Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Amanallah J*****, vertreten durch Dr. Gerald Albrecht, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Ilinka W*****, und 2. Rudolf W*****, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. November 2007, GZ 38 R 187/07t-11, womit das Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom 24. Mai 2007, GZ 8 C 36/07v-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
1. Die Beklagten begründen die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels im Wesentlichen damit, dass sich das Berufungsgericht auf angebliche Feststellungen des Erstgerichts gestützt habe, wonach zum Zeitpunkt des Verlassens der aufgekündigten Wohnung durch die Beklagten keine konkrete Rückkehrabsicht bestanden habe. Diesen Ausführungen fehle aber jede Grundlage in den erstgerichtlichen Feststellungen, zumal diese lediglich auf die Frage einer zwischen den Beklagten und deren Tochter hinsichtlich des konkreten Rückkehrtermins getroffenen Vereinbarung Bezug nähmen, während erstgerichtliche Feststellungen zur Frage einer Rückkehrabsicht der Beklagten fehlten. Dem Berufungsgericht sei es gemäß § 488 ZPO verwehrt gewesen, seiner rechtlichen Beurteilung ohne vorangehende Beweisergänzung von den erstgerichtlichen Feststellungen nicht umfasste, wenn auch rechtserhebliche Sachverhaltselemente zu Grunde zu legen.1. Die Beklagten begründen die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels im Wesentlichen damit, dass sich das Berufungsgericht auf angebliche Feststellungen des Erstgerichts gestützt habe, wonach zum Zeitpunkt des Verlassens der aufgekündigten Wohnung durch die Beklagten keine konkrete Rückkehrabsicht bestanden habe. Diesen Ausführungen fehle aber jede Grundlage in den erstgerichtlichen Feststellungen, zumal diese lediglich auf die Frage einer zwischen den Beklagten und deren Tochter hinsichtlich des konkreten Rückkehrtermins getroffenen Vereinbarung Bezug nähmen, während erstgerichtliche Feststellungen zur Frage einer Rückkehrabsicht der Beklagten fehlten. Dem Berufungsgericht sei es gemäß Paragraph 488, ZPO verwehrt gewesen, seiner rechtlichen Beurteilung ohne vorangehende Beweisergänzung von den erstgerichtlichen Feststellungen nicht umfasste, wenn auch rechtserhebliche Sachverhaltselemente zu Grunde zu legen.
Rechtliche Beurteilung
2. Es begründet einen (vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmenden) Verfahrensfehler, wenn das Berufungsgericht von Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts ohne Beweiswiederholung abgeht (2 Ob 294/05g mwN). Ein Verfahrensmangel liegt aber dann nicht vor, wenn das Berufungsgericht nur auf weitere Beweisergebnisse verweist oder bislang nicht ins Treffen geführte Argumente zur Untermauerung der Richtigkeit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung heranzieht (Zechner in Fasching/Konecny2 § 503 ZPO Rz 127).2. Es begründet einen (vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmenden) Verfahrensfehler, wenn das Berufungsgericht von Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts ohne Beweiswiederholung abgeht (2 Ob 294/05g mwN). Ein Verfahrensmangel liegt aber dann nicht vor, wenn das Berufungsgericht nur auf weitere Beweisergebnisse verweist oder bislang nicht ins Treffen geführte Argumente zur Untermauerung der Richtigkeit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung heranzieht (Zechner in Fasching/Konecny2 Paragraph 503, ZPO Rz 127).
Im vorliegenden Fall brachten die Beklagten vor, dass die Rückkehr in die aufgekündigte Wohnung bei Verbesserung der gesundheitlichen Situation des Zweitbeklagten erfolgen werde (ON 2), dass die Rückkehr von den Temperatur- und Druckverhältnissen abhängig sei - „Saharahitze-Periode" - (ON 5), und dass mit der jüngeren Tochter der Wiedereinzug zum 1. Juni 2007 vereinbart worden sei (ON 6). Das Erstgericht erachtete dieses Vorbringen nach Durchführung des Beweisverfahrens als nicht erwiesen, traf hinsichtlich der behaupteten Rückkehrvereinbarung eine Negativfeststellung und begründete diese unter anderem auch mit dem Umstand, dass der Zweitbeklagte in seiner Aussage selbst eingeräumt habe, dass es ihm auch schon im Herbst 2006 ohne Probleme möglich gewesen wäre, in die Wohnung zurückzukehren. Daraus lässt sich zwanglos die vom Berufungsgericht abgeleitete Schlussfolgerung ableiten, dass das Erstgericht die konkrete Rückkehrabsicht der Beklagten zum Zeitpunkt des Verlassens der aufgekündigten Wohnung verneint hatte. Mangels Abgehens von den erstgerichtlichen Feststellungen erweist sich der aufgezeigte Verfahrensmangel daher - ebenso wie die behauptete Aktenwidrigkeit - als nicht gegeben.
3. Auch wenn der Mieter die Wohnung nicht regelmäßig zu Wohnzwecken verwendet, berechtigt dies den Vermieter dann nicht zur Kündigung, wenn der Mieter ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietvertrags hat. Diese Voraussetzung ist allerdings nur erfüllt, wenn feststeht, dass der Mieter die Wohnung mit Sicherheit in naher Zukunft wieder benötigen wird. Auf ungewisse, in der Zukunft liegende Möglichkeiten ist nicht Bedacht zu nehmen. Ob das Gericht zweiter Instanz im konkreten Fall aufgrund der festgestellten Umstände zu Recht den Schluss gezogen hat, dass den Beklagten kein schutzwürdiges Interesse zuzubilligen sei, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0079210). Die von den Vorinstanzen getroffene Beurteilung, dass den Beklagten (schon) im Auszugszeitpunkt der von der Rechtsprechung geforderte konkrete zukünftige Bedarf an der aufgekündigten Wohnung gefehlt habe, ist im Lichte der obigen Ausführungen jedenfalls vertretbar und stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende (krasse) Fehlbeurteilung dar. Die Revisionsausführungen der Beklagten werfen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Dies führt zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision.3. Auch wenn der Mieter die Wohnung nicht regelmäßig zu Wohnzwecken verwendet, berechtigt dies den Vermieter dann nicht zur Kündigung, wenn der Mieter ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietvertrags hat. Diese Voraussetzung ist allerdings nur erfüllt, wenn feststeht, dass der Mieter die Wohnung mit Sicherheit in naher Zukunft wieder benötigen wird. Auf ungewisse, in der Zukunft liegende Möglichkeiten ist nicht Bedacht zu nehmen. Ob das Gericht zweiter Instanz im konkreten Fall aufgrund der festgestellten Umstände zu Recht den Schluss gezogen hat, dass den Beklagten kein schutzwürdiges Interesse zuzubilligen sei, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0079210). Die von den Vorinstanzen getroffene Beurteilung, dass den Beklagten (schon) im Auszugszeitpunkt der von der Rechtsprechung geforderte konkrete zukünftige Bedarf an der aufgekündigten Wohnung gefehlt habe, ist im Lichte der obigen Ausführungen jedenfalls vertretbar und stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende (krasse) Fehlbeurteilung dar. Die Revisionsausführungen der Beklagten werfen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auf. Dies führt zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision.
Textnummer
E87974European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0010OB00017.08V.0620.000Im RIS seit
20.07.2008Zuletzt aktualisiert am
02.03.2016