TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/27 2006/06/0257

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Veröffentlicht am 27.11.2007
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;

Norm

BauG Stmk 1995 §13 Abs1;
BauG Stmk 1995 §13 Abs3;
BauG Stmk 1995 §4 Z17 litb;
BauG Stmk 1995 §4 Z17 litc;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde der I GmbH in D, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch, Dr. Klaus Kollmann, Dr. Günter Folk, Dr. Werner Stegmüller und Mag. Franz Doppelhofer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Reitschulgasse 1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 31. August 2006, Zl. FA13B-12.10-D-45/2006-14, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Ing. H S in D, vertreten durch Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Grazer Straße 21), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 23. Mai 2005 kam die Beschwerdeführerin mit Zustimmung des Grundeigentümers um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses auf einer Liegenschaft im Gebiet der Stadtgemeinde D ein (in der Folge kurz: Gemeinde; wann das Gesuch eingebracht wurde, ist den Akten nicht zu entnehmen, jedenfalls nicht später als die am 31. Mai 2005 erfolgte Kundmachung der Bauverhandlung). Die zu bebauende Liegenschaft ist in dem am 25. März und 30. Juni 1999 beschlossenen und im August 1999 in Geltung getretenen Flächenwidmungsplan als Kerngebiet gewidmet (Bebauungsdichte 0,2 - 2,5). Einen Bebauungsplan oder Bebauungsrichtlinien gibt es für die zu bebauende Liegenschaft nicht. Sie grenzt im Norden an die A-Straße und im Westen an die B-Straße (Eck-Bauplatz) an. Unmittelbar südlich an der B-Straße schließt die Liegenschaft des Beschwerdeführers an, die ihrerseits im Süden und im Südosten an die C-Straße grenzt. Auf der Liegenschaft des Mitbeteiligten befindet sich ein Gebäude, das entlang der östlichen, südöstlichen und südlichen Grenze situiert ist, und zwar dergestalt, dass entlang der B-Straße zur gemeinsamen Grenze mit der zu bebauenden Liegenschaft ein größerer, zur B-Straße hin offener Hofraum gegeben ist. Der nördliche Teil des Gebäudes des Mitbeteiligten reicht bis an die gemeinsame Grundgrenze (das ist der im Beschwerdefall relevante Bereich); gemäß den in den Verwaltungsakten befindlichen Lichtbildern ist dieses Gebäude dreigeschossig (Erdgeschoss und zwei Obergeschosse, gedeckt mit einem Satteldach mit der Giebelwand zur Grundgrenze, wobei die Giebelwand Teil der Feuermauer ist). Diesen Lichtbildern ist weiters zu entnehmen, dass sich in der Feuermauer an der gemeinsamen Grundgrenze sichtlich jedenfalls auf der Ebene des zweiten Obergeschosses ein Fenster befindet; diese Lichtbilder deuten weiters darauf hin (unverputzte Teile der fraglichen Feuermauer), dass auf der nun zu bebauenden Liegenschaft ein zwischenzeitig abgebrochener Gebäudeteil an dieser Feuermauer angebaut war, der nicht höher als ein bis zwei Geschosse war (das zuvor beschriebene Fenster in der Feuermauer befindet sich im verputzen Teil über der höchsten Ebene des unverputzten Teiles; es ist in den Plänen nicht dargestellt, sodass dessen genaue Lage in Bezug auf den projektierten Neubau den gegebenen Unterlagen nicht zu entnehmen ist).

Projektgegenständlich ist die Errichtung eines winkelförmigen viergeschossigen Gebäudes (Erdgeschoß und drei Obergeschosse, mit einem Flachdach gedeckt) entlang der A-Straße und entlang der gesamten Grundgrenze zur B-Straße, das demnach unmittelbar an die gemeinsame Grundgrenze anschließt. Im Hofraum sind Stellplätze für 15 Pkw vorgesehen. Gemäß den Einreichplänen besteht an der gemeinsamen Grundgrenze zwischen der hofseitigen Front des projektierten Gebäudes und der straßenseitigen Front des Gebäudes des Mitbeteiligten ein Abstand von rund 4,40 m (in den Plänen nicht kotiert, nach dem Plan gemessen).

