TE OGH 2008/5/15 7Ob91/08w

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Veröffentlicht am 15.05.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna T*****, vertreten durch Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Mag. Martin Paar, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2008, GZ 1 R 134/07p-11, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 4. April 2007, GZ 8 C 1918/06a-6, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über den vom Obersten Gerichtshof am 23. April 2008 in der Rechtssache 7 Ob 26/08m gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.

Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Revisionsverfahren von Amts wegen fortgesetzt werden.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, a) dass die Beklagte schuldig sei, ihr für die gerichtliche und außergerichtliche Rechtsvertretung zur Durchsetzung ihrer Schadenersatzansprüche und die Vertretung als Privatbeteiligte im Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Vermögensverwaltungsvertrag („AMIS") Rechtschutz zu gewähren, und b) dass Art 6.7.3. ARB 95 rechtsunwirksam sei.Die Klägerin begehrt die Feststellung, a) dass die Beklagte schuldig sei, ihr für die gerichtliche und außergerichtliche Rechtsvertretung zur Durchsetzung ihrer Schadenersatzansprüche und die Vertretung als Privatbeteiligte im Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Vermögensverwaltungsvertrag („AMIS") Rechtschutz zu gewähren, und b) dass Artikel 6 Punkt 7 Punkt 3, ARB 95 rechtsunwirksam sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (ausgenommen außergerichtliche Vertretung, deren Abweisung in Rechtskraft erwachsen ist) statt. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, ob die Beschränkung der freien Anwaltswahl im Zusammenhang mit Massenverfahren durch Art 6.7.3. ARB 95 eine gemäß § 158p VersVG unzulässige Abweichung von der Bestimmung des § 158k Z 1 VersVG darstelle, oberstgerichtliche Judikatur fehle.Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (ausgenommen außergerichtliche Vertretung, deren Abweisung in Rechtskraft erwachsen ist) statt. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, ob die Beschränkung der freien Anwaltswahl im Zusammenhang mit Massenverfahren durch Artikel 6 Punkt 7 Punkt 3, ARB 95 eine gemäß Paragraph 158 p, VersVG unzulässige Abweichung von der Bestimmung des Paragraph 158 k, Ziffer eins, VersVG darstelle, oberstgerichtliche Judikatur fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. April 2008 zu 7 Ob 26/08m in einem Deckungsprozess eines anderen durch „AMIS" geschädigten Anlegers gegen seinen Rechtschutzversicherer dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß § 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. April 2008 zu 7 Ob 26/08m in einem Deckungsprozess eines anderen durch „AMIS" geschädigten Anlegers gegen seinen Rechtschutzversicherer dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Paragraph 234, EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

„1. Ist Art 4 (1) der Richtlinie 87/344/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtschutzversicherung vom 22. Juni 1987 dahin auszulegen, dass ihm eine in Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Rechtschutzversicherers enthaltene Klausel, die den Versicherer in Versicherungsfällen, in denen eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis (etwa die Insolvenz eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens) geschädigt wird, zur Auswahl eines Rechtsvertreters berechtigt und damit das Recht des einzelnen Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl beschränkt (sogenannte 'Massenschadenklausel'), widerspricht?„1. Ist Artikel 4, (1) der Richtlinie 87/344/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtschutzversicherung vom 22. Juni 1987 dahin auszulegen, dass ihm eine in Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Rechtschutzversicherers enthaltene Klausel, die den Versicherer in Versicherungsfällen, in denen eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis (etwa die Insolvenz eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens) geschädigt wird, zur Auswahl eines Rechtsvertreters berechtigt und damit das Recht des einzelnen Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl beschränkt (sogenannte 'Massenschadenklausel'), widerspricht?

2. Im Fall der Verneinung von Frage 1.:

Unter welchen Voraussetzungen liegt ein 'Massenschaden' vor, der es im Sinn (beziehungsweise in Ergänzung) der genannten Richtlinie gestattet, dem Versicherer anstelle des Versicherungsnehmers das Recht der Auswahl des rechtsfreundlichen Vertreters einzuräumen?" und das dortige Verfahren bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.Unter welchen Voraussetzungen liegt ein 'Massenschaden' vor, der es im Sinn (beziehungsweise in Ergänzung) der genannten Richtlinie gestattet, dem Versicherer anstelle des Versicherungsnehmers das Recht der Auswahl des rechtsfreundlichen Vertreters einzuräumen?" und das dortige Verfahren bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß Paragraph 90 a, Absatz eins, GOG ausgesetzt.

Die zu 7 Ob 26/08m gestellte Vorlagefrage ist auch für den hier zu beurteilenden Fall maßgeblich, weshalb es zweckmäßig und geboten ist, mit der Entscheidung bis zu jener des Europäischen Gerichtshofs über das gestellte Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und das Verfahren zu unterbrechen. Der Oberste Gerichtshof hat auch in Rechtssachen, in denen er nicht unmittelbar Anlassfallgericht ist, von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs auszugehen und diese daher auch auf andere Fälle als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden (RIS-Justiz RS0110583; 7 Ob 30/08z, 7 Ob 70/08g).

Anmerkung

E87485 7Ob91.08w

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00091.08W.0515.000

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2008
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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