TE OGH 2008/10/1 6Ob127/08g

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Veröffentlicht am 01.10.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Wiedner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn Dr. Wolfgang Vanis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Entfernung (Streitwert 30.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Februar 2008, GZ 1 R 21/08b-19, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach den eindeutigen Feststellungen der Vorinstanzen haben die Parteien anlässlich der Bauverhandlung vom 9. 5. 2003 eine privatrechtliche Vereinbarung abgeschlossen. Die klagende Partei durfte „vor dem Hintergrund der Vorbesprechung und des eindeutigen Inhalts des Anwaltsbriefs betreffend die 'Front zum Garten' die von der Beklagten in der Bauverhandlung abgegebene Erklärung als verbindliche Zusage werten".

Die Beklagte meint in ihrer außerordentlichen Revision, diese Qualifikation ihrer Erklärungen stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs; ihre Erklärung sei lediglich an die Baubehörde gerichtet gewesen.

Dass anlässlich von Bauverhandlungen grundsätzlich auch privatrechtliche Vereinbarungen getroffen werden können, ergibt sich bereits aus der von der außerordentlichen Revision selbst zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (6 Ob 55/65 = SZ 38/50; 4 Ob 2311/96y). Ob im konkreten Fall eine solche getroffen wurde, übersteigt an Bedeutung jedoch nicht den Einzelfall (§ 502 Abs 1 ZPO).Dass anlässlich von Bauverhandlungen grundsätzlich auch privatrechtliche Vereinbarungen getroffen werden können, ergibt sich bereits aus der von der außerordentlichen Revision selbst zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (6 Ob 55/65 = SZ 38/50; 4 Ob 2311/96y). Ob im konkreten Fall eine solche getroffen wurde, übersteigt an Bedeutung jedoch nicht den Einzelfall (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO).

Im Übrigen begegnen die von den Vorinstanzen dargelegten Begründungen für ihre Auffassung, es habe sich nicht lediglich um Erklärungen der Parteien gegenüber der Baubehörde, sondern um eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen ihnen gehandelt, auch keinen grundlegenden Bedenken, ist doch im Schreiben Beilage ./I ausdrücklich von einer Vereinbarung die Rede. Außerdem wurde anlässlich der Vorbesprechung vom 8. 5. 2003 über frühere Vereinbarungen zwischen den Liegenschaftseigentümern aus den Jahren 1948 und 1953 gesprochen, hinsichtlich welcher jedoch keine Unterlagen mehr existierten. Es ist daher durchaus nicht unvertretbar anzunehmen, dass die Parteien hinsichtlich der Baufluchtlinie eine neue Vereinbarung treffen wollten.

2. Die Beklagte beruft sich in ihrer außerordentlichen Revision vor allem auf die Entscheidung 6 Ob 55/65, die aber nur auf den ersten Blick einen identen Sachverhalt zur Grundlage hatte. Dort wurden nämlich die vom Anrainer gewünschten Abänderungen zum Gegenstand einer Auflage des Baubewilligungsbescheids gemacht (vgl auch 4 Ob 2311/96y). Im vorliegenden Verfahren änderte die Beklagte jedoch bereits eingangs der Bauverhandlung ihr eingereichtes Projekt im Sinne der Vorbesprechung ab. Demgemäß enthält auch der Bewilligungsbescheid vom 20. 6. 2003 (Beilage ./C) keine Auflagen.2. Die Beklagte beruft sich in ihrer außerordentlichen Revision vor allem auf die Entscheidung 6 Ob 55/65, die aber nur auf den ersten Blick einen identen Sachverhalt zur Grundlage hatte. Dort wurden nämlich die vom Anrainer gewünschten Abänderungen zum Gegenstand einer Auflage des Baubewilligungsbescheids gemacht vergleiche auch 4 Ob 2311/96y). Im vorliegenden Verfahren änderte die Beklagte jedoch bereits eingangs der Bauverhandlung ihr eingereichtes Projekt im Sinne der Vorbesprechung ab. Demgemäß enthält auch der Bewilligungsbescheid vom 20. 6. 2003 (Beilage ./C) keine Auflagen.

3. Damit kommt aber auch dem Argument der Beklagten keine Berechtigung zu, die geschlossene Vereinbarung wäre ein einseitig verbindlicher Vertrag gewesen, weshalb gemäß § 915 ABGB anzunehmen wäre, die Beklagte hätte sich eher die geringere als die schwerere Last auferlegen wollen; die geringere Last wäre aber die öffentlich-rechtliche Auflage gewesen. Diese Argumentation findet sich zwar in der bereits zitierten Entscheidung 6 Ob 55/65, im vorliegenden Verfahren kam es aber gar nicht zu Auflagen der Baubehörde. Die Beklagte änderte vielmehr aufgrund der mit der klagenden Partei getroffenen Vereinbarung die Einreichplanung ab.3. Damit kommt aber auch dem Argument der Beklagten keine Berechtigung zu, die geschlossene Vereinbarung wäre ein einseitig verbindlicher Vertrag gewesen, weshalb gemäß Paragraph 915, ABGB anzunehmen wäre, die Beklagte hätte sich eher die geringere als die schwerere Last auferlegen wollen; die geringere Last wäre aber die öffentlich-rechtliche Auflage gewesen. Diese Argumentation findet sich zwar in der bereits zitierten Entscheidung 6 Ob 55/65, im vorliegenden Verfahren kam es aber gar nicht zu Auflagen der Baubehörde. Die Beklagte änderte vielmehr aufgrund der mit der klagenden Partei getroffenen Vereinbarung die Einreichplanung ab.

4. Schließlich meint die Beklagte auch unter Hinweis auf die Entscheidung 7 Ob 205/68 = SZ 41/149, sie habe ihre Erklärung nicht gegenüber der klagenden Partei, sondern gegenüber der Baubehörde abgegeben; eine Vereinbarung hätte aber einer empfangsbedürftigen Erklärung bedurft. Sie bezieht sich dabei ausdrücklich auf ihre Erklärung anlässlich der Bauverhandlung, das Projekt abzuändern. Es mag nun durchaus sein, dass diese Erklärung (auch) der Baubehörde gegenüber abgegeben wurde. Die Vorinstanzen haben aber die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung nicht ausschließlich auf diese Erklärung gestützt, sondern auf das Gesamtverhalten der Beklagten vor und während der Bauverhandlung. Dieses Verhalten insgesamt zumindest als Vertragsanbot der Beklagten zu sehen, das die klagende Partei durch ihre Erklärung unmittelbar vor dem Verlassen der Bauverhandlung, dass sie „als Anrainer [erkläre], unter Voraussetzung der verhandelten Änderungen gegen das Bauvorhaben keinen Einwand zu erheben", angenommen hat, begegnet keinen Bedenken. Dass eine solche Erklärung des Nachbarn eine (zulässige) Erklärung gegenüber dem Baukonsenswerber ist, hat dabei der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (4 Ob 2311/96y).

Anmerkung

E891376Ob127.08g

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0060OB00127.08G.1001.000

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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