Die Baubehörde erster Instanz beraumte mit Kundmachung vom 31. Mai 2005 die Bauverhandlung für den 15. Juni 2005 an.

In einer Stellungnahme vom 14. Juni 2005 führte der (offensichtlich von der Gemeinde beigezogene) Raumplaner DI P. unter anderem aus, das Projekt betreffe eine Eckbebauung an der Kreuzung A- und B-Straße. Es handle sich aus der Sicht des Ortsbildes um einen äußerst markanten Eckbereich in unmittelbarer Nähe zum bestehenden Kreisverkehr. Demzufolge komme der städtebaulichen wie formalen Ausrichtung dieser Eckbebauung eine entsprechende Bedeutung und Verantwortung zu (es folgen verschiedene Überlegungen, die für das Beschwerdeverfahren nicht unmittelbar von Relevanz sind). Abschließend heißt es (überschrieben mit: "Achtung wichtiger Hinweis"), aus Gründen der geltenden Abstandsbestimmungen sei anzumerken, dass an der südlichen Grundstücksgrenze auf Grund der Bestandssituation des angrenzenden Objektes (gemeint ist das Gebäude des Mitbeteiligten) eine gekuppelte Bauweise unabdingbar sei (Grenzverbauung). Diesem Umstand sei jedenfalls baurechtlich entsprechend Rechnung zu tragen.

Der Mitbeteiligte erhob rechtzeitig vor und in der Bauverhandlung verschiedene Einwendungen gegen das Vorhaben, und zwar wegen Verletzung der Abstandsvorschriften und wegen der zu erwartenden Lärmimmissionen.

Noch in der Bauverhandlung wurde das Vorhaben dahin erweitert (die Darstellung im Plan wurde entsprechend ergänzt), dass nun an der gemeinsamen Grundgrenze hofseitig im Anschluss an die hofseitige Front des projektierten Gebäudes ein gedeckter Abstellplatz vorgesehen ist, und hiezu entlang der gemeinsamen Grundgrenze eine Brandwand mit einer Höhe von 3,0 m und einer Länge von 6,0 m errichtet werden soll (was eine Überdeckung mit der Feuermauer des Hauses des Mitbeteiligten von rund 1,60 m ergibt), und daran anschließend eine rund 2,0 m lange Querwand (der vorgesehene Abstellplatz sei somit dreiseits durch Mauern begrenzt, nämlich an der einen Schmalseite und an der einen Längsseite durch die zusätzlich projektierte Wand, an der weiteren Schmalseite durch die Außenwand des projektierten Neubaues; die zweite Längsseite ist zur Gänze offen).

Der Bürgermeister der Gemeinde erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 15. Juni 2005 die angestrebte Baubewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen, darunter Punkt 28.: "Bauplatzfestlegung: Bebauungsdichte:

min. 0,3 max. 2,5; Geschlossene/Gekuppelte Bauweise".

In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wird auf die Stellungnahme des Raumplaners P. eingegangen und es heißt darin auch, es sei geplant, das Gebäude an die südliche Grundgrenze zum Grundstück des Mitbeteiligten zu stellen und einen Zusammenbau mit dem auf seinem Grundstück befindlichen Gebäude vorzunehmen. Dieser erfolge mit einer geschlossenen Sichtbetonwand und vorgelagerten Überdachung für einen Abstellplatz ("raumbildend"). Der Einreichplan sei am heutigen Tag (gemeint: in der Bauverhandlung) "um den Zusammenbau" vom Bauwerber ergänzt worden. Gemäß § 4 Z. 17 lit. b Stmk. BauG bestehe eine gekuppelte Bebauungsweise bei an Grundgrenzen aneinander gebauten baulichen Anlagen (gemeint: was hier der Fall sei). Das Grundstück liege im Zentrumsbereich, umliegend sei überwiegend die geschlossene Bebauung gegeben. Die geschlossene/gekuppelte Bebauungsweise könne daher als durchaus ortsüblich angesehen werden.

Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er (unter Hinweis auf ein Lichtbild, das im Vordergrund Abbrucharbeiten auf dem zu bebauenden Grundstück und im Hintergrund sein Haus zeigt, und auf eine Ablichtung eines Katasterplanes) ausführte, das abgebrochene Gebäude sei direkt an die Brandwand seines Gebäudes angebaut gewesen. Nur im Bereich der B-Straße habe es einen Abstand von ca. 4 m eingehalten (gemeint ist nach dem Zusammenhang die gemeinsame Grundgrenze), sodass vorne (gemeint: zur B-Straße) ein gemeinsamer Hof gebildet worden sei. Im rückwärtigen Bereich sei "der Altbestand gegeben" gewesen, der auch einen Schallschutz für den Innenhof in Richtung des Grundstückes des Mitbeteiligten gebildet habe. Damit sei eine geschlossene Bauweise verwirklicht worden. Dadurch, dass die Beschwerdeführerin nun in Richtung seines Grundstückes ein Nebengebäude, nämlich ein Carport errichten wolle, werde keine "geschlossene gekuppelte Bauweise" herbeigeführt. Diese wäre ja nur dann gegeben, wenn das neue Gebäude wiederum mit der geplanten Feuermauer Wand an Wand an sein Haus angebaut werde. Gemäß § 13 Abs. 1 Stmk. BauG habe die Beschwerdeführerin nur die Möglichkeit, ihr Gebäude unmittelbar an sein Haus anzubauen, oder aber sie müsse den im Gesetz geforderten Gebäudeabstand von (hier) 11 m einhalten. Dies jedenfalls schon deshalb, weil "die Hausfassade" seines Gebäudes in Richtung des Grundstückes der Beschwerdeführerin "ein Fenster aufweist bzw. mehrere Fensteröffnungen vorliegen", sodass das Gebäude, wenn es nicht unmittelbar an sein Gebäude angebaut werde, und zwar in "der ursprünglichen Form", die erforderlichen Gebäudeabstände einhalten müsse (auf diesem Lichtbild sind im verputzten Teil der Feuermauer des Hauses des Beschwerdeführers außer dem bereits zuvor genannten Fenster zwei kleine Fenster zu sehen, in der Dimension wie etwa Fenster von WC, die von der B-Straße und somit auch von der hofseitigen Front des geplanten Neubaues weiter weg entfernt sind als das zuvor genannte größere Fenster). Mit dem Projekt sei beabsichtigt, unmittelbar an der Grenze seines Grundstückes eine 15,5 m hohe Brandmauer zu errichten (gemeint ist sichtlich die Feuermauer des geplanten Neubaues), sodass "bei Rechtmäßigkeit eines derartigen Baues" in Hinkunft die Abendsonne für die im Haus des Mitbeteiligten gelegenen Wohnungen verloren ginge. Nicht einmal ein gefahrloses Ausfahren vom Hof seines Grundstückes (auf die B-Straße) mit Fahrzeugen wäre möglich. Weiters brachte der Mitbeteiligte vor, auf Grund der zu erwartenden Immissionen (wegen des Zu- und Abfahrens von Fahrzeugen auf der projektgegenständlichen Liegenschaft) wären keine zufrieden stellenden Wohn- und Arbeitsbedingungen auf seinem Grundstück mehr gegeben.

Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der Gemeinde vom 15. Juli 2005 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Dagegen erhob der Mitbeteiligte Vorstellung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. November 2005 wurde der Vorstellung Folge gegeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen. Tragender Aufhebungsgrund war, dass die Baubehörden zu Unrecht kein lärmtechnisches Gutachten zwecks Prüfung der diesbezüglichen Einwendungen des Mitbeteiligten eingeholt hätten.

Die Berufungsbehörde holte im fortgesetzten Verfahren auf Gemeindeebene ein schalltechnisches Gutachten ein und gab in der Folge der Berufung mit Bescheid vom 2. Jänner 2006 nur insoweit Folge, als die Beschwerdeführerin durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen habe, dass die im lärmtechnischen Gutachten ausgewiesenen Parkplätze Nr. 9 bis 15 während der Nachtstunden (22.00 h bis 6.00 h) nicht benützt würden.

