TE OGH 2008/7/24 10ObS95/08f

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Veröffentlicht am 24.07.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Dr. Reinhard Drössler (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Gudrun S*****, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, wegen Höhe der Witwenpension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Mai 2008, GZ 10 Rs 36/08z-12, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in § 145 Abs 2 bis 4 GSVG idgF festgelegte Berechnungsmethode für den Anspruch auf Witwen-(Witwer-)pension geltend. Sie regt in diesem Zusammenhang die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof an.

Demgegenüber vertritt der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl die Nachweise in RIS-Justiz RS0121071) die Auffassung, dass gegen die in § 145 Abs 3 und 4 GSVG (idF des 2. SVÄG 2004) - entspricht inhaltlich § 264 Abs 3 und 4 ASVG (idF des 2. SVÄG 2004) - normierte Zweijahresfrist für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage eines Anspruchs auf Witwen-(Witwer-)pension keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes bestehen. Auch wenn ein zweijähriger Beobachtungszeitraum - wie im vorliegenden Fall - zu Härtefällen bei der Berechnung der Höhe der Witwen-(Witwer-)pension führen kann, erscheint die Wahl eines zweijährigen Zeitraums, in dem die Einkommen des Verstorbenen und des überlebenden Ehegatten gegenübergestellt werden, bei der gebotenen Durchschnittsbetrachtung auch unter Bedachtnahme auf den mit der Witwen-(Witwer-)pension angestrebten Zweck nicht als unsachlich; dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass Härtefälle - wenn auch nicht durchgehend - durch den in § 145 Abs 6 GSVG (entspricht § 264 Abs 6 ASVG) vorgesehenen Schutzbetrag abgefedert werden. Während in den weitaus überwiegenden beim Obersten Gerichtshof bisher anhängig gewesenen Fällen (vgl 10 ObS 132/05t; 10 ObS 92/06m; 10 ObS 162/06f; 10 ObS 62/06z; 10 ObS 94/06f; 10 ObS 35/07f) die Rechtsmittelwerber jeweils die Auffassung vertreten haben, ein lediglich zweijähriger Beobachtungszeitraum sei zu kurz, um den zuletzt erworbenen Lebensstandard widerzuspiegeln, führe daher zu willkürlichen Ergebnissen und sei somit unsachlich und widerspräche dem Gleichheitsgrundsatz, vertritt die Klägerin im vorliegenden Fall - wie auch die Rechtsmittelwerberin im Verfahren 10 ObS 156/06y - demgegenüber die Auffassung, der zweijährige Beobachtungszeitraum sei zu lang. Nach dem Entwurf eines 2. SVÄG 2004 sollte für die Höhe der Witwen-(Witwer-)pension die Relation der Einkommen nur im letzten Kalenderjahr vor dem Tod des Versicherten maßgebend sein. Nach Kritik im Begutachtungsverfahren, dass ein Jahr Einkommensvergleich zu kurz sei, wurde der Beobachtungszeitraum auf zwei Jahre ausgedehnt. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 469 BlgNR XXII. GP 2) sollte damit dem Umstand Rechnung getragen werden, dass im letzten Kalenderjahr vor dem Todeszeitpunkt das Einkommen des/der Verstorbenen vielfach durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit sinkt, sodass das alleinige Abstellen auf dieses letzte Kalenderjahr eine gewisse Verzerrung des Lebensstandards mit sich brächte (vgl Weißensteiner, Witwen-(er-)pension - eine Diskussionsanregung, DRdA 2007, 365 f). Da sich in der Praxis der Sozialversicherungsträger zeige, dass auch ein Zeitraum von zwei Jahren für die Beobachtung der Einkommensverhältnisse zur Berechnung der Witwen-(Witwer-)pension mitunter zu kurz ist, um etwa den Einkommenseinbußen bei dramatisch verlaufenden Krankheitsentwicklungen Rechnung zu tragen, wurde mit dem SVÄG 2006, BGBl I 2006/130, die Berechnungsgrundlage des (der) Verstorbenen in Fällen einer Verminderung des Einkommens (durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit) auf einen vierjährigen Beobachtungszeitraum umgestellt, soweit dies für die Witwe (den Witwer) günstiger ist (vgl RV 1314 BlgNR XXII. GP 3). Ausgehend von diesen Erwägungen hat der Gesetzgeber nach Ansicht des erkennenden Senats mit der beschriebenen Neuregelung der Berechnungsweise des Anspruchs auf Witwen-/Witwerpension durch das 2. SVÄG 2004 und das SVÄG 2006 dem seinerzeitigen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. Juni 2003, G 300/02 ua = VfSlg 16.923, ausreichend Rechnung getragen. Die von der Klägerin für ihren Prozessstandpunkt zitierten Ausführungen von Weißensteiner aaO enthalten, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend angemerkt hat, keine neuen Argumente, welche die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens angezeigt erscheinen lassen, sondern handelt es sich dabei inhaltlich weitgehend um Ausführungen im Rahmen einer rechtspolitischen Diskussionsanregung für eine mögliche Neugestaltung der Hinterbliebenenpension durch den Gesetzgeber. So wie der erkennende Senat in den bereits oben zitierten Entscheidungen die gegen einen angeblich zu kurzen Bemessungszeitraum vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte, teilt er im vorliegenden Fall auch nicht die von der Klägerin wegen eines angeblich zu langen Bemessungszeitraums geltend gemachten Bedenken. Der erkennende Senat sieht sich somit auch aufgrund der Rechtsmittelausführungen der Klägerin zu der angeregten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.Demgegenüber vertritt der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung vergleiche die Nachweise in RIS-Justiz RS0121071) die Auffassung, dass gegen die in § 145 Abs 3 und 4 GSVG in der Fassung des 2. SVÄG 2004) - entspricht inhaltlich § 264 Abs 3 und 4 ASVG in der Fassung des 2. SVÄG 2004) - normierte Zweijahresfrist für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage eines Anspruchs auf Witwen-(Witwer-)pension keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes bestehen. Auch wenn ein zweijähriger Beobachtungszeitraum - wie im vorliegenden Fall - zu Härtefällen bei der Berechnung der Höhe der Witwen-(Witwer-)pension führen kann, erscheint die Wahl eines zweijährigen Zeitraums, in dem die Einkommen des Verstorbenen und des überlebenden Ehegatten gegenübergestellt werden, bei der gebotenen Durchschnittsbetrachtung auch unter Bedachtnahme auf den mit der Witwen-(Witwer-)pension angestrebten Zweck nicht als unsachlich; dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass Härtefälle - wenn auch nicht durchgehend - durch den in § 145 Abs 6 GSVG (entspricht § 264 Abs 6 ASVG) vorgesehenen Schutzbetrag abgefedert werden. Während in den weitaus überwiegenden beim Obersten Gerichtshof bisher anhängig gewesenen Fällen vergleiche 10 ObS 132/05t; 10 ObS 92/06m; 10 ObS 162/06f; 10 ObS 62/06z; 10 ObS 94/06f; 10 ObS 35/07f) die Rechtsmittelwerber jeweils die Auffassung vertreten haben, ein lediglich zweijähriger Beobachtungszeitraum sei zu kurz, um den zuletzt erworbenen Lebensstandard widerzuspiegeln, führe daher zu willkürlichen Ergebnissen und sei somit unsachlich und widerspräche dem Gleichheitsgrundsatz, vertritt die Klägerin im vorliegenden Fall - wie auch die Rechtsmittelwerberin im Verfahren 10 ObS 156/06y - demgegenüber die Auffassung, der zweijährige Beobachtungszeitraum sei zu lang. Nach dem Entwurf eines 2. SVÄG 2004 sollte für die Höhe der Witwen-(Witwer-)pension die Relation der Einkommen nur im letzten Kalenderjahr vor dem Tod des Versicherten maßgebend sein. Nach Kritik im Begutachtungsverfahren, dass ein Jahr Einkommensvergleich zu kurz sei, wurde der Beobachtungszeitraum auf zwei Jahre ausgedehnt. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 469 BlgNR XXII. Gesetzgebungsperiode 2) sollte damit dem Umstand Rechnung getragen werden, dass im letzten Kalenderjahr vor dem Todeszeitpunkt das Einkommen des/der Verstorbenen vielfach durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit sinkt, sodass das alleinige Abstellen auf dieses letzte Kalenderjahr eine gewisse Verzerrung des Lebensstandards mit sich brächte vergleiche Weißensteiner, Witwen-(er-)pension - eine Diskussionsanregung, DRdA 2007, 365 f). Da sich in der Praxis der Sozialversicherungsträger zeige, dass auch ein Zeitraum von zwei Jahren für die Beobachtung der Einkommensverhältnisse zur Berechnung der Witwen-(Witwer-)pension mitunter zu kurz ist, um etwa den Einkommenseinbußen bei dramatisch verlaufenden Krankheitsentwicklungen Rechnung zu tragen, wurde mit dem SVÄG 2006, BGBl I 2006/130, die Berechnungsgrundlage des (der) Verstorbenen in Fällen einer Verminderung des Einkommens (durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit) auf einen vierjährigen Beobachtungszeitraum umgestellt, soweit dies für die Witwe (den Witwer) günstiger ist vergleiche RV 1314 BlgNR XXII. Gesetzgebungsperiode 3). Ausgehend von diesen Erwägungen hat der Gesetzgeber nach Ansicht des erkennenden Senats mit der beschriebenen Neuregelung der Berechnungsweise des Anspruchs auf Witwen-/Witwerpension durch das 2. SVÄG 2004 und das SVÄG 2006 dem seinerzeitigen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. Juni 2003, G 300/02 ua = VfSlg 16.923, ausreichend Rechnung getragen. Die von der Klägerin für ihren Prozessstandpunkt zitierten Ausführungen von Weißensteiner aaO enthalten, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend angemerkt hat, keine neuen Argumente, welche die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens angezeigt erscheinen lassen, sondern handelt es sich dabei inhaltlich weitgehend um Ausführungen im Rahmen einer rechtspolitischen Diskussionsanregung für eine mögliche Neugestaltung der Hinterbliebenenpension durch den Gesetzgeber. So wie der erkennende Senat in den bereits oben zitierten Entscheidungen die gegen einen angeblich zu kurzen Bemessungszeitraum vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte, teilt er im vorliegenden Fall auch nicht die von der Klägerin wegen eines angeblich zu langen Bemessungszeitraums geltend gemachten Bedenken. Der erkennende Senat sieht sich somit auch aufgrund der Rechtsmittelausführungen der Klägerin zu der angeregten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.

Textnummer

E88337

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:010OBS00095.08F.0724.000

Im RIS seit

23.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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