TE OGH 2008/10/8 9ObA37/08v

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Veröffentlicht am 08.10.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Marcus E*****, Elektrotechniker, *****, vertreten durch Dr. Alfred Hawel ua, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei A***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Christian Slana, Rechtsanwalt in Linz, wegen 3.911,26 EUR sA (Revisionsinteresse 977,20 EUR sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Jänner 2008, GZ 11 Ra 1/08h-25, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. September 2007, GZ 9 Cga 59/06f-21, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden teilweise bestätigt, teilweise dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten haben:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 1.690,02 EUR brutto und 1.271,71 EUR netto je samt 9,47 % Zinsen seit 24. 12. 2005 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das darüber hinausgehende Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 949,53 EUR sA wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.425,80 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 204,08 EUR Umsatzsteuer und 201,30 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei die mit 297,41 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 49,57 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der Beklagten als Elektrotechniker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Kollektivvertrag für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe Anwendung. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vereinbarten die Streitteile anstelle des nach dem Kollektivvertrag einem Facharbeiter der Lohngruppe III zustehenden Mindeststundenlohns von 9,05 EUR brutto einen Bruttostundenlohn von 10,15 EUR. Es wurde festgehalten, dass mit dem übertariflichen Bezug alle Mehrdienstleistungen, Zuschläge und Aufwendungen bereits abgegolten seien.Der Kläger war bei der Beklagten als Elektrotechniker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Kollektivvertrag für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe Anwendung. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vereinbarten die Streitteile anstelle des nach dem Kollektivvertrag einem Facharbeiter der Lohngruppe römisch III zustehenden Mindeststundenlohns von 9,05 EUR brutto einen Bruttostundenlohn von 10,15 EUR. Es wurde festgehalten, dass mit dem übertariflichen Bezug alle Mehrdienstleistungen, Zuschläge und Aufwendungen bereits abgegolten seien.

Mit Schreiben vom 7. 12. 2005 machte der Kläger gegenüber der Beklagten unter dem Titel „rechtswidrige Entgeltschmälerung bzw -vorenthaltung" geltend, dass die ihm zustehenden Gefahren-, Schmutz-, Erschwernis- und Vorarbeiterzulagen bislang nicht gezahlt worden seien. Er forderte die Beklagte auf, die sich aus diesen Ansprüchen ergebenden Nettobeträge unverzüglich auszuzahlen. Er werde in Zukunft keine Zahlungsverzögerungen mehr dulden und behalte sich das Recht auf vorzeitigen Austritt vor, sollte er über die ihm zustehenden Beträge nicht bis spätestens 20. 12. 2005 verfügen können. Im Fall künftiger Zahlungsverzögerungen werde er keine gesonderte Nachfrist mehr setzen, sondern vom ihm zustehenden Recht unverzüglich Gebrauch machen.

Mit Schreiben vom 14. 12. 2005 erwiderte die Beklagte, dass sie eine rechtswidrige Entgeltschmälerung nicht nachvollziehen könne und keine Veranlassung zu einer Nachzahlung sehe.

Mit Schreiben vom 22. 12. 2005, der Beklagten zugegangen am 23. 12. 2005, erklärte der Kläger daraufhin seinen „berechtigten" vorzeitigen Austritt aus dem Arbeitsverhältnis.

Aus der Lohnabrechnung für Dezember 2005 ergab sich ein dem Kläger zustehender Nettobetrag von 1.096,67 EUR. Die Beklagte behielt diesen Betrag ein, weil sie „Sonstige Abzüge" von 1.111,40 EUR und „Schulungskosten" von 725 EUR gegenverrechnete.

Der Kläger begehrte in erster Instanz von der Beklagten letztlich den Zuspruch von „3.911,26 EUR". Dieser Betrag setzt sich zusammen aus Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulage sowie Vorarbeiterzuschlag, jeweils für die Zeit von 13. 9. bis 6. 12. 2006, ferner aus Kilometergeld, Kündigungsentschädigung, Überstundenentgelt und Lohn für Dezember 2005.

Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass es sich bei den an Kündigungsentschädigung und Überstundenentgelt geltend gemachten Beträgen (782,86 EUR bzw 907,16 EUR) um Bruttobeträge handelt.

Der Kläger brachte vor, berechtigt ausgetreten zu sein. Die Beklagte habe ihm die ihm aufgrund seiner Tätigkeit auf der Baustelle R***** zustehenden Zulagen sowie den Vorarbeiterzuschlag nicht gezahlt. Trotz des über dem kollektivvertraglichen Mindestlohn vereinbarten Stundenlohns sei er daher unterkollektivvertraglich entlohnt worden. Die Gefahrenzulage stehe ihm zu, weil die Arbeitsleistungen auf der Baustelle überwiegend auf Hebebühnen bzw Geländern in einer Arbeitshöhe von ca 13 bis 14 Meter haben verrichtet werden müssen. Da die Hebebühnen lediglich 12 bzw 12,5 Meter hoch gewesen seien, habe er sehr oft auf das Geländer der Hebebühnen zur Verrichtung der Arbeiten steigen müssen. Diese oftmalige Missachtung von Arbeitnehmerschutzvorschriften habe er der Beklagten stets angezeigt und die fehlenden Schutzvorrichtungen auch in einem Bautagebuch aufgezeichnet.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger sei unberechtigt ausgetreten. Die geltend gemachten Zulagen und der Vorarbeiterzuschlag stünden ihm nicht zu. Die Hubhöhe der Hebebühnen sei ausreichend gewesen; es habe keine Gefahrensituation bestanden. Der Kläger habe auch nichts derartiges in den Arbeitsberichten festgehalten. Das Überstundenentgelt habe die Beklagte dem Kläger aufgrund von Gegenforderungen (Schulungskosten, Gesprächsgebühren für Privattelefonate und diverse im Revisionsverfahren nicht mehr interessierende Ersatzansprüche) nicht ausgezahlt. Diese Gegenforderungen seien höher als der berechtigte Teil der Klageforderung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von „2.961,73 EUR" statt - zwischen Brutto- und Nettobeträgen hat es nicht differenziert - und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ab. Den zugesprochenen Betrag errechnete es aus 194,34 EUR an Gefahrenzulage, 782,86 EUR an Kündigungsentschädigung, 1.096,67 EUR an Lohn für Dezember, reduziert um 19,30 EUR an Telefongebühren für Privatgespräche, sowie aus 907,16 EUR an Überstundenentlohnung.

Zum Anspruch des Klägers auf Zuspruch von 194,34 EUR an Gefahrenzulage stellte das Erstgericht folgenden Sachverhalt fest:

Ab 13. 9. 2005 wurde der Kläger auf der Baustelle R***** - es handelte sich um eine Fertigteilhalle - eingesetzt. Das Dach der Halle war bereits fertiggestellt, die Auslässe für die Glaskuppeln waren noch nicht verglast und der Hallenboden noch nicht verdichtet. Der Kläger war mit der Herstellung der Deckenbeleuchtung, dem Eruieren der Kabel- und Trassenwege und der Befestigung der Beleuchtung betraut. Diese Arbeiten waren vorwiegend am Plafond der Halle zu verrichten, weshalb Hebebühnen angemietet wurden. Bei Arbeitsaufnahme wurden Hebebühnen geliefert, die zu wenig weit ausfahrbar waren und die daher umgehend ausgetauscht wurden. Die nunmehr gelieferten Hebebühnen waren am Rand des Dachs ausreichend, für Arbeiten am Giebel aber zu niedrig. Um die Arbeiten dennoch durchführen zu können, bestiegen der Kläger und andere auf der Baustelle tätige Mitarbeiter der Beklagten das Geländer der Hebebühne. Mitte Oktober 2005 wurden die Hebebühnen wegen der Notwendigkeit einer anderen Bereifung neuerlich ausgetauscht. Auch die Reichweite der nunmehr gelieferten Hebebühnen war nicht ausreichend, sodass weiterhin das Geländer der Hebebühnen bestiegen werden musste.

