Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei m***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang W. Richter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christof Pöchhacker, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.000 EUR), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. April 2008, GZ 1 R 222/07k-9, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 30. Oktober 2007, GZ 17 Cg 69/07i-4, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Streitteile betreiben oder nutzen jeweils Mobilfunknetze in Österreich. Die Beklagte bewarb ihr UMTS-Mobilfunknetz seit 13. Oktober 2007 in Printmedien, auf Plakaten sowie in Hörfunk und Fernsehen mit dem Slogan „Das größte UMTS-Netz Österreichs", teilweise in Verbindung mit einem Bild, das vier behelmte Arbeiter (Monteure) bei der auf einem Berggipfel inszenierten Aufrichtung einer Fahne mit dem Symbol der Beklagten (3 Mega Netz) und dem Zusatz „Danke Jungs!" zeigt.
Die Netzabdeckung (versorgte Bevölkerungszahl) beider Streitteile unterschied sich zum Zeitpunkt der Werbung nicht wesentlich, die Teilnehmerzahl im Netz der Klägerin war deutlich größer. Zur Sicherung des Unterlassungsbegehrens, der Beklagten möge verboten werden, „im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vorzunehmen, die für die angesprochenen Verkehrskreise zur Irreführung geeignete und sittenwidrige, insbesondere auch den Mitbewerb, darunter die Klägerin, pauschal herabwürdigende Angaben enthalten, namentlich in ihrer Werbung mit Bezug auf ihr österreichisches (UMTS-)Netz sowie ihre Produkte und Tarife, die in ihrem österreichischen (UMTS-)Netz zum Einsatz gelangen, den Slogan 'Das größte UMTS-Netz Österreichs' zu verwenden, wenn und soweit sie hinsichtlich der wesentlichen Faktoren für den Begriff 'größtes', konkret 'Netzausbaugrad' und 'Zahl der UMTS-Teilnehmer', nicht eindeutig eine Spitzenstellung am österreichischen Mobilfunkmarkt einnimmt oder diesem Begriff nicht sonstige Konkretisierungen hinzufügt, die ihre Spitzenstellung, soweit zutreffend, für einen jeweils genannten Faktor genau definieren", beantragte die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs „in ihrer Werbung mit Bezug auf ihr österreichisches (UMTS-)Netz sowie ihre Produkte und Tarife, die in ihrem österreichischen (UMTS-)Netz zum Einsatz gelangen, den Slogan 'Das größte UMTS-Netz Österreichs' zu verwenden, wenn und soweit sie hinsichtlich wesentlicher Faktoren für den Begriff 'größtes', konkret 'Netzausbaugrad' und 'Zahl der UMTS-Teilnehmer', nicht eindeutig eine Spitzenstellung am österreichischen Mobilfunkmarkt einnimmt oder diesem Begriff nicht sonstige Konkretisierungen hinzufügt, die ihre Spitzenstellung, soweit zutreffend, für einen jeweils genannten Faktor genau definieren".
Die Vorinstanzen gaben dem Sicherungsbegehren statt. Da die Beklagte die Richtigkeit ihrer Spitzenstellungsbehauptung nicht durch objektiv nachprüfbare Tatsachen habe beweisen können, sei das Verbot gerechtfertigt. Das Sicherungsbegehren halte sich auch im Rahmen des Unterlassungsbegehrens im Hauptverfahren, weil lediglich eine - an sich überflüssige - rechtliche Beurteilung (oben Kursivtext) weggelassen worden sei. Es komme bei Prüfung der Frage, wer das „größte UMTS-Netz" habe, nicht allein auf den Netzausbaugrad (Bevölkerungsabdeckung) an, sondern auch auf andere Faktoren, etwa die Teilnehmeranzahl oder die Zahl der im Netz arbeitenden UMTS-Mobilfunk-Sendeanlagen. Auch bei Auslegung der beanstandeten Werbung im Sinn einer Behauptung der besten Netzabdeckung sei das Unterlassungsgebot nicht zu weit, sondern zulässigerweise nur so gefasst, dass auch sonst allenfalls naheliegende Umgehungen vermieden würden. Nach neuem Recht (UWG idF der Novelle 2007) sei die unzutreffende Spitzenstellungswerbung zwar wegen dessen abschließenden Charakters nicht unter § 2 UWG zu subsumieren, aber dennoch nach der Generalklausel des § 1 UWG (unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen) unlauter und daher zu untersagen.Die Vorinstanzen gaben dem Sicherungsbegehren statt. Da die Beklagte die Richtigkeit ihrer Spitzenstellungsbehauptung nicht durch objektiv nachprüfbare Tatsachen habe beweisen können, sei das Verbot gerechtfertigt. Das Sicherungsbegehren halte sich auch im Rahmen des Unterlassungsbegehrens im Hauptverfahren, weil lediglich eine - an sich überflüssige - rechtliche Beurteilung (oben Kursivtext) weggelassen worden sei. Es komme bei Prüfung der Frage, wer das „größte UMTS-Netz" habe, nicht allein auf den Netzausbaugrad (Bevölkerungsabdeckung) an, sondern auch auf andere Faktoren, etwa die Teilnehmeranzahl oder die Zahl der im Netz arbeitenden UMTS-Mobilfunk-Sendeanlagen. Auch bei Auslegung der beanstandeten Werbung im Sinn einer Behauptung der besten Netzabdeckung sei das Unterlassungsgebot nicht zu weit, sondern zulässigerweise nur so gefasst, dass auch sonst allenfalls naheliegende Umgehungen vermieden würden. Nach neuem Recht (UWG in der Fassung der Novelle 2007) sei die unzutreffende Spitzenstellungswerbung zwar wegen dessen abschließenden Charakters nicht unter Paragraph 2, UWG zu subsumieren, aber dennoch nach der Generalklausel des Paragraph eins, UWG (unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen) unlauter und daher zu untersagen.
Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, es fehle Rechtsprechung zur unlauteren Spitzenstellungswerbung nach der neuen Rechtslage.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Beklagten, mit dem sie die Abweisung des Sicherungsbegehrens anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
1. Die vom Rekursgericht als erheblich im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO angesehene Frage behandelt der Revisionsrekurs nicht, unterstellt vielmehr als zutreffend, dass bei nicht nachgewiesener Spitzenstellung auch nach neuem Recht ein Lauterkeitsverstoß vorliegt. Dazu braucht somit nicht Stellung genommen werden.1. Die vom Rekursgericht als erheblich im Sinn des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO angesehene Frage behandelt der Revisionsrekurs nicht, unterstellt vielmehr als zutreffend, dass bei nicht nachgewiesener Spitzenstellung auch nach neuem Recht ein Lauterkeitsverstoß vorliegt. Dazu braucht somit nicht Stellung genommen werden.
2. Unterlassungsgeboten darf eine weitere Fassung gegeben werden, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen. Bei der Fassung des Unterlassungsgebots ist immer auf die Umstände des einzelnen Falls abzustellen. Es ist deshalb keine erhebliche Rechtsfrage, ob ein Unterlassungsgebot im Einzelfall zu weit oder zu eng gefasst wurde (stRsp, RIS-Justiz RS0037671).
Die Argumentation der Beklagten unterstellt, dass die beanstandete Werbung „Das größte UMTS-Netz Österreichs" nur im Sinn der behaupteten Spitzenstellung im Hinblick auf den Netzausbaugrad (Bevölkerungabdeckung) verstanden werden kann. Dies trifft aber nicht zu. Die Ankündigung selbst, aber auch der durch die Gestaltung des Bildes und den Zusatz (Danke Jungs!) hervorgerufene Gesamteindruck lassen offen, nach welchen Kriterien die Größe des beworbenen UMTS-Netzes beurteilt oder verglichen werden soll. Die Einbeziehung anderer Faktoren als den Netzausbaugrad in das Unterlassungsgebot bildet daher keinen Widerspruch zu den Grundsätzen der Rechtsprechung.
3. Hat das Gericht zweiter Instanz zu Recht ausgesprochen, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, macht der Rechtsmittelwerber dann aber nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, so ist das Rechtsmittel trotz des Ausspruchs der Zulässigkeit durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (4 Ob 604/95 uva; RIS-Justiz RS0048272). Da die Beklagte sohin keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist ihr Revisionsrekurs zurückzuweisen.3. Hat das Gericht zweiter Instanz zu Recht ausgesprochen, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, macht der Rechtsmittelwerber dann aber nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, so ist das Rechtsmittel trotz des Ausspruchs der Zulässigkeit durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (4 Ob 604/95 uva; RIS-Justiz RS0048272). Da die Beklagte sohin keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO aufzuzeigen vermag, ist ihr Revisionsrekurs zurückzuweisen.
4. Da die Klägerin nicht auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Revisionsrekurses hingewiesen hat, hat sie die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Anmerkung
E891004Ob140.08dSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inÖBl-LS 2009/29 - Das größte UMTS-Netz Österreichs.XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0040OB00140.08D.1014.000Zuletzt aktualisiert am
25.08.2009