TE OGH 2008/7/18 4R182/08g

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Veröffentlicht am 18.07.2008
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Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch die Richter Dr. Troll als Vorsitzenden sowie Dr. Höfle und Dr. Weißenbach als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** vertreten durch Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in 6800 Feldkirch, gegen die beklagte Partei B***** wegen (ausgedehnt) EUR 4.549,25 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 13. Juni 2008, 4 C 722/08b-6, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten die klagende Partei selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Klage vom 5.5.2008 begehrte die klagende Partei die Verpflichtung der beklagten Partei zur Bezahlung von EUR 3.211,25 samt 9,5 % Zinsen seit 18.1.2008. Gegen den antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes Feldkirch erhob die beklagte Partei Einspruch. Mit am 6.6.2008 beim Bezirksgericht Feldkirch überreichten Schriftsatz erstattete die klagende Partei ein weiteres Vorbringen und machte ein weiteres Begehren über insgesamt EUR 1.038,-- geltend. In der vorbereitenden Tagsatzung vom 13.6.2008 erschien für die beklagte Partei S***** als bevollmächtigter Vertreter. Anwaltlich vertreten war die beklagte Partei nicht. Die klagende Partei trug ihre Klage und ihr Vorbringen im vorbereitenden Schriftsatz vor und beantragte ein klagsstattgebendes Versäumungsurteil, da die beklagte Partei trotz Zustellung des Ausdehnungsschriftsatzes anwaltlich nicht vertreten sei.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, gemäß § 27 Abs 3 ZPO finde die Bestimmung des § 27 Abs 1 ZPO (absolute Anwaltspflicht) keine Anwendung auf eine Tagsatzung, in der ein Klagebegehren mit einem Streitwert bis EUR 4.000,-- auf einen solchen über EUR 4.000,-- erweitert wird.Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, gemäß Paragraph 27, Absatz 3, ZPO finde die Bestimmung des Paragraph 27, Absatz eins, ZPO (absolute Anwaltspflicht) keine Anwendung auf eine Tagsatzung, in der ein Klagebegehren mit einem Streitwert bis EUR 4.000,-- auf einen solchen über EUR 4.000,-- erweitert wird.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass im Sinne des Antrages der klagenden Partei ein Versäumungsurteil erlassen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin vertritt die Auffassung, die Ausnahmebestimmung des § 27 Abs 3 ZPO sei auf einen Sachverhalt nicht anzuwenden, bei dem die Ausdehnung des Klagebegehrens auf einen Betrag von über EUR 4.000,-- bereits mit vorbereitendem Schriftsatz erfolgt. Mit Zustellung dieses Schriftsatzes sei der Beklagte darüber informiert, dass in der Streitverhandlung eine Ausdehnung (des Klagebegehrens) auf einen Betrag von über EUR 4.000,-- erfolgen werde. In einem solchen Fall sei der Beklagte nicht schutzwürdig.Die Rekurswerberin vertritt die Auffassung, die Ausnahmebestimmung des Paragraph 27, Absatz 3, ZPO sei auf einen Sachverhalt nicht anzuwenden, bei dem die Ausdehnung des Klagebegehrens auf einen Betrag von über EUR 4.000,-- bereits mit vorbereitendem Schriftsatz erfolgt. Mit Zustellung dieses Schriftsatzes sei der Beklagte darüber informiert, dass in der Streitverhandlung eine Ausdehnung (des Klagebegehrens) auf einen Betrag von über EUR 4.000,-- erfolgen werde. In einem solchen Fall sei der Beklagte nicht schutzwürdig.

Diesen Ausführungen ist die Bestimmung des § 235 ZPO entgegenzuhalten. Danach ist zu einer Änderung der bei Gericht überreichten Klage und namentlich zu einer Erweiterung des Klagebegehrens der Kläger vor Eintritt der Streitanhängigkeit stets berechtigt (§ 235 Abs 1 ZPO). Nach Eintritt der Streitanhängigkeit bedarf es hiezu der Einwilligung des Gegners. Mit dieser Einwilligung ist eine Änderung der Klage auch dann zulässig, wenn das Prozessgericht für die geänderte Klage nicht zuständig wäre, sofern es durch Parteienvernehmung zuständig gemacht werden könnte oder die Unzuständigkeit nach § 104 Abs 3 JN geheilt wird. Die Einwilligung des Gegners ist als vorhanden anzunehmen, wenn er, ohne gegen die Änderung eine Einwendung zu erheben, über die geänderte Klage verhandelt (§ 235 Abs 2 ZPO). Gemäß § 235 Abs 3 ZPO kann das Gericht eine Änderung selbst nach Eintritt der Streitanhängigkeit und ungeachtet der Einwendungen des Gegners zulassen, wenn durch die Änderung die Zuständigkeit des Prozessgerichtes nicht überschritten wird und auch aus ihr eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu besorgen ist.Diesen Ausführungen ist die Bestimmung des Paragraph 235, ZPO entgegenzuhalten. Danach ist zu einer Änderung der bei Gericht überreichten Klage und namentlich zu einer Erweiterung des Klagebegehrens der Kläger vor Eintritt der Streitanhängigkeit stets berechtigt (Paragraph 235, Absatz eins, ZPO). Nach Eintritt der Streitanhängigkeit bedarf es hiezu der Einwilligung des Gegners. Mit dieser Einwilligung ist eine Änderung der Klage auch dann zulässig, wenn das Prozessgericht für die geänderte Klage nicht zuständig wäre, sofern es durch Parteienvernehmung zuständig gemacht werden könnte oder die Unzuständigkeit nach Paragraph 104, Absatz 3, JN geheilt wird. Die Einwilligung des Gegners ist als vorhanden anzunehmen, wenn er, ohne gegen die Änderung eine Einwendung zu erheben, über die geänderte Klage verhandelt (Paragraph 235, Absatz 2, ZPO). Gemäß Paragraph 235, Absatz 3, ZPO kann das Gericht eine Änderung selbst nach Eintritt der Streitanhängigkeit und ungeachtet der Einwendungen des Gegners zulassen, wenn durch die Änderung die Zuständigkeit des Prozessgerichtes nicht überschritten wird und auch aus ihr eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu besorgen ist.

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Klagsausdehnung mittels Schriftsatzes ist dessen späterer Vortrag in der mündlichen Streitverhandlung (Klauser/Kodek, ZPO16 § 235 E 18). Prozessual erfolgt daher eine Erweiterung des Klagebegehrens (Klagsausdehnung) mit dem Vortrag eines bereits zuvor überreichten Schriftsatzes in der mündlichen Verhandlung. Zu diesem Zeitpunkt besteht auch die Möglichkeit für den Beklagten, in die Änderung der Klage ausdrücklich oder durch Verhandlung über die geänderte Klage einzuwilligen oder sich gegen die Klagsänderung auszusprechen. Solange der Beklagte nicht über das ausgedehnte Klagebegehren verhandelt oder das Gericht nach entsprechenden Einwendungen des Beklagten die Änderung zulässt, ist jedenfalls vom ursprünglichen Streitwert in der Klage auszugehen, hier sohin von einem Streitwert bis EUR 4.000,--. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand für die beklagte Partei, unabhängig davon, ob allenfalls eine Klagsausdehnung vorhersehbar war, keine Anwaltspflicht. Mangels einer solchen war die beklagte Partei berechtigt und in der Lage, ihre Vertretung vor Gericht ohne Anwalt wahrzunehmen, sodass auch die nachfolgend wirksam werdende Klagsausdehnung gemäß § 27 Abs 3 ZPO eine Anwaltspflicht und eine damit gegebene Säumnis der beklagten Partei nicht auslösen konnte. Richtig hat daher das Erstgericht den Antrag auf Erlassung eines Versäumungsurteiles abgewiesen.Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Klagsausdehnung mittels Schriftsatzes ist dessen späterer Vortrag in der mündlichen Streitverhandlung (Klauser/Kodek, ZPO16 Paragraph 235, E 18). Prozessual erfolgt daher eine Erweiterung des Klagebegehrens (Klagsausdehnung) mit dem Vortrag eines bereits zuvor überreichten Schriftsatzes in der mündlichen Verhandlung. Zu diesem Zeitpunkt besteht auch die Möglichkeit für den Beklagten, in die Änderung der Klage ausdrücklich oder durch Verhandlung über die geänderte Klage einzuwilligen oder sich gegen die Klagsänderung auszusprechen. Solange der Beklagte nicht über das ausgedehnte Klagebegehren verhandelt oder das Gericht nach entsprechenden Einwendungen des Beklagten die Änderung zulässt, ist jedenfalls vom ursprünglichen Streitwert in der Klage auszugehen, hier sohin von einem Streitwert bis EUR 4.000,--. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand für die beklagte Partei, unabhängig davon, ob allenfalls eine Klagsausdehnung vorhersehbar war, keine Anwaltspflicht. Mangels einer solchen war die beklagte Partei berechtigt und in der Lage, ihre Vertretung vor Gericht ohne Anwalt wahrzunehmen, sodass auch die nachfolgend wirksam werdende Klagsausdehnung gemäß Paragraph 27, Absatz 3, ZPO eine Anwaltspflicht und eine damit gegebene Säumnis der beklagten Partei nicht auslösen konnte. Richtig hat daher das Erstgericht den Antrag auf Erlassung eines Versäumungsurteiles abgewiesen.

Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels hat die klagende Partei selbst zu tragen (§§ 40, 50 ZPO).Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels hat die klagende Partei selbst zu tragen (Paragraphen 40,, 50 ZPO).

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.Gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 2, ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Landesgericht Feldkirch

Anmerkung

EFE0000177 04r01828

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:2008:00400R00182.08G.0718.000

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2008
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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