Zu der im nunmehrigen Beschwerdeverfahren relevanten Abstandsproblematik führte die Berufungsbehörde aus, wie aus den planlichen Darstellungen und dem Akteninhalt hervorgehe, sei das Projekt in gekuppelter Bauweise zum Grundstück des Mitbeteiligten vorgesehen. Gemäß § 4 Z 17 lit. b Stmk. BauG liege nämlich gekuppelte Bauweise bei an einer Grenze aneinander gebauten Anlage vor. Dieses Erfordernis werde durch Errichtung (gemeint: der baulichen Anlagen) an der Grundgrenze und den Anschluss an das bestehende Gebäude des Mitbeteiligten erfüllt. Im Übrigen habe der Raumplaner P. ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer gekuppelten Bauweise aus städteplanerischer Sicht verwiesen.

Dagegen erhob der Mitbeteiligte Vorstellung.

Die belangte Behörde holte im Vorstellungsverfahren zunächst eine Stellungnahme ihrer Fachabteilung für allgemeine technische Angelegenheiten ein. In dieser Stellungnahme vom 27. März 2006 heißt es zusammenfassend, es handle sich im Beschwerdefall eher um eine Rechtsfrage als um eine Problematik bautechnischer Natur.

Hiezu könne aber Folgendes ausgesagt werden: sowohl die Steiermärkische Bauordnung 1857 (§ 30) als auch die Bauordnung 1881 für die Landeshauptstadt Graz (§ 13) sowie die Bauordnung 1968 (§ 4) regelten die beiden möglichen Varianten der Situierung benachbarter Gebäude zueinander, nämlich dass diese entweder aneinander anzubauen seien oder einen ausreichenden Gebäudeabstand einzuhalten hätten. Konsequenterweise sei auch im § 13 Stmk. BauG diese Regelung beibehalten worden. § 13 Abs. 3 leg. cit. präzisiere dabei die Vorgangsweise bei zeitlichem Auseinanderfallen der Errichtungsphasen solcher benachbarter Gebäude, sodass mit der Wahlmöglichkeit "an die Grundgrenze anzubauen" tatsächlich bloß ein Anbauen an das Nachbargebäude gemeint sein könne. Insofern folge auch aus § 13 Abs. 3 letzter Satz leg. cit. logischerweise, dass hinsichtlich allfälliger Öffnungen "das Gebäude an der Grenze" zu prüfen sei. Eine andere Auslegung hinsichtlich § 13 Abs. 3 iVm Abs. 1 Stmk. BauG würde zu dem sinnlosen Ergebnis führen, dass durch das bloße Anbauen an einer beliebigen, nicht durch Nachbargebäude berührten Stelle entlang der Grundgrenze der Gebäudeabstand nicht mehr einzuhalten wäre.

Die Auffassung, wonach durch die Brandwand eine gekuppelte Bauweise vorläge, könne durchaus geteilt werden, wenn man darunter, der Legaldefinition des § 4 Z 17 lit. b Stmk. BauG folgend, an einer Grenze aneinander gebaute bauliche Anlagen verstehe. Ergänzend stelle § 13 Abs. 1 leg. cit. jedoch nicht allein auf die gekuppelte Bauweise ab, sondern noch auf zwei weitere Voraussetzungen, nämlich, dass die gekuppelten Bauten aus Gebäuden bestünden und dass diese Gebäude unmittelbar aneinander gebaut sein müssten. Beide ergänzenden Voraussetzungen lägen jedoch im konkreten Fall der Brandwand nicht vor. Zum Argument (Anmerkung: es wird dabei Bezug auf eine Argumentation des Mitbeteiligten genommen.), wonach es im Umkehrschluss zum hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 2000, Zl. 99/06/0196 (ergangen zur BO 1968), nach dem Stmk. BauG nunmehr darauf ankäme, dass Gebäudefronten aneinander zumindest teilweise gegenüberliegen müssten, dürfe angemerkt werden, dass § 4 Abs. 1 erster bis dritter Satz BO 1968 nahezu wortident mit § 13 Abs. 1 und 2 Stmk. BauG übereinstimmte und die BO 1968 den Begriff der Gebäudefront (§ 4 Abs. 1 dritter Satz BO) ebenso entsprechend verwendet habe wie nunmehr das Stmk. BauG. Insoweit scheine die im zitierten Erkenntnis getroffene Feststellung, "dass § 4 Abs. 1,

2. Satz BO, der den Gebäudeabstand regelt, auf die Entfernung der Gebäude abstellt und nicht von Gebäudefronten spricht, sodass es nicht darauf ankommt, dass die jeweils zu den Grundgrenzen gerichteten Fronten des alten Lagers (= Gebäudes) einerseits und des Nachbarhauses andererseits einander nicht gegenüberliegen" auch auf § 13 Abs. 1 2. Satz Stmk. G zuzutreffen, sodass im Ergebnis das Gegenteil des vorgebrachten Arguments zutreffen dürfte

Im konkreten Fall sei an der Grundgrenze ein viergeschossiges Gebäude errichtet worden. Der kürzeste Abstand zum ebenfalls an der Grundgrenze stehenden dreigeschossigen Gebäude des Mitbeteiligten betrage ca. 4,40 m. Zwischen den Gebäuden sei in der Fluchtlinie der jeweils giebelseitigen Gebäudefronten eine Brandwand errichtet worden. Da beide Gebäude selbst nicht unmittelbar aneinander gebaut worden seien, müsste der Gebäudeabstand 11,0 m betragen. Zusammenfassend werde somit die Ansicht vertreten, dass die im Umfeld von 11,0 m zum Bestandsgebäude gelegenen Gebäudefronten des Neubaus im Hinblick auf ihre zu geringen Abstände (auf allen Geschossebenen) nicht den Bestimmungen des Stmk. BauG entsprächen.

Der Mitbeteiligte äußerte sich hiezu zustimmend, die Beschwerdeführerin und die Gemeinde äußerten sich ablehnend.

In weiterer Folge holte die belangte Behörde eine gutachtliche Stellungnahme ihrer Fachabteilung für technische Umweltkontrolle und Sicherheitswesen zur Lärmproblematik ein. In dieser Stellungnahme vom 27. Juli 2006 heißt es unter anderem, in dem im Berufungsverfahren eingeholten schalltechnischen Gutachten (vom 15. Dezember 2005) sei die Beurteilung der Schallpegelspitzen, verursacht durch Pkw-Türenschlagen, nicht durchgeführt worden und fehle somit. Auch seien in den Planunterlagen keine haustechnischen Anlagen dargestellt; seien solche vorgesehen, seien diese zu berücksichtigen (Hinweis auf Dauergeräusche mit Auswirkung auf den Basispegel).

Die belangte Behörde gewährte auch hiezu Parteiengehör.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den bekämpften Berufungsbescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und Rechtsausführungen sowie der Stellungnahme vom 27. März 2006 führte die belangte Behörde (zusammengefasst) aus, sich - auch in rechtlicher Hinsicht - dieser Stellungnahme anzuschließen. Die belangte Behörde teile insbesondere die Schlussfolgerungen in dieser gutachtlichen Stellungnahme, dass eine andere Auslegung des § 13 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Stmk. BauG zum Ergebnis führen würde, dass durch das bloße Anbauen an einer beliebigen, nicht durch Nachbargebäude berührten Grundgrenze der Gebäudeabstand nicht mehr einzuhalten wäre, was aber den Intentionen des Gesetzes widersprechen würde. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass an das Objekt des Mitbeteiligten der überdachte Abstellplatz mit Brandwand angebaut werde, weil diese bauliche Anlage, wenn sie als Gebäude zu werten sei, lediglich als eingeschossiges Gebäude zu beurteilen sei. Das danebenstehende "Hauptgebäude" weise mehrere Geschosse auf und es sei demzufolge auch ein größerer Abstand zum Gebäude des Mitbeteiligten hin einzuhalten.

