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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des Dr. PM in W, vertreten durch Dr. Peter Schaden und Mag. Werner Thurner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sporgasse 2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Europäische und Internationale Angelegenheiten vom 24. Mai 2007, Zl. BMeiA-JP.6.27.91/0014-VI.2/2007, betreffend die Festsetzung der Kaufkraftausgleichszulage, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Punkte I. bis VIII. des angefochtenen Bescheides werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen (Punkt IX.) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht nunmehr in einem öffentlichrechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Die beschwerdegegenständlichen Ansprüche beziehen sich auf sein aktives Dienstverhältnis; er versah damals seinen Dienst an der österreichischen Botschaft in T. Im Beschwerdefall geht es um die dem Beschwerdeführer im Zeitraum ab dem 1. Jänner 2005 gebührende Kaufkraftausgleichszulage (§ 21b GehG), wobei insbesondere (das ist der Kern des Streites) strittig ist, welcher Paritätswert zu Grunde zu legen ist. Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem aufhebenden hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2006, Zl. 2006/06/0143, zu entnehmen (auf das noch zurückzukommen sein wird).
Mit dem angefochtenen (Ersatz-)Bescheid hat die belangte Behörde ausgesprochen,
I. dass das Unternehmen MERCER für die Monate Jänner bis Dezember 2005 näher bezeichnete Kaufkraftverhältnisse des Euro für das Gebiet des ausländischen Dienst- und Wohnortes T errechnet habe (es folgt eine Auflistung nach 3 Indizes), weiters, dass
II. der Bundeskanzler innerhalb des Rahmens dieser drei Paritätswerte für näher bezeichnete Monate sein Einvernehmen zur Festsetzung des Hundertsatzes unter näher umschriebenen Voraussetzungen erteilt habe, woraus sich für diese Monate näher bezeichnete Paritätswerte ergäben (Anm.: zwischen 25 % und 40 %),
III. die belangte Behörde demnach für die Zwecke der Bemessung der Kaufkraftausgleichszulage für diese Monate für den Dienstort T monatlich näher aufgelistete Hundertsätze festsetze (das sind die gleichen wie im Punkt II.), hat
IV. festgestellt, dass dem Beschwerdeführer für die Monate Jänner bis Dezember 2005 unter Zugrundelegung der in Punkt III. festgesetzten Hundertsätze Kaufkraftausgleichszulagen in näher bezifferter Höhe gebührten, die ihm in der jeweiligen Höhe monatlich auf sein Inlandskonto überwiesen worden seien, hat
V. verschiedene Anträge auf Neufestsetzung der Kaufkraftausgleichszulage für diesen Dienstort als unbegründet abgewiesen, hat
VI. seine Anträge auf Rückerstattung jener Beträge an ausbezahlter Kaufkraftausgleichszulage, die ihm auf Grund der niedrigeren Hundertsätze für die Monate Jänner und Februar 2005 abgezogen worden seien, sowie seinen Antrag auf Nachzahlung solcher Beträge, die sich durch die Neufestsetzung von höheren Hundertsätzen für diese Monate ergeben würden, als unbegründet abgewiesen, dann ausgesprochen, dass
VII. seinem Antrag vom 22. Dezember 2005 auf Festsetzung der KAZ ab 1. August 2005 und ab 1. November 2005 mittels Bescheides hiemit entsprochen werde, hat
VIII. festgestellt, dass ihm das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG ungeschmälert zustehe und hat
IX. seinen Antrag auf Akteneinsicht in den zwischen der belangten Behörde und dem Unternehmen Mercer abgeschlossenen Vertrag als unbegründet abgewiesen.
Den Punkt IX. begründete die belangte Behörde damit, dass der fragliche Vertrag auf Kaufkraftrelationen zu ausländischen Dienstorten und damit auch auf die Kaufkraftrelation zwischen Wien und dem ausländischen Dienstort des Beschwerdeführers in keiner Weise Bezug nehme. Er stehe damit auch in keinem (inhaltlichen) Zusammenhang mit seinem Antrag auf Festsetzung der KAZ.
