TE OGH 2008/8/20 9ObA109/08g

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2008
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christa Brezna und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Franz S*****, vertreten durch Dr. Alfred Richter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 200.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. Mai 2008, GZ 11 Ra 20/08b-33, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. Oktober 2007, GZ 20 Cga 154/05g-23, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, Satz 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Revisionswerber zeigt in seiner außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:Der Revisionswerber zeigt in seiner außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auf:

Rechtliche Beurteilung

Nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen war der mit „Personalhoheit" ausgestattete Filialleiter der Beklagten berechtigt, den bei der Beklagten angestellten Kläger zu kündigen. Soweit dies der Revisionswerber negiert, entfernt er sich von der bindenden Tatsachengrundlage. Ob der Filialleiter der Beklagten im Übrigen Betriebsratsumlage zahlt und betriebsratswahlberechtigt ist, ist für die vom Kläger aufgeworfene Frage der Berechtigung des Filialleiters zur Kündigung des Klägers irrelevant. Der Beklagten bleibt es als Geschäftsherrin unbenommen, auch Personen, die nicht leitende Angestellte iSd § 36 Abs 2 Z 3 ArbVG sind, zur Auflösung von Arbeitsverhältnissen zu bevollmächtigen.Nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen war der mit „Personalhoheit" ausgestattete Filialleiter der Beklagten berechtigt, den bei der Beklagten angestellten Kläger zu kündigen. Soweit dies der Revisionswerber negiert, entfernt er sich von der bindenden Tatsachengrundlage. Ob der Filialleiter der Beklagten im Übrigen Betriebsratsumlage zahlt und betriebsratswahlberechtigt ist, ist für die vom Kläger aufgeworfene Frage der Berechtigung des Filialleiters zur Kündigung des Klägers irrelevant. Der Beklagten bleibt es als Geschäftsherrin unbenommen, auch Personen, die nicht leitende Angestellte iSd Paragraph 36, Absatz 2, Ziffer 3, ArbVG sind, zur Auflösung von Arbeitsverhältnissen zu bevollmächtigen.

Der Revisionswerber macht geltend, dass der Arbeitgeber auf das Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden nicht vertrauen dürfe, wenn er wisse, dass dieser bei Kündigungen ohne kollegiale Beratung allein entscheide. Ein derartiger Fall liegt jedoch hier nicht vor. Nach den Feststellungen teilte der Filialleiter dem Betriebsratsvorsitzenden der Beklagten mit Schreiben vom 16. 6. 2005 mit, dass für den Fall der Unwirksamkeit der (ersten) Kündigung vom 15. 10. 2004 die Eventualkündigung des Klägers beabsichtigt sei. Der Betriebsrat der Beklagten gab innerhalb der Frist von fünf Arbeitstagen keine Stellungnahme ab, weshalb der Filialleiter schließlich am 28. 6. 2005 die Eventualkündigung des Klägers aussprach. Der Arbeitgeber ist weder berechtigt noch verpflichtet, Untersuchungen über die interne Willensbildung des Betriebsrats anzustellen, wenn ihm nicht bekannt war oder bekannt hätte sein müssen, dass die Willensbildung des Betriebsrats nicht beschlussmäßig gedeckt ist (vgl 9 ObA 8/04y; RIS-Justiz RS0051490 ua). Der Betriebsrat ist grundsätzlich befugt, auch keine Stellungnahme abzugeben (§ 105 Abs 4 ArbVG; RIS-Justiz RS0109390 ua). Für die Annahme des Revisionswerbers, dass dem Betriebsrat die Nichtabgabe einer Stellungnahme nicht zurechenbar sei, bestehen keine Anhaltspunkte. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, zu der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt, liegt somit auch hier nicht vor.Der Revisionswerber macht geltend, dass der Arbeitgeber auf das Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden nicht vertrauen dürfe, wenn er wisse, dass dieser bei Kündigungen ohne kollegiale Beratung allein entscheide. Ein derartiger Fall liegt jedoch hier nicht vor. Nach den Feststellungen teilte der Filialleiter dem Betriebsratsvorsitzenden der Beklagten mit Schreiben vom 16. 6. 2005 mit, dass für den Fall der Unwirksamkeit der (ersten) Kündigung vom 15. 10. 2004 die Eventualkündigung des Klägers beabsichtigt sei. Der Betriebsrat der Beklagten gab innerhalb der Frist von fünf Arbeitstagen keine Stellungnahme ab, weshalb der Filialleiter schließlich am 28. 6. 2005 die Eventualkündigung des Klägers aussprach. Der Arbeitgeber ist weder berechtigt noch verpflichtet, Untersuchungen über die interne Willensbildung des Betriebsrats anzustellen, wenn ihm nicht bekannt war oder bekannt hätte sein müssen, dass die Willensbildung des Betriebsrats nicht beschlussmäßig gedeckt ist vergleiche 9 ObA 8/04y; RIS-Justiz RS0051490 ua). Der Betriebsrat ist grundsätzlich befugt, auch keine Stellungnahme abzugeben (Paragraph 105, Absatz 4, ArbVG; RIS-Justiz RS0109390 ua). Für die Annahme des Revisionswerbers, dass dem Betriebsrat die Nichtabgabe einer Stellungnahme nicht zurechenbar sei, bestehen keine Anhaltspunkte. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO, zu der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt, liegt somit auch hier nicht vor.