Soweit in der Vorstellung geltend gemacht werde, der Verwaltungsgerichtshof habe ausgeführt, eine gekuppelte Bauweise sei nicht auf den "nachbarlichen Kupplungsbereich beschränkt", sondern "der später Kommende" könne dort anbauen, wo sich für ihn die Möglichkeit biete, sei daraus nicht ableitbar, dass "der Seitenabstand" nicht einzuhalten wäre. Es ergebe sich daraus nur, dass es dem Nachbarn unbenommen bleibe, dort anzubauen, wo sich für ihn die Möglichkeit biete. Würde man den Lösungsansatz des Konsenswerbers konsequent weiter verfolgen, so könnte zu einem fünfgeschossigen Gebäude im Seitenabstand von 1 m ein Hochhaus errichtet werden, wenn zwischen diesen beiden Gebäuden lediglich ein Garagengebäude errichtet werden würde. Dass dies aber den Intentionen des Gesetzes völlig widersprechen würde, sei offenkundig.

Auch das Argument der Gemeinde (im Vorstellungsverfahren), zwei Gebäude müssten dann keinen Gebäudeabstand einhalten, wenn sie nur "übers Eck" gegenüberlägen (und im § 13 Abs. 1 und Abs. 4 Stmk. BauG ausdrücklich von Gebäudefronten die Rede sei) treffe nicht zu, weil im § 13 Abs. 1 leg. cit. lediglich von Gebäuden und nicht von Gebäudefronten die Rede sei. Die Auffassung der Gemeinde sei auch aus der Judikatur nicht ableitbar.

Wie sich aus der eingeholten Stellungnahme vom 27. Juli 2006 ergebe, sei die Beurteilung von Schallpegelspitzen, verursacht durch Pkw-Türenschlagen, nicht durchgeführt worden. Auch seien in den Planunterlagen keine haustechnischen Anlagen dargestellt worden und falls diesbezüglich entsprechende Anlagen zum Einsatz kämen, wären diese zu berücksichtigen (Dauergeräusche mit Auswirkung auf den Basispegel). Diesbezüglich wären somit weitere Ermittlungen durch die Berufungsbehörden in Bezug auf haustechnische Anlagen notwendig gewesen, wobei auch das Türenschlagen der Pkw im Gutachten berücksichtigt hätte werden müssen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie der Mitbeteiligte, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist insbesondere das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003 anzuwenden.

§ 4 Stmk. BauG enthält Begriffsbestimmungen; dessen Z 17, 27 und 28 lauten (Z 27 auszugsweise):

"17. Bebauungsweise: Verteilung der Baumassen auf dem Bauplatz in Bezug auf die Bauplatzgrenzen

a) offene Bebauungsweise:

-

allseits freistehende bauliche Anlagen oder

-

einseitig an die Grenzen angebaute bauliche Anlagen;

              b)              gekuppelte Bebauungsweise: an einer Grenze aneinandergebaute bauliche Anlagen;

              c)              geschlossene Bebauungsweise: an mindestens zwei Grenzen aneinandergebaute bauliche Anlagen;"

              "27.              (...)

Offene Garagen: oberirdische Garagen oder Garagenabschnitte, die unmittelbar ins Freie führende und so verteilte unverschließbare Öffnungen in einer Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände haben, dass die ständige natürliche Durchlüftung gewährleistet ist. Durch Wetterschutzvorrichtungen u. dgl. darf die Mindestöffnung nicht verringert werden.

              28.              Gebäude: eine bauliche Anlage, die mindestens einen oberirdischen überdeckten Raum bildet, der an den Seitenflächen allseits oder überwiegend geschlossen ist. Als Gebäude gelten jedoch auch offene Garagen;"

§ 13 Stmk. BauG lautet auszugsweise:

"§ 13

Abstände

(1) Gebäude sind entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, muss ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand).

(2) Jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, muss von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).

(3) Steht ein Gebäude an der Grundgrenze, so hat der Nachbar, soferne durch einen Bebauungsplan oder durch Bebauungsrichtlinien nichts anderes bestimmt ist oder Gründe des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes nicht entgegenstehen, die Wahlmöglichkeit, entweder an die Grundgrenze anzubauen oder den erforderlichen Gebäudeabstand einzuhalten. Weist das Gebäude an der Grenze Öffnungen (Fenster, Türen und dgl.) auf, so ist der erforderliche Gebäudeabstand einzuhalten.