Im Übrigen nahm die belangte Behörde in der Begründung des Bescheides zum Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren Stellung; soweit für das Beschwerdeverfahren insbesondere erheblich, vertrat sie (zusammengefasst) die Auffassung, die vom Unternehmen Mercer ermittelten Paritätszahlen seien ebenso wenig wie die zu Grunde liegenden Preiserhebungen durch dieses Unternehmen Teil eines Verwaltungsverfahrens, sondern Ergebnis bzw. Teil eines wirtschaftswissenschaftlichen Verfahrens, über dessen Grundsätze und Abwicklung es keine Verwaltungsvorschriften gebe. Deshalb könnten die Einwände des Beschwerdeführers gegen das System von Mercer nicht Gegenstand "eines rechtlichen Verwaltungsverfahrens" sein.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde (mangels Rechtsgrundlage des Begehrens des Beschwerdeführers), hilfsweise deren die kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem eingangs genannten Erkenntnis vom 19. Dezember 2006, Zl. 2006/06/0143, (zusammengefasst) dargelegt, dass die im Beschwerdefall maßgebliche Rechtslage keine bestimmte Methode zur Ermittlung der Paritätswerte (bzw. des Hundertsatzes) vorsehe. Die vom Bundeskanzleramt monatlich bekannt gegebenen Hundertsätze entfalteten keine normative Kraft. Vielmehr wäre die belangte Behörde verhalten gewesen, sich mit den Einwänden des Beschwerdeführers gegen die Richtigkeit der Ergebnisse der nun angewendeten Methode inhaltlich auseinander zu setzen und wäre daher insbesondere verhalten gewesen, darzulegen, dass die nun angewendete Methode "brauchbar" (in einem zuvor näher umschriebenen Sinn) sei. Hiezu bedürfe es eines besonderen Fachwissens und daher der Aufnahme eines Sachverständigenbeweises. Ein entsprechendes Gutachten liege nicht vor. Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, die hier zu Grunde gelegte Methode durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen.
Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren kein solches Gutachten eingeholt und hat im angefochtenen Bescheid auch nicht eigens begründet, weshalb sie davon Abstand genommen hat (jedenfalls nicht deshalb, weil sie über entsprechendes Fachwissen verfüge). Vielmehr kann die Begründung des angefochtenen Bescheides nur dahin verstanden werden, dass sie die Auffassung vertrete, diese Paritätswerte seien als Ergebnis eines wirtschaftswissenschaftlichen, nicht behördlichen Verfahrens, einer Überprüfung unzugänglich. Eine solche Auffassung ist aber rechtswidrig. Wenn beispielsweise ein Bauträger einen Statiker zur Erstellung von Berechnungsunterlagen für die Errichtung eines Hochhauses beauftragt, erfolgt dies auch außerhalb eines behördlichen Verfahrens, wobei aber das Ergebnis der Tätigkeit des Statikers sehr wohl einer Überprüfung durch Sachverständige zugänglich ist. Der Sachverständige hat die Ergebnisse seiner Überprüfung in einem Gutachten festzuhalten, dieses Gutachten ist von der Behörde - und letztlich auch vom Verwaltungsgerichtshof - auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1992, Zl. 91/06/0213, und auch die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens6, in E 70 - 77 wiedergegebene hg. Judikatur). Dadurch, dass die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie die (inhaltlich zusammenhängenden) Spruchpunkte I. bis VIII. mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb der angefochtene Bescheid in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Hingegen kann die Begründung der belangten Behörde für die Abweisung des Begehrens des Beschwerdeführers, Einsicht in den zu Grunde liegenden Vertrag mit dem Unternehmen Mercer zu nehmen, nicht als unschlüssig erkannt werden und es bringt der Beschwerdeführer diesbezüglich konkret auch nichts vor. Insofern war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. November 2007
Schlagworte
Gutachten Beweiswürdigung der Behörde Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Besondere Rechtsgebiete Anforderung an ein GutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007060184.X00Im RIS seit
27.12.2007Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008