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L00152 Unabhängiger Verwaltungssenat Kärnten;Norm
AsylG 1997 §34b Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des S, vertreten durch Solicitor Edward W. Daigneault in 1170 Wien, Hernalser Gürtel 47/4 (Einvernehmensanwalt Dr. Herbert Kaspar, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Wilhelmstraße 54), gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 26. Mai 2006, Zl. Senat-FR-05-3006, betreffend u.a. Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Spruchpunkt 2. wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Georgien, reiste am 28. Juli 2005 in das Bundesgebiet ein. Er beantragte, nachdem ein früherer Asylantrag mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen und der Beschwerdeführer nach Norwegen ausgewiesen worden war, am 17. Oktober 2005 (neuerlich) die Gewährung von Asyl. Eine Erledigung dieses Antrages kann den vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnommen werden.
Am 6. Dezember 2005 wurde der Beschwerdeführer bei einer Verkehrskontrolle angehalten und bis zum Tag darauf in polizeilichem Gewahrsam festgehalten.
Mit - am selben Tag in Vollzug gesetztem - Bescheid vom 7. Dezember 2005 ordnete die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten über den Beschwerdeführer gemäß § 34b Abs. 1 Z. 2 AsylG 1997 die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Ausweisung sowie seiner Abschiebung an. Die Schubhaft wurde bis zum 13. Dezember 2005 aufrecht erhalten.
Der Beschwerdeführer hatte am 9. Dezember 2005 unter Hinweis auf seinen noch unerledigten Asylantrag und den damit verbundenen faktischen Abschiebeschutz Beschwerde an die belangte Behörde erhoben. Darin beantragte er, die Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung ab 6. Dezember 2005 bis zur Inschubhaftnahme, die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, seiner Anhaltung in Schubhaft und weiters festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Mai 2006 sprach die belangte Behörde zu diesen Vorgängen aus, die Beschwerde gegen die vom 6. bis zum 7. Dezember 2005 dauernde Anhaltung werde gemäß § 66 Abs. 4 AVG mangels Vorliegens eines anfechtbaren Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt 1); die Schubhaftbeschwerde werde gemäß § 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt 2).
Zu Spruchpunkt 2. führte die belangte Behörde begründend näher aus, dass die Verhängung der Schubhaft "gemäß § 76 Abs. 1 und Abs. 2" des (am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen) FPG zu Recht erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die - vorerst nur soweit sie Spruchpunkt 2 betrifft - der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die belangte Behörde bereits mit (der Beschwerde beigelegtem) Bescheid vom 29. Dezember 2005 ausgesprochen habe, dass der Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 7. Dezember 2005 sowie die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 7. bis zum 13. Dezember 2005 rechtswidrig gewesen seien. Dieses Vorbringen ist weder durch die vorgelegten Verwaltungsakten widerlegt, noch tritt ihm die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift entgegen. (Im genannten Bescheid vom 29. Dezember 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer - jedenfalls - zum 13. Dezember 2005 eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt worden war.)
Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides erweist sich demnach schon deshalb als verfehlt, weil die belangte Behörde über ein und dieselbe Schubhaftbeschwerde ein zweites Mal entschieden hat. Die - vorliegend angefochtene - zweite Entscheidung ist daher mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde behaftet. Hat nämlich die Berufungsbehörde über ein Rechtsmittel bereits rechtswirksam entschieden, so wird durch eine neuerliche Entscheidung über das Rechtsmittel im selben Rechtsgang der Grundsatz des "ne bis in idem" verletzt und es wird eine nach dem Gesetz nicht zustehende Kompetenz in Anspruch genommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2006/21/0349 m.w.N.). Das gilt sinngemäß auch für die zweifache Erledigung einer Schubhaftbeschwerde durch den Unabhängigen Verwaltungssenat.
Anzumerken ist weiters, dass auf den vorliegenden Fall die - zudem selbst bei Beendigung der Schubhaft am 13. Dezember 2005 noch nicht einmal in Kraft gestandenen - Bestimmungen des § 76 FPG keinesfalls anzuwenden waren.
Nach dem Gesagten war Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides richtet, bleibt eine gesonderte Erledigung des hiefür zuständigen Senates des Verwaltungsgerichtshofes vorbehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. November 2007
Schlagworte
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenRechtskraft Besondere Rechtsprobleme BerufungsverfahrenRechtsverletzung sonstige FälleBesondere RechtsgebieteZurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006210268.X00Im RIS seit
24.01.2008Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009