Die weitere Überlegung des Revisionswerbers, dass eine Eventualkündigung, die aus denselben Gründen wie die erste Kündigung bzw ohne neue Gründe erfolge, jedenfalls verpönt und rechtswidrig sei, entfernt sich wieder von der im Revisionsverfahren bindenden Tatsachengrundlage. Dass eine Eventualkündigung nach ständiger Rechtsprechung zulässig ist (8 ObA 4/03a; RIS-Justiz RS0028418 ua), wird vom Revisionswerber nicht ernsthaft bezweifelt. Dass die erste Kündigung unwirksam ist, macht die Eventualkündigung nicht unzulässig, sondern ist vielmehr die zulässige Bedingung, unter der die Eventualkündigung erfolgt. Der Revisionswerber übergeht, dass es keiner Eventualkündigung bedarf, wenn die erste Kündigung ohnehin rechtswirksam ist. Entgegen der Behauptung des Revisionswerbers scheiterte im vorliegenden Fall die erste Kündigung nicht an einem verpönten Motiv der Beklagten, das erneut der Eventualkündigung zugrundegelegt worden wäre, sondern an der mangelnden Einhaltung des Vorverfahrens nach § 105 ArbVG.Die weitere Überlegung des Revisionswerbers, dass eine Eventualkündigung, die aus denselben Gründen wie die erste Kündigung bzw ohne neue Gründe erfolge, jedenfalls verpönt und rechtswidrig sei, entfernt sich wieder von der im Revisionsverfahren bindenden Tatsachengrundlage. Dass eine Eventualkündigung nach ständiger Rechtsprechung zulässig ist (8 ObA 4/03a; RIS-Justiz RS0028418 ua), wird vom Revisionswerber nicht ernsthaft bezweifelt. Dass die erste Kündigung unwirksam ist, macht die Eventualkündigung nicht unzulässig, sondern ist vielmehr die zulässige Bedingung, unter der die Eventualkündigung erfolgt. Der Revisionswerber übergeht, dass es keiner Eventualkündigung bedarf, wenn die erste Kündigung ohnehin rechtswirksam ist. Entgegen der Behauptung des Revisionswerbers scheiterte im vorliegenden Fall die erste Kündigung nicht an einem verpönten Motiv der Beklagten, das erneut der Eventualkündigung zugrundegelegt worden wäre, sondern an der mangelnden Einhaltung des Vorverfahrens nach Paragraph 105, ArbVG.

Der Revisionswerber macht schließlich geltend, dass in der Person des Arbeitnehmers gelegene Umstände, die § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG erfüllen, unverzüglich geltend gemacht werden müssen, weshalb sie später nicht mehr zur Rechtfertigung einer Kündigung herangezogen werden können. Das ist grundsätzlich richtig (8 ObA 339/99g ua), geht jedoch am gegenständlichen Fall vorbei. Der Eventualkündigung geht naturgemäß eine erste Kündigung voraus, bei der sich bereits die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers manifestiert. Die Eventualkündigung ist regelmäßig - so auch im vorliegenden Fall - eine zulässige Reaktion des Arbeitgebers auf das Auftauchen von Zweifeln, dass die erste Kündigung unwirksam war. Nach den bindenden Feststellungen hat sich das nach § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG einschlägige Verhalten des Klägers auch nach der ersten Kündigung nicht geändert. Im Übrigen hängt die Frage, ob bei der Geltendmachung von Umständen, die in der Person des Arbeitnehmers gelegen sind und die betrieblichen Interessen nachteilig berühren, eine ungebührliche Verzögerung vorliegt, von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, die keine erhebliche Rechtsfrage begründen. Für die Annahme, die Beklagte könnte auf die Geltendmachung personenbedingter Gründe iSd § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG verzichtet haben, bestanden hier keine Anhaltspunkte. Das Berufungsgericht ist nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu 8 ObA 339/99g abgewichen. Ob die personenbedingten Kündigungsgründe iSd § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG bei der Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen der Parteien den Ausschlag geben, kann naturgemäß nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (8 ObA 141/04z ua). Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).Der Revisionswerber macht schließlich geltend, dass in der Person des Arbeitnehmers gelegene Umstände, die Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera a, ArbVG erfüllen, unverzüglich geltend gemacht werden müssen, weshalb sie später nicht mehr zur Rechtfertigung einer Kündigung herangezogen werden können. Das ist grundsätzlich richtig (8 ObA 339/99g ua), geht jedoch am gegenständlichen Fall vorbei. Der Eventualkündigung geht naturgemäß eine erste Kündigung voraus, bei der sich bereits die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers manifestiert. Die Eventualkündigung ist regelmäßig - so auch im vorliegenden Fall - eine zulässige Reaktion des Arbeitgebers auf das Auftauchen von Zweifeln, dass die erste Kündigung unwirksam war. Nach den bindenden Feststellungen hat sich das nach Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera a, ArbVG einschlägige Verhalten des Klägers auch nach der ersten Kündigung nicht geändert. Im Übrigen hängt die Frage, ob bei der Geltendmachung von Umständen, die in der Person des Arbeitnehmers gelegen sind und die betrieblichen Interessen nachteilig berühren, eine ungebührliche Verzögerung vorliegt, von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, die keine erhebliche Rechtsfrage begründen. Für die Annahme, die Beklagte könnte auf die Geltendmachung personenbedingter Gründe iSd Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera a, ArbVG verzichtet haben, bestanden hier keine Anhaltspunkte. Das Berufungsgericht ist nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu 8 ObA 339/99g abgewichen. Ob die personenbedingten Kündigungsgründe iSd Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera a, ArbVG bei der Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen der Parteien den Ausschlag geben, kann naturgemäß nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO dar (8 ObA 141/04z ua). Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, Satz 3 ZPO).

Da der Oberste Gerichtshof der Revisionsgegnerin die Beantwortung der vom Kläger erhobenen außerordentlichen Revision nicht freigestellt hat, ist die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung der Beklagten gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig; ein Kostenersatz findet daher nicht statt (1 Ob 10/07p; RIS-Justiz RS0043690 ua).Da der Oberste Gerichtshof der Revisionsgegnerin die Beantwortung der vom Kläger erhobenen außerordentlichen Revision nicht freigestellt hat, ist die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung der Beklagten gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, Satz 2 ZPO nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig; ein Kostenersatz findet daher nicht statt (1 Ob 10/07p; RIS-Justiz RS0043690 ua).

Anmerkung

E885299ObA109.08g

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inARD 5914/6/2008 = DRdA 2009,149XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:009OBA00109.08G.0820.000

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten