Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefanie M*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Johann Grandl, Rechtsanwalt in Mistelbach, gegen die beklagte Partei Gertrude M*****, Landwirtin, *****, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, wegen 14.564,30 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 11. September 2007, GZ 21 R 260/07v-49, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Zistersdorf vom 28. Februar 2007, GZ 5 C 474/04d-43, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 875,34 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 145,89 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Beklagte ist die Ehegattin eines Sohns der Klägerin.
Die Klägerin hatte von ihrem Ehegatten einen Erbhof geerbt. Da es im Verlassenschaftsverfahren nach dem Ehegatten der Klägerin zu Streitigkeiten um Pflichtteilsansprüche gekommen war, wurde zwischen der Klägerin, der Beklagten und deren Ehegatten vereinbart, dass sämtliche in der Verlassenschaft enthaltenen Liegenschaften der Beklagten übertragen werden. Diese sollte die Liegenschaften nach zwei Jahren an ihren Ehegatten weiter übertragen. Dies ist auch geschehen, abgesehen jedoch von einer Liegenschaft, auf der sich ein Haus befindet, an dem bei der Übertragung der Liegenschaften auf die Beklagte ein Wohnrecht zugunsten der Klägerin begründet wurde.
Die Übergabe der Liegenschaften an die Beklagte erfolgte mit dem in Form eines Notariatsakts geschlossenen Übergabsvertrag vom 22. 9. 1998. Der Klägerin wurde darin „das alleinige Wohnungsrecht im Umfange eines Gebrauchsrechts im ganzen mitübergebenen Haus ....., samt freier Beheizung, freier Versorgung mit elektrischem Strom sowie freiem Wasserbezugsrecht" eingeräumt. Nach dem Wortlaut des Vertrags verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung „eines jährlichen Betrages von 60.000 ATS", ferner zur Zahlung der Grundsteuer und der sonstigen Abgaben sowie sämtlicher Instandhaltungs- sowie Betriebskosten des mitübergebenen, mit dem Wohnrecht der Klägerin belasteten Hauses. Der Ehegatte der Beklagten ist diesem Vertrag beigetreten.
Zwischen der Klägerin und der Beklagten sowie deren Gatten war allerdings mündlich vereinbart, dass die vereinbarten 60.000 ATS nur fünf mal bis zu einem Gesamtbetrag von 300.000 ATS gezahlt werden sollten. Hintergrund dieser Vereinbarung war die Überlegung der Parteien, dass im Rahmen eines Schenkungsvertrags Schenkungssteuer im Ausmaß von etwa 300.000 ATS zu zahlen gewesen wäre. Man vereinbarte, dass dieses Geld durch die gewählte Formulierung der Klägerin zugute kommen sollte. Die Klägerin verzichtete ferner von sich aus gegenüber der Beklagten und deren Gatten auf die Zahlung der Betriebskosten.
Die Beklagte hat in der Folge sämtliche von den Streitteilen tatsächlich vereinbarten Verpflichtungen erfüllt, auch jene auf Zahlung der vereinbarten 300.000 ATS. Die Betriebskosten des von der Klägerin aufgrund des Wohnrechts bewohnten Hauses hat sie hingegen nicht gezahlt. Dazu wurde sie bis Februar 2004 von der Klägerin auch niemals aufgefordert.
Am 12. 9. 2003 ließ die Klägerin durch einen Installateur die Brausearmatur reparieren, am 13. 1. 2004 die Heizung. Dafür sind Kosten von 790,21 EUR angefallen; die Materialkosten von 490,90 EUR wurden von der Beklagten gezahlt. Die Klägerin hat die Beklagte vor der Reparatur durch einen Professionisten nicht zur Reparatur aufgefordert. Diese Reparaturen hätte der Gatte der Beklagten selbst durchführen können.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten zuletzt 14.564,30 EUR sA und brachte im Wesentlichen vor:
Im Übergabsvertrag sei der Klägerin auf Lebenszeit das alleinige Wohnungsrecht in einem von ihr der Beklagten übergebenen Haus eingeräumt worden, wobei ihr das Recht auf freie Beheizung, freie Versorgung mit elektrischem Strom und auf freien Wasserbezug eingeräumt worden sei. Ferner habe sich die Beklagte zur Zahlung sämtlicher Instandhaltungs- und Betriebskosten des vom Wohnungsrecht betroffenen Hauses und zu einer jährlichen Geldleistung von 60.000 ATS verpflichtet. All diese Verpflichtungen habe sie nicht bzw nur zum Teil erfüllt, sodass der geltend gemachte Betrag aushafte.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die im Übergabsvertrag angeführten Verpflichtungen seien nur im Hinblick auf die Größe der übergebenen Landwirtschaft zur Vermeidung sehr hoher Gebühren (ca 300.000 ATS) „hineingeschrieben" worden. Es sei mündlich vereinbart worden, dass die jährlichen Zahlungen der Beklagten, soweit sie über 300.000 ATS hinausgehen, und die Verpflichtung zur Zahlung der Instandhaltung und der Betriebskosten des mit dem Wohnrecht der Klägerin belasteten Hauses nur in den Vertrag aufgenommen werden, um weniger Steuern zahlen zu müssen. Die Klägerin habe auch die Betriebs- bzw Stromkosten des Hauses ohne Diskussion immer selbst gezahlt und erst nach fünf Jahren die nunmehr geltend gemachten Forderungen erhoben. Die Forderung auf Ersatz der geltend gemachten Instandhaltungskosten sei schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil es die Klägerin unterlassen habe, im Haus auftretende Gebrechen der Beklagten bzw deren Gatten mitzuteilen, um diesen die erforderlichen Maßnahmen zu ermöglichen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und vertrat folgende Rechtsauffassung:
Die Parteien seien einvernehmlich von der im Übergabsvertrag vereinbarten Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Betriebskosten (mit Ausnahme der Grundsteuer, der Hausversicherung und der Zurverfügungstellung des Heizmaterials) abgegangen. Auch die im Übergabsvertrag vereinbarte „Jahrespacht" sollte nach der mündlichen Vereinbarung der Streitteile nur bis zu einem Betrag von 300.000 ATS gezahlt werden. Für diesen mündlich vereinbarten Verzicht bestehe kein Formzwang. Eine Formpflicht könnte sich nur aus den Vorschriften über die Schenkung ergeben. Die für eine Schenkung wesentliche Absicht einer unentgeltlichen Zuwendung sei allerdings nicht zu vermuten. Durch die nachträgliche Vereinbarung habe sich lediglich eine Änderung des im Grundgeschäft (dem Übergabsvertrag) vereinbarten Gegenwerts für die Überlassung der Liegenschaften ergeben. Der mündliche Verzicht sei daher rechtsgültig.
Nur die Instandhaltungskosten seien von der Beklagten zu zahlen. Allerdings wäre die Klägerin verpflichtet, der Beklagten die erforderlichen Arbeiten anzuzeigen und sie aufzufordern, diese zu erledigen. Erst nach Verweigerung der Durchführung der Arbeiten entstehe ein entsprechender Geldanspruch. Die Klägerin habe der Beklagten aber die Mängel nicht angezeigt und ihr damit auch keine Möglichkeit gegeben, sie zu beheben. Dessen ungeachtet habe die Beklagte die Materialkosten gezahlt, sodass sie auch nicht bereichert sei.
Das Klagebegehren sei daher abzuweisen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.
Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und billigte auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts.
Im Revisionsverfahren von Interesse ist der im Berufungsverfahren erhobene Einwand der Klägerin, die von der Beklagten behaupteten mündlichen „Nebenabreden" zum schriftlichen Übergabsvertrag seien mangels Einhaltung der Notariatsaktsform nicht wirksam. Dazu verwies das Berufungsgericht unter Hinweis auf § 500a ZPO auf die Rechtsausführungen des Erstgerichts.Im Revisionsverfahren von Interesse ist der im Berufungsverfahren erhobene Einwand der Klägerin, die von der Beklagten behaupteten mündlichen „Nebenabreden" zum schriftlichen Übergabsvertrag seien mangels Einhaltung der Notariatsaktsform nicht wirksam. Dazu verwies das Berufungsgericht unter Hinweis auf Paragraph 500 a, ZPO auf die Rechtsausführungen des Erstgerichts.
Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil zu dieser Frage Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist nicht zulässig.
Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts umschriebene Rechtsfrage die in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt.Der Oberste Gerichtshof ist gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts umschriebene Rechtsfrage die in Paragraph 502, Absatz eins, ZPO geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt.
1) Der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat sich mit der Tatsachenrüge der Klägerin inhaltlich auseinandergesetzt, ist ihr aber nicht gefolgt. Dass sich das Berufungsgericht auf bloße Leerformeln beschränkt habe, trifft nicht zu.
2) Die umfangreichen Ausführungen, mit denen die Revisionswerberin inhaltlich die erstgerichtlichen Feststellungen bekämpft, sind unzulässig.
3) Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist - dem Vorbringen der Revisionswerberin entsprechend - davon auszugehen, dass die mündliche Vereinbarung, mit der die im schriftlichen Vertragstext enthaltene Verpflichtung zur Zahlung von 60.000 ATS jährlich mit insgesamt 300.000 ATS begrenzt wurde, bereits vor bzw bei der Unterfertigung des Vertrags erfolgte. Wann der „Verzicht" der Revisionswerberin auf die Betriebskosten erfolgte, kann den Feststellungen nicht mit Sicherheit entnommen werden. Selbst wenn man dem Revisionsvorbringen folgt und - auch in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beklagten - davon ausgeht, dass die entsprechende Einigung bereits bei Unterfertigung des Vertrags erfolgte bzw schon erzielt war, ist daraus für die Revisionswerberin nichts zu gewinnen.
Nach den Feststellungen haben die Parteien die Übergabe der mehrere Liegenschaften umfassenden Landwirtschaft an die Beklagte beabsichtigt und die den hier interessierenden Teil der Gegenleistungen der Beklagten nur deshalb in den schriftlichen Vertragstext aufgenommen, um dadurch Schenkungssteuer zu sparen. Auch wenn die Feststellungen über Gegenstand und Inhalt des Vertrags nicht wünschenswert deutlich sind, kann daher davon ausgegangen werden, dass die Klägerin - wenngleich dies gegenüber der Steuerbehörde verborgen bleiben sollte - (auch) in Schenkungsabsicht handelte und daher von einer gemischten Schenkung auszugehen ist.
Ein Übergabsvertrag als gemischte Schenkung ohne wirkliche Übergabe des Vertragsgegenstands bedarf zu seiner Gültigkeit der Notariatsaktsform (RIS-Justiz RS0019375). Dass hier eine wirkliche Übergabe erfolgte, wurde weder behauptet noch festgestellt und kann daher auch nicht unterstellt werden.
Die Klägerin macht nun in ihrer Revision geltend, dass auch die mündliche „Nebenabrede" zum Übergabsvertrag, wonach die schriftlich festgehaltenen Leistungen der Beklagten nicht oder nur zum Teil fließen sollen, der Form des Notariatsakts bedurft hätte.
Die dazu angestellten Überlegungen sind von vornherein verfehlt, weil sie unbeachtet lassen, dass die ins Treffen geführte „Nebenabrede" primär darin bestand, nicht gewollte Verpflichtungen der Beklagten im Vertragstext vorzutäuschen und dass solche einvernehmlich nur vorgetäuschten Verpflichtungen das darauf gestützte Klagebegehren nicht rechtfertigen können.
Die Parteien haben die Hingabe der übergebenen Liegenschaften ohne die nunmehr von der Beklagten geltend gemachten Gegenleistungen beabsichtigt. Lediglich aus steuerlichen Gründen - um die zu erwartende Schenkungssteuer in der Familie zu erhalten - haben sie die von der Klägerin nun geltend gemachten Verpflichtungen, die tatsächlich nicht begründet werden sollten, in den schriftlichen Vertragstext aufgenommen. Die Vereinbarung dieser Gegenleistungen sollte daher nur der Finanzbehörde gegenüber vorgetäuscht werden. Eine Willenserklärung aber, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum Schein abgegeben wird, ist nichtig. Soll dadurch ein anderes Geschäft verborgen werden, so ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen (§ 916 Abs 1 ABGB). Das zum Schein geschlossene Geschäft wirkt auch zwischen den Parteien nicht, weil es ja nicht gewollt ist (SZ 59/108 mwN). Die Klägerin kann sich daher auf die nur vorgetäuschten Gegenleistungen nicht berufen. Dass das Scheingeschäft in einem Notariatsakt beurkundet wurde, vermag am übereinstimmenden Willen der Parteien, dass die in Rede stehenden Verpflichtungen der Beklagten nicht begründet werden sollten, nichts zu ändern.Die Parteien haben die Hingabe der übergebenen Liegenschaften ohne die nunmehr von der Beklagten geltend gemachten Gegenleistungen beabsichtigt. Lediglich aus steuerlichen Gründen - um die zu erwartende Schenkungssteuer in der Familie zu erhalten - haben sie die von der Klägerin nun geltend gemachten Verpflichtungen, die tatsächlich nicht begründet werden sollten, in den schriftlichen Vertragstext aufgenommen. Die Vereinbarung dieser Gegenleistungen sollte daher nur der Finanzbehörde gegenüber vorgetäuscht werden. Eine Willenserklärung aber, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum Schein abgegeben wird, ist nichtig. Soll dadurch ein anderes Geschäft verborgen werden, so ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen (Paragraph 916, Absatz eins, ABGB). Das zum Schein geschlossene Geschäft wirkt auch zwischen den Parteien nicht, weil es ja nicht gewollt ist (SZ 59/108 mwN). Die Klägerin kann sich daher auf die nur vorgetäuschten Gegenleistungen nicht berufen. Dass das Scheingeschäft in einem Notariatsakt beurkundet wurde, vermag am übereinstimmenden Willen der Parteien, dass die in Rede stehenden Verpflichtungen der Beklagten nicht begründet werden sollten, nichts zu ändern.
Es ist nicht vom Zweck des Formgebots erfasst, nicht den Schenkungsgegenstand betreffende Vereinbarungen zu schützen, die von den Parteien gar nicht gewollt waren sondern einvernehmlich nur zum Schein in den Vertragstext aufgenommen wurden, um der Steuerbehörde gegenüber den wahren Gehalt des Geschäfts zu verschleiern und dadurch Steuern zu sparen.
Die Ausführungen, mit denen die zweite Instanz die Abweisung des die Instandhaltungskosten betreffenden Klagebegehrens begründet, werden in der Revision nicht bekämpft.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E88524European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0090OB00006.08K.0820.000Im RIS seit
19.09.2008Zuletzt aktualisiert am
11.08.2016