Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).Aktenwidrigkeit (Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 5, fünfter Fall StPO) liegt der Beschwerdeauffassung zuwider nur dann vor, wenn zwischen den Angaben der Entscheidungsgründe über den Inhalt einer bei den Akten befindlichen Urkunde oder über eine Aussage und der Urkunde oder dem Vernehmungs- oder Sitzungsprotokoll selbst ein erheblicher Widerspruch besteht, nicht aber, wenn eine Feststellung - was hier eingewendet wird - zu Beweisergebnissen in Widerspruch steht. Im Übrigen vernachlässigt der Angeklagte bei seinem (inhaltlich auf den Schuldspruch II/1 bezogenen) Vorbringen zu den Angaben der Zeugin Michelle M***** in der Hauptverhandlung, dass sie sich ausdrücklich auch auf ihre früheren Angaben bezog (S 63/III in Verbindung mit ON 34, S 336 in Verbindung mit 47 und 49/I: „... würgte mich ...", „vergewaltigte mich ..."). Ziffer 5 a, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Eine in der Beschwerde in Abrede gestellte Tatbegehung durch den Angeklagten auch am 4. Oktober 2006 hat das Erstgericht erörtert, aber ohnedies gerade nicht als erwiesen angenommen (US 16 f), wobei es auch die dazu abgelegte Aussage der Zeugin Michelle M***** ebenso wie die sie betreffenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. B***** in seine Erwägungen einbezog.

Das auf Aussagen zu einem Vorfall am 4. Oktober 2006, auf Vorstrafen der Zeugin wegen Betrugs und wegen Verleumdung des Angeklagten sowie auf eine in der Beschwerde daraus abgeleitete „Tendenz" der Michelle M*****, „den Angeklagten wegsperren zu lassen", Bezug nehmende Vorbringen weckt keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen. Beim Vorwurf, das Erstgericht habe die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung außer Acht gelassen, unterlässt es der Angeklagte, darzulegen, wodurch er an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen, um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (RIS-Justiz RS0115823, RS0114036). Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bemängelt zu Recht das Fehlen von Feststellungen zur inneren Tatseite.Das auf Aussagen zu einem Vorfall am 4. Oktober 2006, auf Vorstrafen der Zeugin wegen Betrugs und wegen Verleumdung des Angeklagten sowie auf eine in der Beschwerde daraus abgeleitete „Tendenz" der Michelle M*****, „den Angeklagten wegsperren zu lassen", Bezug nehmende Vorbringen weckt keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen. Beim Vorwurf, das Erstgericht habe die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung außer Acht gelassen, unterlässt es der Angeklagte, darzulegen, wodurch er an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen, um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (RIS-Justiz RS0115823, RS0114036). Die Rechtsrüge (Ziffer 9, Litera a,) bemängelt zu Recht das Fehlen von Feststellungen zur inneren Tatseite.

Konstatiert wurde zwar das äußere Tatgeschehen und dass der Angeklagte bei seinen Handlungen zu I/1 bis 3 seine eigene Stellung bewusst ausnützte, da Bianca P***** (nunmehr: Michelle M*****) „als Stiefkind de facto seiner Aufsicht unterstand, und er auch wusste, dass das Mädchen auch aus diesem Grund nicht wagte, sich seinen sexuellen Übergriffen zu widersetzen" (US 6 bis 8, 16). Weitere Feststellungen in Betreff der zur Strafbarkeit wegen der im Schuldspruch genannten strafbaren Handlungen erforderlichen Willensausrichtung des Angeklagten bei Begehung der Taten enthält das Urteil jedoch nicht, was dessen Aufhebung nach sich zog. Im zweiten Rechtsgang wird im Fall eines abermaligen Schuldspruchs des Angeklagten auch den Feststellungen zur inneren Tatseite das nötige Augenmerk zu widmen sein.

Anmerkung

E87392 13Os35.08h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0130OS00035.08H.0423.000

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2008
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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