TE OGH 2008/9/23 4Ob144/08t

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.09.2008
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei O***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Broinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 35.340 EUR) und 1.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. Mai 2008, GZ 2 R 33/08y-15, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 13. Dezember 2007, GZ 50 Cg 87/07f-9, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin einer Gratiszeitung, die einmal pro Woche in einem Bundesland erscheint und an alle Haushalte verteilt wird. Die Beklagte ist Medieninhaberin einer kombinierten Gratis- und Kaufzeitung, die wöchentlich in dreizehn Regionalausgaben des Bundeslands erscheint, sowie einer wöchentlich in vierzehn Regionalausgaben erscheinenden Gratiszeitung (Sonntagsausgabe). Die Beklagte veröffentlichte in einer Sonntagsausgabe einen Bericht samt Grafik über das Ergebnis der Media-Analyse 2006 in einem redaktionellen Artikel, in dem sie von einem „Spitzenwert", „wahren Höhenflug" und von einer Reichweite von 80,1 % sowie davon berichtet, „in der Landeshauptstadt um Längen vor allen anderen Zeitungen" zu liegen. Dieser Artikel enthielt keinen Hinweis auf die Quelle und den Erhebungszeitraum. Nach Abmahnung durch die Klägerin veröffentlichte die Beklagte in einer weiteren Sonntagsausgabe einen Artikel, in welchem sie die vorgenannten Werbebehauptungen wiederholte und dahin ergänzte, dass sich die genannte Stellungnahme „klarerweise" auf jene Zeitungen beziehe, die in der strengen Prüfung der Media-Analyse 2006 erfasst seien. Dies sei die Wertung der Kaufzeitungen und der Kauf-/Gratiszeitungen. Gratiszeitungen seien in der Untersuchung nicht berücksichtigt.

Die erwähnte Reichweite von 80,1 % ist jene, welche die Media-Analyse 2006 allen Regionalausgaben der von der Beklagten herausgegebenen Zeitungen attestiert hatte. Als Mitbewerber wurden zwei Tageszeitungen, nicht jedoch die von der Klägerin herausgegebene Gratis-(Wochen-)Zeitung erfasst. Laut den Daten der Studien „Regioprint 2006" und „Regioprint 2007" hatte die von der Klägerin herausgegebene Zeitung eine deutlich höhere Reichweite (68/67 %) als die von der Beklagten herausgegebene (54/51 %).

Die Klägerin erhob ein Unterlassungsbegehren, das aus einem Haupt- und zwölf Eventualbegehren besteht. Danach sollte die Beklagte schuldig erkannt werden, es im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken ab sofort zu unterlassen, über die Zeitung der Beklagten irreführend zu verbreiten, sie liege in der Landeshauptstadt um Längen vor allen anderen Zeitungen, und/oder sinngleiche Äußerungen zu tätigen (Hauptbegehren); über die Zeitung der Beklagten unter Bezug auf die Media-Analyse 2006 irreführend zu verbreiten, sie liege in der Landeshauptstadt um Längen vor allen anderen Zeitungen, ohne offen zu legen, dass die Zeitung der Klägerin als Gratismedium in der Media-Analyse 2006 nicht abgefragt wurde (erstes Eventualbegehren sowie weitere elf Eventualbegehren). Darüber hinaus begehrte die Klägerin den Zuspruch von 1.000 EUR sA Schadenersatz sowie die Erteilung der Ermächtigung, den Urteilsspruch (Unterlassung und Urteilsveröffentlichung) in näher beschriebener Weise zu veröffentlichen.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken ab sofort zu unterlassen, über ihre Zeitung „irreführend zu verbreiten, sie liege in der Landeshauptstadt um Längen vor allen anderen Zeitungen", ohne offen zu legen, dass „die Zeitung der Beklagten als Gratiszeitung Teil der Media-Analyse 2006 war". Darüber hinaus gab das Erstgericht dem Veröffentlichungsbegehren (in eingeschränktem Umfang) statt und wies das darüber hinausgehende Klagemehrbegehren ab.

Das Berufungsgericht verwarf die von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsberufung und gab der Berufung in Ansehung des Unterlassungsbegehrens nicht, in Ansehung des Veröffentlichungsbegehrens hingegen teilweise Folge und bestätigte das angefochtene Urteil im Unterlassungsteil mit der Maßgabe, dass dem Unterlassungshauptbegehren stattgegeben werde, und schränkte das Veröffentlichungsbegehren noch weiter ein. Zu dem von der Klägerin erhobenen Unterlassungsbegehren fasste das Berufungsgericht seine Begründung dahin zusammen, dass das Unterlassungshauptbegehren berechtigt sei, weshalb das angefochtene Urteil in seinem das Unterlassungsbegehren betreffenden Teil mit der Maßgabe einer Anpassung des Spruchs an das Unterlassungshauptbegehren zu bestätigen sei, wobei damit kein inhaltlicher Prozesserfolg für die Beklagte verbunden sei. Im Übrigen sprach das Berufungsgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige, die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO aber nicht zulässig sei.Das Berufungsgericht verwarf die von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsberufung und gab der Berufung in Ansehung des Unterlassungsbegehrens nicht, in Ansehung des Veröffentlichungsbegehrens hingegen teilweise Folge und bestätigte das angefochtene Urteil im Unterlassungsteil mit der Maßgabe, dass dem Unterlassungshauptbegehren stattgegeben werde, und schränkte das Veröffentlichungsbegehren noch weiter ein. Zu dem von der Klägerin erhobenen Unterlassungsbegehren fasste das Berufungsgericht seine Begründung dahin zusammen, dass das Unterlassungshauptbegehren berechtigt sei, weshalb das angefochtene Urteil in seinem das Unterlassungsbegehren betreffenden Teil mit der Maßgabe einer Anpassung des Spruchs an das Unterlassungshauptbegehren zu bestätigen sei, wobei damit kein inhaltlicher Prozesserfolg für die Beklagte verbunden sei. Im Übrigen sprach das Berufungsgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige, die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO aber nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist nicht zulässig.

1. Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage (des Verfahrensrechts) geltend, dass das Berufungsgericht nicht ohne Berufung der Klägerin anstelle dem Eventualbegehren (wie das Erstgericht) dem Unterlassungshauptbegehren hätte stattgeben dürfen. Sie sieht darin eine Überschreitung der durch die Prozessstandpunkte der Parteien abgesteckten Grenzen im Sinn des § 405 ZPO. Die Formulierung des Urteilsspruchs erster Instanz entspricht aber weder dem Unterlassungshaupt-, noch einem der zahlreichen Unterlassungseventualbegehren, sondern erweist sich als offensichtlich irrtümlich formuliert (etwa Verwechslung der Bezeichnungen der von den Streitteilen herausgegebenen Zeitungen sowie fehlende Verneinung: ... als Gratiszeitung nicht Teil der Media-Analyse 2006). Die rechtliche Begründung des Ersturteils macht aber deutlich, dass das Erstgericht das von der Klägerin erhobene Unterlassungshauptbegehren für berechtigt ansah. Da das Berufungsgericht diese Ansicht teilte, berichtigte es lediglich den erstgerichtlichen Spruch im Sinne des Unterlassungshauptbegehrens („Maßgabebestätigung"). Von einer Überschreitung des in zweiter Instanz aufrecht erhaltenen Klagebegehrens kann daher keine Rede sein. Die von der Revisionswerberin aufgeworfene Frage der (Un-)Zulässigkeit, über Berufung der Beklagten anstelle der Stattgebung des Eventualbegehrens dem Hauptbegehren stattzugeben, stellt sich daher nicht.1. Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage (des Verfahrensrechts) geltend, dass das Berufungsgericht nicht ohne Berufung der Klägerin anstelle dem Eventualbegehren (wie das Erstgericht) dem Unterlassungshauptbegehren hätte stattgeben dürfen. Sie sieht darin eine Überschreitung der durch die Prozessstandpunkte der Parteien abgesteckten Grenzen im Sinn des Paragraph 405, ZPO. Die Formulierung des Urteilsspruchs erster Instanz entspricht aber weder dem Unterlassungshaupt-, noch einem der zahlreichen Unterlassungseventualbegehren, sondern erweist sich als offensichtlich irrtümlich formuliert (etwa Verwechslung der Bezeichnungen der von den Streitteilen herausgegebenen Zeitungen sowie fehlende Verneinung: ... als Gratiszeitung nicht Teil der Media-Analyse 2006). Die rechtliche Begründung des Ersturteils macht aber deutlich, dass das Erstgericht das von der Klägerin erhobene Unterlassungshauptbegehren für berechtigt ansah. Da das Berufungsgericht diese Ansicht teilte, berichtigte es lediglich den erstgerichtlichen Spruch im Sinne des Unterlassungshauptbegehrens („Maßgabebestätigung"). Von einer Überschreitung des in zweiter Instanz aufrecht erhaltenen Klagebegehrens kann daher keine Rede sein. Die von der Revisionswerberin aufgeworfene Frage der (Un-)Zulässigkeit, über Berufung der Beklagten anstelle der Stattgebung des Eventualbegehrens dem Hauptbegehren stattzugeben, stellt sich daher nicht.

