Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Morbitzer als Vorsitzenden, Dr. A. Henhofer und Dr. Engljähringer in der Strafsache gegen I***** G***** wegen §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 4. Fall StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wels gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 21.4.2008, 9 Hr 31/08z-11, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Morbitzer als Vorsitzenden, Dr. A. Henhofer und Dr. Engljähringer in der Strafsache gegen I***** G***** wegen Paragraphen 127,, 128 Absatz 2,, 129 Ziffer eins und 2, 130 4. Fall StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wels gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 21.4.2008, 9 Hr 31/08z-11, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 14.2.2008 (ON 5) erfolgte gemäß § 105 Abs 1 StPO die Bewilligung der Anordnung auf Festnahme der Staatsanwaltschaft Wels vom 9.1.2008 (ON 4) betreffend den Moldawier I***** G***** wegen des dringenden Tatverdachts des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 1., 3. und 4. Fall StGB. Nach Berichtigung der Festnahmeanordnung hinsichtlich der angenommenen Delikte (§§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 4. Fall StGB) wurde mit einem weiteren Beschluss vom 6.3.2008 die Anordnung der Staatsanwaltschaft Wels vom 28.2.2008 (AS 1j verso), befristet bis 6.3.2013, bewilligt (ON 7). Aufgrund dieser gerichtlich bewilligten Festnahmeanordnung wurde von der Staatsanwaltschaft Wels am 7.3.2008 ein europäischer Haftbefehl erlassen (ON 10), und am selben Tag die Ausschreibung zur Verhaftung im "SIS-Raum + EU-Staaten + Interpol europäische Drittstaaten" angeordnet (ON 8).Mit Beschluss vom 14.2.2008 (ON 5) erfolgte gemäß Paragraph 105, Absatz eins, StPO die Bewilligung der Anordnung auf Festnahme der Staatsanwaltschaft Wels vom 9.1.2008 (ON 4) betreffend den Moldawier I***** G***** wegen des dringenden Tatverdachts des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den Paragraphen 127,, 128 Absatz eins, Ziffer 4,, 129 Ziffer eins und 2, 130 1., 3. und 4. Fall StGB. Nach Berichtigung der Festnahmeanordnung hinsichtlich der angenommenen Delikte (Paragraphen 127,, 128 Absatz 2,, 129 Ziffer eins und 2, 130 4. Fall StGB) wurde mit einem weiteren Beschluss vom 6.3.2008 die Anordnung der Staatsanwaltschaft Wels vom 28.2.2008 (AS 1j verso), befristet bis 6.3.2013, bewilligt (ON 7). Aufgrund dieser gerichtlich bewilligten Festnahmeanordnung wurde von der Staatsanwaltschaft Wels am 7.3.2008 ein europäischer Haftbefehl erlassen (ON 10), und am selben Tag die Ausschreibung zur Verhaftung im "SIS-Raum + EU-Staaten + Interpol europäische Drittstaaten" angeordnet (ON 8).
Mit Schreiben des BKA vom (gemeint:) 12.3.2008 (ON 10a), wurde der Staatsanwaltschaft Wels mitgeteilt, dass es in dem im übermittelten Form-Fahn3 angekreuzten Fahndungsbereich Staaten gebe, in denen der europäische Haftbefehl keine Gültigkeit habe. Es werde daher um Beibringung eines internationalen Haftbefehles ersucht, woraufhin die Staatsanwaltschaft Wels am 18.4.2008 die (nachträgliche) Bewilligung des europäischen Haftbefehles und Bewilligungen des internationalen Haftbefehles für europäische Drittstaaten beantragte. Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 11) wurde der Antrag auf Bewilligung des europäischen Haftbefehles und eines internationalen Haftbefehles im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass eine gerichtliche Entscheidung über eine Bewilligung hier nicht erforderlich sei, da nur die zugrundeliegende Festnahmeanordnung einer gerichtlichen Bewilligung bedürfe, nicht jedoch auch die Fahndungsmaßnahme selbst.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wels (ON 12) mit dem Antrag, das Oberlandesgericht Linz möge die von der Staatsanwaltschaft Wels beantragten Bewilligungen erteilen, in eventu den angefochtenen Beschluss aufheben und dem Landesgericht Wels die neuerliche Entscheidung auftragen.
