TE OGH 2008/5/6 10Ob45/08b

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Veröffentlicht am 06.05.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef G***** M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Gölles und Mag. Robert Pöschl, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. H***** KEG, und 2. Harald H*****, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Poleschinski, Rechtsanwalt in Hartberg, wegen 176.985,68 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. Februar 2008, GZ 2 R 8/08a-23, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zwischen den Parteien bestand ein Sukzessivlieferungsvertrag, auf den unbestritten die Regeln über Dauerschuldverhältnisse analog anzuwenden sind (Reischauer in Rummel, ABGB3 § 918 Rz 18 mwN). Dauerschuldverhältnisse können durch einseitige Erklärung vorzeitig aufgelöst werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lässt. Als wichtige Gründe kommen insbesondere Vertragsverletzungen, der Verlust des Vertrauens in die Person des Vertragspartners oder schwerwiegende Änderungen der Verhältnisse in Betracht, welche die Fortsetzung der vertraglichen Bindungen nicht zumutbar erscheinen lassen. Einer Nachfristsetzung bedarf es insbesondere im Fall der begründeten Erschütterung des Vertrauens in die Person des Vertragspartners nicht (Reischauer aaO Vor §§ 918-933 Rz 7 mwN; SZ 57/186 ua; RIS-Justiz RS0018305; RS0018377; RS0027780 ua).Zwischen den Parteien bestand ein Sukzessivlieferungsvertrag, auf den unbestritten die Regeln über Dauerschuldverhältnisse analog anzuwenden sind (Reischauer in Rummel, ABGB3 Paragraph 918, Rz 18 mwN). Dauerschuldverhältnisse können durch einseitige Erklärung vorzeitig aufgelöst werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lässt. Als wichtige Gründe kommen insbesondere Vertragsverletzungen, der Verlust des Vertrauens in die Person des Vertragspartners oder schwerwiegende Änderungen der Verhältnisse in Betracht, welche die Fortsetzung der vertraglichen Bindungen nicht zumutbar erscheinen lassen. Einer Nachfristsetzung bedarf es insbesondere im Fall der begründeten Erschütterung des Vertrauens in die Person des Vertragspartners nicht (Reischauer aaO Vor Paragraphen 918 -, 933, Rz 7 mwN; SZ 57/186 ua; RIS-Justiz RS0018305; RS0018377; RS0027780 ua).

Die Beurteilung der Frage, ob eine vorzeitige Vertragsauflösung aus wichtigem Grund gerechtfertigt ist, hängt so sehr von den Umständen des Einzelfalls ab, dass sie nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - mangels einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung - regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO aufwirft. Insoweit bedarf lediglich eine krasse Fehlbeurteilung einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof (RIS-Justiz RS0042834; RS0108379 ua). Nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen hat die Erstbeklagte Futtermittellieferungen der Klägerin aus dem Zeitraum vom 28. 12. 2006 bis 15. 1. 2007 in Höhe eines Rechnungsbetrags von 54.089,50 EUR nicht fristgerecht bezahlt. Die Klägerin kam der Erstbeklagten in der Folge in der Weise entgegen, dass sie sich mit einer Zahlung dieses offenen Saldos von 54.089,50 EUR im Zeitraum April bis Mai 2007 bzw in der Folge auch mit der Zahlung eines Teilbetrags von 27.000 EUR Anfang Mai 2007 mittels Bankeinzug und des Restbetrags Anfang Juni 2007 einverstanden erklärte. In Entsprechung dieser Vereinbarung hat die Klägerin am 2. 5. 2007 vom Konto der Erstbeklagten vereinbarungsgemäß 27.000 EUR eingezogen. Im Hinblick auf einen finanziellen Engpass der Erstbeklagten wurde über deren Ersuchen der Einzug von 27.000 EUR wieder storniert, wobei sich der zuständige Mitarbeiter der Erstbeklagten vereinbarungsgemäß am 8. 5. 2007 melden sollte, um die weitere Vorgangsweise hinsichtlich der Zahlung festzulegen. Da sich der Mitarbeiter der Erstbeklagten jedoch vereinbarungswidrig weder am 8. 5. 2007 noch am Folgetag bei der Klägerin meldete und er so wie der Zweitbeklagte, der persönlich haftende Geschäftsführer der Erstbeklagten, für die Klägerin vorerst telefonisch nicht erreichbar waren, suchte der Sohn der Geschäftsführerin der Klägerin den Zweitbeklagten in dessen Betrieb auf. Bei einem anschließenden Telefonat forderte die Geschäftsführerin der Klägerin den Zweitbeklagten auf, bis zum nächsten Tag (10. 5. 2007) die Hälfte der Altschuld, nämlich 27.000 EUR, an die Klägerin zu überweisen und ihr diese Überweisung in geeigneter Form (durch Mailen einer Online-Bestätigung oder Faxen eines Überweisungsbelegs) nachzuweisen, andernfalls es keine weiteren Futtermittellieferungen der Klägerin an die Erstbeklagte mehr geben werde. Der Zweitbeklagte nahm diese Aufforderung kommentarlos zur Kenntnis, äußerte sich aber dem Sohn der Geschäftsführerin der Klägerin gegenüber dahin, dass er für den darauf folgenden Montag bereits einen anderen Lieferanten für einen Teil der Futtermittellieferungen habe. Obwohl dem Zweitbeklagten die Überweisung dieses Betrags an die Klägerin und auch die geforderte Erbringung eines Nachweises darüber jederzeit möglich gewesen wäre, nahm er diese Überweisung in der Folge - trotz einer weiteren Aufforderung zur fristgerechten Zahlung des Teilbetrags von 27.000 EUR - nicht vor, weil er wegen eines gewissen „Stolzes" über die Ankündigung der Klägerin, vor Zahlung kein Futter mehr liefern zu wollen, „verstimmt" war und er außerdem den wirtschaftlichen Druck, den er von seinem Produktabnehmer bekam, an die Klägerin für eine Unterstützung seiner Interessen „weitergeben wollte". Die Klägerin unternahm in der Folge betreffend den Betrag von 27.000 EUR keinen Bankeinzugsversuch mehr, da in der Vergangenheit von den Beklagten (einseitig) Rückbuchungen veranlasst worden waren. Aus diesem Grund bestand die Geschäftsführerin der Klägerin beim Telefonat am 10. 5. 2007 auf einer Überweisung bzw Online-Buchung des Betrags von 27.000 EUR und einem entsprechenden Nachweis. Um derartige Rückbuchungsmöglichkeiten zu verhindern, hatte die Klägerin bereits in der Vergangenheit von den Beklagten die Erteilung eines schriftlichen Bankeinzugs, der die Rückbuchungsmöglichkeit von 41 Tagen auf drei bis vier Banktage verkürzt hätte, gefordert. Dies wurde ihr von einem Mitarbeiter der Erstbeklagten zwar zugesichert, tatsächlich wurde diese Zusage in der Folge jedoch nicht eingehalten. Wenn die Vorinstanzen bei der geschilderten Sachlage das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine vorzeitige Auflösung des Vertragsverhältnisses durch die Klägerin bejahten, weil das Verhalten der Beklagten geeignet war, die Vertrauensbasis zwischen den beiden Unternehmen zu untergraben, bewegt sich diese Beurteilung durchaus im Rahmen des dem Rechtsanwender eingeräumten Beurteilungsspielraums, sodass insoweit eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt (vgl 10 Ob 21/03s; 10 Ob 247/99t mwN). War aber die Klägerin nach der von den Vorinstanzen in vertretbarer Weise vorgenommenen Beurteilung berechtigt, das Vertragsverhältnis mit der Erstbeklagten durch außerordentliche Kündigung aufzulösen, so hat sie auch nicht für den Schaden einzustehen, den die Beklagten als Folge der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses gegen die unbestritten zu Recht bestehende Klagsforderung einwenden.Die Beurteilung der Frage, ob eine vorzeitige Vertragsauflösung aus wichtigem Grund gerechtfertigt ist, hängt so sehr von den Umständen des Einzelfalls ab, dass sie nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - mangels einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung - regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO aufwirft. Insoweit bedarf lediglich eine krasse Fehlbeurteilung einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof (RIS-Justiz RS0042834; RS0108379 ua). Nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen hat die Erstbeklagte Futtermittellieferungen der Klägerin aus dem Zeitraum vom 28. 12. 2006 bis 15. 1. 2007 in Höhe eines Rechnungsbetrags von 54.089,50 EUR nicht fristgerecht bezahlt. Die Klägerin kam der Erstbeklagten in der Folge in der Weise entgegen, dass sie sich mit einer Zahlung dieses offenen Saldos von 54.089,50 EUR im Zeitraum April bis Mai 2007 bzw in der Folge auch mit der Zahlung eines Teilbetrags von 27.000 EUR Anfang Mai 2007 mittels Bankeinzug und des Restbetrags Anfang Juni 2007 einverstanden erklärte. In Entsprechung dieser Vereinbarung hat die Klägerin am 2. 5. 2007 vom Konto der Erstbeklagten vereinbarungsgemäß 27.000 EUR eingezogen. Im Hinblick auf einen finanziellen Engpass der Erstbeklagten wurde über deren Ersuchen der Einzug von 27.000 EUR wieder storniert, wobei sich der zuständige Mitarbeiter der Erstbeklagten vereinbarungsgemäß am 8. 5. 2007 melden sollte, um die weitere Vorgangsweise hinsichtlich der Zahlung festzulegen. Da sich der Mitarbeiter der Erstbeklagten jedoch vereinbarungswidrig weder am 8. 5. 2007 noch am Folgetag bei der Klägerin meldete und er so wie der Zweitbeklagte, der persönlich haftende Geschäftsführer der Erstbeklagten, für die Klägerin vorerst telefonisch nicht erreichbar waren, suchte der Sohn der Geschäftsführerin der Klägerin den Zweitbeklagten in dessen Betrieb auf. Bei einem anschließenden Telefonat forderte die Geschäftsführerin der Klägerin den Zweitbeklagten auf, bis zum nächsten Tag (10. 5. 2007) die Hälfte der Altschuld, nämlich 27.000 EUR, an die Klägerin zu überweisen und ihr diese Überweisung in geeigneter Form (durch Mailen einer Online-Bestätigung oder Faxen eines Überweisungsbelegs) nachzuweisen, andernfalls es keine weiteren Futtermittellieferungen der Klägerin an die Erstbeklagte mehr geben werde. Der Zweitbeklagte nahm diese Aufforderung kommentarlos zur Kenntnis, äußerte sich aber dem Sohn der Geschäftsführerin der Klägerin gegenüber dahin, dass er für den darauf folgenden Montag bereits einen anderen Lieferanten für einen Teil der Futtermittellieferungen habe. Obwohl dem Zweitbeklagten die Überweisung dieses Betrags an die Klägerin und auch die geforderte Erbringung eines Nachweises darüber jederzeit möglich gewesen wäre, nahm er diese Überweisung in der Folge - trotz einer weiteren Aufforderung zur fristgerechten Zahlung des Teilbetrags von 27.000 EUR - nicht vor, weil er wegen eines gewissen „Stolzes" über die Ankündigung der Klägerin, vor Zahlung kein Futter mehr liefern zu wollen, „verstimmt" war und er außerdem den wirtschaftlichen Druck, den er von seinem Produktabnehmer bekam, an die Klägerin für eine Unterstützung seiner Interessen „weitergeben wollte". Die Klägerin unternahm in der Folge betreffend den Betrag von 27.000 EUR keinen Bankeinzugsversuch mehr, da in der Vergangenheit von den Beklagten (einseitig) Rückbuchungen veranlasst worden waren. Aus diesem Grund bestand die Geschäftsführerin der Klägerin beim Telefonat am 10. 5. 2007 auf einer Überweisung bzw Online-Buchung des Betrags von 27.000 EUR und einem entsprechenden Nachweis. Um derartige Rückbuchungsmöglichkeiten zu verhindern, hatte die Klägerin bereits in der Vergangenheit von den Beklagten die Erteilung eines schriftlichen Bankeinzugs, der die Rückbuchungsmöglichkeit von 41 Tagen auf drei bis vier Banktage verkürzt hätte, gefordert. Dies wurde ihr von einem Mitarbeiter der Erstbeklagten zwar zugesichert, tatsächlich wurde diese Zusage in der Folge jedoch nicht eingehalten. Wenn die Vorinstanzen bei der geschilderten Sachlage das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine vorzeitige Auflösung des Vertragsverhältnisses durch die Klägerin bejahten, weil das Verhalten der Beklagten geeignet war, die Vertrauensbasis zwischen den beiden Unternehmen zu untergraben, bewegt sich diese Beurteilung durchaus im Rahmen des dem Rechtsanwender eingeräumten Beurteilungsspielraums, sodass insoweit eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht vorliegt vergleiche 10 Ob 21/03s; 10 Ob 247/99t mwN). War aber die Klägerin nach der von den Vorinstanzen in vertretbarer Weise vorgenommenen Beurteilung berechtigt, das Vertragsverhältnis mit der Erstbeklagten durch außerordentliche Kündigung aufzulösen, so hat sie auch nicht für den Schaden einzustehen, den die Beklagten als Folge der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses gegen die unbestritten zu Recht bestehende Klagsforderung einwenden.

Anmerkung

E87358 10Ob45.08b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0100OB00045.08B.0506.000

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2008
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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