Index
L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde
1. des Dkfm. Josef Filz und 2. der Dkfm. Elisabeth Filz, beide in Perchtoldsdorf, vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth, Dr. Alexander Neurauter und Dr. Martin Neuwirth, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Petersplatz 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18. Mai 2006, Zl. RU1- BR-443/001-2005, betreffend Erteilung eines Bauauftrages (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde Perchtoldsdorf,
2. Dr. Helga Honsak in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Lenneis, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 8), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben insgesamt dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstückes Nr. 2294/2 der Liegenschaft EZ 4158, KG Perchtoldsdorf, welches im Norden an die öffentlichen Verkehrsflächen Hyrtl - Allee sowie an eine Richtung Westen von dieser abzweigende unbenannte Zufahrtsstraße grenzt. Bei der Hyrtl - Allee grenzt im Osten an das Grundstück der Beschwerdeführer das Grundstück Nr. 2288/3 der Liegenschaft EZ 5025, KG Perchtoldsdorf, der zweitmitbeteiligten Partei.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Marktgemeinde vom 12. Februar 1973 wurde den Beschwerdeführern die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage und straßenseitig fundierter Einfriedung sowie eines Schwimmbeckens auf ihrem Grundstück erteilt. Aus dem dieser Baubewilligung zu Grunde liegenden Einreichplan (Grundrisse/Erdgeschoss) ist ersichtlich, dass der nordwestliche Grenzpunkt des Baugrundstückes die Höhenkote +/- 0,00 und der nordöstliche Grenzpunkt des Baugrundstückes (d. i. beim Grundstück der zweitmitbeteiligten Partei) die Höhenkote - 1,75 ausweisen. Die etwas mehr als 3 m von der nordöstlichen Grundstücksgrenze entfernt liegende Einfahrt ist mit einer Höhe von - 1,20 kotiert. Die Baubewilligung umfasste die Bewilligung zum Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage und straßenseitiger fundierter Einfriedung sowie den Neubau eines Schwimmbeckens.
In der am 26. Juli 1973 von der Baubehörde aufgenommenen Niederschrift betreffend die Rohbaubeschau des bewilligten Einfamilienwohnhauses wurde festgehalten, dass der Rohbau ordnungsgemäß ausgeführt worden sei und keine Mängel bestünden.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. Oktober 1974 wurde gemäß § 111 der Bauordnung für Niederösterreich die Bewohnungs- und Benützungsbewilligung für den bewilligten Neubau erteilt.
Mit "Baubewilligungsbescheid" des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. März 1988 wurde den Beschwerdeführern über ihren Antrag die Baubewilligung zum Zubau einer Doppelgarage auf ihrem Grundstück Nr. 2294/2, KG Perchtoldsdorf, erteilt. Laut dem genehmigten Bauplan ist die Garage an der Grundgrenze zum Grundstück Nr. 2288/3 der zweitmitbeteiligten Partei derart zu errichten, dass im Hinblick auf den schrägen Verlauf der öffentlichen Verkehrsfläche Hyrtl - Allee deren nordwestliche "Kante" direkt an dieser öffentlichen Verkehrsfläche zu liegen kommt und an der Grundgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführer einen Abstand zur öffentlichen Verkehrsfläche von 1,30 m einzuhalten hat. Der nordwestliche Teil der Garage ist im Plan mit - 1,20, die nordöstliche Grundstücksgrenze an der öffentlichen Verkehrsfläche mit - 1,75 kotiert. Die Höhe der Garage ist mit 2,50 m bewilligt.
Mit Eingabe an die Baubehörde vom 8. Juli 1988 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei, den Beschwerdeführern die Verputzarbeiten am Doppelgaragenbau zu untersagen und gegebenenfalls die Beseitigung der Baulichkeit zu verfügen, weil beim Anbringen des Verputzes die Grundstücksgrenze mit Sicherheit überschritten werden wird.
In einem Aktenvermerk vom 30. November 1989, handschriftlich abgefasst auf der Niederschrift über die Bauverhandlung betreffend den Zubau der Doppelgarage vom 18. Februar 1988, wurde festgehalten:
"Bei der heute durchgeführten Überprüfung der Garage wurde Folgendes festgestellt:
Die Garage wurde gegenüber der ursprünglichen Planung gänzlich unterkellert, der Plan ist diesbezüglich bereits richtig gestellt. Die Benzinfanggrube wurde nicht ausgeführt, es ist daher bei beiden Toren noch eine Schwelle auszuführen. Die Gesamthöhe der Garage wurde mit 2,56 m auf die derzeitige Schwelle festgestellt; es ist jedoch anzunehmen, dass diese Schwelle gegenüber dem richtigen Gehsteigniveau zu tief liegt. Das Niveau ist daher vom Amtsgeometer noch zu rekonstruieren."
In einem weiteren Aktenvermerk vom 28. Februar 1990 wurde festgehalten:
"Bei der heutigen Überprüfung wurde festgestellt, dass die Schwellen bei beiden Toren ordnungsgemäß hergestellt wurden!"
Mit Eingabe vom 14. Jänner 2004 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei, den Beschwerdeführern als Grundeigentümern der Liegenschaft EZ 4158, KG Perchtoldsdorf, den Abbruch der Garage samt so genannter Unterkellerung aufzutragen. Begründet wurde dies damit, dass die von den Beschwerdeführern errichtete Baulichkeit konsenswidrig ausgeführt worden sei. Die als "Unterkellerung bezeichnete Baulichkeit rage an der Grenze zum Grundstück der zweitmitbeteiligten Partei auf der Südseite 1,70 m über das Grundstücksniveau, auf der Nordseite 96 cm. Darüber befinde sich die eigentliche Garage mit einer Höhe von 2,70 m.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 13. April 2005 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 33 Abs. 1 und 2 NÖ Bauordnung 1996 aufgetragen:
"Herstellung der bewilligten Ausführung des Garagengebäudes auf dem Grundstück Nr. 2294/2, EZ 4158, Hyrtlallee 25, in 2380 Perchtoldsdorf, wie geplant und bewilligt (Baubewilligung vom 22.3.1988, AZ 153-9/5668-29/88, Zubau einer Doppelgarage). Dazu ist erforderlich das Garagendach um 16 cm abzusenken".
In der Begründung stützte sich die Baubehörde erster Instanz auf das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl. Ing. Dr. H.M., in welchem ausgeführt wird:
"Die Höhe der Garage gemessen an der Einfahrt bis zum höchsten Punkt der Blechverkleidung beträgt 2,66 m. Die im Schnitt des Einreichplanes eingetragene Höhenkote für die Garagenhöhe mit + 1,05 m ist rechnerisch falsch und muss mit den Angaben des Einreichplanes - 1,20 + 2,50 = 1,30 betragen. Die bauliche Ausführung liefert zusätzlich eine Differenz von 2,66 m - 2,50 = 0,16 m, um die die Ausführung der Garage höher ist, als im Einreichplan eingetragen."
In der dagegen erhobenen Berufung führte die zweitmitbeteiligte Partei aus, dass die Garage das vorhandene Niveau beträchtlich übersteige. Aus der vom Gutachter angefertigten Planskizze ergebe sich der tatsächliche Geländeverlauf, welcher weit unter dem im Einreichplan zur Garage ersichtlichen Geländeverlauf liege. Der weitaus größere Teil des Untergeschosses der Garage liege über dem Gelände des Baugrundstückes; es handle sich somit um keinen Keller, vielmehr sei dieses Untergeschoss auf der Südseite durch eine über Bodenniveau gelegene Türe erreichbar. Unzulässigerweise hätten die Beschwerdeführer auch eine Anschüttung vorgenommen. Aus dem Gutachten des Sachverständigen ergebe sich ein Straßenniveau von 148,25, während das Garagenniveau bei 148,81 liege. Es errechne sich sohin eine Differenz von 0,56 m. Daraus folge eine weitere unzulässige Überschreitung der gesetzlich normierten maximalen Gebäudehöhe.
Auch die Beschwerdeführer erhoben eine Berufung gegen den Bauauftrag.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 15. September 2005 wurde infolge Berufung der Beschwerdeführer der erstinstanzliche Bauauftrag gemäß § 66 Abs. 4 AVG "in allen Spruchteilen ersatzlos aufgehoben". Die Berufung der zweitmitbeteiligten Partei wurde abgewiesen.
Die Berufungsbehörde ging in der Begründung ihres Bescheides davon aus, dass keinerlei Abweichungen am bewilligten Garagengebäude festgestellt worden seien, welche nach der damals bestehenden Rechtslage bewilligungspflichtig gewesen wären. Auf Grund der Aktenvermerke aus den Jahren 1989 und 1990 stehe fest, dass eine genehmigungspflichtige Abweichung vom Konsens nicht vorliege. Sei ein Gebäude im Zeitpunkt der Errichtung konsensgemäß und seien auch keine Beanstandungen vorgenommen worden, bleibe es der Baubehörde verwehrt, in den folgenden Jahren weitere Überprüfungen hinsichtlich des konsensgemäßen Zustandes vorzunehmen. Die Beschwerdeführer hätten nämlich auch das Bauwerk nicht abgeändert. Gebrechen an diesem Bauwerk bestünden ebenfalls nicht. Das Gebäude sei konsensgemäß errichtet worden. Ob das Gebäude nach den heutigen Rechtsvorschriften bewilligungsfähig wäre, sei nicht von Bedeutung. Es sei vom damals erteilten Konsens auszugehen und nicht von den heutigen Bauvorschriften.
Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung der zweitmitbeteiligten Partei wurde dieser Bescheid mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde Perchtoldsdorf zurückverwiesen.
Die belangte Behörde führte begründend aus, es stehe unbestritten fest, dass den Beschwerdeführern im Jahre 1988 die Baubewilligung für die Errichtung einer Doppelgarage auf Grund des Ergebnisses der am 18. Februar 1988 abgehaltenen Bauverhandlung und der vorgelegten Pläne erteilt worden sei und die Bauverhandlungsniederschrift zu einem wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides erklärt worden sei. Da die Baubehörde im Baubewilligungsbescheid ausdrücklich von der Durchführung eines Benützungsbewilligungsverfahrens abgesehen habe, sei der Baubewilligungsbescheid auch als Benützungsbewilligungsbescheid anzusehen, weshalb auch kein Benützungsbewilligungsverfahren durchzuführen gewesen sei und auch kein diesbezüglicher Bescheid zu erlassen gewesen sei. Aktenvermerke seien keine Bescheide. Das eingereichte Projekt sei samt den vorliegenden Höhenkoten als bewilligt anzusehen, wobei die im Zeitpunkt der Bewilligung existierende Straßenfluchtlinie als die für das gegenständliche Verfahren ausschlaggebende Straßenfluchtlinie zu betrachten sei. Im Sachverständigengutachten werde ausgeführt, dass sich sämtliche Höhenangaben des Einreichplanes von 1988 auf einen lokalen Höhenbezugspunkt bezögen und kein Zusammenhang mit den bekannt gegebenen Höhenlagen laut Protokoll der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 5. April 1990 aufzufinden gewesen seien. Es seien daher die identen Vergleichshöhen gemessen und die Differenzen gebildet worden. Dabei habe sich herausgestellt, dass ein Großteil der Höhenangaben des Einreichplanes innerhalb der Toleranz der Ausführung bzw. Auffindung idealer Punkte von +/- 2 cm bestätigt hätte werden können. Auch habe der Gutachter die weiteren Durchführungspositionen angegeben; auf Grund der Vermessung sei der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass die Höhe der Garage gemessen an der Einfahrt bis zum höchsten Punkt der Blechverkleidung statt 2,50 m 2,66 m betrage und somit um 0,16 m höher sei als im Einreichplan eingetragen. Der Gutachter habe auch dargelegt, dass die im Einreichplan vorgenommene Eintragung des Geländes von dem vermessenen