Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Kinder M***** und Mi***** S***** (geboren am 15. August 1994 bzw 3. April 1996), beide *****, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Leibnitz vom 8. Februar 2008, GZ 8 P 120/06d-U-2, ausgesprochene Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Neunkirchen wird nicht genehmigt.
Text
Begründung:
Die Geschwister mj Mi***** und M***** wurden aufgrund pflegschaftsgerichtlich genehmigter Verfügungen (§ 215 Abs 1 ABGB) des Jugendwohlfahrtsträgers (Land Steiermark, BH Leibnitz) in Drittpflege untergebracht. Die Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung wurde vom als Pflegschaftsgericht einschreitenden Bezirksgericht Leibnitz gemäß § 176 Abs 1 ABGB der Mutter vorläufig entzogen und dem Jugendwohlfahrtsträger übertragen (zu M***** s ON S-4 vom 29. 5. 2006; zu Mi***** s ON S-12 vom 27. 9. 2007, jeweils in 8 P 120/06d).Die Geschwister mj Mi***** und M***** wurden aufgrund pflegschaftsgerichtlich genehmigter Verfügungen (Paragraph 215, Absatz eins, ABGB) des Jugendwohlfahrtsträgers (Land Steiermark, BH Leibnitz) in Drittpflege untergebracht. Die Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung wurde vom als Pflegschaftsgericht einschreitenden Bezirksgericht Leibnitz gemäß Paragraph 176, Absatz eins, ABGB der Mutter vorläufig entzogen und dem Jugendwohlfahrtsträger übertragen (zu M***** s ON S-4 vom 29. 5. 2006; zu Mi***** s ON S-12 vom 27. 9. 2007, jeweils in 8 P 120/06d).
Am 25. 1. 2008 beantragte der Jugendwohlfahrtsträger, die unterhaltspflichtige Mutter der beiden Minderjährigen bis auf Weiteres für die gewährten und noch zu gewährenden Kosten der vollen Erziehung der mj Mi***** zu einem Kostenrückersatz in der Höhe des gewährten Kinderzuschusses zu verpflichten. Aus dem dazu erstatteten Vorbringen und aufgrund der daraufhin vom Bezirksgericht Leibnitz angestellten Erhebungen ergab sich, dass die beiden Minderjährigen derzeit in einem Sozialpädagogischen Wohnheim in G***** - und damit im Sprengel des Bezirksgerichts Neunkirchen - untergebracht waren bzw sind.
Mit Beschluss vom 8. 2. 2008 übertrug daraufhin das Bezirksgericht Leibnitz die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 Abs 1 und 2 JN an das Bezirksgericht Neunkirchen. Dieses stellte den Akt dem Bezirksgericht Leibnitz mit der Mitteilung zurück, dass die Übernahme der Zuständigkeit abgelehnt werde. Nachdem der nunmehr den Parteien (nach Rückleitungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs vom 10. 4. 2008) zugestellte Übertragungsbeschluss des Bezirksgerichts Leibnitz unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, legte das übertragende Gericht den Akt dem Obersten Gerichtshof als gemeinsam übergeordneten Gericht neuerlich zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN vor.Mit Beschluss vom 8. 2. 2008 übertrug daraufhin das Bezirksgericht Leibnitz die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß Paragraph 111, Absatz eins und 2 JN an das Bezirksgericht Neunkirchen. Dieses stellte den Akt dem Bezirksgericht Leibnitz mit der Mitteilung zurück, dass die Übernahme der Zuständigkeit abgelehnt werde. Nachdem der nunmehr den Parteien (nach Rückleitungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs vom 10. 4. 2008) zugestellte Übertragungsbeschluss des Bezirksgerichts Leibnitz unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, legte das übertragende Gericht den Akt dem Obersten Gerichtshof als gemeinsam übergeordneten Gericht neuerlich zur Entscheidung gemäß Paragraph 111, Absatz 2, JN vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Übertragung ist nicht zu genehmigen.
Wenn dies im Interesse eines Minderjährigen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird, kann das zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht seine Zuständigkeit ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen (§ 111 Abs 1 JN).Wenn dies im Interesse eines Minderjährigen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird, kann das zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht seine Zuständigkeit ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen (Paragraph 111, Absatz eins, JN).
Ausschlaggebendes Kriterium einer Zuständigkeitsübertragung nach dieser Gesetzesstelle ist stets das Kindeswohl (10 Nc 58/07x; 9 Nc 15/03k ua). Dabei ist in der Regel das Naheverhältnis zwischen Pflegebefohlenem und Gericht von wesentlicher Bedeutung (10 Nc 58/07x; 6 Nd 503/01), sodass im Allgemeinen das Gericht am besten geeignet ist, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen Wohnsitz oder (gewöhnlichen) Aufenthalt hat (10 Nc 58/07x ua). Offene Anträge sprechen im Allgemeinen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung, sofern nicht dem übertragenden Gericht für die ausstehende Entscheidung besondere Sachkenntnis zukommt (RIS-Justiz RS0047032; zuletzt etwa 8 Nc 5/08i).
Im hier zu beurteilenden Fall ist zu beachten, dass der Mutter die Obsorge bislang nur vorläufig entzogen wurde und dass in keiner Weise feststeht, wie lange die Minderjährigen im Sozialpädagogischen Wohnheim im Sprengel des Bezirksgerichts Neunkirchen bleiben werden. Zudem sind pflegschaftsbehördliche Maßnahmen, die einen speziellen Bezug zum derzeitigen Aufenthaltsort der Minderjährigen haben, nicht erforderlich. Hinsichtlich der Entscheidung über den offenen Antrag ist hingegen die Beziehung zum bisher mit der Sache befassten Gericht weit stärker - die Mutter, die zum Kostenersatz verpflichtet werden soll, lebt nach wie vor im Sprengel des übertragenden Gerichts - sodass derzeit kein Grund für die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Neunkirchen gegeben ist.
Anmerkung
E88435 8Nc2.08y-2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0080NC00002.08Y.0903.000Zuletzt aktualisiert am
16.10.2008