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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, in der Beschwerdesache der D B, geboren 1956, vertreten durch Dr. Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärtner Ring 17, gegen die Bundespolizeidirektion Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten betreffend einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und ein befristetes Aufenthaltsverbot, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Nichterledigung des in der Beschwerde genannten Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wendet, zurückgewiesen.
Begründung
Mit der vorliegenden, am 1. Oktober 2007 eingebrachten Beschwerde wird die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Bundespolizeidirektion Wien (die belangte Behörde) geltend gemacht, weil über den von der Beschwerdeführerin, laut dem vorgelegten Aufenthaltsverbotsbescheid der belangten Behörde vom 15. November 2006 eine serbische Staatsangehörige, am 5. Oktober 2004 gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die von ihr gegen den genannten Aufenthaltsverbotsbescheid der belangten Behörde erhobene Berufung trotz Stellung der "Delegierungsanträge" (offensichtlich gemeint: Devolutionsanträge nach § 73 Abs. 2 AVG) vom 8. November 2006 und 30. Mai 2007 nicht entschieden worden sei.
Soweit die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde in Bezug auf die Berufung gegen diesen Aufenthaltsverbotsbescheid erhoben wurde, ist zur Behandlung der Beschwerde in diesem Umfang nach der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtshofes ein anderer Senat zuständig. Gegenstand des vorliegenden Beschlusses ist daher die Säumnisbeschwerde lediglich in dem Umfang, in dem sie sich gegen die Nichterledigung des obgenannten Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wendet.
Gemäß § 27 erster Satz VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat.
Demnach setzt die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde voraus, dass der Beschwerdeführer die höchste sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Weg eines Antrages gemäß § 73 Abs. 2 AVG vergeblich angerufen hat. Die Möglichkeit, nach dieser Gesetzesstelle den Übergang der Zuständigkeit auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu erwirken, steht der durch die Säumnis der zuständigen Behörde verletzten Partei auch dann offen, wenn gegen die Entscheidung der säumigen Behörde nach den jeweils den Instanzenzug regelnden Vorschriften ein ordentliches Rechtsmittel ausgeschlossen ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 8. September 2005, Zl. 2005/18/0483, mwN).
Gemäß § 73 Abs. 2 zweiter Satz AVG ist ein Devolutionsantrag bei der Oberbehörde einzubringen. Aus den der Beschwerde angeschlossenen Beilagen geht hervor, dass der Devolutionsantrag vom 8. November 2006 von der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde (und nicht an die gegenüber der Aufenthaltsbehörde sachlich in Betracht kommende Oberbehörde) erhoben wurden. Diese Anträge befinden sich, folgt man dem Beschwerdevorbringen, noch immer bei der belangten Behörde.
Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin von der Möglichkeit, die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, an die im Devolutionsweg die Zuständigkeit zur Entscheidung überginge, anzurufen, keinen Gebrauch gemacht hat. Mangels einer Antragstellung im Sinn des § 73 Abs. 2 zweiter Satz AVG durch die Beschwerdeführerin liegt daher in Bezug auf den laut dem Beschwerdevorbringen am 5. Oktober 2004 gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Säumnis im Sinn des Art. 132 B-VG und des § 27 VwGG vor.
Demzufolge war die Beschwerde, soweit sie wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde in Bezug auf den obgenannten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erhoben wurde, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 11. Dezember 2007
Schlagworte
Allgemein Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine VerwaltungsverfahrensgesetzeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007180735.X00Im RIS seit
03.04.2008