Der Kläger teilte den Umstand, dass die Hebebühnen zu niedrig waren, unmittelbar nachdem er dies bemerkt hatte, dem Projektleiter mit, der sich zumindest einmal wöchentlich auf der Baustelle aufhielt. Telefonisch verständigte der Kläger auch eine Büroangestellte der Beklagten und die Gattin des Geschäftsführers. Die Leitung der Beklagten wusste, dass trotz der zu geringen Höhe der Hebebühnen auf diesen unter Zuhilfenahme des Geländers gearbeitet wurde; sie hat dies jedoch toleriert. Entsprechende Vermerke im von ihm zu führenden Baubericht machte der Kläger erstmals am 11. und am 16. 11. 2005. Diese Berichte gelangten am 23. 11. 2005 in das Büro der Beklagten.

Aufgrund der eben wiedergegebenen Feststellungen bejahte das Erstgericht das Vorliegen der in Abschnitt XIV Punkt 3 des Kollektivvertrags normierten Voraussetzungen für eine Gefahrenzulage. Damit sei der Austritt des Klägers gerechtfertigt, sodass ihm auch die geltend gemachte Kündigungsentschädigung zuzusprechen sei. Der einem Vorarbeiter zustehende Zuschlag in Höhe von 10 % des Lohns sei iSd arbeitsvertraglichen Vereinbarung durch die übertarifliche Entlohnung des Klägers abgegolten. Der Anspruch auf Kilometergeld und auf Schmutz- und Erschwerniszulage sowie die von der Beklagten behaupteten Gegenforderungen - mit Ausnahme der geltend gemachten 19,30 EUR für Privatgespräche - bestünden (aus hier nicht mehr interessierenden Überlegungen) nicht zu Recht. Daher seien auch die Ansprüche des Klägers auf Überstundenentlohnung und auf Gehalt für Dezember 2005 - allerdings reduziert um die Gegenforderung für Privatgespräche - berechtigt.Aufgrund der eben wiedergegebenen Feststellungen bejahte das Erstgericht das Vorliegen der in Abschnitt römisch XIV Punkt 3 des Kollektivvertrags normierten Voraussetzungen für eine Gefahrenzulage. Damit sei der Austritt des Klägers gerechtfertigt, sodass ihm auch die geltend gemachte Kündigungsentschädigung zuzusprechen sei. Der einem Vorarbeiter zustehende Zuschlag in Höhe von 10 % des Lohns sei iSd arbeitsvertraglichen Vereinbarung durch die übertarifliche Entlohnung des Klägers abgegolten. Der Anspruch auf Kilometergeld und auf Schmutz- und Erschwerniszulage sowie die von der Beklagten behaupteten Gegenforderungen - mit Ausnahme der geltend gemachten 19,30 EUR für Privatgespräche - bestünden (aus hier nicht mehr interessierenden Überlegungen) nicht zu Recht. Daher seien auch die Ansprüche des Klägers auf Überstundenentlohnung und auf Gehalt für Dezember 2005 - allerdings reduziert um die Gegenforderung für Privatgespräche - berechtigt.

Das nur von der Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte das Ersturteil in teilweiser Stattgebung der Berufung iSd Zuspruchs von 907,16 EUR brutto und 1.077,37 EUR netto sA ab. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren wies es ab.

Auch das Berufungsgericht erachtete die Gegenforderungen der Beklagten - abgesehen von der nicht mehr strittigen Forderung für Privatgespräche - als nicht berechtigt.

