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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde der J F in G, vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Keesgasse 7/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. November 2004, Zl. FA7C-11-1121/2004-27, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft (vom 1. bzw. 2. August 2004) gemäß "§ 11a iVm § 10 Abs. 1 Z 2 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311/1985 i.d.g.F." ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe ihren Hauptwohnsitz seit 20. Juni 2000 ununterbrochen im Bundesgebiet; sie sei seit 9. November 2000 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet. Die am 15. Jänner 1970 geborene Beschwerdeführerin sei - wie dem Strafregister der Republik Österreich zu entnehmen ist - mit (seit 5. Mai 2003) rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 29. April 2003 wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt worden; diese Freiheitsstrafe sei unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden. Nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragung sei der Tilgungszeitraum nicht errechenbar; eine Auskunftsbeschränkung werde voraussichtlich mit 5. Mai 2006 eintreten, sie könne jedoch bei weiteren Verurteilungen in Wegfall kommen. Im Rahmen des eingeräumten Parteiengehörs habe die Beschwerdeführerin mit Stellungnahme ihres rechtsfreundlichen Vertreters vom 21. Oktober 2004 ihre rechtskräftige Verurteilung bestätigt, aber eingewendet, diese stelle nur ein einmaliges Fehlverhalten dar. Auf Grund der Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen des Vorsatzdeliktes nach den §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 1 StGB bestehe das Einbürgerungshindernis des § 10 Abs. 1 Z 2 StbG.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde nach Aktenvorlage eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrecht-Novelle 2005 (StbG) kann einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrunde liegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechenden Verfahren ergangen ist.
Die Beschwerde zieht nicht in Zweifel, dass die vorliegende Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen der Vorsatztat der schweren Körperverletzung die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 2 StbG erfüllt.
Insoweit die Beschwerdeführerin meint, die "gesetzlichen Vorgaben nach § 11a StbG" seien erfüllt, weil sie seit 17. Mai 2000 in Österreich lebe und seit 9. November 2000 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei, lässt die Beschwerdeführerin dabei unbeachtet, dass die Staatsbürgerschaft gemäß § 11a Abs. 1 StbG zu verleihen ist, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 erfüllt sind.
Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe § 11 StbG unberücksichtigt gelassen, ist zu erwidern, dass die Beurteilung, ob das Einbürgerungshindernis gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 StbG vorliegt, einer Ermessensübung im Sinne des § 11 StbG vorgelagert ist und nicht im (freien) Ermessen der Behörde liegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2006, Zl. 2005/01/0832, und die darin angegebene Judikatur).
Nur Verurteilungen, die der beschränkten Auskunft (im Sinne des § 6 Abs. 3 Tilgungsgesetz 1972) unterliegen, fallen aus dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 Z. 2 StbG heraus. Die Verurteilung der Beschwerdeführerin unterlag jedoch - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid feststellte - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (20. November 2004) keiner Beschränkung der Auskunft.
Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2006 legte die Beschwerdeführerin die Entscheidung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 19. Mai 2006 über die endgültige Strafnachsicht vor; daraus ergibt sich, dass der Lauf der fünfjährigen Tilgungsfrist (§ 3 Abs. 1 Z 2 Tilgungsgesetz 1972) mit 5. Mai 2003 beginnt. Demnach folgt sogar aus dem von der Beschwerdeführerin erstatteten Vorbringen, dass für ihre Verurteilung vor Erlassung des angefochtenen Bescheides noch keine Auskunftsbeschränkung (iS des § 6 Abs. 3 Tilgungsgesetz 1972) eingetreten ist. Auf ein Wohlverhalten der Beschwerdeführerin seit ihrer Verurteilung bzw. auf ihre Integration kommt es bei der Beurteilung der Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG nicht an.
Die belangte Behörde hat somit zu Recht angenommen, dass das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z 2 StbG eine Verleihung der Staatsbürgerschaft an die Beschwerdeführerin ausschloss.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH - Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 20. November 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005010091.X00Im RIS seit
07.02.2008Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008