(4) ...

...

(8) Die Behörde kann geringere Abstände von den Nachbargrundgrenzen und Nachbargebäuden zulassen

-

für Nebengebäude oder

-

wenn dies im Interesse des Ortsbildschutzes, der Altstadterhaltung, des Denkmalschutzes oder der Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz (Ensemble) liegt.

(9) Der Gebäudeabstand hat, sofern ein geringerer Abstand als nach Abs.1 zulässig ist, mindestens 2,0 m zu betragen.

(10) ..."

Hinsichtlich der lärmtechnischen Aspekte zieht die Beschwerdeführerin die Auffassung der belangten Behörde, dass die schalltechnische Begutachtung mangelhaft gewesen sei, nicht in Zweifel (räumt dies vielmehr auch selbst ein), macht aber zusammengefasst geltend, dass die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, durch ein entsprechendes ergänzendes Ermittlungsverfahren diese Mängel zu beheben, ob nun konkret eine diesbezügliche Rechtsverletzung des Mitbeteiligten gegeben sei.

Dem ist zu entgegnen, dass die Vorstellungsbehörde zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchzuführen (siehe dazu beispielsweise die in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht4, auf Seite 64 wiedergegebene hg. Judikatur). Die gerügte Unterlassung vermag daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu bewirken.

Zur Abstandsproblematik führt die Beschwerdeführerin aus, diese sei von der belangten Behörde rechtlich unzutreffend gelöst worden. Der geplante überdachte Abstellplatz sei jedenfalls als Gebäude zu werten, weil er im Sinne des Gesetzes einen überdeckten Raum darstelle, der an den Seitenflächen überwiegend umschlossen sei. Darüber hinaus stelle eine offene Garage schon kraft Gesetzes ein Gebäude dar. Damit werde jedenfalls an das Gebäude des Mitbeteiligten angebaut, womit die gekuppelte Bauweise verwirklicht werde.

Nicht gesetzmäßig sei auch hier die Differenzierung der belangten Behörde, wenn sie ausführe, dass das neben dem Abstellplatz stehende "Hauptgebäude" mehrere Geschosse aufweise. Die Garage und der restliche Baukörper bildeten vielmehr ein Gebäude (Unterstreichung im Original). Die Differenzierung zusammenhängender Baukörper in Nebengebäude und Hauptgebäude sei dem Stmk. BauG fremd. Auch der Umstand, dass das sogenannte "Hauptgebäude" mehr Geschosse als die Garage aufweise, habe nach dem Gesetz nicht die Verpflichtung zur Einhaltung eines Gebäudeabstandes zur Folge (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 30. März 2005, Zl. 2003/06/0173, zur Tiroler Bauordnung 2001).

Hiezu ist Folgendes auszuführen: § 13 Stmk. BauG normiert zwei verschiedene Arten von Abständen, nämlich den Gebäudeabstand einerseits und den Grenzabstand andererseits. Im Beschwerdefall geht es um den Gebäudeabstand. § 13 Abs. 1 leg. cit. stellt hiezu die Grundregel auf, dass Gebäude entweder unmittelbar aneinander zu bauen sind oder von einander den näher definierten Gebäudeabstand einzuhalten haben. Abs. 1 wird durch Abs. 3 ergänzt, wobei Abs. 3 vor dem Hintergrund der Grundregel des Abs. 1 auszulegen ist. Abs. 3 erster Satz räumt dem Bauwerber dann, wenn bereits auf dem Nachbargrundstück ein Gebäude an der Grundgrenze steht, unter den dort genannten Einschränkungen die Wahlmöglichkeit ein, "entweder an die Grundgrenze anzubauen" oder den erforderlichen Gebäudeabstand einzuhalten. Das bedeutet zunächst die Möglichkeit, im Sinne des Abs. 1 unmittelbar an das bestehende Nachbargebäude anzubauen, aber auch - mangels entsprechenden Verbotes in Wahrung der Baufreiheit - bei Einhaltung des Gebäudeabstandes an eine andere Stelle der Grundgrenze anzubauen, wenn diese lang genug ist (sofern eben nicht die in diesem Satz angeführten Beschränkungen Platz greifen).

