TE OGH 2008/9/11 7Ob177/08t

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.09.2008
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas H*****, vertreten durch Mag. Lothar Korn, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. April 2008, GZ 15 R 436/07d-37, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 7. Juli 2007, GZ 13 Cg 2190/04s-33, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei die mit 445,82 EUR (darin 74,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulassung der Revision nicht gebunden. Entgegen diesem Ausspruch ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.Gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulassung der Revision nicht gebunden. Entgegen diesem Ausspruch ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Den nachträglich abgeänderten (§ 508 Abs 3 ZPO) Zulässigkeitsausspruch begründete es wie folgt:Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Den nachträglich abgeänderten (Paragraph 508, Absatz 3, ZPO) Zulässigkeitsausspruch begründete es wie folgt:

Der Beklagten sei beizupflichten, dass sich die Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Wesentlichen lediglich auf die Entscheidung 7 Ob 10/88 stützen könne, wonach die eigene Alkoholisierung den „Lenker" (richtig: Versicherungsnehmer) nicht zu entschuldigen vermöge, wenn dies der Grund sei, dass er die Alkoholisierung des mit dem Lenken des Fahrzeugs Beauftragten nicht habe erkennen können. Vielmehr begründe dieser Umstand ein zusätzliches schuldhaftes Verhalten. Aus dieser Entscheidung sei aber abzuleiten, es könne dann, wenn - wie hier - feststehe, dass die Alkoholisierung des beauftragten Lenkers nicht nur nicht von einem allenfalls alkoholisierten Lenker (gemeint: Fahrgast), sondern auch von jedem Dritten nicht wahrgenommen habe werden können, dahingestellt bleiben, ob der „Lenker" (gemeint: Versicherungsnehmer) alkoholisiert gewesen sei oder nicht, weil selbst im nicht alkoholisierten Zustand die Alkoholisierung des beauftragten Lenkers nicht erkannt hätte werden können. Diesem Umstand komme eine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zu, weshalb dem Berufungsgericht die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nunmehr zulässig erscheine. Der von der Beklagten behauptete Verfahrensfehler liege hingegen nicht vor, weil das Berufungsgericht nur dargelegt habe, dass das Erstgericht selbst die von ihm getroffenen Feststellungen insoweit im Rahmen der Beweiswürdigung ergänzt habe.Der Beklagten sei beizupflichten, dass sich die Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Wesentlichen lediglich auf die Entscheidung 7 Ob 10/88 stützen könne, wonach die eigene Alkoholisierung den „Lenker" (richtig: Versicherungsnehmer) nicht zu entschuldigen vermöge, wenn dies der Grund sei, dass er die Alkoholisierung des mit dem Lenken des Fahrzeugs Beauftragten nicht habe erkennen können. Vielmehr begründe dieser Umstand ein zusätzliches schuldhaftes Verhalten. Aus dieser Entscheidung sei aber abzuleiten, es könne dann, wenn - wie hier - feststehe, dass die Alkoholisierung des beauftragten Lenkers nicht nur nicht von einem allenfalls alkoholisierten Lenker (gemeint: Fahrgast), sondern auch von jedem Dritten nicht wahrgenommen habe werden können, dahingestellt bleiben, ob der „Lenker" (gemeint: Versicherungsnehmer) alkoholisiert gewesen sei oder nicht, weil selbst im nicht alkoholisierten Zustand die Alkoholisierung des beauftragten Lenkers nicht erkannt hätte werden können. Diesem Umstand komme eine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zu, weshalb dem Berufungsgericht die ordentliche Revision gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nunmehr zulässig erscheine. Der von der Beklagten behauptete Verfahrensfehler liege hingegen nicht vor, weil das Berufungsgericht nur dargelegt habe, dass das Erstgericht selbst die von ihm getroffenen Feststellungen insoweit im Rahmen der Beweiswürdigung ergänzt habe.

Das Berufungsgericht hat - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - keinen „bloß hypothetischen" Sachverhalt zugrundegelegt, indem es davon ausging, die Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers sei weder vom Kläger erkannt worden noch für Außenstehende „jedenfalls" erkennbar gewesen; diese Feststellung wurde nämlich bereits vom Erstgericht getroffen (Seite 8 des Ersturteils).

Unzutreffend ist auch der in der Revision vertretene Standpunkt, die genannte Feststellung sei zu Unrecht dem (angeblich gelungenen) Nachweis mangelnden Verschuldens zugeordnet worden, obwohl diese Beurteilung ausschließlich „im Lichte des Kausalitätsgegenbeweises" vorzunehmen gewesen wäre, an den strenge Anforderungen gestellt hätten werden müssten, sodass jede Unsicherheit zu Lasten des Versicherungsnehmers gehe:

Dem Vorwurf, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung zum Kausalitätsgegenbeweis ab, fehlt nämlich schon deshalb die Grundlage, weil sich die zweite Instanz damit gar nicht mehr auseinandersetzen musste; wurde im zweiten Rechtsgang doch festgestellt, dass der Fahrer zum Unfallszeitpunkt mit einem Alkoholgehalt der Atemluft im Bereich von zumindest 0,4 mg/l bzw einem Blutalkoholgehalt von zumindest 0,8 Promille alkoholisiert gewesen sei. Für diesen Fall hatte der Oberste Gerichtshof bereits in dem im ersten Rechtsgang gefällten Aufhebungsbeschluss 7 Ob 36/06d bindend dargelegt, der Gegenbeweis bestehender Fahrtüchtigkeit des Lenkers sei dann in diesem Fall gemäß § 5 Abs 1 Satz 2 StVO gar nicht möglich. Dieser bindenden Rechtsansicht ist das Erstgericht - unbekämpft - gefolgt. Der Kausalitätsgegenbeweis war somit nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.Dem Vorwurf, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung zum Kausalitätsgegenbeweis ab, fehlt nämlich schon deshalb die Grundlage, weil sich die zweite Instanz damit gar nicht mehr auseinandersetzen musste; wurde im zweiten Rechtsgang doch festgestellt, dass der Fahrer zum Unfallszeitpunkt mit einem Alkoholgehalt der Atemluft im Bereich von zumindest 0,4 mg/l bzw einem Blutalkoholgehalt von zumindest 0,8 Promille alkoholisiert gewesen sei. Für diesen Fall hatte der Oberste Gerichtshof bereits in dem im ersten Rechtsgang gefällten Aufhebungsbeschluss 7 Ob 36/06d bindend dargelegt, der Gegenbeweis bestehender Fahrtüchtigkeit des Lenkers sei dann in diesem Fall gemäß Paragraph 5, Absatz eins, Satz 2 StVO gar nicht möglich. Dieser bindenden Rechtsansicht ist das Erstgericht - unbekämpft - gefolgt. Der Kausalitätsgegenbeweis war somit nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO werden aber auch in den weiteren Revisionsausführungen nicht aufgezeigt. Die angeblich noch fehlende „entsprechende Abgrenzung des Verschuldensbeweises und Kausalitätsgegenbeweises" bei „alkoholisierten Lenkern" wurde bereits im zitierten Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang dieses Verfahrens vorgenommen. An dieser Rechtsansicht wurde in der Entscheidung vom 17. 10. 2007, 7 Ob 219/07t (mit der eine außerordentliche Revision im Hinblick auf diese Rechtsprechung bereits zurückgewiesen wurde) ausdrücklich festgehalten und dazu folgendes ausgesprochen:Rechtsfragen im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO werden aber auch in den weiteren Revisionsausführungen nicht aufgezeigt. Die angeblich noch fehlende „entsprechende Abgrenzung des Verschuldensbeweises und Kausalitätsgegenbeweises" bei „alkoholisierten Lenkern" wurde bereits im zitierten Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang dieses Verfahrens vorgenommen. An dieser Rechtsansicht wurde in der Entscheidung vom 17. 10. 2007, 7 Ob 219/07t (mit der eine außerordentliche Revision im Hinblick auf diese Rechtsprechung bereits zurückgewiesen wurde) ausdrücklich festgehalten und dazu folgendes ausgesprochen:

„Diese Verletzung der Führerschein- und Alkoholklausel fällt dem Versicherungsnehmer nicht nur dann zur Last, wenn er selbst das Fahrzeug ohne Lenkberechtigung bzw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, sondern auch dann, wenn er sein Fahrzeug einer derart beeinträchtigten Person zur Lenkung überlassen hat (RIS-Justiz RS0081408). Der Versicherte kann sich jedoch von den Folgen dieser Obliegenheitsverletzung durch den Beweis des Fehlens jedes Verschuldens oder den Kausalitätsgegenbeweis befreien (RIS-Justiz RS0081343), an den strenge Anforderungen zu stellen sind (7 Ob 27/07g; RIS-Justiz RS0079993)."

Diese ständige Rechtsprechung zur Beweislast des Versicherten liegt weiters auch den Entscheidungen 7 Ob 280/06m und 7 Ob 4/08a zugrunde. Wie bereits zu 7 Ob 36/06d ausgeführt, stand dem Kläger, der nicht selbst Lenker war, also - neben dem nun im zweiten Rechtsgang (angesichts der nunmehr ergänzten Feststellungen) nicht mehr in Betracht kommenden Kausalitätsgegenbeweis (vgl RIS-Justiz RS0080834 [T4]) - auch der Nachweis offen, dass ihn kein Verschulden an der Obliegenheitsverletzung trifft, weil er den Umstand, dass das Fahrzeug „in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" (Art 18 Punkt 4.1.2. ARB/GEN 99) gelenkt wurde, weder kannte noch kennen musste.Diese ständige Rechtsprechung zur Beweislast des Versicherten liegt weiters auch den Entscheidungen 7 Ob 280/06m und 7 Ob 4/08a zugrunde. Wie bereits zu 7 Ob 36/06d ausgeführt, stand dem Kläger, der nicht selbst Lenker war, also - neben dem nun im zweiten Rechtsgang (angesichts der nunmehr ergänzten Feststellungen) nicht mehr in Betracht kommenden Kausalitätsgegenbeweis vergleiche RIS-Justiz RS0080834 [T4]) - auch der Nachweis offen, dass ihn kein Verschulden an der Obliegenheitsverletzung trifft, weil er den Umstand, dass das Fahrzeug „in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" (Artikel 18, Punkt 4.1.2. ARB/GEN 99) gelenkt wurde, weder kannte noch kennen musste.

Es geht hier also nicht - wie die Revision meint - um „ein (mögliches) Verhalten Dritter", das dem Kausalitätsgegenbeweis zuzuordnen wäre, sondern um die Frage, ob der Kläger nachweisen konnte, dass ihm kein Verschulden am Verstoß gegen die Alkoholklausel anzulasten ist, weil er den genannten Zustand des Lenkers weder kannte noch kennen musste. Die einzelfallabhängige Beurteilung, dass dem Kläger dieser Nachweis gelungen ist, begründet aber (ebenfalls) keine Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität:Es geht hier also nicht - wie die Revision meint - um „ein (mögliches) Verhalten Dritter", das dem Kausalitätsgegenbeweis zuzuordnen wäre, sondern um die Frage, ob der Kläger nachweisen konnte, dass ihm kein Verschulden am Verstoß gegen die Alkoholklausel anzulasten ist, weil er den genannten Zustand des Lenkers weder kannte noch kennen musste. Die einzelfallabhängige Beurteilung, dass dem Kläger dieser Nachweis gelungen ist, begründet aber (ebenfalls) keine Rechtsfrage von der im Paragraph 502, Absatz eins, ZPO geforderten Qualität:

Ob die Alkoholisierung des Fahrers durch den Fahrgast bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkannt werden müssen, ist zwar eine Rechtsfrage (während die Frage, ob von der Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers tatsächlich Kenntnis genommen wurde, eine - im Revisionsverfahren nicht mehr angreifbare - Tatfrage darstellt [RIS-Justiz RS0027120; 2 Ob 213/00p; 2 Ob 65/06g mwN]). Dieser Rechtsfrage kommt jedoch schon infolge ihrer Einzelfallbezogenheit regelmäßig keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu.Ob die Alkoholisierung des Fahrers durch den Fahrgast bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkannt werden müssen, ist zwar eine Rechtsfrage (während die Frage, ob von der Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers tatsächlich Kenntnis genommen wurde, eine - im Revisionsverfahren nicht mehr angreifbare - Tatfrage darstellt [RIS-Justiz RS0027120; 2 Ob 213/00p; 2 Ob 65/06g mwN]). Dieser Rechtsfrage kommt jedoch schon infolge ihrer Einzelfallbezogenheit regelmäßig keine erhebliche Bedeutung im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zu.

Die Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.Die Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 40,, 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.

Textnummer

E88724

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00177.08T.0911.000

Im RIS seit

11.10.2008

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten