TE OGH 2008/6/11 13Os36/08f

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Veröffentlicht am 11.06.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Just als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mamadou B***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG aF sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. November 2007, GZ 064 Hv 136/07y-63, sowie deren Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, des Angeklagten Colince J*****, seines Verteidigers Mag. Bischof sowie des Dolmetschers Dr. Lacom zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Just als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mamadou B***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall und Absatz 3, erster Fall SMG aF sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. November 2007, GZ 064 Hv 136/07y-63, sowie deren Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, des Angeklagten Colince J*****, seines Verteidigers Mag. Bischof sowie des Dolmetschers Dr. Lacom zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Colince J***** wegen mehrerer Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall und Abs 2 Z 2 erster Fall SMG aF (A/2/A) sowie demzufolge auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch, ebenso wie die Entscheidungen nach § 494a StPO, aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Colince J***** wegen mehrerer Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, sechster Fall und Absatz 2, Ziffer 2, erster Fall SMG aF (A/2/A) sowie demzufolge auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch, ebenso wie die Entscheidungen nach Paragraph 494 a, StPO, aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihrer Berufung und ihrer Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf die Kassation des Strafausspruchs und der Entscheidungen nach § 494a StPO verwiesen.Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihrer Berufung und ihrer Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf die Kassation des Strafausspruchs und der Entscheidungen nach Paragraph 494 a, StPO verwiesen.

Dem Angeklagten Colince J***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch den mittlerweile in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch eines weiteren Angeklagten enthaltenden Urteil wurde Colince J***** mehrerer Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall und Abs 2 Z 2 erster Fall SMG aF (A/2/A) sowie je eines Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF (A/2/B) schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen, auch den mittlerweile in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch eines weiteren Angeklagten enthaltenden Urteil wurde Colince J***** mehrerer Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, sechster Fall und Absatz 2, Ziffer 2, erster Fall SMG aF (A/2/A) sowie je eines Vergehens nach Paragraph 27, Absatz eins, erster und zweiter Fall SMG aF (A/2/B) schuldig erkannt.

Danach hat er

(A) in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Kokain

2/A) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, indem er

1) dem Mamadou B*****

a) im Juli und August 2007 22 Gramm mit einer Reinsubstanz von 3,9 Gramm sowie

b) am 28. August 2007 22 Gramm mit einer Reinsubstanz von 9,1 Gramm und

2) im Juli und August 2007 in mehreren Angriffen unbekannt gebliebenen Abnehmern 20 Gramm mit einer Reinsubstanz von 4 Gramm verkaufte, sowie

2/B) nach dem 8. Juni 2007 33 Gramm mit einer Reinsubstanz von 14,3 Gramm erworben und bis zum 29. August 2007 besessen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 3 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist teilweise im Recht. Die Mängelrüge (Z 5) zeigt zum Schuldspruch A/2/A im Ergebnis zutreffend eine undeutliche (Z 5 erster Fall) Urteilsbegründung bezüglich der subjektiven Tatseite auf.Die dagegen aus Ziffer 3 und 5 des Paragraph 281, Absatz eins, StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist teilweise im Recht. Die Mängelrüge (Ziffer 5,) zeigt zum Schuldspruch A/2/A im Ergebnis zutreffend eine undeutliche (Ziffer 5, erster Fall) Urteilsbegründung bezüglich der subjektiven Tatseite auf.

Die Erstrichter stellten insoweit den Verkauf einer die Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG aF) von 15 Gramm Kokain übersteigenden Menge von insgesamt 17 Gramm Reinsubstanz dieser Droge, den auf das vorschriftswidrige In-Verkehr-Setzen von Suchtgift gerichteten Vorsatz sowie die auf gewerbsmäßige Tatbegehung zielende Absicht fest (US 11 f). Die für eine (anklagekonforme - ON 39) Verurteilung wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG erforderlichen subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen erachteten sie hingegen als nicht gegeben. Bezogen auf diese Negativ-Feststellung enthält die angefochtene Entscheidung folgende Begründungspassage: „Insbesondere aber im Hinblick auf die nur 2 Gramm über der Grenzmenge liegende Cocainmenge entschied sich der erkennende Senat nach einer Gesamtschau dieser Verfahrensergebnisse im Zweifel dafür, es dem J***** nicht zu unterstellen, dass er es ernstlich für möglich hielt, eine große Menge an Suchtgift in Verkehr zu setzen" (US 31). Da aber der Umstand, dass die als in Verkehr gesetzt konstatierte Suchtgiftmenge die Grenzmenge um zwei Gramm übersteigt, die angesprochene Feststellung zur subjektiven Tatseite nicht trägt und das Ersturteil nicht erkennen lässt, welche „Verfahrensergebnisse" insoweit darüber hinaus als erheblich erachtet worden sind, ist aus objektiver Sicht nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten erkennbar, aus welchen Gründen die bezeichnete (Negativ-)Konstatierung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 419).Die Erstrichter stellten insoweit den Verkauf einer die Grenzmenge (Paragraph 28, Absatz 6, SMG aF) von 15 Gramm Kokain übersteigenden Menge von insgesamt 17 Gramm Reinsubstanz dieser Droge, den auf das vorschriftswidrige In-Verkehr-Setzen von Suchtgift gerichteten Vorsatz sowie die auf gewerbsmäßige Tatbegehung zielende Absicht fest (US 11 f). Die für eine (anklagekonforme - ON 39) Verurteilung wegen des Verbrechens nach Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall und Absatz 3, erster Fall SMG erforderlichen subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen erachteten sie hingegen als nicht gegeben. Bezogen auf diese Negativ-Feststellung enthält die angefochtene Entscheidung folgende Begründungspassage: „Insbesondere aber im Hinblick auf die nur 2 Gramm über der Grenzmenge liegende Cocainmenge entschied sich der erkennende Senat nach einer Gesamtschau dieser Verfahrensergebnisse im Zweifel dafür, es dem J***** nicht zu unterstellen, dass er es ernstlich für möglich hielt, eine große Menge an Suchtgift in Verkehr zu setzen" (US 31). Da aber der Umstand, dass die als in Verkehr gesetzt konstatierte Suchtgiftmenge die Grenzmenge um zwei Gramm übersteigt, die angesprochene Feststellung zur subjektiven Tatseite nicht trägt und das Ersturteil nicht erkennen lässt, welche „Verfahrensergebnisse" insoweit darüber hinaus als erheblich erachtet worden sind, ist aus objektiver Sicht nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten erkennbar, aus welchen Gründen die bezeichnete (Negativ-)Konstatierung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 419).

Zudem weist die Rüge zutreffend darauf hin, dass in diesem Zusammenhang auch das uneingeschränkte Geständnis des Angeklagten J***** (S 361) unerörtert blieb (Z 5 zweiter Fall). Aufgrund des dargelegten Begründungsmangels war der Nichtigkeitsbeschwerde hinsichtlich des Schuldspruchs A/2/A Folge zu geben.Zudem weist die Rüge zutreffend darauf hin, dass in diesem Zusammenhang auch das uneingeschränkte Geständnis des Angeklagten J***** (S 361) unerörtert blieb (Ziffer 5, zweiter Fall). Aufgrund des dargelegten Begründungsmangels war der Nichtigkeitsbeschwerde hinsichtlich des Schuldspruchs A/2/A Folge zu geben.

Ein Eingehen auf das weitere diesen Schuldspruch betreffende Beschwerdevorbringen erübrigt sich daher.

