TE OGH 2008/10/21 5Ob211/08b

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Veröffentlicht am 21.10.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bauunternehmung Dipl.-Ing. Walter F***** GmbH, *****, vertreten durch Frieders, Tassul & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen 287.531,86 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 2. Juli 2008, GZ 6 R 72/08p-14, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Die Parteien haben im Zuge eines Vergabeverfahrens zwecks Vermeidung eines Einspruchs durch die Klägerin am 27. 11. 2004 „Übereinstimmung über eine Aufgabenteilung zwischen Klägerin und Beklagter dergestalt erzielt (...), dass die Klägerin im Fall der Verwirklichung des Bauvorhabens mit den Hochbauarbeiten (...) zu den Preisen des im Vergabeverfahrens abgegebenen Angebotes der Beklagten beauftragt werden soll". Nachdem bereits das Ende der zweiwöchigen Einspruchsfrist im Vergabeverfahren bevorstand, nahm DI F***** jun. (von der Klagsseite) telefonischen Kontakt mit Bernhard B***** (von der Beklagtenseite) auf und teilte ihm mit, dass im Fall der Nichtbeteiligung der Klägerin am Auftrag er im Vergabeverfahren einen Einspruch erheben werde. Daraufhin übermittelte Bernhard B***** mit Telefaxschreiben vom 10. 12. 2004 nachstehendes Schreiben an den Geschäftsführer der klagenden Partei:

„Wir bestätigen, dass wir Sie im Auftragsfalle mit dem OG Hochbau, ... beauftragen werden. Es gelten die Bedingungen des Auftraggebers und die Preise des Angebotes S*****."

Die Vorinstanzen werteten diese Vereinbarung als Werkvertrag zwischen den Streitteilen unter der Bedingung der Auftragserteilung an die Beklagte.

Rechtliche Beurteilung

1.1. Die Beklagte ist in ihrer außerordentlichen Revision der Ansicht, es sei diese Vereinbarung "kein Fall des § 1168 ABGB". Im Kern verweist die Beklagte in diesem Zusammenhang allerdings darauf, den Auftrag nicht entsprechend der ursprünglichen Ausschreibung, sondern unter vermeintlich wesentlich geänderten Umständen (Aufteilung des Gesamtbauvorhabens auf mehrere Auftraggeber, Leistungsreduktion im Bereich Sportstättenbau und Hochbau, geänderte rechtliche Rahmenbedingungen, gänzlich geänderter Bauzeitplan und Ausführung erst über ein halbes Jahr nach [faktischem] Ende des Vergabeverfahrens) erhalten zu haben. Die Beklagte meint, Vereinbarungen über eine allfällige Zusammenarbeit zwischen den Bietern seien „schon grundsätzlich nur unter dem Vorbehalt der nachfolgenden Zuschlagserteilung auf das konkret ausgeschriebene Bauvorhaben zu sehen".1.1. Die Beklagte ist in ihrer außerordentlichen Revision der Ansicht, es sei diese Vereinbarung "kein Fall des Paragraph 1168, ABGB". Im Kern verweist die Beklagte in diesem Zusammenhang allerdings darauf, den Auftrag nicht entsprechend der ursprünglichen Ausschreibung, sondern unter vermeintlich wesentlich geänderten Umständen (Aufteilung des Gesamtbauvorhabens auf mehrere Auftraggeber, Leistungsreduktion im Bereich Sportstättenbau und Hochbau, geänderte rechtliche Rahmenbedingungen, gänzlich geänderter Bauzeitplan und Ausführung erst über ein halbes Jahr nach [faktischem] Ende des Vergabeverfahrens) erhalten zu haben. Die Beklagte meint, Vereinbarungen über eine allfällige Zusammenarbeit zwischen den Bietern seien „schon grundsätzlich nur unter dem Vorbehalt der nachfolgenden Zuschlagserteilung auf das konkret ausgeschriebene Bauvorhaben zu sehen".

1.2. Entgegen der Ansicht der Beklagten gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, wonach Vereinbarungen über die Zusammenarbeit mehrerer Bieter nicht bloß von der späteren Projektverwirklichung, sondern spezifisch von der Zuschlagserteilung unter bestimmten Ausschreibungsbedingungen abhingen. Die Beklagte vermag zur Stützung ihres Rechtsstandpunkts auch weder einschlägige Judikatur noch Lehrmeinungen ins Treffen zu führen. Entscheidend ist vielmehr die von den Parteien im konkreten Einzelfall getroffene Vereinbarung, die hier das Berufungsgericht ausgelegt und seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Wie eine bestimmte Vereinbarung zu verstehen ist, ist aber eine Frage der Vertragsauslegung, welche nur dann eine erhebliche Rechtsfrage darstellt, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; RS0042871). Eine solche aufzugreifende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht, die im Interesse der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste, zeigt die Beklagte nicht auf. Das vom Berufungsgericht gewonnene Auslegungsergebnis findet inhaltlich in der festgestellten Parteieneinigung vom 27. 11. 2004 und in der Zusage der Beklagten laut Telefax vom 10. 12. 2004 zwanglos Deckung, war doch nach diesen Vereinbarungen die Beauftragung der Klägerin gerade nicht von der Zuschlagserteilung (nach den ursprünglichen Ausschreibungsbedingungen) an die Beklagte, sondern (nur) von der „Verwirklichung des Bauvorhabens" bzw vom „Auftragsfalle" abhängig.

