Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Georg Eberl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Claudia W*****, Juristin, *****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG, Wien, gegen die beklagte Partei G***** Wirtschaftstreuhand GmbH, *****, vertreten durch Mag. Ludwig Redtensteiner, Rechtsanwalt in Waidhofen/Ybbs, wegen 3.555,14 EUR netto, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Februar 2008, GZ 7 Ra 165/07x-14, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Bestimmung des Punkts XXI (Beendigung des Dienstverhältnisses/Sonderbestimmungen) des auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anzuwendenden Kollektivvertrags für Wirtschaftstreuhänder-Angestellte in der hier anzuwendenden Fassung ist in seinem Abs 1 Z 1 unmissverständlich: Danach sind im Falle des Ausscheidens eines Dienstnehmers durch Selbstkündigung die vom Dienstgeber zu Aus- oder Fortbildung aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zurückzuerstatten: Die Kosten sind zwischen Dienstgeber und Angestelltem im Vorhinein schriftlich festzulegen. Dabei ist auch Übereinstimmung über den Veranstalter zu erzielen.Die Bestimmung des Punkts römisch 21 (Beendigung des Dienstverhältnisses/Sonderbestimmungen) des auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anzuwendenden Kollektivvertrags für Wirtschaftstreuhänder-Angestellte in der hier anzuwendenden Fassung ist in seinem Absatz eins, Ziffer eins, unmissverständlich: Danach sind im Falle des Ausscheidens eines Dienstnehmers durch Selbstkündigung die vom Dienstgeber zu Aus- oder Fortbildung aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zurückzuerstatten: Die Kosten sind zwischen Dienstgeber und Angestelltem im Vorhinein schriftlich festzulegen. Dabei ist auch Übereinstimmung über den Veranstalter zu erzielen.
Dass hiemit nur eine schriftliche Vereinbarung gemeint sein kann und nicht bloß ein Schriftverkehr mit interner Kenntnisnahme durch den Arbeitgeber, ergibt sich nicht zuletzt aus der Vorgängerbestimmung des Punkts XXII desselben Kollektivvertrags, wo es früher hieß:Dass hiemit nur eine schriftliche Vereinbarung gemeint sein kann und nicht bloß ein Schriftverkehr mit interner Kenntnisnahme durch den Arbeitgeber, ergibt sich nicht zuletzt aus der Vorgängerbestimmung des Punkts römisch 22 desselben Kollektivvertrags, wo es früher hieß:
„Zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer sind die jeweiligen Kosten konkreter Aus- und Fortbildungsmaßnahmen bzw -veranstaltungen im Vorhinein festzulegen. Diese Vereinbarung sollte tunlichst schriftlich erfolgen. ..." Gerade die von der Beklagten angesprochene vernünftige Auslegung von Kollektivverträgen kann einzig zu dem Schluss führen, dass die nunmehrige Fassung an die Stelle der Empfehlung der Schriftlichkeit die für die Rückforderbarkeit zwingende Voraussetzung der schriftlichen Vereinbarung festlegen wollte. Nach den Feststellungen bestand die „Schriftlichkeit" lediglich darin, dass in einigen (nicht allen !) Fällen Prospekte („Flyer") von Seminarveranstaltern der Klägerin übergeben wurden und diese die Schriftstücke mit dem Wunsch ihrer Teilnahme weiterleitete. Wie festgestellt wurde, vermerkte der Geschäftsführer im Falle seiner Zustimmung auf dieser Unterlage nur ein „ok", welches jedoch nur der Mitarbeiterin einer Personalabteilung, nicht jedoch der Klägerin rückgemittelt wurde. Diese erfuhr nur durch eine E-Mail davon, ob sie an einem Seminar teilnehmen konnte oder nicht. Selbst wenn man jedoch - rein hypothetisch - der Auffassung der Beklagten folgen wollte, dass damit dem Schriftlichkeitsgebot entsprochen worden sei, übersieht diese, dass ihrer Aufrechnung - trotz entsprechenden Einwands der Klägerin (AS 25, 31) - auch undifferenziert Ausbildungskosten zugrunde gelegt wurden, bei denen unstrittig keine schriftliche Festlegung erfolgt war, nämlich für sämtliche Seminarbesuche vor Antritt der Arbeit durch die Klägerin und auch sämtliche von der Beklagten in Anrechnung gebrachten Entgelte für Zeiten, in denen die Klägerin keine Arbeitsleistung erbracht hatte. Im Hinblick auf den zwingenden Charakter dieser Kollektivvertragsbestimmung (siehe schon zur konkreten Festlegung aller Kosten in der Vorgängerbestimmung des Punkts XXII des Kollektivvertrags: 9 ObA 278/01z) besteht kein vernünftiger Grund zur Annahme, dass allenfalls rückverrechenbare Abwesenheitszeiten ebenfalls genannt werden müssten. Selbst unter den von ihr selbst aufgestellten Prämissen hätte die Beklagte daher vorbringen müssen, welche Seminarkosten konkret schriftlich festgelegt worden sind. Dass bloße Urkundenhinweise derartiges Vorbringen nicht ersetzen können, entspricht ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0038037 [T3, T7, T19]).„Zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer sind die jeweiligen Kosten konkreter Aus- und Fortbildungsmaßnahmen bzw -veranstaltungen im Vorhinein festzulegen. Diese Vereinbarung sollte tunlichst schriftlich erfolgen. ..." Gerade die von der Beklagten angesprochene vernünftige Auslegung von Kollektivverträgen kann einzig zu dem Schluss führen, dass die nunmehrige Fassung an die Stelle der Empfehlung der Schriftlichkeit die für die Rückforderbarkeit zwingende Voraussetzung der schriftlichen Vereinbarung festlegen wollte. Nach den Feststellungen bestand die „Schriftlichkeit" lediglich darin, dass in einigen (nicht allen !) Fällen Prospekte („Flyer") von Seminarveranstaltern der Klägerin übergeben wurden und diese die Schriftstücke mit dem Wunsch ihrer Teilnahme weiterleitete. Wie festgestellt wurde, vermerkte der Geschäftsführer im Falle seiner Zustimmung auf dieser Unterlage nur ein „ok", welches jedoch nur der Mitarbeiterin einer Personalabteilung, nicht jedoch der Klägerin rückgemittelt wurde. Diese erfuhr nur durch eine E-Mail davon, ob sie an einem Seminar teilnehmen konnte oder nicht. Selbst wenn man jedoch - rein hypothetisch - der Auffassung der Beklagten folgen wollte, dass damit dem Schriftlichkeitsgebot entsprochen worden sei, übersieht diese, dass ihrer Aufrechnung - trotz entsprechenden Einwands der Klägerin (AS 25, 31) - auch undifferenziert Ausbildungskosten zugrunde gelegt wurden, bei denen unstrittig keine schriftliche Festlegung erfolgt war, nämlich für sämtliche Seminarbesuche vor Antritt der Arbeit durch die Klägerin und auch sämtliche von der Beklagten in Anrechnung gebrachten Entgelte für Zeiten, in denen die Klägerin keine Arbeitsleistung erbracht hatte. Im Hinblick auf den zwingenden Charakter dieser Kollektivvertragsbestimmung (siehe schon zur konkreten Festlegung aller Kosten in der Vorgängerbestimmung des Punkts römisch 22 des Kollektivvertrags: 9 ObA 278/01z) besteht kein vernünftiger Grund zur Annahme, dass allenfalls rückverrechenbare Abwesenheitszeiten ebenfalls genannt werden müssten. Selbst unter den von ihr selbst aufgestellten Prämissen hätte die Beklagte daher vorbringen müssen, welche Seminarkosten konkret schriftlich festgelegt worden sind. Dass bloße Urkundenhinweise derartiges Vorbringen nicht ersetzen können, entspricht ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0038037 [T3, T7, T19]).
Auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben wurde vom Berufungsgericht mit jedenfalls vertretbarer Rechtsauffassung verneint. Bei einem Dienstverhältnis auf unbestimmte Dauer müssen beide Vertragsteile damit rechnen, dass der andere die nach dem Angestelltengesetz eingeräumte Kündigungsmöglichkeit in Anspruch nimmt. Da es sich beim Schriftlichkeitsgebot der vorliegenden Kollektivvertragsbestimmung um eine Schutzbestimmung zugunsten des Arbeitnehmers handelt, kann eine Berufung darauf - ohne Hinzutreten weiterer Umstände - nicht für sich als rechtswidrig angesehen werden.
Ausgehend von obigen Erwägungen kommt es auf das von der Beklagten weiters angeschnittene Problem der „Freiwilligkeit" nicht mehr an. Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erweist sich die Revision als unzulässig.Ausgehend von obigen Erwägungen kommt es auf das von der Beklagten weiters angeschnittene Problem der „Freiwilligkeit" nicht mehr an. Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO erweist sich die Revision als unzulässig.
Anmerkung
E877899ObA64.08iSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inARD 5900/5/2008 = DRdA 2009,50XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:009OBA00064.08I.0605.000Zuletzt aktualisiert am
18.06.2009