Im zweiten Rechtsgang wird zu beachten sein, dass die Frage, ob der Reinheitsgehalt der nicht sichergestellten Suchtgifte - wie festgestellt - 20 % oder - den Untersuchungsberichten zu den beschlagnahmten Kokainmengen (ON 37 und 38) folgend - nahezu 50 % betragen hat, hier nur wegen der - undeutlich begründeten - Konstatierungen zur subjektiven Tatseite nicht entscheidend gewesen ist. Allfällige differente Urteilsprämissen würden daher auch diesbezüglich eine eingehende Begründung verlangen. Hinsichtlich des Schuldspruchs A/2/B hingegen ist die Beschwerde nicht im Recht.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 3) ist es unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes unbeachtlich, wenn die Aussprüche nach § 260 Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO nicht übereinstimmen, indem dieser durch die im jenem referierte Tatsachengrundlage nicht gedeckt ist. Ob der Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 2 StPO auf einer zureichenden Tatsachengrundlage basiert, ist nämlich allein unter dem Blickwinkel der Rechts- und Subsumtionsrüge von Belang, die wiederum bloß die in den Entscheidungsgründen als erwiesen angenommenen Tatsachen zum Vergleich heranziehen kann (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 274). Der Einwand, die Verwendung des Begriffs der „großen Menge" im Urteilstenor (US 3) widerspreche den Feststellungen zu den Suchtgiftmengen (der Sache nach Z 5 dritter Fall), übersieht, dass der (inhaltlich) herangezogene Nichtigkeitsgrund insoweit nur dann vorliegt, wenn die aus Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) und Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) gebildete Gesamtmenge der im Urteil genannten entscheidenden Tatsachen mit sich selbst im Widerspruch steht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 276). Dies ist aber hier nicht der Fall, weil das Erstgericht auch in den Entscheidungsgründen festhält, dass die Suchtgiftmenge insgesamt objektiv die Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG aF) überstiegen hat.Entgegen der Verfahrensrüge (Ziffer 3,) ist es unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes unbeachtlich, wenn die Aussprüche nach Paragraph 260, Absatz eins, Ziffer eins und Ziffer 2, StPO nicht übereinstimmen, indem dieser durch die im jenem referierte Tatsachengrundlage nicht gedeckt ist. Ob der Ausspruch nach Paragraph 260, Absatz eins, Ziffer 2, StPO auf einer zureichenden Tatsachengrundlage basiert, ist nämlich allein unter dem Blickwinkel der Rechts- und Subsumtionsrüge von Belang, die wiederum bloß die in den Entscheidungsgründen als erwiesen angenommenen Tatsachen zum Vergleich heranziehen kann (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 274). Der Einwand, die Verwendung des Begriffs der „großen Menge" im Urteilstenor (US 3) widerspreche den Feststellungen zu den Suchtgiftmengen (der Sache nach Ziffer 5, dritter Fall), übersieht, dass der (inhaltlich) herangezogene Nichtigkeitsgrund insoweit nur dann vorliegt, wenn die aus Erkenntnis (Paragraph 260, Absatz eins, Ziffer eins, StPO) und Entscheidungsgründen (Paragraph 270, Absatz 2, Ziffer 5, StPO) gebildete Gesamtmenge der im Urteil genannten entscheidenden Tatsachen mit sich selbst im Widerspruch steht (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 276). Dies ist aber hier nicht der Fall, weil das Erstgericht auch in den Entscheidungsgründen festhält, dass die Suchtgiftmenge insgesamt objektiv die Grenzmenge (Paragraph 28, Absatz 6, SMG aF) überstiegen hat.

Die Behauptung der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht habe sich nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt (Z 5 zweiter Fall), dass Colince J***** vor seiner Festnahme, bei der das vom Schuldspruch A/2/B umfasste Suchtgift sichergestellt wurde, im Begriff war, seinen Abnehmer Mamadou B***** zu treffen, trifft ebensowenig zu wie das Vorbringen, die angefochtene Entscheidung übernehme kritiklos (Z 5 vierter Fall) die Behauptung J*****s, „er habe keine andere Aufbewahrungsmöglichkeit gehabt" (siehe US 32 f).Die Behauptung der Mängelrüge (Ziffer 5,), das Erstgericht habe sich nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt (Ziffer 5, zweiter Fall), dass Colince J***** vor seiner Festnahme, bei der das vom Schuldspruch A/2/B umfasste Suchtgift sichergestellt wurde, im Begriff war, seinen Abnehmer Mamadou B***** zu treffen, trifft ebensowenig zu wie das Vorbringen, die angefochtene Entscheidung übernehme kritiklos (Ziffer 5, vierter Fall) die Behauptung J*****s, „er habe keine andere Aufbewahrungsmöglichkeit gehabt" (siehe US 32 f).

Bezüglich des Schuldspruchs A/2/B war die Nichtigkeitsbeschwerde daher zu verwerfen.

Aufgrund der Teilkassation des Schuldspruchs waren auch der Strafausspruch sowie die Entscheidungen über den Widerruf einer bedingten Entlassung und einer bedingten Strafnachsicht samt Probezeitverlängerung aufzuheben.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.Der Kostenausspruch beruht auf Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO.

Anmerkung

E87958 13Os36.08f-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0130OS00036.08F.0611.001

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2008
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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