TE OGH 2008/5/8 15Os19/08w

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Veröffentlicht am 08.05.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Klaus als Schriftführer in der Medienrechtssache des Antragstellers Franz D***** gegen die Antragsgegnerin K***** GmbH & Co KG wegen §§ 14 ff MedienG, AZ 093 Hv 93/06m des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 14. Februar 2007, AZ 17 Bs 323/06h, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, des Antragstellers und seines Vertreters Dr. Haller sowie des Vertreters der Antragsgegnerin, Dr. Ebert, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Medienrechtssache AZ 093 Hv 93/06m des Landesgerichts für Strafsachen Wien verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Februar 2007, AZ 17 Bs 323/06h, durch die Behandlung der Einwendung der Unwahrheit der Gegendarstellung und durch die Abänderung des Gegendarstellungstextes § 15 Abs 5 und § 17 Abs 1 MedienG.

Text

Gründe:

In der Medienrechtssache der Antragsteller 1./ Kleingartenverein Wasserwiese und 2./ Franz D***** gegen die Antragsgegnerin Krone-Verlag GmbH & Co KG „wegen §§ 9 ff MedienG", AZ 093 Hv/06m des Landesgerichts für Strafsachen Wien, beantragten die Antragsteller am 10. Juli 2006 (ON 1), der Antragsgegnerin die Veröffentlichung einer Gegendarstellung folgenden Inhalts aufzutragen:

„Gegendarstellung:

In ihrem periodischen Druckwerk „Kronen Zeitung" vom 3. Juni 2006 (Abendausgabe) geben Sie in einem Artikel auf den Seiten 20 und 21 mit der Überschrift „Kleingarten-Krimi endet filmreif" folgende Behauptung wieder:

Die Mitglieder des Kleingartenverein Wasserwiese hätten den Obmann des Kleingartenvereins Wasserwiese, Franz R. D*****, in einem filmreifen Finale entthront und bei einer außerordentlichen Generalversammlung abgewählt.

Diese Behauptung ist unwahr. Denn der Obmann des Kleingartenvereins Wasserwiese, Franz R. D*****, wurde bei keinerlei Generalversammlung abgewählt.".

Die Antragsgegnerin wendete ua die Unwahrheit der Antithese ein, weil Franz D***** in der Generalversammlung vom 19. Mai 2006 als Obmann des Kleingartenvereins Wasserwiese abgewählt worden sei (ON 2).

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30. August 2006, GZ 093 Hv 93/06m-10, wurde das Gegendarstellungsbegehren mit der Begründung abgewiesen, dass der Antithese die erforderliche Kontradiktion und Information (US 23 ff) fehle. Die Einwendung der Unwahrheit nach § 11 Abs 1 Z 4 MedienG wurde verworfen (US 22).

Der dagegen von beiden Antragstellern erhobenen Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld (ON 16), die vom Erstantragsteller mit Schriftsatz vom 12. Februar 2007 zurückgezogen wurde (ON 20), gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 14. Februar 2007, AZ 17 Bs 323/06h (ON 22 der Hv-Akten), nach Beweiswiederholung Folge, stellte einen von den Feststellungen des Erstgerichts abweichenden Bedeutungsinhalt der Primärveröffentlichung fest und erachtete die Antithese sowohl als dem Informationsgebot entsprechend als auch kontradiktorisch. Gemäß § 17 Abs 1 MedienG trug es eine Gegendarstellung folgenden Inhalts (ohne Unterstreichungen) auf:

„In Ihrem periodischen Druckwerk „Kronen Zeitung" vom 3. Juni 2006 (Abendausgabe) geben Sie in einem Artikel auf den Seiten 20 und 21 mit der Überschrift „Kleingarten-Krimi endet filmreif" folgende Behauptung wieder:

Die Mitglieder des Kleingartenvereins Wasserwiese hätten den Obmann des Kleingartenvereins „Wasserwiese", Franz R. D*****, in einem filmreifen Finale entthront und bei einer außerordentlichen Generalversammlung abgewählt.

Diese Behauptung war im Zeitpunkt der Veröffentlichung unwahr. Denn der Obmann des Kleingartenvereins Wasserwiese, Franz R. D*****, wurde bis dahin bei keinerlei Generalversammlung abgewählt."

Die Entscheidung über die Verhängung einer Geldbuße wurde gemäß § 18 Abs 2 MedienG dem fortgesetzten Verfahren vorbehalten.

Als Begründung für die (nunmehr durch Unterstreichungen hervorgehobenen) selbständig getroffenen Ergänzungen des Gegendarstellungsbegehrens führt das Gericht aus, dass der Zweitantragsteller am 15. September 2006, somit nach Urteilsfällung erster Instanz, tatsächlich abgewählt worden sei und es nicht Sinn und Zweck des Gegendarstellungsrechts sein könne, die Veröffentlichung objektiv unwahrer Tatsachen aufzutragen, zumal die richtige Information der Öffentlichkeit im Vordergrund stehe. Weder sei die Abweisung des ursprünglich berechtigten Antrags mangels Informationsinteresses infolge der mittlerweile geänderten Situation sachgerecht noch die Anordnung der Veröffentlichung einer unrichtig gewordenen Gegendarstellung. Dieser planwidrigen Gesetzeslücke sei durch eine geringfügige amtswegige Änderung des Wortlautes der Entgegnung zu begegnen, wonach die Gegendarstellung auf den Zeitplan der Primärveröffentlichung Bezug nimmt (S 8 der Entscheidung).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil des Oberlandesgerichts Wien steht - wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

1. Nach § 17 Abs 1 MedienG ist die Veröffentlichung eines Gegendarstellungsbegehrens in dem Umfang, in dem es den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, aufzutragen. Den gesetzlichen Voraussetzungen nicht entsprechende Anträge können - sofern ohne Änderung des Sinngehalts möglich - nach Anleitung (bzw auch eigenständig, vgl Rami in WK2 MedienG § 17 Rz 11 mwN) vom Antragsteller verbessert werden. Eine Änderung des Sinnes der Gegendarstellung darf dabei in keinem Fall erfolgen.1. Nach § 17 Abs 1 MedienG ist die Veröffentlichung eines Gegendarstellungsbegehrens in dem Umfang, in dem es den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, aufzutragen. Den gesetzlichen Voraussetzungen nicht entsprechende Anträge können - sofern ohne Änderung des Sinngehalts möglich - nach Anleitung (bzw auch eigenständig, vergleiche Rami in WK2 MedienG § 17 Rz 11 mwN) vom Antragsteller verbessert werden. Eine Änderung des Sinnes der Gegendarstellung darf dabei in keinem Fall erfolgen.

Das Gericht ist befugt, eine Gegendarstellung zu kürzen, nicht aber sie zu verändern. Lediglich geringfügige sprachliche Korrekturen, die aufgrund von amtswegigen Streichungen notwendig werden, sind zulässig (Rami in WK2 MedienG § 17 Rz 4; Brandstetter/Schmid, MedienG2 § 17 Rz 2).

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht den Text des (den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechenden und somit nicht Anlass zur Anleitung zu einer Verbesserung bietenden) Gegendarstellungsbegehrens durch Zufügung von auf den Zeitpunkt der Primärveröffentlichung abstellenden Wendungen ergänzt, wozu es nach dem Vorgesagten nicht berechtigt war.

2. Zudem hat es außer Acht gelassen, dass eine Verbesserung des Textes der Gegendarstellung im Stadium des Berufungsverfahrens jedenfalls nicht mehr zulässig ist (Immutabilitätsprinzip; Rami in WK2 MedienG § 17 Rz 16; Brandstetter/Schmid, MedienG2 § 17 Rz 5; Ratz, MR 1994, 223 f).

