TE OGH 2008/4/28 8Ob49/08a

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Veröffentlicht am 28.04.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter im Konkurs über das Vermögen des Werner T*****, vertreten durch Dr. Karl Muzik, Rechtsanwalt in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Masseverwalters Dr. Günther Hödl, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Schulerstraße 18, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 12. Februar 2008, GZ 28 R 215/07d, 28 R 9/08m, 28 R 10/08h-330, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Rekursgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 4. 2. 2003 wurde über das Vermögen des Werner T***** der (Anschluss-)Konkurs eröffnet und der Rechtsmittelwerber zum Masseverwalter bestellt. Diesem wurde über seinen Antrag ein aus drei Mitgliedern bestehender Gläubigerausschuss beigeordnet.

Der Gemeinschuldner verfügt über beträchtlichen Liegenschaftsbesitz und war unter anderem Eigentümer der Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** KG ***** W*****.

Mit Beschluss vom 7. 12. 2006 erteilte das Erstgericht einem am 17. 11. 2006 vom Masseverwalter mit einer Interessentin als Käuferin dieser beiden Liegenschaften abgeschlossenen Kaufvertrag die konkursbehördliche Genehmigung. Dem dagegen erhobenen Rekurs des Gemeinschuldners gab das Rekursgericht nicht Folge. Am 18. 7. 2007 beantragte der Gemeinschuldner die Enthebung des Masseverwalters. Dieser habe bei der freihändigen Versteigerung der gegenständlichen Liegenschaften nur zwei Interessenten zugelassen, deren Auswahlkriterien nicht nachvollziehbar gewesen seien. Nachträgliche Anbote seien mit dem Hinweis, dass der Masseverwalter der damals noch nicht existenten Käuferin im Wort sei, „vom Tisch gewischt worden". Obwohl der Masseverwalter in seinen Versteigerungsbedingungen ausdrücklich festgehalten habe, dass jede juristische Person, die zum Bieten zugelassen werden möchte, ihre Existenz durch unbedenkliche Urkunden nachzuweisen habe, sei die Interessentin, die den Zuschlag erhalten habe, zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal im Gründungsstadium existent gewesen. Schließlich habe der Masseverwalter die Annahme eines höheren Angebots unter anderem davon abhängig gemacht, dass nicht nur der Kaufpreis samt Nebenspesen, sondern auch sein eigenes Honorar in Höhe von 91.200 EUR bei ihm vorab hinterlegt werde. Damit habe der Masseverwalter nicht nur seine persönlichen geschäftlichen Interessen mit den sich aus seinem Amt ergebenden Pflichten in unzulässiger Weise vermengt und der Masse geschadet, weil dadurch mit Sicherheit Interessenten abgeschreckt worden seien, sondern auch die Wahrung der Interessen eines außenstehenden Dritten, nämlich die der kaufenden Gesellschaft gegenüber der Masse übernommen, was mit dem Amt eines Masseverwalters nicht vereinbar sei.

In seiner ausführlichen Stellungnahme bestritt der Masseverwalter das Vorliegen von Enthebungsgründen; insbesondere sei die Annahme eines höheren Anbots nicht davon abhängig gemacht worden, dass ein Honorar für die Kaufvertragserrichtung erlegt werde, sondern vielmehr von der Vorlage einer Finanzierungszusage.

Das Erstgericht wies den Antrag des Gemeinschuldners auf Enthebung des Masseverwalters mit der wesentlichen Begründung ab, dass kein wichtiger Grund für dessen Enthebung im Sinn des § 87 KO vorhanden sei.Das Erstgericht wies den Antrag des Gemeinschuldners auf Enthebung des Masseverwalters mit der wesentlichen Begründung ab, dass kein wichtiger Grund für dessen Enthebung im Sinn des Paragraph 87, KO vorhanden sei.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs des Gemeinschuldners diesen Beschluss ab, gab dem Antrag auf Enthebung des Masseverwalters Folge und behielt die weiteren damit verbundenen Anordnungen dem Erstgericht vor. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für nicht zulässig.

Die Entscheidung über die Rekurse des Gemeinschuldners gegen weitere erstgerichtliche Beschlüsse vom 28. 11. 2007 (ON 323 und 324) behielt das Rekursgericht bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Enthebung des Masseverwalters vor.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, dass die Erteilung des Zuschlags an die nunmehrige Käuferin insoweit unbedenklich gewesen sei, als vor der konkursgerichtlichen Genehmigung der Kaufpreis für die Liegenschaften zuzüglich der Nebengebühren bereits treuhändig erlegt gewesen sei. Im Fall des Unterbleibens einer Gründung der Käuferin, wären aus dem Rechtsgeschäft die namens der Vorgründungsgesellschaft Handelnden persönlich verpflichtet worden (§ 2 Abs 1 GmbHG), ohne dass dies zu einem Nachteil für die Konkursmasse oder die Konkursgläubiger hätte führen können.In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, dass die Erteilung des Zuschlags an die nunmehrige Käuferin insoweit unbedenklich gewesen sei, als vor der konkursgerichtlichen Genehmigung der Kaufpreis für die Liegenschaften zuzüglich der Nebengebühren bereits treuhändig erlegt gewesen sei. Im Fall des Unterbleibens einer Gründung der Käuferin, wären aus dem Rechtsgeschäft die namens der Vorgründungsgesellschaft Handelnden persönlich verpflichtet worden (Paragraph 2, Absatz eins, GmbHG), ohne dass dies zu einem Nachteil für die Konkursmasse oder die Konkursgläubiger hätte führen können.

Allerdings erscheine es befremdlich, dass der Masseverwalter keine klare Trennung zwischen den für die Annahme des Kaufvertragsanbots erforderlichen Konditionen und seinem eigenen persönlichen Honorar für die Kaufvertragserrichtung vorgenommen habe. Ferner wäre der Interessent bei einer korrekten Abwicklung des Freihandverkaufs auch ausdrücklich darauf hinzuweisen gewesen, dass es ihm jederzeit freistehe, die Vertragserrichtung anderweitig in Auftrag zu geben. Diese Klarstellung wäre um so mehr vonnöten gewesen als der Masseverwalter seine Kosten mit einem, das tarifmäßige Honorar offenbar erheblich übersteigenden Betrag veranschlagt habe. Gemäß § 81 Abs 1 und 2 KO habe der Masseverwalter bei Ausübung seines Amtes die durch den Gegenstand seiner Geschäftsführung gebotene Sorgfalt (§ 1299 ABGB) anzuwenden und gegenüber den Sonderinteressen einzelner Beteiligter die gemeinsamen Interessen zu wahren. Dem Masseverwalter sei durch behördlichen Auftrag die Befugnis eingeräumt, über fremdes Vermögen zu verfügen. Aufgrund dieser treuhändigen Funktion genießt er eine besondere Vertrauensstellung und habe dabei die Grundsätze einer redlichen und verantwortungsbewussten Geschäftsführung zu beachten.Allerdings erscheine es befremdlich, dass der Masseverwalter keine klare Trennung zwischen den für die Annahme des Kaufvertragsanbots erforderlichen Konditionen und seinem eigenen persönlichen Honorar für die Kaufvertragserrichtung vorgenommen habe. Ferner wäre der Interessent bei einer korrekten Abwicklung des Freihandverkaufs auch ausdrücklich darauf hinzuweisen gewesen, dass es ihm jederzeit freistehe, die Vertragserrichtung anderweitig in Auftrag zu geben. Diese Klarstellung wäre um so mehr vonnöten gewesen als der Masseverwalter seine Kosten mit einem, das tarifmäßige Honorar offenbar erheblich übersteigenden Betrag veranschlagt habe. Gemäß Paragraph 81, Absatz eins und 2 KO habe der Masseverwalter bei Ausübung seines Amtes die durch den Gegenstand seiner Geschäftsführung gebotene Sorgfalt (Paragraph 1299, ABGB) anzuwenden und gegenüber den Sonderinteressen einzelner Beteiligter die gemeinsamen Interessen zu wahren. Dem Masseverwalter sei durch behördlichen Auftrag die Befugnis eingeräumt, über fremdes Vermögen zu verfügen. Aufgrund dieser treuhändigen Funktion genießt er eine besondere Vertrauensstellung und habe dabei die Grundsätze einer redlichen und verantwortungsbewussten Geschäftsführung zu beachten.

Die Diktion des Schreibens des Masseverwalters vom 23. 11. 2006 lasse bei jedem objektiven Betrachter den Eindruck entstehen, dass auch die Bezahlung der Kaufvertragserrichtungskosten in Höhe von 91.200 EUR unabdingbare Voraussetzung für die Annahme des Anbots gewesen sei, dies um so eher, als diese mit dem Kaufpreis und den weiteren Nebengebühren auf ein gemeinsames Konto einzuzahlen gewesen wären. Es liege daher auf der Hand, dass damit ein potenzieller Kaufinteressent in die Irre habe geführt werden können. Durch diese intransparente Vorgehensweise des Masseverwalters, die Verwertung des Massevermögens mit seinem eigenen Honoraranspruch zu vermengen, sei eine potenzielle Schädigung der Konkursmasse evident, der dadurch ein höherer Kaufpreis für die Liegenschaft entgangen sein konnte. Nach ständiger Rechtsprechung liege in der mangelnden Vorsicht des Masseverwalters, auch nur den Anschein eines Handels aus persönlichen Gründen zu vermeiden, ein wichtiger Grund für seine Enthebung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Masseverwalters ist zulässig, weil das Rekursgericht erhebliche Verfahrensgrundsätze missachtet hat. Er ist auch im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt. Vorauszuschicken ist, dass der Masseverwalter mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs zwar den Beschluss des Rekursgerichts zur Gänze anficht, inhaltlich aber ausschließlich den ersten Teil der Rekursentscheidung, mit dem seine Enthebung beschlossen wurde, bekämpft.

Soweit der Rechtsmittelwerber die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses mit der Begründung behauptet, dass dem Gemeinschuldner kein Rekursrecht gegen die Abweisung seines Antrags auf Enthebung des Masseverwalters zukomme, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:

Die vom Rekurswerber für seinen Standpunkt ins Treffen geführte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 11. Juli 1973, 5 Ob 138/73 = SZ 46/75, ist als überholt anzusehen. Die zitierte Entscheidung geht im Einklang mit der früheren Lehre und Rechtsprechung (Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht, Fn 47; SZ 32/70; SZ 39/183) davon aus, dass dem Gemeinschuldner im Zusammenhang mit der Überwachung (und Enthebung) des Masseverwalters ein Antrags- und damit ein Rekursrecht nicht zustehe.

Durch die InsNov 2002 (BGBl I 2002/75) wurde § 87 Abs 2 KO dahin novelliert, dass er erstmalig auch dem Gemeinschuldner ein ausdrückliches Antragsrecht und somit implizit ein Rekursrecht im Verfahren zur Enthebung des Masseverwalters zugesteht. Die InsNov 2002 stärkt so die Rechtsstellung des Gemeinschuldners dem Masseverwalter gegenüber (Chalupsky/Duursma-Kepplinger in Buchegger, InsR III § 87 KO Rz 3). Die ständige Rechtsprechung geht davon aus, dass im Konkursverfahren grundsätzlich jeder zum Rekurs befugt ist, der in seinem Recht verletzt wird; ein bloßes wirtschaftliches Interesse genügt nicht (8 Ob 125/99m; 8 Ob 137/00f; 8 Ob 159/01t; RIS-Justiz RS0065135). Wird der vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Antrag des Gemeinschuldners abgewiesen, liegen die Voraussetzungen für die Erhebung des Rekurses zweifellos vor.Durch die InsNov 2002 (BGBl römisch eins 2002/75) wurde Paragraph 87, Absatz 2, KO dahin novelliert, dass er erstmalig auch dem Gemeinschuldner ein ausdrückliches Antragsrecht und somit implizit ein Rekursrecht im Verfahren zur Enthebung des Masseverwalters zugesteht. Die InsNov 2002 stärkt so die Rechtsstellung des Gemeinschuldners dem Masseverwalter gegenüber (Chalupsky/Duursma-Kepplinger in Buchegger, InsR römisch III Paragraph 87, KO Rz 3). Die ständige Rechtsprechung geht davon aus, dass im Konkursverfahren grundsätzlich jeder zum Rekurs befugt ist, der in seinem Recht verletzt wird; ein bloßes wirtschaftliches Interesse genügt nicht (8 Ob 125/99m; 8 Ob 137/00f; 8 Ob 159/01t; RIS-Justiz RS0065135). Wird der vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Antrag des Gemeinschuldners abgewiesen, liegen die Voraussetzungen für die Erhebung des Rekurses zweifellos vor.

Allerdings liegt die vom Rechtsmittelwerber relevierte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens vor.

Gemäß § 87 Abs 1 KO kann das Konkursgericht den Masseverwalter aus wichtigen Gründen von Amts wegen oder auf Antrag entheben. Nach Abs 3 leg cit hat das Gericht die Mitglieder des Gläubigerausschusses und, wenn tunlich, den Masseverwalter vor seiner Entscheidung zu vernehmen. Die Unterlassung dieser gesetzlich angeordneten Einvernahme stellt ungeachtet der Tatsache, dass diese Vernehmung auch im Weg des § 173 Abs 3 KO (§ 59 EO) durchgeführt werden kann (vgl Chalupsky/Duursma-Kepplinger aaO Rz 15), eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens dar.Gemäß Paragraph 87, Absatz eins, KO kann das Konkursgericht den Masseverwalter aus wichtigen Gründen von Amts wegen oder auf Antrag entheben. Nach Absatz 3, leg cit hat das Gericht die Mitglieder des Gläubigerausschusses und, wenn tunlich, den Masseverwalter vor seiner Entscheidung zu vernehmen. Die Unterlassung dieser gesetzlich angeordneten Einvernahme stellt ungeachtet der Tatsache, dass diese Vernehmung auch im Weg des Paragraph 173, Absatz 3, KO (Paragraph 59, EO) durchgeführt werden kann vergleiche Chalupsky/Duursma-Kepplinger aaO Rz 15), eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens dar.

Es erübrigt sich daher zum jetzigen Zeitpunkt auf die Rechtsrüge einzugehen, weil die neuerliche Entscheidung des Rekursgerichts unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Anhörung der Gläubigerausschussmitglieder zu ergehen hat.

Anmerkung

E873168Ob49.08a

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZIK 2008/295 S 176 - ZIK 2008,176 = EvBl 2008/133 S 680 - EvBl2008,680 = RdW 2008/491 S 524 - RdW 2008,524XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0080OB00049.08A.0428.000

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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