2. Weiters macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht hätte im Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs insofern eine zu weite Unterlassungsverpflichtung ausgesprochen, als auch die lauterkeitsrechtlich zulässige Behauptung verboten worden sei, mit Ergebnissen einer Reichweitenanalyse zu werben, wenn auf deren Prämissen hingewiesen werde. Diese Argumentation lässt unberücksichtigt, dass das der Beklagten auferlegte Unterlassungsgebot lediglich die irreführende Reichweitenwerbung (... liege in der Landeshauptstadt um Längen vor allen anderen Zeitungen ...) verbietet, womit hinreichend deutlich gemacht wird, dass der Exekutionstitel nicht jegliche Reichweitenwerbung - wie von der Beklagten behauptet - umfasst. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass das Unterlassungsgebot - ausgehend vom konkreten Wettbewerbsverstoß - allgemeiner zu fassen ist, um Umgehungen nicht all zu sehr zu erleichtern (RIS-Justiz RS0037733). Im Übrigen begründet die Frage nach der konkreten Berechtigung des Unterlassungsbegehrens, ob es allenfalls zu weit gefasst ist, grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0037671).2. Weiters macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht hätte im Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs insofern eine zu weite Unterlassungsverpflichtung ausgesprochen, als auch die lauterkeitsrechtlich zulässige Behauptung verboten worden sei, mit Ergebnissen einer Reichweitenanalyse zu werben, wenn auf deren Prämissen hingewiesen werde. Diese Argumentation lässt unberücksichtigt, dass das der Beklagten auferlegte Unterlassungsgebot lediglich die irreführende Reichweitenwerbung (... liege in der Landeshauptstadt um Längen vor allen anderen Zeitungen ...) verbietet, womit hinreichend deutlich gemacht wird, dass der Exekutionstitel nicht jegliche Reichweitenwerbung - wie von der Beklagten behauptet - umfasst. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass das Unterlassungsgebot - ausgehend vom konkreten Wettbewerbsverstoß - allgemeiner zu fassen ist, um Umgehungen nicht all zu sehr zu erleichtern (RIS-Justiz RS0037733). Im Übrigen begründet die Frage nach der konkreten Berechtigung des Unterlassungsbegehrens, ob es allenfalls zu weit gefasst ist, grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO (RIS-Justiz RS0037671).

Anmerkung

E888194Ob144.08t

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0040OB00144.08T.0923.000

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten