TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/21 2005/08/0070

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Veröffentlicht am 21.11.2007
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §8 Abs2;
AlVG 1977 §9;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des MZ in V, vertreten durch Dr. Ulrich Schwab, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Ringstraße 3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 25. Jänner 2005, Zl. LGSOÖ/Abt.4/12841886/2004-2, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Gmunden vom 17. August 2004 betreffend den Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für die Zeit vom 3. August 2004 bis 27. September 2004 nicht stattgegeben.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Gmunden habe dem Beschwerdeführer am 3. August 2004 eine Beschäftigung als Lkw-Fahrer bei einem näher genannten Unternehmen in V mit sofort möglichem Arbeitsantritt verbindlich angeboten. Nach der Vorstellung des Beschwerdeführers am 9. August 2004 habe dieses Unternehmen per Telefax (als Grund für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses) mitgeteilt:

"Will nicht, kann nicht in Arbeit kommen, hat kein Auto, zu Fuß zu weit, will nur Fernverkehr."

Am 11. August 2004 sei von einer Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice Gmunden im Beisein des Abteilungsleiters T. mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift aufgenommen worden, in welcher er hinsichtlich der konkret angebotenen Entlohnung, der angebotenen beruflichen Verwendung, der vom Unternehmen geforderten Arbeitszeit, der körperlichen Fähigkeiten, sowie der Gesundheit und Sittlichkeit keine Einwendungen vorgebracht habe. Als sonstige Einwendung habe der Beschwerdeführer angegeben, über kein eigenes Fahrzeug zum Erreichen des Unternehmens zu verfügen. Zu den geforderten Zeiten sei kein öffentliches Verkehrsmittel vorhanden. Zu den Angaben des Unternehmens habe er erklärt, dass er sich für Fernverkehr interessiert habe, da er dann nicht unbedingt ein eigenes Fahrzeug gebraucht hätte. Der Beschwerdeführer habe die Niederschrift nicht unterfertigt.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass die erste Frage beim Vorstellungsgespräch gewesen sei, welche Arbeitsstelle er suche und er darauf geantwortet habe: "Eine Stelle im Fernverkehr". Frau L., mit der das Vorstellungsgespräch geführt worden sei, habe ihn gefragt, warum er sich dann bei diesem Unternehmen vorstellen komme, denn dieses Unternehmen habe keine Stelle im Fernverkehr anzubieten, sondern suche einen Lkw-Fahrer für Baustellenfahrten, der auch bei Baustellen mithelfen müsse. Als der Beschwerdeführer ihr gesagt habe, dass er kein Fahrzeug besitze, habe sie ihn gefragt, ob er nicht lesen könne, da die Firma beim Arbeitsmarktservice angegeben habe, dass zum Erreichen des Betriebes ein eigenes Fahrzeug erforderlich sei. Der Beschwerdeführer habe auch auf ein militärärztliches Protokoll vom 7. April 1992 verwiesen, wonach er keine Lasten über 30 kg heben und tragen dürfe und auch Fußmärsche über 10 km am Tag und intensive Lärmbelästigung vermeiden solle. Dieses Protokoll sei auf Grund einer Untersuchung zu Stande gekommen, bei der festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer Probleme mit der Wirbelsäule und dem Gehör habe. Für ihn stelle sich die Frage, weshalb in der Niederschrift vom 11. August 2004, in der "einzig und alleine Herr (T.) von Frau (K.) seine Angaben einbringen" habe lassen, stehe, dass er hinsichtlich der erforderlichen körperlichen Fähigkeiten, Gesundheit und Sittlichkeit keine Einwendungen habe. Schon aus dem militärärztlichen Protokoll gehe hervor, dass diese Arbeitsstelle für ihn absolut nicht geeignet sei, da er laut Aussage von Frau L. auch auf der Baustelle mitarbeiten müsse. Nach allgemeiner Erfahrung wisse jeder nicht weltfremde Mensch, dass es auf Baustellen sehr laut sei und man nicht vermeiden könne, schwere Lasten zu heben. Er habe bei der Niederschrift nichts "einbringen lassen", da Herr T. nicht zulasse, seine Angaben so einzugeben, wie er es sage, sondern er seine Aussage soweit abändere, bis sie gegen ihn negativ ausgelegt werden könne. Da es in Gegenwart von Herrn T. nicht möglich sei, in die Niederschrift Tatsachen einbringen zu lassen, sondern nur das, was in seiner Phantasie entstehe, habe er sich geweigert, diese Phantasieniederschrift zu unterschreiben.

Dem der Berufung angeschlossenen militärärztlichen Protokoll vom 7. April 1992 sei zu entnehmen, dass intensive Lärmbelastung (Schulschießen und Gefechtsdienst), Tauchen, Heben und Tragen von Lasten über 30 kg, Laufen über 2.400 m oder Einteilung zu einer stärkeren Leistungsgruppe, Märsche über 10 km oder einem Tag und Springen aus mehr als 2 Meter Höhe zu vermeiden seien. Ein am 30. September 2004 hinsichtlich der angebotenen Stelle als Lkw-Lenker erstelltes amtsärztliches Gutachten beinhalte keinen Hinweis darauf, dass die angebotene Stelle nicht zumutbar sei. Der Beschwerdeführer sei laut diesem Gutachten für die vorgesehene Stelle als Lkw-Lenker einsetzbar.

Herr T. und Frau L. seien am 12. November 2004 telefonisch befragt worden und dem Beschwerdeführer sei das Ermittlungsergebnis mit Schreiben vom 12. November 2004 zur Kenntnis gebracht worden, wobei u.a. mitgeteilt worden sei, dass die Firma L. vom Wohnort des Beschwerdeführers 3,5 km entfernt sei und daher auch zu Fuß erreichbar gewesen wäre. Zur Erreichung des Dienstortes um 7 Uhr wäre weder ein Pkw noch ein öffentliches Verkehrsmittel erforderlich gewesen. Frau L. habe auf Befragen geäußert, dass der Beschwerdeführer schon zu Beginn der Vorstellung gesagt habe, er wolle als Fernfahrer eingesetzt werden. Der Beschwerdeführer hätte kleinere Mithilfen wie Lkw reinigen und Garage aufräumen zu tätigen gehabt, jedoch keine Mithilfe auf der Baustelle. Die Firma L. setze Lkw ein, die nicht älter als 5 Jahre seien und den geforderten gesetzlichen Normen entsprächen. Die Lärmentwicklung eines Lkw im Baustellenbereich sei naturgemäß etwas größer als bei einem Fernverkehrs-Lkw, eine intensive Lärmbelästigung entstünde allerdings nach Meinung von Frau L. nicht. Das Erfordernis eines Pkw habe sich nur auf das Erreichen der Firma bezogen, wenn der Wohnort des Beschwerdeführers weiter entfernt gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer habe dazu Stellung genommen und mitgeteilt, dass es von seiner Wohnung bis zur Firma L. 4,2 km seien. Es sei zutreffend, dass Frau L. gefragt habe, was er vorher gearbeitet habe; darauf habe er geantwortet, dass er im Fernverkehr tätig gewesen sei und eigentlich eine Stelle im Fernverkehr suche, aber die offene Stelle gerne annehmen würde. Daraufhin habe Frau L. gesagt, dass sie an seiner Arbeitskraft kein Interesse habe und dass sie jemanden mit Erfahrung im Baustellenverkehr suche. Zu den Angaben von Frau L., dass eine intensive Lärmbelästigung nicht entstünde, führte der Beschwerdeführer aus, dass Frau L. keine gerichtlich beeidete Sachverständige für Lärmbelästigung sei. Ihm stelle sich die Frage, was Frau L. zu dieser Feststellung befähige.

Zur Niederschrift vom 11. August 2004 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er keinerlei Angaben zu dieser Niederschrift eingebracht habe und sie deshalb auch nicht unterschrieben habe. Hinsichtlich des ärztlichen Gutachtens vom 30. September 2004 habe er mitgeteilt, dass er dem Amtsarzt untersagt habe, "dieses sogenannte Gutachten an Drittpersonen weiterzuleiten". Um ein objektives Gutachten erstellen zu können, müsste der Arzt ihn zuvor untersuchen; eine fachärztliche Untersuchung sei jedoch nicht durchgeführt worden.

Weiters führte die belangte Behörde aus, dass die Stellungnahme des Beschwerdeführers sie veranlasst habe, eine weitere amtsärztliche Untersuchung zu veranlassen. Der Beschwerdeführer habe den Termin vom 29. November 2004 nicht wahrgenommen und sei daraufhin nochmals aufgefordert worden, sich zu einer ärztlichen Untersuchung zu begeben. In der Folge habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er sich kein weiters Mal untersuchen lassen wolle.

In rechtlicher Hinsicht hielt die belangte Behörde fest, dass Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe das Vorliegen der entsprechenden Arbeitswilligkeit sei. Notstandshilfebezieher müssten bereit sein, eine vom Arbeitsmarktservice angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Andernfalls würden sie gemäß § 10 AlVG für einen bestimmten Zeitraum den Anspruch auf Notstandshilfe verlieren. Der Ausschuss für Leistungsangelegenheiten habe zunächst geprüft, ob die angebotene Beschäftigung den gesetzlich geforderten Zumutbarkeitskriterien entsprochen habe und sei zum Ergebnis gekommen, dass dies der Fall sei. Er stütze sich dabei nicht nur auf das ärztliche Gutachten vom 30. September 2004, sondern berücksichtige auch das vom Beschwerdeführer vorgelegte "militärärztliche Protokoll". Der Beschwerdeführer sei in den letzten zehn Jahren wiederholt als Lkw-Lenker im Einsatz gewesen. Die Aussagen "der Firma (L.)", er hätte keinesfalls auf Baustellen mithelfen müssen, erscheine der belangten Behörde durchaus glaubwürdig, zumal es grundsätzlich nicht üblich sei, dass Lkw-Lenker auf Baustellen mitarbeiteten. Der Fußweg von und zur Arbeitsstelle sei zumutbar, wobei unerheblich sei, ob die Wegstrecke, wie vom Arbeitsmarktservice gemessen, nur 3,5 km betrage oder wie vom Beschwerdeführer behauptet 4,2 km. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass sich der Beschwerdeführer um die vom Arbeitsmarktservice angebotene zumutbare Stelle als Lkw-Lenker zwar beworben habe, aber letztlich durch seine beim Vorstellungsgespräch getätigte Aussage, er wolle als Fernfahrer arbeiten, das Beschäftigungsverhältnis nicht zu Stande gekommen sei. Laut Aussage von Frau L habe der Beschwerdeführer gleich zu Beginn des Vorstellungsgespräches gesagt, er wolle als Fernfahrer eingesetzt werden. Er habe allerdings sehr wohl gewusst, dass die Firma L. einen Lkw-Lenker für Baustellen im Nahverkehrsbereich gesucht habe. Frau L. habe jedenfalls im Vorstellungsgespräch den Eindruck gewonnen, dass der Beschwerdeführer nicht als Baustellenfahrer arbeiten wolle. Dies komme auch in ihrer Rückäußerung an das Arbeitsmarktservice eindeutig zum Ausdruck, in der sie zuerst "will nicht" vermerkt habe. Sie habe dies dann noch präzisiert und bekräftigt, indem sie zusätzlich den Vermerk "will nur Fernverkehr" angebracht habe.

Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten das Zustandekommen einer zumutbaren Beschäftigung vereitelt. Er habe durch seine Äußerungen bzw. durch sein Verhalten die Nichteinstellung in Kauf genommen. Er habe nicht zum Ausdruck gebracht, dass er auch als Baustellenfahrer arbeiten würde, sondern nur darauf hingewiesen, dass er im Fernverkehr eine Stelle suche.

Die Sperre der Notstandshilfe gemäß § 38 i.V.m. § 10 AlVG erfolge für den Zeitraum von 8 Wochen, da es sich bereits um eine wiederholte Verhängung einer Sperrfrist gemäß § 10 AlVG innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr handle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. § 9 AlVG in der im vorliegenden Fall zeitraumbezogen (vgl. § 79 Abs. 78 AlVG) anwendbaren Fassung BGBl. I Nr. 103/2001 lautet auszugsweise wie folgt:

"Arbeitswilligkeit

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist,

-

eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder

-

sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- und umschulen zu lassen oder

-

an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen oder

-

von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und

-

auch sonst alle gebotenen Anstrengungen von sich aus unternimmt, eine Beschäftigung zu erlangen, soweit ihm dies nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Zumutbar ist eine Beschäftigung, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Die letzte Voraussetzung bleibt bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar ist, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, daß der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet.

(3) Eine Beschäftigung außerhalb des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Arbeitslosen ist zumutbar, wenn hiedurch die Versorgung seiner Familienangehörigen, zu deren Unterhalt er verpflichtet ist, nicht gefährdet wird und am Orte der Beschäftigung, wenn eine tägliche Rückkehr an den Wohnort nicht möglich ist, entsprechende Unterkunftsmöglichkeiten bestehen."

§ 10 AlVG in der im vorliegenden Fall maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 201/1996 lautet wie folgt:

"§ 10. (1) Wenn der Arbeitslose

-

sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

-

sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch sein Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

-

ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

-

auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen,

verliert er für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liegt im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so beträgt der im ersten Satz genannte Zeitraum acht Wochen. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

(2) Der Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB Aufnahme einer anderen Beschäftigung, ganz oder teilweise nachzusehen. Vor dieser Nachsicht sowie vor Erlassung einer Entscheidung gemäß Abs. 1 ist der Regionalbeirat anzuhören."

Gemäß § 38 AlVG sind die genannten Bestimmungen auch auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

2.1. Unter dem Aufhebungsgrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer geltend, dass keine Vereitelung einer ihm zugewiesenen Beschäftigung vorliege, da er (beim Vorstellungsgespräch) über Befragen seine bisherige Tätigkeit geschildert und als Wunsch eine Tätigkeit als Fernfahrer angegeben habe. Darin könne aber weder Arbeitsunwilligkeit noch eine Vereitelung der ihm angebotenen Beschäftigung erblickt werden. Ebenso wenig sei darin ein Verhalten zu erblicken, das den potentiellen Dienstgeber von seiner Einstellung hätte abbringen können. Die Thematik der bisherigen Beschäftigung sei vielmehr im Zuge eines Vorstellungsgespräches gängig und üblich, um den bisherigen Werdegang besser darstellen zu können. Die seitens der Firma L. geforderte, jedoch bei ihm nicht vorhandene Erfahrung im Baustellenverkehr vermöge eine Arbeitsunwilligkeit ebenso nicht zu begründen. Darüber hinaus sei es unerheblich, ob ein Arbeitsloser eine ihm angebotene Beschäftigung gerne oder ungerne annehme.

2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedarf es, um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens welches objektiv geeignet sei, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermines oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2005, Zl. 2004/08/0112, m.w.N.).

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Slg. Nr. 13.722/A).

2.3. Nach den Feststellungen der belangten Behörde ist das Beschäftigungsverhältnis nicht zu Stande gekommen, weil der Beschwerdeführer beim Vorstellungsgespräch angegeben habe, er wolle als Fernfahrer arbeiten.

Die Aussage, man wolle nur im Fernverkehr arbeiten, gegenüber dem eine Beschäftigung als Lkw-Fahrer im Baustellenverkehr anbietenden potentiellen Arbeitgeber könnte bereits als Weigerung die zugewiesene Beschäftigung anzunehmen, anzusehen sein; jedenfalls unterliegt es aber keinem Zweifel, dass eine derartige Aussage ein Verhalten darstellt, das geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen. Da der Beschwerdeführer nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid gewusst hat, dass das Unternehmen einen LKW-Lenker für den Baustellenverkehr suchte, und er zudem nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass er auch als Baustellenfahrer arbeiten würde, hat er auch das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses in Kauf genommen.

2.4. Soweit der Beschwerdeführer demgegenüber ausführt, er habe über Befragen seine bisherige Tätigkeit geschildert und seitens des Unternehmens sei Erfahrung im Baustellenverkehr gefordert worden, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt, wonach das Beschäftigungsverhältnis nicht zu Stande gekommen ist, weil der Beschwerdeführer eine Beschäftigung im Fernverkehr angestrebt und die Arbeit im Baustellenverkehr abgelehnt habe. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, dass die in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde bei der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts vorgenommene Beweiswürdigung unschlüssig wäre oder im Widerspruch zu den Denkgesetzen stünde.

3. Der Beschwerdeführer macht als Verfahrensmangel geltend, dass die belangte Behörde keinen Verantwortlichen des potentiellen Dienstgebers zu einer "persönlichen Vorsprache" vorgeladen habe, während er selbst mehrfach vorgeladen worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass im Verwaltungsverfahren der Unmittelbarkeitsgrundsatz, auf den sich der Beschwerdeführer beruft, nicht gilt und die belangte Behörde ihre Beweiswürdigung nicht nur auf die telefonische Befragung von L., sondern auch wesentlich auf die schriftliche Rückäußerung des potentiellen Dienstgebers nach dem Vorstellungsgespräch des Beschwerdeführers gestützt hat. Die belangte Behörde hat die vom Beschwerdeführer gegebene Darstellung des Vorstellungsgesprächs erkennbar als unglaubwürdig beurteilt und demgegenüber der schriftlichen wie auch der ergänzenden telefonischen Aussage der Vertreterin des potentiellen Dienstgebers, die das Vorstellungsgespräch mit dem Beschwerdeführer geführt hat, höhere Glaubwürdigkeit beigemessen. Bei der dabei vorgenommenen Beurteilung handelt es sich um eine Erwägung im Rahmen der Beweiswürdigung, welche vom Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig erkannt werden kann.

4.1. Die weiteren Verfahrensrügen des Beschwerdeführers richten sich zunächst gegen den erstinstanzlichen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Gmunden. Zu diesem Vorbringen reicht es, darauf hinzuweisen, dass ein Begründungsmangel einer erstinstanzlichen Entscheidung nicht zur Rechtswidrigkeit eines Bescheides infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften führen kann, wenn die Behörde zweiter Instanz diesen Mangel in der Bescheidbegründung behoben hat (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, 2. Auflage, Seite 1067 unter E 154 wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Dass der angefochtene Berufungsbescheid mangelhaft begründet wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht und ist auch nicht ersichtlich.

4.2. Eine weitere Verfahrensrüge bezieht sich auf die Niederschrift vom 11. August 2004. Der Beschwerdeführer bringt dabei vor, dass die belangte Behörde davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer keine Einwendungen gegen die Zumutbarkeit des Beschäftigungsverhältnisses vorgebracht habe, was nicht zutreffe. Die geforderte Unterschriftsleistung sei vom Beschwerdeführer nicht verweigert worden. Es habe lediglich keine Bestätigung der in der Niederschrift genannten Punkte stattgefunden und es sollte zum Ausdruck kommen, dass der Beschwerdeführer mangels ordnungsgemäßer Belehrung und Befragung die in der Niederschrift genannten Punkte nicht akzeptieren habe können.

Auch aus diesem Beschwerdevorbringen ergibt sich jedoch nicht, welche konkreten Einwendungen der Beschwerdeführer gegen die zugewiesene Beschäftigung im Hinblick auf deren Zumutbarkeit hat. In der Beschwerde wird dazu nur auf die vom Beschwerdeführer befürchtete Lärmbelästigung sowie auf die von ihm behauptete mangelnde gesundheitliche Eignung für die Beschäftigung eingegangen.

Die belangte Behörde ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung davon ausgegangen, dass auf Grund des ihr vorliegenden amtsärztlichen Gutachtens vom 30. September 2004 eine Tätigkeit als Lkw-Lenker in gesundheitlicher Hinsicht zumutbar sei und dies auch nicht mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten "militärärztlichen Protokoll" aus dem Jahr 1992 in Widerspruch stehe. Der Beschwerdeführer legt aber selbst nicht dar, aus welchen Gründen eine im Jahr 1992 durchgeführte Untersuchung für die gesundheitlichen Verhältnisse im Jahre 2004 von Bedeutung sein sollte.

Wenn die belangte Behörde vor dem Hintergrund des Vorbringens des Beschwerdeführers auf der Grundlage des ihr vorliegenden amtsärztlichen Gutachtens, dem der Beschwerdeführer nicht auf gleicher Ebene entgegengetreten ist, zum Ergebnis gekommen ist, dass dem Beschwerdeführer eine Tätigkeit in der zugewiesenen Beschäftigung zumutbar ist, so kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden.

4.3. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den "angeordneten Untersuchungen" beschränkt sich darauf, dass er mit der Art und Weise der vorgenommenen Untersuchungen nicht einverstanden gewesen sei und sein tatsächlicher Gesundheitszustand nur durch entsprechend korrekte und fachärztliche Abklärungen erhoben hätte werden können. Dem ist entgegenzuhalten, dass einerseits ein amtsärztliches Gutachten vorliegt, dem der Beschwerdeführer nicht konkret entgegengetreten ist, und dass er es zudem unterlassen hat, die von der belangten Behörde vorgesehene weitere ärztliche Untersuchung vornehmen zu lassen. Die Untersuchung durch einen Allgemeinmediziner hätte auch die Möglichkeit geboten, die allfällige Notwendigkeit der Zuziehung von Fachärzten abzuklären (vgl. zum Erfordernis, zunächst eine Zuweisung nur an einen Arzt für Allgemeinmedizin vorzunehmen, das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2003/08/0271).

5. Da die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Da die belangte Behörde keinen Antrag auf Aufwandersatz gestellt hat, konnte ein Kostenausspruch unterbleiben.

Wien, am 21. November 2007

Schlagworte

Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005080070.X00

Im RIS seit

07.02.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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