2.1. Nach Meinung der Beklagten hätten sich nach dem Vergabeverfahren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in wichtigen Punkten, wie insbesondere hinsichtlich Finanzierung des Bauvorhabens, Baudauer, Leistungsumfang und rechtliches Umfeld geändert, wonach sich die Kooperationsvereinbarung der Parteien wirtschaftlich ganz anders dargestellt habe. Diese Umstände habe die Beklagte nicht beeinflussen können, weshalb sie nicht ihrer Risikosphäre zuzurechnen seien und der Klägerin kein Anspruch gemäß § 1168 Abs 1 ABGB zustehe.2.1. Nach Meinung der Beklagten hätten sich nach dem Vergabeverfahren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in wichtigen Punkten, wie insbesondere hinsichtlich Finanzierung des Bauvorhabens, Baudauer, Leistungsumfang und rechtliches Umfeld geändert, wonach sich die Kooperationsvereinbarung der Parteien wirtschaftlich ganz anders dargestellt habe. Diese Umstände habe die Beklagte nicht beeinflussen können, weshalb sie nicht ihrer Risikosphäre zuzurechnen seien und der Klägerin kein Anspruch gemäß Paragraph 1168, Absatz eins, ABGB zustehe.

2.2. Folgt man dem - vertretbaren - Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts, wonach die Beauftragung der Klägerin von der „Verwirklichung des Bauvorhabens" bzw vom „Auftragsfalle" abhing, dann stellen die von der Beklagten geltend gemachten Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine Umstände dar, die der Auftragsabwicklung mit der Klägerin tatsächlich entgegen gestanden wären, sondern bilden lediglich Änderungen der Kalkulationsgrundlagen auf Seiten der Beklagten, die natürlich deren Bereich zuzuordnen sind (allgemein zur Risikoverteilung vgl RIS-Justiz RS0021926; RS0021934; RS0021888).2.2. Folgt man dem - vertretbaren - Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts, wonach die Beauftragung der Klägerin von der „Verwirklichung des Bauvorhabens" bzw vom „Auftragsfalle" abhing, dann stellen die von der Beklagten geltend gemachten Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine Umstände dar, die der Auftragsabwicklung mit der Klägerin tatsächlich entgegen gestanden wären, sondern bilden lediglich Änderungen der Kalkulationsgrundlagen auf Seiten der Beklagten, die natürlich deren Bereich zuzuordnen sind (allgemein zur Risikoverteilung vergleiche RIS-Justiz RS0021926; RS0021934; RS0021888).

3.1. Die Beklagte bezweifelt die Leistungsbereitschaft der Klägerin mit dem wesentlichen Argument, diese habe Änderungen des ihr von der Beklagten angebotenen Subunternehmervertrags reklamiert. Gleiches sei dagegen der Beklagten vom Berufungsgericht nicht zugestanden worden.

3.2. Zunächst hat schon das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass es in der Regel keiner besonderen Erklärung der Leistungsbereitschaft bedarf, sondern diese (nur) tatsächlich gegeben sein muss, was auch aus den Umständen erschlossen werden kann (RIS-Justiz RS0021762). Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hat die Klägerin der Beklagten gegenüber ausdrücklich auf die Einhaltung der seinerzeitigen Vereinbarung bestanden und weder die Zusammenarbeit in Form eines Subunternehmervertrags noch den pönalisierten Gesamtfertigstellungstermin oder den Bauzeitplan bemängelt. Wenn die Vorinstanzen unter diesen Umständen in Details reklamierte Änderungswünsche nicht als fehlende Leistungsbereitschaft der Klägerin qualifizierten, dann ist auch darin keine aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erkennen. Die Beklagte hat demgegenüber nicht nur um eine Änderung einzelner (Neben-)Punkte ersucht, sondern dieses Ersuchen der Klägerin als Vorwand dafür genutzt, deren Beauftragung überhaupt abzulehnen.

Da die Beklagte keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend macht, ist deren Revision unzulässig und zurückzuweisen.Da die Beklagte keine Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO geltend macht, ist deren Revision unzulässig und zurückzuweisen.

Anmerkung

E891195Ob211.08b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0050OB00211.08B.1021.000

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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