Hingegen verneinte es den Anspruch des Klägers auf Zuspruch von Gefahrenzulage, weil dieser Anspruch (0,396 EUR pro Stunde) iSd arbeitsvertraglichen Vereinbarung durch die überkollektivvertragliche Entlohnung des Klägers von 1,10 EUR pro Stunde abgegolten sei. Auf die Beweisrüge, mit der die Beklagte die zu diesem Themenkreis getroffenen Feststellungen bekämpfte, ging das Berufungsgericht daher nicht ein. Da dem Kläger somit keine Gefahrenzulage zustehe, sei sein vorzeitiger Austritt wegen Entgeltvorenthaltung nach § 82a lit d GewO 1859 nicht berechtigt gewesen. Auch die Kündigungsentschädigung stehe ihm daher nicht zu.Hingegen verneinte es den Anspruch des Klägers auf Zuspruch von Gefahrenzulage, weil dieser Anspruch (0,396 EUR pro Stunde) iSd arbeitsvertraglichen Vereinbarung durch die überkollektivvertragliche Entlohnung des Klägers von 1,10 EUR pro Stunde abgegolten sei. Auf die Beweisrüge, mit der die Beklagte die zu diesem Themenkreis getroffenen Feststellungen bekämpfte, ging das Berufungsgericht daher nicht ein. Da dem Kläger somit keine Gefahrenzulage zustehe, sei sein vorzeitiger Austritt wegen Entgeltvorenthaltung nach Paragraph 82 a, lit d GewO 1859 nicht berechtigt gewesen. Auch die Kündigungsentschädigung stehe ihm daher nicht zu.

Der dem Kläger vom Erstgericht zugesprochene Betrag sei daher um die vom Kläger an Gefahrenzulage und an Kündigungsentschädigung geltend gemachten Beträge zu reduzieren. Zudem differenzierte das Berufungsgericht nunmehr in seinem Zuspruch zwischen den als Brutto- und als Nettobeträge geltend gemachten Klagepositionen und sprach daher - im Gegensatz zum Erstgericht - das vom Kläger mit 907,16 EUR brutto begehrte Überstundenentgelt als Bruttobetrag zu.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage als nicht zulässig.

Gegen den abändernden Teil dieses Urteils richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers.

Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil dem Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung ein Irrtum unterlaufen ist. Sie ist auch berechtigt.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind ausschließlich die Forderungen des Klägers an Gefahrenzulage und an Kündigungsentschädigung, wobei letztere vom Anspruch auf Gefahrenzulage abhängt, weil der Anspruch auf Kündigungsentschädigung (zuletzt nur mehr) mit dem vorzeitigen Austritt des Klägers wegen Vorenthaltung der Gefahrenzulage begründet wird.

Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Gefahrenzulage (0,396 EUR) mit der Begründung verneint, dass diese Zulage iSd arbeitsvertraglichen Vereinbarungen durch die übertarifliche Entlohnung des Klägers (1,10 EUR) abgegolten sei. Es hat aber offenkundig übersehen, dass schon das Erstgericht den Anspruch des Klägers auf Vorarbeiterzulage (10 % des Bruttostundenlohns, daher 1,015 EUR) durch diese Überzahlung als abgegolten erachtet hat. Mit dieser im Folgenden von den Parteien nicht mehr in Frage gestellten Vorgangsweise des Erstgerichts ist aber die überkollektivvertragliche Entlohnung des Klägers bis auf eine (im weiteren Verfahren von allen Beteiligten als zu vernachlässigend erachtete) Überzahlung von 0,085 EUR pro Stunde aufgezehrt. Steht daher dem Kläger die geltend gemachte Gefahrenzulage (0,396 EUR pro Stunde) zu, wäre er in der Tat unterkollektivvertraglich entlohnt worden. Da insoweit die arbeitsvertragliche Vereinbarung nicht relevant wäre, wäre daher der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Gefahrenzulage gerechtfertigt.

Bei der Beurteilung des Anspruchs des Klägers auf Gefahrenzulage ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte in zweiter Instanz einige der vom Erstgericht zu dieser Frage getroffenen Feststellungen bekämpft hat. Im Einzelnen hat sie die Feststellungen bekämpft, wonach der Kläger die Tatsache, dass die Hebebühnen zu niedrig waren und daher deren Geländer bestiegen werden mussten, umgehend dem Projektleiter und telefonisch auch einer Büroangestellten der Beklagten sowie der Gattin des Geschäftsführers mitgeteilt habe. Es sei auch nicht richtig, dass die Firmenleitung von diesem Umstand gewusst und ihn toleriert habe. Ferner begehrte die Beklagte in ihrer Berufung die Feststellung, dass der Kläger keinerlei Aufzeichnungen in den Bautagesberichten darüber geführt habe, an welchen Tagen bzw zu welchen Stundenzeiten er Arbeiten verrichtet habe, die eine Gefahrenzulage rechtfertigen.

Auf diese Tatsachenrüge ist das Berufungsgericht nicht eingegangen, was aber letztlich nicht von Bedeutung ist, weil diese Feststellungen für die Entscheidung nicht relevant sind.

Die maßgebende Bestimmung (Abschnitt XIV Punkt 3) des hier anzuwendenden Kollektivvertrags hat folgenden Wortlaut:Die maßgebende Bestimmung (Abschnitt römisch XIV Punkt 3) des hier anzuwendenden Kollektivvertrags hat folgenden Wortlaut:

„Für Arbeiten, die infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen, gebührt eine Gefahrenzulage. ..."

Demnach steht eine Gefahrenzulage ua für Arbeiten zu, die zwangsläufig infolge einer Sturzgefahr eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.

Dass eine ganz erhebliche Sturzgefahr gegeben ist, wenn Arbeitnehmer - wie hier (insoweit unbekämpft) festgestellt - auf dem Geländer einer zu kurzen Hebebühne unmittelbar unter einem Hallendach stehend arbeiten, bestreitet nicht einmal die Beklagte. Allerdings macht sie geltend, von diesem - gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßenden und daher unerlaubten - Umstand nichts gewusst zu haben, weil sie der Kläger davon nicht informiert habe. Verbotene Handlungen könnten aber keine Gefahrenzulage rechtfertigen. Dass sie den Kläger zu dieser Vorgangsweise gezwungen habe, habe dieser nicht einmal vorgebracht.

Dieser Einwand übersieht, dass es Sache der Arbeitgeberin ist, den Arbeitnehmer den einschlägigen Schutzvorschriften entsprechende Arbeitsbedingungen zu gewährleisten; er ignoriert überdies die (unbekämpfte) Feststellung, dass der Projektleiter der Beklagten einmal wöchentlich auf der Baustelle war und damit von den festgestellten Arbeitsbedingungen entweder Kenntnis hatte oder jedenfalls hätte Kenntnis haben müssen. Zudem kann die Beklagte nicht in Abrede stellen, die Arbeit des Klägers - so wie sie erbracht wurde - angenommen zu haben; sie kann ihm daher nicht einen Teil des dafür zustehenden Entgelts mit dem Argument verwehren, die (vom Arbeitgeber zu schaffenden) Arbeitsbedingungen seien nicht gesetzeskonform gewesen. Nähere Ausführungen dazu - auch über das zeitliche Ausmaß der unter diesen Umständen erbrachten Arbeitsleistungen - sind aber entbehrlich, weil dem Kläger die von ihm begehrte Gefahrenzulage schon aus folgenden Überlegungen zusteht:

Das Erstgericht hat zwar keine Feststellungen über die Höhe der Halle getroffen, unter deren Dach der Kläger seine Arbeit zu verrichten hatte. Seine Behauptungen, er habe in einer Höhe von 13 bis 14 Metern arbeiten müssen, wurde allerdings von der Beklagten mit keinem Wort bestritten und ist daher als zugestanden (§ 267 ZPO) der Entscheidung zugrunde zu legen. Allein dieser Umstand - nämlich die Arbeit auf einer Hebebühne bei einer Arbeitshöhe von 13 bis 14 Metern (!) - rechtfertigt aber schon die angesprochene Gefahrenzulage. Dass die Arbeit wegen der damit verbundenen Sturzgefahr unter diesen Umständen eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringt, liegt auf der Hand. Selbst wenn man daher den Umstand außer Betracht lässt, dass der Kläger teilweise auf dem Geländer der Hebebühne stehend gearbeitet hat, steht ihm die begehrte Gefahrenzulage zu. Damit kommt es aber auch auf die von der Beklagten in zweiter Instanz begehrte Feststellung nicht an, wonach Aufzeichnungen über das Ausmaß der Arbeit fehlten, die der Kläger auf dem Geländer stehend verrichtet hat.

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine Gefahrenzulage von 194,34 EUR besteht daher zu Recht.

Damit erhebt sich die Frage, ob die Nichterfüllung dieses Anspruchs durch die Beklagte den vorzeitigen Austritt des Klägers rechtfertigen konnte. Dies ist unter den hier gegebenen Umständen zu bejahen:

Nach § 82a lit d GewO 1859 ist der Arbeiter ua dann zum Austritt berechtigt, wenn der Arbeitgeber ihm die bedungenen Bezüge ungebührlich vorenthält. Dieser Tatbestand deckt sich weitestgehend mit der Regelung des Austrittsrechts des Angestellten in § 26 Z 2 AngG (Löschnigg, Arbeitsrecht10 560). Er erfasst daher sowohl die Schmälerung als auch das (gänzliche oder teilweise) Vorenthalten des Entgelts (zu diesen Begriffen: Löschnigg aaO 556). Der Tatbestand ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber wusste oder infolge der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht hätte wissen müssen, dass seine Vorgangsweise unrechtmäßig ist. Durch eine bloß objektive Rechtswidrigkeit, die insbesondere dann vorliegt, wenn über das Bestehen eines Anspruchs verschiedene Rechtsmeinungen vertreten werden können und daher der Ausgang eines hierüber zu führenden Rechtsstreits nicht absehbar ist, wird der Tatbestand nicht erfüllt (9 ObA 169/02x mwN; Friedrich, AngG-Kommentar, § 26 Rz 47 mwN).Nach Paragraph 82 a, lit d GewO 1859 ist der Arbeiter ua dann zum Austritt berechtigt, wenn der Arbeitgeber ihm die bedungenen Bezüge ungebührlich vorenthält. Dieser Tatbestand deckt sich weitestgehend mit der Regelung des Austrittsrechts des Angestellten in § 26 Ziffer 2, AngG (Löschnigg, Arbeitsrecht10 560). Er erfasst daher sowohl die Schmälerung als auch das (gänzliche oder teilweise) Vorenthalten des Entgelts (zu diesen Begriffen: Löschnigg aaO 556). Der Tatbestand ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber wusste oder infolge der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht hätte wissen müssen, dass seine Vorgangsweise unrechtmäßig ist. Durch eine bloß objektive Rechtswidrigkeit, die insbesondere dann vorliegt, wenn über das Bestehen eines Anspruchs verschiedene Rechtsmeinungen vertreten werden können und daher der Ausgang eines hierüber zu führenden Rechtsstreits nicht absehbar ist, wird der Tatbestand nicht erfüllt (9 ObA 169/02x mwN; Friedrich, AngG-Kommentar, Paragraph 26, Rz 47 mwN).

Allerdings berechtigt nicht jede, sondern nur eine wesentliche Verletzung des Entgeltanspruchs zum vorzeitigen Austritt. So ist etwa ein Austritt in der Regel nicht gerechtfertigt, wenn die ausstehende Forderung im Verhältnis zum Monatsgehalt derart unwesentlich ist, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gerade nicht unzumutbar ist. Selbst die Geringfügigkeit des vorenthaltenen Betrags steht aber der Verwirklichung des Austrittsgrundes nicht entgegen, wenn die Vertragsverletzung über längere Zeit andauert und der Arbeitgeber die Nachzahlung des aushaftenden Betrags nicht einmal in Aussicht stellt (Friedrich aaO § 26 Rz 48 mwN; 9 ObA 32/97i; 8 ObA 134/99k uva).Allerdings berechtigt nicht jede, sondern nur eine wesentliche Verletzung des Entgeltanspruchs zum vorzeitigen Austritt. So ist etwa ein Austritt in der Regel nicht gerechtfertigt, wenn die ausstehende Forderung im Verhältnis zum Monatsgehalt derart unwesentlich ist, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gerade nicht unzumutbar ist. Selbst die Geringfügigkeit des vorenthaltenen Betrags steht aber der Verwirklichung des Austrittsgrundes nicht entgegen, wenn die Vertragsverletzung über längere Zeit andauert und der Arbeitgeber die Nachzahlung des aushaftenden Betrags nicht einmal in Aussicht stellt (FriedrichaaO Paragraph 26, Rz 48 mwN; 9 ObA 32/97i; 8 ObA 134/99k uva).

Aufgrund dieser Rechtslage erachtet der Oberste Gerichtshof den vom Kläger erklärten Austritt als berechtigt. Der ihm vorenthaltene Betrag von 194,34 EUR ist zwar vergleichsweise gering. Er umfasst allerdings Ansprüche aus einem Zeitraum von fast drei Monaten. Vor allem aber hat die Beklagte durch ihr Schreiben vom 14. 12. 2005 unmissverständlich klargemacht, dass sie die verlangte Nachzahlung endgültig ablehnt. Im Sinne der dargestellten Rechtsprechung war daher dem Kläger die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar.

Angesichts der bereits erörterten Arbeitsbedingungen auf der Baustelle kann auch nicht zweifelhaft sein, dass die Beklagte bei Anwendung der von ihr zu erwartenden Sorgfalt hätte erkennen müssen, dass der Anspruch auf Gefahrenzulage zu Recht besteht.

Damit ist aber der Austrittsgrund des § 82a lit d GewO 1859 verwirklicht. Der Austritt des Klägers ist daher gerechtfertigt, sodass ihm auch die von ihm begehrte, der Höhe nach nicht strittige, Kündigungsentschädigung zusteht.Damit ist aber der Austrittsgrund des Paragraph 82 a, &, #, 160 ;, l, i, t, d GewO 1859 verwirklicht. Der Austritt des Klägers ist daher gerechtfertigt, sodass ihm auch die von ihm begehrte, der Höhe nach nicht strittige, Kündigungsentschädigung zusteht.

Die völlige Wiederherstellung des Ersturteils kommt dessen ungeachtet nicht in Betracht, weil das Erstgericht - wie schon oben ausgeführt - die vom Kläger in seinem Vorbringen als Bruttobeträge ausgewiesenen Beträge an Überstundenentgelt und Kündigungsentschädigung als Nettobeträge zugesprochen hat.

Soweit daher das Berufungsgericht das Überstundenentgelt von 907,16 EUR als Bruttobetrag zugesprochen hat, war daher das Berufungsurteil zu bestätigen. Im Übrigen war es dahin abzuändern, dass dem Kläger auch die geltend gemachte Gefahrenzulage (als Nettobetrag) und die von ihm begehrte Kündigungsentschädigung (als Bruttobetrag) zuzusprechen war.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 43 und 50 ZPO. Die geringfügige Änderung des Ersturteils (Zuspruch des Überstundenentgelts und der Kündigungsentschädigung als Bruttobeträge) ändert nichts daran, dass der Kläger im Wesentlichen - wie schon vom Erstgericht seiner Kostenentscheidung zugrunde gelegt - mit etwa drei Viertel seines Begehrens durchgedrungen ist. Es kann daher bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung bleiben. Im Berufungs- und im Revisionsverfahren hat der Kläger nahezu zur Gänze obsiegt, wobei die eben erwähnte Korrektur des Ersturteils keinerlei Kosten verursachte. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind daher dem Kläger zur Gänze zuzusprechen.Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die Paragraphen 43 und 50 ZPO. Die geringfügige Änderung des Ersturteils (Zuspruch des Überstundenentgelts und der Kündigungsentschädigung als Bruttobeträge) ändert nichts daran, dass der Kläger im Wesentlichen - wie schon vom Erstgericht seiner Kostenentscheidung zugrunde gelegt - mit etwa drei Viertel seines Begehrens durchgedrungen ist. Es kann daher bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung bleiben. Im Berufungs- und im Revisionsverfahren hat der Kläger nahezu zur Gänze obsiegt, wobei die eben erwähnte Korrektur des Ersturteils keinerlei Kosten verursachte. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind daher dem Kläger zur Gänze zuzusprechen.

Textnummer

E88937

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:009OBA00037.08V.1008.000

Im RIS seit

07.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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