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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, in der Beschwerdesache der S, vertreten durch Mag. Karin Hutter, Rechtsanwältin in 6330 Kufstein, Oberer Stadtplatz 6, gegen die Erledigung der Österreichischen Botschaft Tunis vom 9. September 2004, betreffend Versagung eines Visums, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stellte am 9. September 2004 bei der Österreichischen Botschaft in Tunis den formularmäßigen Antrag auf Erteilung eines "Schengen-Visums" für Besuchszwecke in Österreich. Am selben Tag erhielt die Beschwerdeführerin eine Kopie der ablehnenden Erledigung, die (als Vordruck mit Einfügungen und Ankreuzen) im Wesentlichen folgenden Inhalt aufweist: Die Beschwerdeführerin habe am 9. September 2004 einen Antrag auf Erteilung eines Visums eingebracht. Eine Prüfung habe ergeben, dass Grund zur Annahme bestehe, dass sie das Bundesgebiet nach Ablauf der Gültigkeit des Visums nicht unaufgefordert verlassen werde, weil sie nicht überzeugend habe nachweisen können, dass sie feste familiäre, soziale oder wirtschaftliche Bindungen an ihrem derzeitigen Wohnsitz habe.
Diese Erledigung weist das Datum 9. September 2004 und - wie sich aus dem Aktenvermerk auf dem Original ergibt - die Unterschrift der Beschwerdeführerin auf. Diese Unterschrift hatte offenbar den Zweck einer Übernahmebestätigung. Die Ausfertigung verfügt somit - wie auch die im Akt erliegende Urschrift - weder über eine Unterschrift eines Botschaftsorgans noch über ein Siegel der Republik Österreich.
Die gegen diese Erledigung erhobene Beschwerde erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG ist ein wirksam erlassener Bescheid eine Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Bescheidbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Oktober 2007, Zl. 2007/21/0216). Für das Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden enthält § 93 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG besondere Verfahrensvorschriften.
§ 93 FrG lautet auszugsweise:
"Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden
§ 93. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes zweckdienlichen Urkunden und sonstige Beweismittel selbst vorzulegen; die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Über schriftlichen oder niederschriftlichen Antrag der Partei ist die Entscheidung gemäß Abs. 1 auch schriftlich auszufertigen; hiebei sind außer der getroffenen Entscheidung die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen anzuführen; einer weiteren Begründung bedarf es nicht.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Behörde oder auf postalischem Wege zu erfolgen.
..."
Gemäß § 93 Abs. 3 erster Satz FrG bedarf somit eine Ausfertigung ua. der Unterschrift des Genehmigenden oder - sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist - des Siegels der Republik Österreich. Keine der beiden Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt.
Die im Verwaltungsakt erliegende Urschrift des Bescheides weist keine Unterschrift eines Botschaftsorgans, sondern lediglich Datum und Unterschrift der Beschwerdeführerin auf. Somit wurde die Erledigung nicht nur nicht wirksam erlassen, sondern es fehlt ihr überhaupt an Bescheidqualität (siehe auch dazu den hg. Beschluss Zl. 2007/21/0216).
Mangels Vorliegens eines tauglichen Anfechtungsobjektes war somit die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Ein Kostenzuspruch hat in einer Konstellation wie der vorliegenden zu unterbleiben (vgl. auch dazu den bereits zitierten hg. Beschluss Zl. 2007/21/0216).
Wien, am 22. November 2007
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein Bescheidbegriff Mangelnder BescheidcharakterEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004210256.X00Im RIS seit
03.04.2008