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 29 Abs 1 EU-JZG ordnet die Staatsanwaltschaft aufgrund einer gerichtlichen Bewilligung die Festnahme mittels eines europäischen Haftbefehls an und veranlasst gegebenenfalls die Ausschreibung der gesuchten Person im Schengener Informationssystem gemäß Art 95 SDÜ im Wege der zuständigen Sicherheitsbehörden, wenn Anlass für die Einleitung einer Personenfahndung zur Festnahme in zumindest einem Mitgliedsstaat besteht.Gemäß Paragraph 29, Absatz eins, EU-JZG ordnet die Staatsanwaltschaft aufgrund einer gerichtlichen Bewilligung die Festnahme mittels eines europäischen Haftbefehls an und veranlasst gegebenenfalls die Ausschreibung der gesuchten Person im Schengener Informationssystem gemäß Artikel 95, SDÜ im Wege der zuständigen Sicherheitsbehörden, wenn Anlass für die Einleitung einer Personenfahndung zur Festnahme in zumindest einem Mitgliedsstaat besteht.
Wie das Erstgericht dazu richtig festgehalten hat, ergibt sich aus dieser Bestimmung keineswegs, dass ein europäischer Haftbefehl einer Staatsanwaltschaft gesondert bewilligungsbedürftig sei. Auch den Materialien ist zu entnehmen, dass der Staatsanwaltschaft auf Basis des § 29 EU-JZG - in Anpassung an die neue Struktur des Ermittlungsverfahrens - die Kompetenz zukommen soll, einen Europäischen Haftbefehl anordnen zu können. Sie soll auch die Ausschreibung der gesuchten Person im SIS im Wege der zuständigen Sicherheitsbehörden und, erforderlichenfalls, eine zusätzliche Fahndung im Wege der INTERPOL veranlassen können, ohne dass sie dafür eine gerichtliche Bewilligung benötigen würde (vgl zum Ganzen 134/ME XXIII. GP zu BGBl. I Nr. 19/2004).Wie das Erstgericht dazu richtig festgehalten hat, ergibt sich aus dieser Bestimmung keineswegs, dass ein europäischer Haftbefehl einer Staatsanwaltschaft gesondert bewilligungsbedürftig sei. Auch den Materialien ist zu entnehmen, dass der Staatsanwaltschaft auf Basis des Paragraph 29, EU-JZG - in Anpassung an die neue Struktur des Ermittlungsverfahrens - die Kompetenz zukommen soll, einen Europäischen Haftbefehl anordnen zu können. Sie soll auch die Ausschreibung der gesuchten Person im SIS im Wege der zuständigen Sicherheitsbehörden und, erforderlichenfalls, eine zusätzliche Fahndung im Wege der INTERPOL veranlassen können, ohne dass sie dafür eine gerichtliche Bewilligung benötigen würde vergleiche zum Ganzen 134/ME römisch 23 . Gesetzgebungsperiode zu Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 19 aus 2004,).
Während die dem europäischen Haftbefehl zugrundeliegende Festnahmeanordnung schon nach den Bestimmungen der StPO einer gerichtlichen Bewilligung bedarf, ist der europäische Haftbefehl selbst demnach - auf Basis der Festnahmeanordnung - von der Staatsanwaltschaft zu erlassen. Im Übrigen findet sich auch im gegenständlichen europäischen Haftbefehl (ON 10) in Punkt b) 1. der Hinweis auf die „gerichtlich bewilligte Anordnung der Festnahme nach § 171 Abs 1 StPO vom 6.3.2008 der Staatsanwaltschaft Wels zu 7 St 473/07a und des Landesgerichtes Wels zu 9 Hr 31/08z" als Entscheidung, die dem Haftbefehl zugrunde liegt (AS 2 in ON 10). Weiters ist dem Erstgericht darin beizupflichten, dass für einen internationalen Haftbefehl eine gerichtliche Entscheidung über eine Bewilligung nicht erforderlich ist, ist sie doch in den anzuwendenden Bestimmungen der StPO neu in keiner Weise vorgesehen. Lediglich die Festnahmeanordnung im Sinne des § 171 StPO erfordert die Anordnung durch die Staatsanwaltschaft aufgrund gerichtlicher Bewilligung. Eine explizite gerichtliche Bewilligung für jene konkreten Fahndungsmaßnahmen, die in der Folge aufgrund der Festnahmeanordnung ergriffen werden, ist ebensowenig vorgesehen wie eine Bewilligung betreffend die Ausschreibung einer Person zur Verhaftung (§ 169 Abs 1 StPO). Auf internationaler Ebene kann zudem aus dem in den Materialen zu § 29 EU-JZG hergestellten, oben zitierten Bezug zur Ausschreibung einer Person im SIS und zur Fahndung im Wege der INTERPOL darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber auch für den internationalen Haftbefehl keine gerichtliche Bewilligung vorsehen wollte. Wenn die Beschwerdeführerin ihre Ansicht, die Judikatur gehe von einer Bewilligungspflicht aus, mit einer Entscheidung des OLG Graz zu 9 Bs 29/08w zu belegen versucht, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Entscheidung einen gänzlich anderen Sachverhalt betrifft:Während die dem europäischen Haftbefehl zugrundeliegende Festnahmeanordnung schon nach den Bestimmungen der StPO einer gerichtlichen Bewilligung bedarf, ist der europäische Haftbefehl selbst demnach - auf Basis der Festnahmeanordnung - von der Staatsanwaltschaft zu erlassen. Im Übrigen findet sich auch im gegenständlichen europäischen Haftbefehl (ON 10) in Punkt b) 1. der Hinweis auf die „gerichtlich bewilligte Anordnung der Festnahme nach Paragraph 171, Absatz eins, StPO vom 6.3.2008 der Staatsanwaltschaft Wels zu 7 St 473/07a und des Landesgerichtes Wels zu 9 Hr 31/08z" als Entscheidung, die dem Haftbefehl zugrunde liegt (AS 2 in ON 10). Weiters ist dem Erstgericht darin beizupflichten, dass für einen internationalen Haftbefehl eine gerichtliche Entscheidung über eine Bewilligung nicht erforderlich ist, ist sie doch in den anzuwendenden Bestimmungen der StPO neu in keiner Weise vorgesehen. Lediglich die Festnahmeanordnung im Sinne des Paragraph 171, StPO erfordert die Anordnung durch die Staatsanwaltschaft aufgrund gerichtlicher Bewilligung. Eine explizite gerichtliche Bewilligung für jene konkreten Fahndungsmaßnahmen, die in der Folge aufgrund der Festnahmeanordnung ergriffen werden, ist ebensowenig vorgesehen wie eine Bewilligung betreffend die Ausschreibung einer Person zur Verhaftung (Paragraph 169, Absatz eins, StPO). Auf internationaler Ebene kann zudem aus dem in den Materialen zu Paragraph 29, EU-JZG hergestellten, oben zitierten Bezug zur Ausschreibung einer Person im SIS und zur Fahndung im Wege der INTERPOL darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber auch für den internationalen Haftbefehl keine gerichtliche Bewilligung vorsehen wollte. Wenn die Beschwerdeführerin ihre Ansicht, die Judikatur gehe von einer Bewilligungspflicht aus, mit einer Entscheidung des OLG Graz zu 9 Bs 29/08w zu belegen versucht, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Entscheidung einen gänzlich anderen Sachverhalt betrifft:
Während die gegenständliche Festnahmeanordnung am 13.2.2008 erlassen wurde, handelte es sich im dortigen Verfahren um einen noch nach alter Rechtslage erlassenen gerichtlichen nationalen Haftbefehl, sodass sich nach zwischenzeitigem Inkrafttreten der §§ 167ff StPO idF BGBl. I Nr. 19/2004 die Frage stellte, ob für einen später notwendig gewordenen europäischen Haftbefehl eine gerichtliche Bewilligung einzuholen ist. Für diesen Fall war aufgrund der an einen europäischen Haftbefehl geknüpften, im Vergleich zum nationalen umfangreicheren materiellen Voraussetzungen davon auszugehen, dass - wie für jede andere Festnahmeanordnung auch - eine gerichtliche Bewilligung erforderlich ist, zumal im dortigen Fall bislang keine staatsanwaltschaftliche Festnahmeanordnung aufgrund einer gerichtlichen Bewilligung bestand. Auf den vorliegenden Fall lassen sich die vom OLG Graz gezogenen Schlüsse nicht umlegen. Dieses Ergebnis steht auch mit dem geltenden System der Bewilligung von Zwangsmitteln im Einklang: Durch die Bewilligung gem § 105 StPO erteilt das Gericht keinen Befehl, die Zwangsmaßnahme auch (sofort) durchzuführen, sie erklärt diese - unter den der Anordnung zugrunde liegenden Verhältnissen - lediglich für zulässig und verhältnismäßig (vgl Pilnacek/Pleischl, § 105, Rz 429). Die Durchführung der Festnahmeanordnung, dh etwa auch die Entscheidung, wann und in welcher Form diese erfolgt, obliegt der Staatsanwaltschaft. Eine die angedachten Fahndungsmaßnahmen deckende Festnahmeanordnung besteht bereits seit 6.3.2008, befristet bis 6.3.2013. Der Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen.Während die gegenständliche Festnahmeanordnung am 13.2.2008 erlassen wurde, handelte es sich im dortigen Verfahren um einen noch nach alter Rechtslage erlassenen gerichtlichen nationalen Haftbefehl, sodass sich nach zwischenzeitigem Inkrafttreten der Paragraphen 167 f, f, StPO in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 19 aus 2004, die Frage stellte, ob für einen später notwendig gewordenen europäischen Haftbefehl eine gerichtliche Bewilligung einzuholen ist. Für diesen Fall war aufgrund der an einen europäischen Haftbefehl geknüpften, im Vergleich zum nationalen umfangreicheren materiellen Voraussetzungen davon auszugehen, dass - wie für jede andere Festnahmeanordnung auch - eine gerichtliche Bewilligung erforderlich ist, zumal im dortigen Fall bislang keine staatsanwaltschaftliche Festnahmeanordnung aufgrund einer gerichtlichen Bewilligung bestand. Auf den vorliegenden Fall lassen sich die vom OLG Graz gezogenen Schlüsse nicht umlegen. Dieses Ergebnis steht auch mit dem geltenden System der Bewilligung von Zwangsmitteln im Einklang: Durch die Bewilligung gem Paragraph 105, StPO erteilt das Gericht keinen Befehl, die Zwangsmaßnahme auch (sofort) durchzuführen, sie erklärt diese - unter den der Anordnung zugrunde liegenden Verhältnissen - lediglich für zulässig und verhältnismäßig vergleiche Pilnacek/Pleischl, Paragraph 105,, Rz 429). Die Durchführung der Festnahmeanordnung, dh etwa auch die Entscheidung, wann und in welcher Form diese erfolgt, obliegt der Staatsanwaltschaft. Eine die angedachten Fahndungsmaßnahmen deckende Festnahmeanordnung besteht bereits seit 6.3.2008, befristet bis 6.3.2013. Der Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein Rechtsmittel nicht zu. Oberlandesgericht Linz, Abt 7,
Anmerkung
EL00097 7Bs153.08mEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0459:2008:0070BS00153.08M.0430.000Zuletzt aktualisiert am
16.10.2008