TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/20 2005/01/0449

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Veröffentlicht am 20.11.2007
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StGB §83 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des R K in D, vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner und Mag. Dr. Michael Mayer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Steyrergasse 103/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. August 2005, Zl. FA 7 C-11-1602/2004-41, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und die (gleichzeitig gestellten) Ansuchen um Erstreckung der Verleihung auf seine Ehegattin und die gemeinsamen Kinder gemäß "§§ 10, 11, 16, 17 und 18 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311/1985 i. d.g.F. (StbG)" ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe seinen Hauptwohnsitz seit 5. Dezember 1991 ununterbrochen im Bundesgebiet; er sei seit 26. Juli 2004 bei einem näher bezeichneten Arbeitgeber beschäftigt; der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers und seiner Familie sei als gesichert anzusehen. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 8. Jänner 2004 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen verurteilt worden. Dieser (rechtskräftigen) strafgerichtlichen Verurteilung sei folgende Tat zu Grunde gelegen:

"Z A und R K haben mit dem gesondert Verfolgten B K am 18.10.2003 in Graz im bewusst gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter den S B durch Versetzen eines Schlages auf den Hinterkopf sowie durch Führen von Fußtritten gegen Kopf und Körper vorsätzlich am Körper verletzt, wobei die Tat neben einer Schädelprellung und einer Prellung der rechten Hand einen Nasenbeinbruch mit Verschiebung der Bruchstücke zur Folge hatte."

Mit einer am 27. Mai 1998 in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 6. Mai 1998 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 12 StGB verurteilt worden.

Aus dieser Strafverfügung ergebe sich folgender Sachverhalt:

"Herr R K, geb. am 27.08.1969 in T, Geschäftsführer, wohnhaft in 8020 Graz, I hat laut Anzeige der Bundespolizeidirektion Graz und nach dem Ergebnis der durchgeführten Erhebungen am 22.3.1998 gegen 3.45 Uhr in G, vor dem Lokal C in der G, im gemeinsamen Zusammenwirken mit O K, S P durch Versetzen mehrerer Schläge gegen den Körper, die eine Rissquetschwunde und Prellungen im Bereich des rechten Jochbeines zur Folge hatten, vorsätzlich am Körper verletzt und hiedurch das Vergehen der Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 12 StGB begangen. ..."

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen des StbG (insbesondere § 10 Abs. 1 Z 6) aus, der Beschwerdeführer habe die dargestellten Taten - Körperverletzung im März 1998 und schwere Körperverletzung im Oktober 2003 - begangen. Das Argument der "Einmaligkeit" seiner Verurteilung sei damit widerlegt. Er sei zweimal wegen vorsätzlicher Gewalttaten (Körperverletzung) verurteilt worden, seine letzte Verurteilung liege weniger als zwei Jahre zurück. Nach Durchsicht des Strafaktes könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem im Jahr 2003 begangenen Körperverletzungsdelikt provokantes Verhalten des Verletzten vorausgegangen sei; eine Mitschuld des vom Beschwerdeführer schwer Verletzten sei nicht feststellbar. Das rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren sei von der Staatsbürgerschaftsbehörde nicht neuerlich aufzurollen. Demnach stehe fest, dass der Beschwerdeführer, nicht aber der Verletzte strafgerichtlich verurteilt worden sei. Die mit der rechtskräftigen Strafverfügung (vom 6. Mai 1998) festgestellte "Verurteilung" wegen vorsätzlicher Körperverletzung stelle (auch) eine Grundlage für die Beurteilung der Verlässlichkeit des Beschwerdeführers dar. Im Rahmen der Persönlichkeitsprüfung seien Körperverletzungsdelikte besonders zu beachten. Beim Beschwerdeführer sei die Tendenz feststellbar, vorsätzlich Gewaltdelikte zu begehen, wobei sich sein Verhalten zuletzt zum Schlechteren entwickelt habe. Die Art (vorsätzliche Körperverletzung), die Häufigkeit (zweimalige rechtskräftige Verurteilung innerhalb der letzten acht Jahre wegen der gleichen schädlichen Neigung) und die Schwere der Taten (Schlag auf den Hinterkopf, Fußtritte gegen Kopf und Körper, Schläge gegen den Körper, gemeinsames Vorgehen mit anderen gegen einen einzigen) würden negative Rückschlüsse auf das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers zulassen. Die Art der begangenen Taten (insbesondere die Schwere der letzten Tat) sowie ein Wohlverhalten seit der letzten Tat von nicht einmal zwei Jahren würden gegen eine Beurteilung sprechen, die Persönlichkeit des Beschwerdeführers habe sich positiv entwickelt; eine positive Zukunftsprognose könne daraus nicht abgeleitet werden. Das Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung sei als schwerwiegender Rechtsbruch anzusehen; der Beschwerdeführer habe gravierend gegen zum Schutz von Leib und Leben Dritter erlassener Vorschriften verstoßen. Die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG liege nicht vor (die weiteren Erwägungen der belangten Behörde befassen sich damit, warum eine Ermessensentscheidung nach § 11 StbG nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausfallen könnte).

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 StbG kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt, noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet.

Bei der Prüfung dieser Verleihungsvoraussetzung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf das Gesamtverhalten des Verleihungswerbers insbesondere auch von ihm begangene Straftaten Bedacht zu nehmen. Maßgebend ist, ob es sich dabei um Rechtsbrüche handelt, die den Schluss rechtfertigen, der Verleihungswerber werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung - oder anderer im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte Rechtsgüter - erlassene Vorschriften missachten. In der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die - allenfalls negative - Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetzen zum Ausdruck (vgl. zuletzt etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. August 2007, Zl. 2005/01/0067, und vom 6. September 2007, Zl. 2005/01/0831, und die darin jeweils angegebene Judikatur).

Die belangte Behörde stützte die Abweisung des Verleihungsantrages nicht auf § 10 Abs. 1 Z 2 StbG. Das zu diesem Verleihungshindernis erstattete Beschwerdevorbringen ist daher verfehlt.

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, es sei (im Ermittlungsverfahren) unbeachtet geblieben, dass seiner Mutter (I K) die österreichische Staatsbürgerschaft - zu einem in der Beschwerde nicht bezeichneten Zeitpunkt - verliehen worden sei, er sei (dadurch) Sohn einer österreichischen Staatsbürgerin (geworden), zeigt die Beschwerde damit keine Rechtswidrigkeit der über den Verleihungsantrag des Beschwerdeführers ergangenen Entscheidung auf. Die Mutter des Beschwerdeführers hätte ihrem ehelichen Kind (dem Beschwerdeführer) die Staatsbürgerschaft nur dann vermittelt, wenn sie im Zeitpunkt seiner Geburt (27. August 1969) Staatsbürgerin gewesen ist (vgl. § 7 Abs. 1 StbG).

Zur Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG bringt die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vor, die Behörde habe den letzten "Strafakt" nicht im Detail angesehen. Der Beschwerdeführer habe nämlich seinem Freund Z A "helfen" wollen und sich deshalb "eingemischt". Sein Freund habe Kratzer am linken Handrücken sowie eine Rötung im Bereich des rechten Auges davongetragen. Aus dem Strafakt sei zu erkennen, dass die anderen Beteiligten, insbesondere auch der Verletzte, wegen des Vergehens des Raufhandels angezeigt worden seien. Daraus ergebe sich, dass "allen Beteiligten eine Schuld zukommt". Mit dem Verletzten habe er sich wieder versöhnt. Wenn der schweren Körperverletzung "ein provokantes Verhalten beider Beteiligter der Tathandlung vorausging und das Fehlverhalten des Staatsbürgerschaftswerbers in Relation auf einen tätlichen Angriff des Kontrahenten erfolgte", sei eine negative Zukunftsprognose nicht gerechtfertigt.

Mit diesen Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerde stützt sich allein auf eine Strafanzeige (der Bundespolizeidirektion Graz), sie übersieht aber, dass die (sachverhaltsmäßigen und strafrechtlichen) Annahmen dieser Anzeige im nachfolgenden gerichtlichen Strafverfahren nicht erwiesen wurden. Der Beschwerdeführer wurde des Vergehens der schweren Körperverletzung rechtskräftig für schuldig befunden. Nach dem Spruch dieses Strafurteils verletzte der Beschwerdeführer den S B im bewusst gemeinsamen Zusammenwirken mit zwei anderen Personen vorsätzlich am Körper, wobei die zugefügten Verletzungen - Schädelprellung, Prellung der rechten Hand und Nasenbeinbruch mit Verschiebung der Bruchstücke - durch Versetzen eines Schlages auf den Hinterkopf und Fußtritte gegen Kopf und Körper bewirkt wurden. Die belangte Behörde ging daher zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer diese vom Strafgericht rechtskräftig festgestellte Straftat begangen hat.

Insoweit die Beschwerde diese Straftat als Beteiligung an einem "Raufhandel" abzuschwächen sucht, ist dieses Vorbringen in sachverhaltsmäßiger und auch in strafrechtlicher Hinsicht unrichtig und entbehrt einer entsprechenden Tatsachengrundlage. Inwieweit der Verletzte gegenüber dem Beschwerdeführer ein "provokantes Verhalten" gesetzt haben soll, stellt die Beschwerde nicht dar. Aber auch ein (allenfalls gerechtfertigter) Grund, warum der Beschwerdeführer dem Freund (Z A), der gleichfalls des Vergehens der schweren Körperverletzung an dem verletzten S B für schuldig befunden wurde, "helfen" wollte bzw. warum der Beschwerdeführer sich "einmischte", wird in der Beschwerde nicht dargetan.

Die Beurteilung der belangten Behörde, die Schwere der letzten Tat des Beschwerdeführers, die dadurch gekennzeichnet war, dass der Beschwerdeführer durch gemeinsames Vorgehen mit zwei anderen Personen gegen einen einzigen diesen durch Fußtritte gegen Kopf und Körper sowie einen Schlag auf den Hinterkopf schwer verletzte, lasse im Hinblick auf ein nicht einmal zweijähriges Wohlverhalten keine positive Zukunftsprognose zu, ist nicht rechtswidrig. Wie der Verwaltungsgerichtshof dargelegt hat, fallen Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit bei der gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 StbG zu treffenden Prognose besonders ins Gewicht. Im Allgemeinen ist nach derartigen Straftaten ein ausreichend langer Zeitraum des Wohlverhaltens erforderlich, um eine positive Prognose gerechtfertigt erscheinen zu lassen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 22. August 2007, Zl. 2005/01/0067, und die darin angegebene Judikatur).

Nach dem Gesagten ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, gegen die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, es sei das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG gegeben, Bedenken zu erwecken.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VWGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 20. November 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005010449.X00

Im RIS seit

07.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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