Das sogenannte "Hauptgebäude" (Bezeichnung nicht im eigentlichen rechtlichen Sinn als Gegensatz zu einem Nebengebäude sondern hier als Arbeitsbezeichnung für das ursprünglich vorgesehene Gebäude ohne den überdachten Abstellplatz) soll mit dem Gebäude des Mitbeteiligten durch den in der Sachverhaltsdarstellung näher umschriebenen, durch drei Seitenwände begrenzten und überdachten Abstellplatz verbunden werden, wobei die Überdeckung mit der Feuermauer des Gebäudes des Mitbeteiligten rund 1,60 m bei einer Höhe von 3,0 m beträgt.

Das "unmittelbare Aneinanderbauen" im Sinne dieses Abs. 1 wird bei der gekuppelten wie auch bei der geschlossenen Bebauungsweise (§ 4 Z 17 lit. b und c Stmk. BauG) verwirklicht.

Bei der Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (tragender Aufhebungsgrund hinsichtlich der einzuhaltenden Abstände) ist daher (zunächst) zu prüfen, ob durch die projektierte Verteilung der Baumassen auf dem zu bebauenden Grundstück in Bezug auf das Gebäude des Mitbeteiligten die gekuppelte Bauweise verwirklicht wird, somit im Sinne des § 13 Abs. 1 Stmk. BauG "unmittelbar" aneinander gebaut werden soll. Ideal- bzw. Modellfall der gekuppelten Bebauung sind zwei gleich große Häuser, die an der Grundgrenze aneinander gebaut werden ("Doppelhaus"), jeweils dreiseits freistehend. Eine Verpflichtung dahingehend, dass diese Häuser hinsichtlich ihrer jeweiligen Seite entlang der Grundgrenze gleich groß sein müssten oder zueinander nicht versetzt sein dürften, ist aber dem Gesetz fremd, zumal die vielfältigsten Gestaltungsmöglichkeiten denkbar sind, sodass es nicht zuletzt auf die Umstände des Einzelfalles ankommt; mit einer bloß unerheblichen Überdeckung wird aber ein "Aneinanderbauen" im hier relevanten Sinn nicht verwirklicht. Im Beschwerdefall sind nun die Objekte zwar tatsächlich aneinander gebaut, das Maß an Überdeckung ist aber derart gering, dass damit, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, keine gekuppelte Bauweise und damit kein "unmittelbares Aneinanderbauen" im Sinne des § 13 Abs. 1 Stmk. BauG gegeben ist, einerlei, ob man nun diesen überdeckten Abstellplatz als eigenes Gebäude oder als Teil des sogenannten "Hauptgebäudes" ansähe (aus dem von der Beschwerdeführerin bezogenen, zur Tiroler Bauordnung ergangenen hg. Erkenntnis Zl. 2003/06/0173 ist für den Beschwerdefall zur Frage des "unmittelbaren Aneinanderbauens" nichts zu gewinnen).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Im Übrigen ergibt sich aus dem dargestellten Sachverhalt, dass sich in der fraglichen Feuermauer des Gebäudes des Mitbeteiligten jedenfalls ein Fenster befindet (sichtlich auch weitere), worauf der Mitbeteiligte auch verwiesen hat. Diesfalls könnte auch § 13 Abs. 3 letzter Satz Stmk. BauG anzuwenden sein, wonach (ebenfalls) der erforderliche Gebäudeabstand einzuhalten wäre. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es aber verwehrt, bei der gegebenen Verfahrenslage hierauf näher einzugehen. Im fortgesetzten Verfahren wäre auf diese Frage Bedacht zu nehmen. Dabei wird zu beachten sein, dass nur rechtmäßig bestehende Öffnungen im Sinne dieses letzten Satzes rechtserheblich sind, wobei es dann weiters einer genauen Erfassung der Lage dieser Öffnungen bedürfte (im Übrigen wird in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 98/06/0138, verwiesen).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. November 2007

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060257.X00

Im RIS seit

17.01.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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