vorhandenen Geländeverlauf deutlich abweiche und im Maximum graphisch abgeleitet 0,9 m betrage. Dieses Vermessungsgutachten, in dem die tatsächliche Vermessung mit Fotos dokumentiert sei und das im Anschluss daran einen Vermessungsplan über die Ortsansicht enthalte, sei schlüssig und nachvollziehbar. Daraus folge, dass der Geländeverlauf, der im Vermessungsplan in roter Farbe dargestellt sei, der 1988 bewilligte und geltende Geländeverlauf sei und somit sogar bis auf diese Höhe anzuschütten wäre sowie dass die Garage um 0,16 m zu hoch ausgeführt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Es sei von einer rechtskräftigen Baubewilligung der gegenständlichen Garage auszugehen. Aus dem Aktenvermerk vom 30. November 1989 ergebe sich eindeutig, dass die Gesamthöhe der Garage mit 2,56 m auf der derzeitigen Schwelle festgestellt worden sei, es sei jedoch anzunehmen, dass die Schwelle gegenüber dem richtigen Gehsteigniveau zu tief liege. Die Behörde habe daher damals festgehalten, dass die Höhe des Bauwerks dem Bewilligungsbescheid entspreche. Die örtliche Situation sei sohin in Rechtskraft erwachsen. Wenn man sich den Inhalt des gegenständlichen Aktes vor Augen führe, komme man zum Ergebnis, "dass das Gutachten nicht richtig sein muss bzw. dass unter Umständen anlässlich der Bauführung von damals einschreitenden Beamten möglicherweise eine der Höhe nach unrichtige Marke den Beschwerdeführern genannt wurde". Das Gutachten des Sachverständigen widerspräche nämlich dem Inhalt der Aktennotiz vom 30. November 1989. Die Behörde hätte daher zumindest überprüfen müssen wie damals (gemeint offenbar am 30. November 1989) die Bemessung der Höhe der Garage zustande gekommen sei, von welchen Positionen man ausgegangen sei und dergleichen mehr.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die zweitmitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung der zweitmitbeteiligten Nachbarin der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 15. September 2005, mit welchem ein über Antrag dieser Nachbarin im Grunde des § 33 NÖ Bauordnung 1996 erlassener Bauauftrag der Baubehörde erster Instanz gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben wurde, Folge gegeben. Tragender Aufhebungsgrund des angefochtenen Bescheides ist, dass im Hinblick auf die ausgeführte Höhe der vom Bauauftrag der Baubehörde erster Instanz betroffenen Garage der Beschwerdeführer die Annahme der Baubehörde zweiter Instanz, dieses Bauwerk sei als konsensgemäß anzusehen, rechtswidrig ist.
Liegt eine Baubewilligung vor und wurde das bewilligte Bauwerk teilweise in Abweichung von der erteilten Baubewilligung ausgeführt, kann ein Entfernungsauftrag nur unter den Voraussetzungen des § 33 NÖ Bauordnung 1996 erteilt werden. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"Überprüfung des Bauzustandes
§ 33
Vermeidung und Behebung von Baugebrechen
(1) Der Eigentümer eines Bauwerks hat dafür zu sorgen, dass dieses in einem der Bewilligung (§ 23) oder der Anzeige (§ 15) entsprechenden Zustand ausgeführt oder erhalten wird. Er hat Baugebrechen, durch welche
die Standsicherheit,
die äußere Gestaltung,
der Brandschutz,
die Sicherheit von Personen und Sachen,
beeinträchtigt werden oder
die zu unzumutbaren Belästigungen (§ 48) führen können,
zu beheben.
(2) Kommt der Eigentümer eines Bauwerks seiner Verpflichtung nach Abs. 1 nicht nach, hat die Baubehörde nach Überprüfung des Bauwerks, unter Gewährung einer angemessenen Frist, die Behebung des Baugebrechens zu verfügen.
Die Baubehörde darf in diesem Fall
die Überprüfung durch Sachverständige durchführen lassen,
die Vornahme von Untersuchungen und
die Vorlage von Gutachten anordnen.
..."