3. Aus dem klaren Wortlaut des § 15 Abs 5 MedienG, wonach die Entscheidung über die Einwendung der Unwahrheit der Gegendarstellung mit Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil nicht bekämpft werden kann, ergibt sich, dass auch dem Berufungsgericht jede Stellungnahme zur Frage der Wahrheit oder der Unwahrheit untersagt ist. Damit soll jede Überschneidung mit dem keiner Befristung unterliegenden und auch neue Beweise zulassenden fortgesetzten Verfahren nach § 16 MedienG vermieden werden, wobei es - lege non distinguente - keinen Unterschied macht, ob schon im befristeten Hauptverfahren die Unwahrheit der Gegendarstellung bewiesen werden konnte, ob der Einwand der Unwahrheit als widerlegt angesehen wurde und ob die hiezu aufgenommenen Beweise im fortgesetzten Verfahren überhaupt noch ergänzungsfähig sind (Litzka/Strebinger, MedienG5 (2005) § 15 Rz 7; vgl auch Hanusch, Komm zum MedienG, § 15 Rz 7; Bandstetter/Schmid, MedienG2 § 16 Rz 4; Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG2 § 15 Rz 12; Rami in WK2 MedienG § 15 Rz 34; RIS-Justiz RS0067378, RS0067374).3. Aus dem klaren Wortlaut des § 15 Abs 5 MedienG, wonach die Entscheidung über die Einwendung der Unwahrheit der Gegendarstellung mit Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil nicht bekämpft werden kann, ergibt sich, dass auch dem Berufungsgericht jede Stellungnahme zur Frage der Wahrheit oder der Unwahrheit untersagt ist. Damit soll jede Überschneidung mit dem keiner Befristung unterliegenden und auch neue Beweise zulassenden fortgesetzten Verfahren nach § 16 MedienG vermieden werden, wobei es - lege non distinguente - keinen Unterschied macht, ob schon im befristeten Hauptverfahren die Unwahrheit der Gegendarstellung bewiesen werden konnte, ob der Einwand der Unwahrheit als widerlegt angesehen wurde und ob die hiezu aufgenommenen Beweise im fortgesetzten Verfahren überhaupt noch ergänzungsfähig sind (Litzka/Strebinger, MedienG5 (2005) § 15 Rz 7; vergleiche auch Hanusch, Komm zum MedienG, § 15 Rz 7; Bandstetter/Schmid, MedienG2 § 16 Rz 4; Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG2 § 15 Rz 12; Rami in WK2 MedienG § 15 Rz 34; RIS-Justiz RS0067378, RS0067374).

Das Berufungsgericht hat sich somit zu Unrecht mit der Frage der nach dem Zeitpunkt der Primärveröffentlichung (allenfalls) eingetretenen Unwahrheit der Gegendarstellung befasst.

Im Übrigen kann - wie auch nachträgliche Veränderungen von in der These behaupteten Zuständen nicht zur Gegendarstellung berechtigen (Hager/Zöchbauer, Persönlichkeitsschutz im Straf- und Medienrecht4 E 438; Rami in WK2 MedienG § 11 Rz 15) - eine (nach Einbringung des Gegendarstellungsbegehrens eingetretene) nachträgliche Unrichtigkeit der Gegendarstellung, sofern die weiteren Voraussetzungen vorliegen, nicht zur Abweisung des Veröffentlichungsbegehrens führen. Das Gericht muss die Veröffentlichung einer (nunmehr) inhaltlich unrichtigen Gegendarstellung auftragen. Dem Medieninhaber bleibt es aber unbenommen, auf eine nachträgliche Änderung des relevanten Sachverhaltes mit einer Glosse zu reagieren (§ 13 Abs 7 zweiter Satz MedienG).

Die aufgezeigten Gesetzesverletzungen waren daher in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur festzustellen. Zu einer konkreten Maßnahme nach § 292 letzter Satz StPO sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst, weil ein neuerlicher Auftrag zur Veröffentlichung der Gegendarstellung in gesetzmäßiger Form nach Aufhebung des Urteils des Oberlandesgerichts Wien für die (hiezu bereits rechtskräftig verurteilt gewesene) Antragsgegnerin nachteilig wäre.

Eine Verpflichtung zum Kostenersatz - wie von der Antragsgegnerin in ihrer Äußerung begehrt - kennt das Verfahren aufgrund einer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde nicht (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 13).

Textnummer

E87843

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0150OS00019.08W.0508.000

Im RIS seit

07.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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