Eine Baubewilligung im Sinne des § 33 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 ist nicht nur eine solche nach diesem Gesetz, vielmehr sind darunter auch Baubewilligungen nach den Vorgängerbestimmungen der NÖ Bauordnung 1996 zu subsumieren, wie aus der Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. erschlossen werden kann, wonach sämtliche vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassenen baubehördlichen Bescheide bestehen bleiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2006, Zl. 2005/05/0246).
Im Falle eines baubewilligungspflichtigen Vorhabens kann demnach ein Baugebrechen im Sinne des § 33 NÖ Bauordnung 1996 auch dann vorliegen, wenn eine bewilligungsbedürftige aber nicht bewilligte oder anzeigepflichtige aber nicht angezeigte Abänderung vorliegt oder durch das Fehlen eines unentbehrlichen Bauteiles oder Zubehörs ein Zustand eines Bauwerkes verursacht wurde, der seine Standfestigkeit, sein Aussehen, den Brandschutz oder die Sicherheit von Personen und Sachen beeinträchtigt oder zu einer örtlich unzumutbaren Belästigung im Sinne des § 48 führen kann. Sind diese nicht genehmigten bzw. nicht untersagten Abweichungen vom bewilligten Projekt nachträglich nicht bewilligbar, sind diese Konsenswidrigkeiten auf Grund eines Auftrages nach § 33 leg. cit. zu beheben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2007, Zl. 2005/05/0001, mit weiteren Nachweisen).
Weist das tatsächlich errichtete Objekt gegenüber dem genehmigten Projekt Unterschiede auf und greifen diese Abweichungen in subjektiv-öffentliche Rechte des Nachbarn ein, so hat dieser Nachbar auch im baupolizeilichen Verfahren nach § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 der NÖ Bauordnung 1996 Parteistellung. Das heißt, der Nachbar hat auch nach der NÖ Bauordnung 1996 einen Anspruch darauf, dass über seinen Antrag ein Abbruch- bzw. Beseitigungsauftrag ergeht, wenn durch nicht genehmigte Bauabweichungen seine subjektiv-öffentlichen Rechte beeinträchtigt wurden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2006, Zl. 2005/05/0324).
Die zweitmitbeteiligte Partei genießt im beschwerdegegenständlichen Bauauftragsverfahren Parteistellung im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996. Sie hat (auch noch) in ihrer Vorstellung eine Verletzung ihres subjektiv-öffentlichen Rechtes im Sinne des § 6 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 hinsichtlich der zulässigen Höhe der beschwerdegegenständlichen Garage geltend gemacht.
Im Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. März 1988 wurde die Garage in einer Höhe von 2,50 m bewilligt und die maßgebliche Kotierung für die Bemessung der Gebäudehöhe ausdrücklich festgelegt (- 1,20). Der von der Baubehörde erster Instanz beigezogene Sachverständige hat in seinem Gutachten nachgewiesen, dass die gegenständliche Garage den bewilligten Koten entsprechend errichtet worden ist, die bewilligte Höhe jedoch um 16 cm überschritten worden ist.
Auch mit dem Hinweis auf den oben wiedergegebenen Aktenvermerk der Baubehörde vom 30. November 1989 vermögen die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen, weil dieser Aktenvermerk weder auf den der Baubewilligung zu Grunde liegenden Einreichplan noch auf die von der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführern mitgeteilte Höhenlage der Straßenfluchtlinie Bezug nimmt. Rechtskraft ist eine typische Bescheidwirkung; die im Jahre 1989 vorgefundene "örtliche Situation" konnte daher nicht in Rechtskraft erwachsen, wie dies von den Beschwerdeführern behauptet wird.
Die belangte Behörde hat auch nachvollziehbar dargelegt, warum sie das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. für schlüssig erachtet. Die Beschwerdeführer vermögen mit ihren Ausführungen die Richtigkeit der Würdigung dieses Gutachtens durch die belangte Behörde nicht zu erschüttern.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 AVG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. November 2007
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Gebäudehöhe BauRallg5/1/5Baubewilligung BauRallg6Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2Baurecht NachbarIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006050174.X00Im RIS seit
20.12.2007Zuletzt aktualisiert am
10.08.2009